Marc Schmitz aus St. Vith hält sich seit Samstag, dem 7. Dezember, in Bangkok auf, wo der Gerichtsvollzieher mit den Vorbereitungen einer im März 2014 stattfindenden Konferenz, die in Zusammenarbeit mit dem thailändischen Justizministerium organisiert wird, beschäftigt ist. Den Volksaufstand in Bangkok erlebte Schmitz aus nächster Nähe und schickte „Ostbelgien Direkt“ auf Anfrage folgenden Bericht sowie Fotos und ein kurzes Video.
Von Marc Schmitz (aus Thailand)
Während die Situation am Samstag relativ ruhig war, erfolgte am Sonntag sowohl über die Medien als auch über die sozialen Netzwerke der Aufruf der Opposition zum „Finalen Kampf“.
Der Protest-Anführer Suthep Thaungsuban hatte angekündigt, die Regierung am Montag endgültig in die Knie zu zwingen und zum Rücktritt zu bewegen. Andernfalls wolle er aufgeben und sich geschlagen geben – und, wie er wörtlich verlauten ließ, „auf dem Schlachtfeld sterben“.
Der Aufruf sollte seine Früchte tragen. Schon sehr früh am Montagmorgen (der eigentliche Protestzug sollte erst gegen 9.30 Uhr beginnen) versammelten sich die Massen in Bangkoks Straßen.
Nachdem die gesamte Opposition im Parlament in der Nacht von Sonntag zu Montag geschlossen zurückgetreten war und somit Premierministerin Yingluck Shinawatra weiter unter Zugzwang geriet, schien das Ziel der Protest-Anführer ein Stück näher gerückt zu sein.
Demonstranten mit ohrenbetäubenden Trillerpfeifen
Gegen 10 Uhr traf ich auf einen der Protestzüge, der sich in Richtung Regierungssitz bewegte. Zigtausende (die Zeitungen sprechen von einigen Hunderttausend) Demonstranten zogen mit ohrenbetäubenden Trillerpfeifen und lauten Sprechchören durch die Straßen. Indem die Demonstranten sich die thailändische Fahne zu Eigen gemacht hatten, als Erkennungsmerkmal, wollten sie damit zum Ausdruck bringen, dass sie das Volk sind.
Überraschenderweise war kaum Polizei oder Armee in den Straßen zu sehen, selbst dort nicht, wo der Verkehr in dem sonst bereits verkehrstechnisch chaotischen Bangkok vollends zusammengebrochen war. Ganz Bangkok schien auf den Beinen zu sein und sich den Protestzügen anzuschließen.
Hierbei muss man wissen, dass die derzeitige Regierung und deren Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra hauptsächlich durch die ärmlichere Bevölkerung im Norden Thailands, die sich hauptsächlich aus Bauern zusammensetzt, getragen werden.
Die Mittel- und Oberschicht Thailands, die sich hauptsächlich im Ballungsraum Bangkok aufhält, erhebt jedoch schwere Korruptionsvorwürfe sowie Vorwürfe der Verschwendung von Steuergeldern gegen die derzeitige Regierung.
Das Fass zum Überlaufen brachte ein Gesetzesvorschlag von Premierministerin Yingluck Shinawatra, der die Amnestie ihres Bruders Thaksin (dem ehemaligen Premierminister, der sich derzeit im Exil befindet) zur Folge gehabt hätte. Man geht davon aus, dass Thaksin Shinawatra aus dem Ausland heraus noch immer die Fäden in der Regierung zieht und seine Schwester dabei nur als Marionette dient.
Das wirtschaftliche Leben kam am Montag jedenfalls praktisch zum Stillstand. Egal, wo man hinblickte, überall waren fahnenschwenkende Menschen zu sehen, die sich in Richtung Regierungssitz bewegten. Besonders hervorzuheben ist dabei die Tatsache, wie friedlich und geordnet das Ganze ablief. Während in Belgien oder Europa generell Hundertschaften von Polizisten den Weg der Demonstranten säumen, lief hier alles in geordneten Bahnen.
Unter dem Druck des Volkes
Der noch amtierenden Premierministerin kommt sicherlich zugute, dass sie angeordnet hatte, die Armee am Regierungssitz zwar aufziehen zu lassen, jedoch ohne Waffen. Auch die Polizei wurde angewiesen, sich „um das Wohl der Demonstranten zu kümmern und für deren Schutz zu sorgen“. Eine doch etwas verwirrende Situation für außenstehende Europäer.
Auch innerhalb des Justizministeriums, mit dessen Vertretern ich in Kontakt stand, schien man mit den Demonstranten zu sympathisieren und der Regierungsführerin eher skeptisch gegenüber zu stehen.
Unter dem Druck des Volkes hat Premierministerin Yingluck Shinawatra das Parlament schließlich aufgelöst und der König die Auflösung bestätigt.
Es sind inzwischen Neuwahlen für den 2. Februar angekündigt worden. Protestführer Suthep Thaugsuban wertet dies als einen Sieg des Volkes gegen das Thaksin-Regime und als einen ersten Schritt zu einer grundlegenden Reform des Landes.
Am Dienstag, 10. Dezember, einem Feiertag (Constitutional Day), ist wieder Ruhe eingekehrt. Nur vereinzelte, kleinere Gruppen waren noch in den Straßen.
Nachstehend das VIDEO (Länge: 32 Sekunden), das Marc Schmitz „Ostbelgien Direkt“ zugeschickt hat:
Aufruf der Opposition zum “Finalen Kampf”.
Obwohl Ostbelgien nicht an Thailand grenzt, vielleicht schwappt die Bewegung ja irgendwann mal rüber. Nein, nein, nicht im Gepäck von Herrn Schmitz….
Glückwunsch, Herr Schmitz, zu Ihrem Bericht. Ich bin sicher, einige Journalisten in der DG bekämen das nicht so gut hin wie Sie.
Danke Herr Schitz für den interessanten Artikel. Ich fliege mit meiner Frau Ende Dezember nach Thailand und wir verfolgen die Aktualität vor Ort. Ich hoffe dass sich die Lage noch entschärfen wird, aber momentan scheint es ja keine größeren und vor allem gewalttätige Ausschreitungen zu geben. Sie hatten jetzt aber auch kein Unsicherheitsgefühl, oder doch?
Nein, ein Unsicherheitsgefühl hatte ich zu keinem Zeitpunkt! Ganz im Gegenteil: die Thailänder sehen die Ausländer als völlig unbefangen und beide Lager grüßen freundlich umherstehende Touristen, Auch hier wird Thailand wieder einmal mehr seinem Ruf als „The Land of Smile“ gerecht.
Es freut mich zu lesen, dass dieses Thema in der DG besprochen wird. Danke fuer Ihren Artikel! Fuer Thailand tut es mir sehr leid, dass das Land schon wieder in einer Krise steckt und die demokratisch gewaehlte Regierung ihre Arbeit nicht zu Ende fuehren kann. Dieser Protest hat friedlich geendet, wohl auch Dank der groesstenteils gewaltlosen Reaktion der Ministerpraesidentin. Thailand ist ein wunderschoenes Land, ich kann nur jedem empfehlen, es zu bereisen.