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Medienkonzern Springer entlässt den „mächtigsten Chefredakteur Deutschlands“ – Julian Reichelt muss gehen

14.06.2017, Berlin: Julian Reichelt, damals Chefredakteur von „Bild“, sitzt bei einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in seinem Büro in Berlin. Foto: picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Medienkonzern Axel Springer hat mit sofortiger Wirkung „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt von seinen Aufgaben entbunden. Das teilte das Unternehmen am Montag in Berlin mit.

Neuer Vorsitzender der „Bild“-Chefredaktion wird Johannes Boie. Der 37-Jährige ist derzeit Chefredakteur der zu Springer gehörenden Zeitung „Welt am Sonntag“. Reichelt verlässt den Medienkonzern und damit auch Deutschlands größte und auflagenstärkste Boulevardzeitung.

Springer begründet das Ende der Zusammenarbeit mit dem 41-Jährigen an der Spitze so: „Als Folge von Presserecherchen hatte das Unternehmen in den letzten Tagen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten von Julian Reichelt gewonnen.

„Bild“ ist immer noch die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands. Foto: Shutterstock

Diesen Informationen ist das Unternehmen nachgegangen. Dabei hat der Vorstand erfahren, dass Julian Reichelt auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt hat.“

Im Frühjahr hatte der Konzern das interne Verfahren angestoßen. Nach Springer-Angaben standen im Kern der Untersuchung die Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz.

Der Konzern prüfte Vorwürfe und kam zu dem Ergebnis, dass Reichelt seinen Posten behalten sollte. Es war eine zweite Chance. Nach einer befristeten Freistellung kehrte er in den Job zurück. Am Montag wurde dann das abrupte Ende bekanntgemacht.

Reichelt arbeitete seit 2002 für den Medienkonzern. Der Journalist war Vorsitzender der „Bild“-Chefredaktionen und trug die übergeordnete redaktionelle Verantwortung der Bild-Marke mit Deutschlands größter Boulevard-Tageszeitung mit einer Auflage von rund 1,2 Millionen Exemplaren (mit Berliner Boulevardzeitung „B.Z“). Der 41-Jährige war zudem Sprecher der Geschäftsführung für die Bild-Marke. Vor allem mit seiner Arbeit als Reporter in Kriegsgebieten wurde Reichelt vielen bekannt.

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Springer-Chef Mathias Döpfner sagte am Montag: „Julian Reichelt hat ‚Bild’ journalistisch hervorragend entwickelt und mit BILD LIVE die Marke zukunftsfähig gemacht. Wir hätten den mit der Redaktion und dem Verlag eingeschlagenen Weg der kulturellen Erneuerung bei BILD gemeinsam mit Julian Reichelt gerne fortgesetzt. Dies ist nun nicht mehr möglich.»

Neben Boie auf der Topposition bei „Bild“ bleibt Alexandra Würzbach Chefredakteurin „Bild am Sonntag“ und verantwortet das Personal- und Redaktionsmanagement. Diesen Bereich hatte sie bereits bei Reichelts Rückkehr im Frühjahr übernommen. Claus Strunz ist als Chefredakteur für das Bewegtbildangebot verantwortlich.

Springer beschäftigt rund 16.000 Mitarbeiter weltweit. Neben den journalistischen Flaggschiffen „Bild“ und „Welt“ ist der Konzern in digitalen Geschäften wie Newslettern aktiv. Auch Rubrikenportale sind ein wichtiges Standbein. Außerdem investiert Springer in andere Unternehmen. 2019 ging der Medienkonzern in Berlin eine Partnerschaft mit dem US-Finanzinvestor KKR ein und zog sich dazu auch 2020 von der Börse zurück. Das Ziel: Schneller in den digitalen Geschäften wachsen.

In den vergangenen Monaten stemmte Springer ein Mammut-Projekt: Seine immer noch auflagenstärkste Zeitung „Bild“ bekam auch einen gleichnamigen TV-Sender. Das frei empfangbare TV-Programm startete im August. Springer will Millionen in den Ausbau seines Videoangebots investieren. Im TV wird in Deutschland nach wie vor viel Geld mit Werbung verdient. (dpa)

30 Antworten auf “Medienkonzern Springer entlässt den „mächtigsten Chefredakteur Deutschlands“ – Julian Reichelt muss gehen”

  1. Schade, dieses Fehlverhalten hätte ich bei ihm so nicht vermutet. Interessant fand ich das neu geschaffene „Bild-TV“, welches frei empfangbar ist. Dieses moderierte er öfters im Beisein von anderen Journalisten/innen. Besonders die tägliche Sendung „Viertel nach acht“ finde ich gut, da hier „Tacheles“ geredet wird und nicht diese grausame „Political correctness“ beachtet wird.

  2. Pensionierter Bauer

    Ich konnte aber bisher nirgendwo erfahren, was man dem Herrn Reichelt jetzt genau vorwirft. Da sollte der Verlag doch auch bitte Tacheles von sich geben.
    Ich persönlich vermute, dass er sich zu sehr vom politisch korrekten Mainstream entfernt hatte. Da wurde wahrscheinlich massiv Druck aus Berlin auf den Vorstand des Axel Springer Verlages ausgeübt.

