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„Superstreiktag“ legt den Verkehr in Deutschland lahm – Belgier sind Streik-Europameister vor den Franzosen

27.03.2023, Hessen, Frankfurt/Main: Streikende laufen mit Bannern durch das Terminal des Flughafens Frankfurt. Foto: Boris Roessler/dpa

AKTUALISIERT – Der Verkehr mit Zügen, Bussen und Flugzeugen in Deutschland ist am Montag weitgehend zum Erliegen gekommen. Seit Mitternacht läuft ein großer Warnstreik der Bahngewerkschaft EVG und von Verdi.

Von dem 24-stündigen Arbeitskampf sind Millionen Berufspendler und Reisende sowie weite Teile des Güterverkehrs betroffen. Größere Staus im Straßenverkehr am Morgen über die üblichen Behinderungen im Berufsverkehr hinaus wurden bisher nur vereinzelt von der Polizei gemeldet. Teils war von stockendem Verkehr die Rede ohne größere Einschränkungen in Folge des Großstreiks.

Auf der Schiene ist der Fernverkehr komplett und der Regionalverkehr zunächst größtenteils eingestellt. Bestreikt werden nahezu sämtliche deutsche Flughäfen. Wasserstraßen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft sind ebenfalls betroffen. In sieben Bundesländern wird zudem der öffentliche Nahverkehr bestreikt.

27.03.2023, Hessen, Frankfurt/Main: Ein gestrandeter Fluggast schläft auf einer Bank am Flughafen Frankfurt. Foto: Boris Roessler/dpa

Mit den ganztägigen Warnstreiks wollen die Gewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Druck in ihren Tarifverhandlungen erhöhen. Parallel zum Ausstand kommen an diesem Montag Gewerkschaften und Arbeitgeber im öffentlichen Dienst wieder zu Gesprächen zusammen. Bei der EVG stehen weitere Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und anderen Bahnunternehmen erst später an.

Verdi-Chef Frank Werneke betonte: „Mit dem Streiktag im Verkehrsbereich soll den Arbeitgebern noch einmal unmissverständlich klargemacht werden, dass die Beschäftigten eindeutig hinter unseren Forderungen stehen.“

Zu Vorwürfen der Arbeitgeberseite, die Warnstreiks belasteten die Verhandlungen, sagte Werneke: „Als Belastung empfinden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bis hin in die mittleren Einkommensgruppen vor allem die enormen Preissteigerungen für Strom, Gas und Lebensmittel.“

Belgien Streik-Europameister vor Frankreich – Deutschland im Mittelfeld

Im Vergleich zu Belgien und Frankreich sind Streiks in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel. Im internationalen Vergleich liegen Belgien und Frankreich bei der Streikaktivität ganz vorne, Deutschland belegt einen Platz im Mittelfeld.

In Belgien kommen auf 1.000 Beschäftigte im langjährigen Schnitt pro Jahr 97 Ausfalltage wegen Arbeitskampf. In Deutschland sind es lediglich 18 arbeitskampfbedingte Ausfalltage, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung errechnet hat.

31.05.2022, Belgien, Antwerpen: Der Bahnsteig im Hauptbahnhof Antwerpen ist wegen eines Streiks menschenleer. Foto: Dirk Waem/BELGA/dpa

Streik-Vizeeuropameister hinter den Belgiern sind die Franzosen mit durchschnittlichen 93 Ausfalltagen. Deutschland liegt auf dem zehnten Platz. Vor Deutschland findet man noch Kanada (79 Ausfalltage), Finnland (52), Spanien (48) sowie Dänemark (44). Mit 16 Ausfalltagen liegen die Länder Polen und Irland knapp hinter Deutschland.

Schlusslichter unter den 18 im Zeitraum von 2011 und 2020 untersuchten Staaten sind Schweden und Österreich mit jeweils 2 streikbedingten Ausfalltagen pro 1.000 Beschäftige sowie die Schweiz mit lediglich 1 Tag.

