Politik

Yves Derwahl outet sich als „tiefrangiger Mandatar“: Über den Sinn oder Unsinn von „XXL-Parlamenten“

Yves Derwahl zieht sich aus der Politik zurück. Foto: Gerd Comouth

„Ich bin ein tiefrangiger Mandatar“ twitterte der PFF-Politiker Yves Derwahl am Montag zu einem Artikel von „Ostbelgien Direkt“ über den Antrittsbesuch in der DG von Premier Alexander De Croo (Open VLD) am Mittwoch.

Anlass war eine Pressemitteilung aus dem Kabinett von Ministerpräsident Oliver Paasch (ProDG). Darin wurde das Programm  des Besuchs von De Croo in Eupen und Hünningen an diesem Mittwoch aufgelistet.

Für den ersten Programmpunkt nach der Ankunft des Premierministers um 15.30 Uhr am Sitz des Ministerpräsidenten, Gospertstraße 42 in Eupen, steht geschrieben: „Gesprächsrunde mit der DG-Regierung und hochrangigen Mandataren.“

Hochrangig, aber größtenteils überflüssig: Die purpurroten Sessel des Senats vermitteln dem Parlament eine Bedeutung, die es seit 2014 aber nicht mehr hat. 60 Senatoren fristen in dem altehrwürdigen Haus ein kostspieliges Dasein. Foto: Shutterstock

Wer ist ein „hochrangiger Mandatar“ in der DG? Wahrscheinlich Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz (SP), die föderale Abgeordnete Kattrin Jadin (PFF), Senator Alexander Miesen (PFF) und der EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP). Einfache Mandatare wären demnach alle anderen Abgeordneten des PDG und die beiden ostbelgischen Regionalabgeordneten Anne Kelleter (Ecolo) und Christine Mauel (PFF).

Das Mitglied des Lütticher Provinzialrats, Yves Derwahl (PFF), fühlte sich jedenfalls nicht angesprochen und twitterte daraufhin nicht ohne Ironie : „Ich bin ein tiefrangiger Mandatar“ (siehe Tweet unten).

Was auf den ersten Blick eine eher humorvolle Äußerung von Derwahl ist, hat irgendwo auch einen ernsteren Hintergrund, denn es stellt sich in der Tat die Frage, was ein simples Mitglied des Lütticher Provinzialrates heutzutage überhaupt noch bewirken kann. Noch unwichtiger ist womöglich nur das „Benelux-Parlament“ oder die „Versammlung“ der Euregio Maas-Rhein.

26.10.2021, Berlin: Konstituierende Sitzung des XXL-Bundestags, der mit 736 Abgeordneten so groß ist wie nie zuvor. Foto: Michael Kappeler/dpa

Im Prinzip zwar mit „hochrangigen Mandataren“ besetzt, aber größtenteils überflüssig ist derweil der belgische Senat, der längst hätte abgeschafft werden müssen, aber mit seinen 60 Senatoren nach wie vor ein kostspieliges Dasein fristet.

Unter diesen Voraussetzungen kann man sehr gut den Unmut nachvollziehen, der sich in Deutschland breitmacht über den neuen Bundestag, der am heutigen Dienstag konstituiert wurde und mit sage und schreibe 736 Abgeordneten so groß ist wie nie zuvor.

Mit einer Lichtprojektion an ein Gebäude des Bundestages hat der Bund der Steuerzahler gegen die Rekordgröße des Parlaments protestiert. „XXL-Bundestag stoppen! 500 Abgeordnete sind genug!“

„Nach unseren Berechnungen wird der neue Bundestag mit 736 Sitzen in dieser Wahlperiode für Mehrkosten von mindestens 410 Millionen Euro gegenüber der Normgröße von 598 Abgeordneten sorgen“, so der Bund der Steuerzahler. Angehoben werden müssten zum Beispiel die Ausgaben für die Abgeordneten-Entschädigungen, für die Kostenpauschale, für Abgeordnetenmitarbeiter und für die Fraktionsfinanzierung – „ohne dass dem vielen Steuergeld ein parlamentarischer Mehrwert gegenüber steht“. (cre)

Nachfolgend der Tweet von Provinzialrat Yves Derwahl (PFF):

16 Antworten auf “Yves Derwahl outet sich als „tiefrangiger Mandatar“: Über den Sinn oder Unsinn von „XXL-Parlamenten“”

  1. Kurt Rudi

    Tatsächlich gibt es heute jede Menge von Möglichkeiten zu Unterbringen aller Arten von Politikern. In der Sammlung vom Text hiervor fehlen u a noch die Saar-Lor-Lux Parlamentarier, oder wie sie auch heissen mögen? Alles wird heute zwei-drei mal durchs Sieb geschüttet, nur die Politik Garagen florieren immer noch weiter! In der Menge und in der Spannung wie der Karl Heinz sagt. Unser Land leidet sehr stark an der Seuche, und das seit Jahrzehnten.
    Wenn dabei die Resultate Spitze wären, dann wäre das schon rentabel, aber leider ist das Gegenteil der Fall.
    Unsere Schulden sind der beste Beweis, denn da sind wir im Vordergrund was deren Höhe betrifft.
    Aber nein, so ist das doch nicht, pflegen die Verursacher zu prahlen. Wir waren das auch nicht, nein, es waren die anderen, die vorigen.
    Wann ändert das sich mal? Wann wird endlich das Radiergummi benutzt um diesem Unheil ein Ende zu bieten?
    Die Hälfte aller Vorhandenen ist noch zuviel des Guten!
    Wo das hinführt sah man noch bei der Juli Flut, den dafür Mitverantwortlichen wird schon nichts passieren. Ihr werdet es sehen!

