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Migranten springen ins Wasser – Italienische Justiz ordnet Anlandung des Rettungsschiffs „Open Arms“ an

20.08.2019, Italien, Lampedusa: Zwei Frauen werden von der italienischen Küstenwache als medizinischer Notfall vom Schiff "Open Arms" evakuiert. Eine der Frauen war nicht mehr bei Bewusstsein. Foto: Friedrich Bungert/dpa

AKTUALISIERT – Es könnte kaum absurder sein: Auf dem Rettungsschiff „Open Arms“ ist die Lage außer Kontrolle. Migranten springen ins Wasser. Nun entscheidet die Justiz. Und stellt andere Pläne wieder auf den Kopf.

Nach dem verzweifelten Sprung mehrerer Migranten ins Meer hat die sizilianische Staatsanwaltschaft die Anlandung des Rettungsschiffs „Open Arms“ in Italien angeordnet. Außerdem solle das Schiff beschlagnahmt werden, sagte Innenminister Matteo Salvini in einem Facebookvideo am Dienstag unter Berufung auf die Behörde von Agrigent. Zudem werde die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen Amtsmissbrauchs ermitteln – das könne nur er sein, sagte Salvini.

Das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms ist seit knapp drei Wochen auf dem Meer blockiert und liegt seit Tagen mit rund 80 Migranten vor der italienischen Insel Lampedusa. Einige Migranten waren am Dienstag über Bord gegangen und mussten aus den Fluten gerettet werden.

20.08.2019, Italien, Lampedusa: Luigi Patronaggio, italienischer Staatsanwalt, erreicht den Hafen von Lampedusa nach dem Besuch des Rettungsschiffes „Open Arms“. Der Staatsanwalt von Agrigent, Patronaggio, ordnete die vorläufige Beschlagnahmung und die Anlandung nach einem Besuch auf dem Schiff an. Foto: Salvatore Cavalli/AP/dpa

Eigentlich hatte die spanische Regierung am Dienstag nach tagelangem Hin und Her angekündigt, ein Marineschiff nach Lampedusa zu schicken. Die „Audaz“ solle die „Open Arms“ von dort bis nach Palma de Mallorca begleiten. Allerdings dauert die Fahrt nach Italien etwa drei Tage.

Der Staatsanwalt von Agrigent, Luigi Patronaggio, habe die vorläufige Beschlagnahme und die Anlandung nach einem Besuch auf dem Schiff angeordnet, berichteten italienische Nachrichtenagenturen.

Auf der „Open Arms“ sei die Lage „außer Kontrolle“, wie Proactiva Open Arms mitteilte. Mehr als ein Dutzend Migranten sprangen am Dienstag ins Wasser und versuchten, die einige Hundert Meter entfernt liegende Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.

Die Hilfsorganisation twitterte, zunächst seien neun Menschen ins Meer gesprungen. Später folgten ihnen mindestens fünf nach. Die italienische Küstenwache barg sie aus den Fluten. Alle seien nach Lampedusa gebracht worden, schrieb Proactiva. Ihr Fazit: „An Bord hat die Situation ihr Limit erreicht“.

20.08.2019, Italien, Lampedusa: Beamte der Guardia di Financa bringen einen Flüchtling in den Hafen von Lampedusa. Insgesamt neun Flüchtlinge hatten versucht, vom Schiff „Open Arms“ an Land zu schwimmen. Sie wurden von der Küstenwache und der Guardia Financa gerettet. Foto: Friedrich Bungert/-/dpa

An Land seien die Migranten umgehend von Ärzten betreut worden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Bereits am Wochenende hatten sich mehrere Migranten ins Meer gestürzt, sie waren aber von Helfern zurück aufs Schiff gebracht worden. Am Nachmittag wurden zudem zwei weitere Menschen mit gesundheitlichen Problemen von Bord gebracht, wie Medien berichteten. „18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt, Wasser und Lebensmittel rationiert… Die Situation ähnelt der eines libyschen Lagers, aber in italienischen Hoheitsgewässern“, twitterte Proactiva-Gründer Oscar Camps.