Im internationalen Vergleich ist laut WSI zu beachten, dass die Erfassung der Zahlen auf sehr unterschiedlichen Methoden basiert. In Frankreich beziehen sich die Zahlenwerte auf die Privatwirtschaft, berücksichtigen allerdings auch Proteststreiks gegen sozialpolitische Beschlüsse der Regierung. Ähnliches gilt für Belgien. (dpa)

21 Antworten auf “„Superstreiktag“ legt den Verkehr in Deutschland lahm – Belgier sind Streik-Europameister vor den Franzosen”

  1. Olaf Wummstikuss

    Ein Land schafft sich ab!? Der kleine neue Kanzler schafft es nicht (mehr lange)! Ein Mann der kein Charisma hat. Viel Blabla, alle Reden abgelesen, sein wichtigstes Stück ist die schmale schwarze Mappe, von deren Inhalt liest er buchstäblech jedes Wort ab. Der Mann hat keine Ausstrahlung, noch Zutrauen. Einige seiner Minister*innen sind noch schlechter, zwei sogar schon ganz weg. Na ja….Deutschland, hast besseres verdient.

    • 9102Anoroc

      Und jährlich grüßt das Murmeltier;
      wenn auch wie in diesem Fall sonst nicht alle gleichzeitig streiken , ist das doch ein trauriges Resultat das in Deutschland überhaupt gestreikt werden muss.
      Wirtschaft und Politik sollten sich darauf einigen Löhne entsprechend der Inflation , bzw , dem Index anzupassen.
      Der wirtschaftliche Schaden der immer wieder aufs Neue durch die Streiks entsteht , muss doch mittlerweile größer sein als Löhne dem Index anzupassen.

      Aber hauptsache die Zentralbank hat Belgien dafür kritisiert , das in Belgien noch immer die Löhne dem Index angepasst werden.
      Meine Empfehlung an die Zentralbank:
      – Kümmert euch um euren Kram ;
      denn die Gehälter des kleinen Mannes gehen euch nichts an!! aber auch gar nichts!! –
      Seid lieber vorsichtig, dass ihr das Geld der Allgemeinheit , nicht wieder verzockt!

      • 9102Anoroc

        Nach der Aktualisierung ist jetzt zu lesen:

        – in Belgien kommen auf 1000 Beschäftigte im langjährigen Schnitt pro Jahr 97 Ausfalltage wegen Arbeitskampf-

        – in Deutschland sind es lediglich 18 arbeitskampfbedingte Ausfalltage ;
        – wie das WSI errechnet hat –

        Ich wünschte bei meiner Bank würden sich die Beschäftigten das gleiche einwerfen wie bei der WSI und pro 9,7 ersparten Euros 97 zaubern.

        Wir wissen ja das in der letzten Woche das Vertrauen der Anleger in deutschen Aktien verloren gegangen sind und auch Deutsche Banken Schwierigkeiten haben , deshalb aber eine solche Studie zaubern , bewirkt wohl eher das Gegenteil von Vertrauen.
        Unglaubwürdiger geht es nicht mehr!!!

  2. Robin Wood

    Ich kann die Deutschen verstehen. Während der Pandemie haben die Pharma-Unternehmen Milliarden-Gewinne eingefahren, während des Ukraine-Krieges die Waffen-Firmen. Die deutschen Politiker haben sich eine Corona-Prämie ausgezahlt, die Diäten wurden erhöht, ohne grosse Verhandlungen. Beim kleinen Bürger wird auf jeden Cent geschaut. Während Milliarden Euro mit einem Wimpernschlag für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgegeben werden, kann der deutsche Rentner kaum noch seine Rechnungen zahlen. Die Ampelregierung hat durch ihre Klimpapolitik u.a. Strompreise in die Höhe getrieben, Gas- und Ölheizungen sollen verboten und zum grossen Teil auf Kosten der Eigentümer ersetzt werden. Wie soll der einfache Bürger das alles zahlen?
    Die Wirtschaft bricht ein durch die hohen Energie-Kosten, einige Firmen sind schon Richtung USA und China ausgewandert, in Deutschland gibt es daher auch mehr Arbeitslose. Dazu spielt Deutschland (und leider auch die EU) das Sozialamt der Welt.
    Sollten die Politiker sich nicht zuerst einmal um das WOHL der EIGENEN Bürger kümmern? HNur wer Stabilität im eigenen Land hat, kann anderen helfen.