  2. Erst wenn du bei den Wahlen Verlierer bist, am Ende jedoch einen „wichtigen“ Posten bekommst weil du einen kennst der einen kennt, dann bist du ein hochrangiger Mandatar.
    So wird in der DG, in der Wallonie, in Belgien seit Jahren (Jahrzehnte) „erfolgreich“ Politik gemacht…

  3. Robin Wood

    Ach der arme Herr Derwahl! (Ironie)
    Ob Belgien, Deutschland, Österreich… Polit-Pöstchen werden immer wieder besetzt und noch neue Futtertröge dazu geschaffen, denn es lebe die Vetternwirtschaft. Es gibt ja genug Steuerzahler. Bürger, die jeden Tag arbeiten gehen, mehr als 50% des Gehalts dem Staat an Steuern abdrücken und am Ende des Tages rechtschaffen müde sind. Die Bürger, von denen ein grosser Teil am Ende des Jahres nicht weiss, woher Heizkosten zahlen, während grosse Firmen dank unserer korrupten Politiker kaum Steuern zahlen.

    „Es ist uninteressant, welcher Clown den Anführer einer Nation spielt. Entscheidend ist, wieviele Narren dieses Spiel mitspielen!“
    (Zitat investmentdenker.com)

  4. Politischenttäuscht

    Warum staunen ! Politiker machen unter sich was sie wollen, wo sie wollen, wie sie wollen. Sie sind die Herrscher (so wie der Adel zur Zeit der Könige von Frankreich) ! Es hat sich nichts geändert, außer
    das Wort „Demokratie“ hinzugefügt hat ! Wenn einer zu viel ist oder nichts mehr bringt, findet die
    Partei immer eine Lösung auf einen Abschiebegleis, wo nichts mehr zu tun ist…außer Geld kassieren !

  5. Vive la Province!

    Heißt das etwa, dass die Herren Michel Neumann (Ecolo), Jacques Schrobiltgen (CSP) und ganz besonders Fred Ossemann (SP) sich ebenfalls als „tiefrangig“ betrachten müssen? Das geht doch wohl gar nicht.

  6. Provinciaal

    Herr Derwahl hat Humor und eine gesunde Selbstironie, Bravo! Andererseits steckt auch ein Stück Wahrheit in seinem Post… einerseits setzt er sich doch mit kritischen Fragen und Beiträgen in Lüttich ein, und wenn er dieses Amt bekleidet, gehört er auch eingeladen, entweder es gibt das Mandat oder es gibt’s nicht. Andererseits ist die Infragestellung dieser vielen Ämter und Institutionen in Belgien wirklich mal dringend nötig, um Steuern zu senken, ein Ziel der Liberalen.

  7. Herr DERWAHL SCHÄMEN SIE SICH?

    Sie sollen sich für die Abschaffung der Provinzen einsetzen. Wenn Sie ein fünkchen Ehre hätten hätten Sie den Posten im Provinzialrat erst gar nicht angenommen? Und dann wie ein Kleinkind rumheulen nicht mit an die fetten Futtertröge eingeladen zu werden?
    Die Provinzialsteuern werden vom kleinen Arbeiter eingetrieben für Prestigeobjekte . DIe PROVINZEN gehören abgeschafft. Komisch vor jeder Wahl wollen die Politker die Provinzen abschaffen und nach den Wahlen will keiner mehr etwas davon wissen?

    • Jupp Vankompele

      Nicht nur die Provinzleute, darüber hinaus der Senat und die überflüssigen Regionen müssen weg. Flandern und Wallonie ist tragbar aber nicht Brüssel und die DG. Plus den darunter sich versammelnden Wildwuchs, von wegen Maas Rhein, Saar Lor Lux und wer weiss noch alles. Die füttern sich alle an unsere vielen Steuern.

  8. Guido Scholzen

    Man sollte es machen wie in Israel: Dort hat ein Parlament maximal 120 Sitze, so wie die Knesset.
    Ob Brüssel oder Berlin, 120 Sitze pro Parlament sind auch schon genug.
    Damit meine ich nicht, dass das PDG in Zukunft 120 Sitze haben sollte…🙄🙈🙉🙊

    • besserwisser

      Bis jetzt haben wir noch nichts von diesen Tiefrangigen Politiker gehört oder in etwa seine Leistung erfahren. Also verdient er genug als Tiefrangiger Politiker, sonst würde er sich anstrengen die Karrièreleiter hochzuklettern.
      Ohne Fleiss kein Preis Herr Derwahl

  9. Nicht eingeladen

    Hoffentlich haben unsere vier Provinzabgeordneten ihre Enttäuschung inzwischen überwunden. Die Einladung von Mandataren der Provinz für das Treffen mit Premier De Croo wäre idT ein falsches Zeichen gewesen. Die Provinzen spielen künftig keine Rolle mehr und das ist gut so. Ihre Vertreter sollen bei solchen Anlässen logischerweise nicht auch noch aufgewertet werden. Immerhin werden sie wieder eingeladen, wenn die Trachtengruppen aus Tirol ihre Visitenkarte im PDG abgeben.

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