Das spanische Marineschiff wurde seit dem Morgen in der Militärbasis von Rota in Andalusien für die Überfahrt vorbereitet und sollte am späten Nachmittag in See stechen. In drei Tagen soll es Lampedusa erreichen. Die Regierung in Madrid halte dies für die „angemessenste Lösung“, hieß es.

Verteidigungsministerin Margarita Robles hatte bereits am Morgen eine Lösung in den „nächsten Stunden“ in Aussicht gestellt. Angesichts der humanitären Notlage an Bord dürfe niemand wegschauen, sagte sie. Der italienische Innenminister Matteo Salvini kümmere sich nicht um Menschenleben, sondern nur um seinen Wahlkampf. Gegen Salvini hatte die Staatsanwaltschaft schon einmal in einem ähnlichen Fall Ermittlungen aufgenommen.

19.08.2019, Italien, Lampedusa: Ein Schiff der italienischen Guardia di Finanza fährt neben dem Schiff „Open Arms“ der Hilfsorganisation Proactiva im Mittelmeer vor der Küste Lampedusas. Foto: Salvatore Cavalli/AP/dpa

Obwohl die „Open Arms“ seit Tagen direkt vor Lampedusa liegt und sich mehrere EU-Staaten zur Aufnahme der Menschen bereiterklärt hatten, wollte Salvini, der der rechten Lega angehört, die Menschen nicht an Land lassen. §Das, was Salvini im Zusammenhang mit Open Arms macht, ist eine Schande für die gesamte Menschheit“, sagte Robles.

Zeitweise befanden sich rund 160 Migranten an Bord, jedoch waren mehrmals Menschen in prekärem Gesundheitszustand an Land nach Italien oder Malta gebracht worden. Mehrere Frauen hatten zuvor Panikattacken und Weinkrämpfe erlitten. Am Dienstagnachmittag waren Medienberichten zufolge noch 83 Migranten an Bord.

Die Regierung in Madrid hatte dem Schiff am Montag den nächstgelegenen spanischen Hafen angeboten – jedoch sah sich die NGO nicht in der Lage, in der prekären Lage an Bord noch tagelang quer über das Mittelmeer bis Mallorca oder Menorca zu fahren. (dpa)

44 Antworten auf “Migranten springen ins Wasser – Italienische Justiz ordnet Anlandung des Rettungsschiffs „Open Arms“ an”

  1. Flüchtlinge

    „Der Großteil der Migranten harrt bereits seit zwei Wochen auf dem Schiff aus, “

    Also Männer im besten Wehrdienstalter, die gesundheitlich gut drauf sind, also keine Frauen und Kinder.

  2. Hans Eichelberg

    Ein Schiff der spanischen Hilfsorganisation Proactiva „Open Arms“:
    Land in Sicht.
    Ja, Spanien ist jetzt in Sicht. Sanchez will das Schiff anlegen lassen.
    Italien existiert nicht für diese spanische Organisation.
    Die Hilfskräfte dümpeln aber immer noch vor Lampedusa.
    Komische See-Leute.
    Einige Schwimmer sind schon ins Meer gesprungen, die Nichtschwimmer bleiben an Bord.

    • Mithörer

      Spanien bietet der Open Arms einen sicheren Hafen in Andalusien an. Die verantwortlichen der Open Arms lehnen ab. Das Spielchen wird doch immer offensichtlicher. Diesen Rettern geht es nicht um das Wohl der Geretteten sondern einzig und allein darum, Italien bloss zu stellen. Lieber ankern sie noch mehrere Tage vor der Insel Lampedusa statt die Geretteten schnellstens innerhalb ein paar Tagen in den sicheren spanischen Hafen von Algeciras zu bringen.

    • Danke für den Link!