  3. nicht Logisch

    „ Kleben sich Klima-Aktivisten an der Fahrbahn fest, kommt neben Nötigung (§ 240 StGB) auch ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr in Betracht (§ 315b StGB).“

    Wieso dürfen Gewerkschaften dazu aufrufen, komplette Infrastrukturen ohne Strafe
    lahm zu legen.
    Hier kann auch der/ die Kranhaus-Angestellte nicht zur Arbeit fahren um im Notdienst 1te Hilfe
    zu leisten.
    Hier können Kinder nicht zur Schule gehen usw…… (und somit Elter-Teile nicht zur Arbeit)
    Ärzte ohne Grenzen können nicht in Notfall-Gebiete fliegen um dort 1te Hilfe zu leisten.
    Und so könnte man eine Liste ohne Ende erstellen aber wieso werden diese Menschen nicht
    bestraft ?
    Für mehr Lohn darf man natürlich diskutieren und sich einsetzen, aber nicht mit dem Mittel,
    indem man ein ganzes Land und deren Bürger bekämpft.
    Wo bleibt da die Freiheit für den einzelnen Bürger und deren Bürgerrechte.

  4. Peter Müller

    So ist unsere Jugend. Vier Tage arbeiten, und viel Geld verdienen, und mit 62 in Rente gehen. Man muss sein Luxusleben ja weiter finanzieren.. Ob der Mittelstand das auch noch alles nach der Pandemie bezahlen kann ist dem Arbeitnehmer egal. Wohl nachher weinen, wenn der Laden dicht macht. P.S. Der Urlaubstourismus boomt.

    • 9102Anoroc

      @ – Peter Müller 19:43

      Mal sehen ob ihre Kinder auch noch vom Luxusleben später erzählen können.
      Leider haben sie nicht verstanden was auf uns zukommt.
      Der Laden macht so oder so dicht ;
      Kein Grund gerechte Löhne nicht bezahlen zu wollen , für die Leute die mit dem Kopf und den Händen arbeiten müssen und letzten Endes dafür sorgen, dass das Luxusleben des nur mit dem Kopf, gelegentlich arbeitenden Herrn Müller , Schmidt, oder wie auch immer Chefs , finanziert werden kann.
      P.S. der Urlaubs Tourismus boomt , aber nicht mehr lange.

  5. Zuhörer

    Schuld an dem ganzen Spektakel sind doch nur die Preistreiber. Energie und Aldi, Lidl und Co. Während die Bevölkerung sich überlegt wie noch alle Rechnungen bezahlt werden können, kommt die Politik mit neuen Hiobsbotschaften.
    Habeck, Bärbock und andere dieser Partei meinten voriges Jahr doch noch“ Die Energiekosten waren noch viel zu niedrig“ Auf Fleisch wollten sie auch noch die MWS von 6 auf 19% erhöhen, was alles noch schlimmer macht. Anstatt die Preise zu Deckeln wie in Spanien. Denn da haben sie nur 6 % Inflation. Aber unsere Politiker, auch in Belgien behaupten immer noch es sei falsch, obwohl sie mit eigenen Augen sehen daß es geht. Meines Erachtens ist die Inflation hausgemacht. Man hat immer mehr das Gefühl, dass die Politik uns verarmen will.

  6. volkshochschule

    Das ist der Privatflugzeug und 100m Yacht Besitzerklasse – Fraktion so was von egal ob die kleinen Leute streiken oder nicht, die leben ohnehin in Steueroasen und gewinnen scheinbar immer. Leider ist auch die Politik kaum noch an einer gerechten Verteilung interessiert sonst wäre die Lage derer die alles erst erarbeiten besser.

    • 9102Anoroc

      @ – Peter Müller 22:44

      Und was sagen wir jetzt?

      Überschrift des Handelsblatt:
      Bankenkrise Wetten gegen Deutsche Bank.