    • „Ich persönlich vermute, dass er sich zu sehr vom politisch korrekten Mainstream entfernt hatte. Da wurde wahrscheinlich massiv Druck aus Berlin auf den Vorstand des Axel Springer Verlages ausgeübt.“

      Eben nicht, Herr Bauer; es geht hier um andere Dinge : siehe beispielsweise den Link im Beitrag von „Hier“ von heute 13.08 Uhr.
      Wie ich oben in meinem Post bereits erwähnte, schert sich die BILD,( leider als fast einziges Medium) , wie auch immer man diesen Medien-Giganten sehen mag, garantiert nicht um einen „korrekten Mainstream“, „Political Correctness“ die „Gendersprache“ „Druck aus Berlin“ oder Sonstigem . Ich bin ehrlich gesagt auch kein“ Freund“ der BILD, rechne ihr aber positiv an, dass sie in ihrer Berichterstattung sozusagen „Wahres für Bares“ wenn auch häufig in übertriebenem „Schlagzeilen-Modus“ veröffentlicht, was die anderen Medien tunlichst vermeiden und/oder verschweigen etc.
      Wie gesagt, es lohnt sich meiner Meinung nach, mal in das neu geschaffene BILD-TV ( frei empfangbar) rein zu zuschauen u.a. beispielsweise die Sendung „Viertel nach Acht“ um genau diese Uhrzeit.
      Diese hebt sich wohltuend ab von den üblichen Sendungen (Talk-Shows usw.) dieser Art bei den übrigen Sendern, besonders beim deutschen Staats-TV oder etwas überspitzt ausgedrückt :wie bei OD und Grenz-Echo/BRF ( Ironie aus)

  3. Paul Siemons

    Reichelt wurde zu unbequem. Er hat das Blatt zunehmend auf Anti-Merkel-Kurs gebracht, zusätzlich zu viele unerwünschte Infos zu Corona bekannt gegeben und immer, wenn „Einmann“ mal wieder aktiv wurde, erkennen lassen, dass es sich nicht um Anton und Manni, sondern Ali und Mohammed handelte. Die NYT ist schon lange ein linkes Schmierblatt, denen ist Springer ein Dorn im Auge.

  4. „Ich persönlich vermute…“ Dieser Satz offenbart Unwissenheit und lädt dazu ein, die große Kirmes der Vermutungen zu betreten. Was soll das bringen? Nicht seriöser ist es, Vermutungen mit dem selbstbewussten Satz „Reichelt wurde zu unbequem.“ zu beginnen und ebenfalls doch nur Mutmaßungen bieten zu können.

  5. Dow Jones

    Ach wie süß, ein Chef, der über Affären mit seinen Mitarbeiterinnen gestolpert ist, wird jetzt zum Märtyrer der Schwurbler.

    Wenn jeder 100 Euro gibt kann Herr Cremer ihn vielleicht als Schreiber einstellen. Dann kann er endlich mal in einem wirklich unabhängigen Medium publizieren. Was für eine Freude!

    • Die Schwurbler, Vermuter und Ins-Blaue-Behaupter werden uns sicher bald aufklären, welche geheimnisvollen Mächte den armen Mann ans Messer geliefert haben. Womöglich waren die Damen Agentinnen von Bill Gates, oder irgendwie so…

  6. Weltfremd

    Wer wirklich glaubt , dass die Bild ‚relevante‘ Corona Informationen gebracht hätte , die angeblich von den ’seriösen‘ Medien verschwiegen wurde , ist auf AFD , NVA Kurs und somit untragbar für unsere Gesellschaft. Die Bild hetzt auf AFD nieveau so wie sie es immer getan haben. Und ja Halbwissen zu verbreiten hat nicht annähernd mit gutem sauberen Journalismus zu tun. Hat Europa wirklich so einen enormen Mangel an psychologischen Therapieformen ? Oder ist hier wieder das böse Internet schuld? Fragen über Fragen !

    • senseless

      Lass die Leute redn und lächle einfach mit,
      Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der BILD.
      Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht,
      aus: Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht! 🥴

  7. Na da haben Sie sich ja eine tolle Charakterquelle herausgesucht. Meinungen als Journalismus zu verkaufen macht es noch immer nicht wahr… aber die Welt ist eben einfacher, wenn man lediglich zwischen Freund und Feind unterscheiden muss.
    Wenn der Typ so clever gewesen wäre wie er immer tat, hätte er jetzt mal 1 Jahr lang sein bestes Stück in der Hose gehalten und nicht weiter junge Journalistinnen und Volontärinnen begattet. Aber wenn man sich von „hier is ja so wie in der DDR“ Döpfner geschützt fühlt und für unantastbar hält, braucht man das wohl nicht.
    Und an alle Hansel die behaupten „da war nix“: nach dem ersten Compliance Verfahren hat selbst DDR-Döpfner gesagt, dass es „nicht gut war“ dass der Julian „privates und berufliches“ nicht trennt – soft aber deutlich für die Hetzer von Springer…

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