      Danke für den Link. Er bringt etwas Realität in die hier üblichen Kommentare.
      Leider glaube ich kaum, dass die hiesigen Kommentatoren sich von diesem Bericht beeindrucken lassen.
      4000 Km Sklavenkarawane entspricht nicht der in Ostbelgien offenbar weit verbreiteten Auffassung, dass die „Männer im besten Wehrdienstalter, die gesundheitlich gut drauf sind“ eigentlich nur auf Urlaubstour nach Europa sind.

      • meinemeinungdazu

        Ich sehe es genau anders rum. Trotzdem, dass die Fluchtkandidaten von Landsleuten, die das ganze Leid am eigenen Körper und Seele erfahren haben, genauestens auf die Gefahren hingewiesen werden, wagen sie die Flucht und bezahlen tüchtig. Ehrlich gesagt, denen ist nicht zu helfen. Sollen sie die Überfahrt eben wagen. Schleuser und Fluchthelfer werden ihnen schon verklickern, dass kurz vor der Küste sichere Schiffe auf sie warten, um sie zu retten und nach Europa zu bringen. Für mich sind diese Rettungsschiffe das Kernproblem. Ohne diese Rettungsboote würde niemand mehr vor der libyschen Küste „abgeholt“. Den Schleppern würde jegliche Grundlage entzogen. Eine andere Lösung wäre, die aufgenommenen Flüchtlinge genau dorthin zurück zu bringen, von wo sie abgelegt haben.

        • Nichtschwimmer

          Schleuser, Schlepper, Fluchthelfer,NGO’s, alles was mit dieser Migration zu tun hat ist die Politik der Neoliberalen…eine Welt ohne Grenzen wo die Superreichen, wie Soros, das sagen haben und wo Politiker,Vorbild EU, sich allein um den Willen deiser Superreichen und ums Wohl der Finazen kümmert…

            • Kompromiss...

              Wir können uns ja auf linksgrüne Neoliberale einigen, denen bewusst ist, dass die von uns abgezockten Afrikaner zuhause keine Zukunft haben. Entweder wir schaffen es, die Migration zu organisieren oder wir werden überrollt. Solange es die Nachfrage gibt, wird’s auch das Angebot der Schlepper geben.

  3. Es wird immer lustiger. Scheinbar schickt Spanien jetzt ein Militärschiff um die Migranten vom „Rettungsschiff“ Open Arms vor Lampedusa zu übernehmen. In drei Tagen soll die „Audaz“ dann vor Lampedusa sein, die Migranten an Bord nehmen und nach Mallorca schippern. Das halten die Migranten aus, aber mit der Open Arms direkt nach Mallorca fahren ist ihnen wohl zuviel zuzumuten.

  4. Hans Eichelberg

    „18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt, Wasser und Lebensmittel rationiert… Die Situation ähnelt der eines libyschen Lagers, aber in italienischen Hoheitsgewässern“, twitterte Proactiva-Gründer Oscar Cas.“

    Dieser Proactiva-Gründer ist haftbar zu machen. Zuerst bringt er die Leute in eine Notlage – „Eisenkiste“ – dann twittert er.
    Es war von Anfang an klar, dass Italien das Schiff nicht reinlässt.

  5. Rakete die 2.

    Mit dem Leben der Flüchtlinge wird doch schon seit Jahren gespielt. Hier geht es doch schon lange nicht mehr um die Flüchtlinge sondern um den Kampf der linken Gutmenschen (Flüchtlingssympathisanten) und rechten Grosskapitalisten (Flüchtlingsgegner die nichts von ihrem Wohlstand abgeben wollen).
    Die Schuld am ganzen tragen die EU Politiker die hier untätig zuschauen. Oder wie erklären Sie sich das die EU Milliarden Gelder an die Türkei bezahlt damit diese dort unter unmenschlichen Umständen an einer Einreise in die EU gehindert werden. 3Millionen FLûchtlinge werden von der Türkei an der weiterreise in die EU gehindert und die EU will ausgerechnet Italien die mit den Flüchtlingen allein gelassen werden an einem härteren Durchgreifen hindern? Wieso hört man nichts von unserem EU Abgeordneten? Millionen Afrikaner leben in menschenunwürdigen Bedingungen aber gerettet sollen nur die die mit den Schleusern geschäfte machen?