      Unter anderem gelesen bei Google News:
      Deutsche Bank Aktie stürzt ab, Scholz beruhigt.

      Schließlich trifft der INFOsperber den Nagel auf dem Kopf :
      Banken: Beruhigende Worte von Scholz und Macron sind wenig wert !!
      weiter heißt es:
      Um das Vertrauen in Großbanken zu bewahren, müssen Behörden und Banker lügen;
      sie würden lieber das labile Geldsystem fixieren……

      Das mit den Lügen hat ja auch meiner Meinung nach hier das WSI im Artikel eindeutig versucht.
      Anleger Vertrauen natürlich eher einer gesunden Wirtschaft bei denen keine Streiks nötig wären.
      die KI wird aber dafür sorgen dass man In Zukunft fast über nichts mehr anders reden wird , als Streiks und wirtschaftlich schlechter Lage, so wie Bankenkrisen.

  7. Unsere Gewerkschaften nehmen das Land in Geiselnahme. Es wird zeit die gewerkschaften zu entmachten und den Index abzuschaffen. Gleichzeitig müssen Sozialabgaben an arbeitslose drastisch gekürzt werden. Dann wird der Fachkräftemangel von alleine weggehen.

    • der heilige josef

      Ihr Vorschlag ist ein alter Hut er stammt von einem Tuchfabrikanten des 19 Jahrhunderts, er ging sogar noch weiter in dem er sagte, wer nicht arbeitet der soll auch nicht essen. Und ein anderer Fabrikant der sagte mal auf die Frage eines Mitarbeiters nach einer Lohnerhöhung, Guter Mann jeder muss mit seinem Geld auskommen, ich auch als Fabrikbesitzer und sie als Arbeiter.

  8. Thekenblabla

    Für komplexe Probleme gibt’s keine einfachen Lösungen von der Stange (oder Theke). Extremer (Neo)kapitalistische ist ebenso gescheitert (bis zu Revolte und Krieg) wie extremer Sozialismus (bis Hungersnot und Diktatur). Es ist eine Frage des Gleichgewichts, das derzeit aufgrund der extremen Inflation gestört ist,
    Da wo schlecht bezahlt wird fehlen Arbeitskräfte, geht die Kaufkraft in den Keller (auch der Kunden hiesiger Handwerker, Geschäfte und Betriebe) und stören Spannungen die Wirtschaft und Gesellschaft. Ist der automatische Lohnindex deshalb toll? Er wahrt Kaufkraft und Sozialfrieden, ist aber zusätzlich Preistreiber und verschlechtert die Konkurrenzfähigkeit.
    Leider packt die Politik die echten Inflationstreiber aber nicht an:
    – viel zu hohe Steuern (die ja auch mit jedem Index steigen und jeder Preiserhöhung, da %tual fix) auf Arbeit und Mehrwerte
    – zur Finanzierung immer größerer administrative Apparate die sich durch Regelwut (noch mehr Kosten für Betriebe und Arbeitnehmer) und Verwaltung von Verwaltung (Kafka lässt grüßen) rechtfertigen
    – wobei immer mehr nicht beitragende Bevölkerung durch wenige Beitragszahler (Arbeitnehmer, Selbständige und Betriebe) getragen werden müssen (Rentner aufgrund der hohen Lebenserwartung, nicht arbeitsfähige oder -willige Migranten im Gegensatz zu qualifizierten Zuwanderern, Dauersoziahilfeempfänger, Studenten mit stets längeren Studienzeiten…)
    – Konzerne die Megagewinne abstreichen aus der Knappheit und Preiserhöhung (nicht nur im Energiesektor) aber auch Mittelständler mit positiven Mitnahmeeffekten
    Also streiken? Wem angesichts der Inflation der Lohn für den Einkauf im Supermarkt am Monatsende fehlt, der wird wohl dafür kämpfen müssen, dass seine Arbeit zum Leben reicht. Dennoch ist Streik stets die „letzte Patrone im Revolver“ und die kann man nur einmal verschießen… also besser kein „zweites französisches Krawallszenario“ in Deutschland oder Belgien!

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