  6. Der Elite gehts nicht um das Schicksal der Menschen, es geht sich alleine nur um Macht und Geld. Damit unsere Finanzblase nicht platzt. Wer glaubt die Elite handelt aus Barmherzigkeit ist ein Narr. Wenn es sich um die Menschen ginge, hätte die Elite keine Kriege in Afghanistan, Syrien, Libyen und Irak angezettelt. Das ist alles berechnet und organisiert. Eigentlich haben Linke und Rechte ein und den selben Feind, das ist die Elite. Sie spaltet und manipuliert das Volk ohne Ende, und wir schauen nur zu und lassen einfach machen. Solang der Frigo voll ist, jehtet uns jut. Kinder ertrinken im Meer, Kinder werden vor Zügen geworfen. Beides hätte verhindert werden können.

  7. Jockel F.

    Anscheinend interessiert niemanden die Frage, warum die afrikanischen Staaten, deren Bürger seit Jahren nach Europa geschippert werden, dies alles kommentarlos geschehen lassen. Oder hat es vielleicht mal eine Konferenz hoher afrikanischer Politiker gegeben, die sich mit der Abwanderung der angeblichen Fachkräfte befasst hat?
    Sämtliche „Seenotretter“ und ebenso deren Unterstützer betrachten „den Afrikaner“ doch bestenfalls als einen zu Betreuenden, der alleine eh nichts auf die Kette kriegt. Er kann ja nicht einmal schwimmen. Auch das ist eine Form von Rassismus. Eine ziemlich widerliche sogar, weil sie sich in einen hypermoralischen Mantel hüllt.

    • DenAhlen

      Die Migranten überweisen Geld nach Afrika, wenn sie in Europa angekommen sind. Die werden hier mit allem Nötigen versorgt und leben sehr sparsam und weil die Grundversorgung sie eben nichts kostet bleibt dann auch Geld übrig. Die Bevölkerung Afrikas ist gross genug und, mal ganz ehrlich, mit welcher Ausbindung kommen die denn hier an? Wenn die Migranten hier ankommen, dann profitieren sie von unserem Schulsystem, was wir natürlich auch noch an die Migranten anpassen. Wenn sie dann zurück nach Hause fahren, DANN sind es Fachkräfte! Also gewinnt der Afrikanische Kontinent am Ende doch.

  8. Missionar

    Nicht vergessen: lange bevor ein paar Afrikaner nach Europa kommen, waren es erst die Europäer, die nach Afrika gegangen sind (19. Jhdt), sich den ganzen Kontinent aufgeteilt und die Einheimischen zu Sklaven gemacht haben. Und wir (Ost-)Belgier, die zum Teil das christliche Abendland retten wollen und uns gegen Zuwanderung wehren, sollten nicht vergessen, dass der ganze Kongo durch den belgischen Terror ausgeblutet ist (und dies nicht nur aus abgehackten Händen).

    • War der Kongo nicht das Privateigentum vom Leopold? Natürlich haben auch andere profitiert, das will ich nicht abstreiten. Diese ollen Kamellen hörte ich 5 Jahre lang von meinen Arbeitskollegen. Wir haben gerne und viel diskutiert, nach der Arbeit versteht sich! Wir Europäer müssten alle Migranten aufnehmen.Und immer wieder kam der Spruch: die Welt gehört jedem. Mein italienischer Kollege antwortete dann einmal: na dann ist es ja vollkommen in Ordnung, dass die Chinesen gerade Afrika ausbeuten. Aber das war dann natürlich wieder was ganz Anderes… da gehörte die Welt plötzlich nichtmehr jedem…

  9. Italien und Ungarn haben wenigstens Eier, die sehen was abläuft und sind realistisch… in B, D und anderen Ländern ist man noch Teddy’s an werfen… sorry aber diese Invasion, denn es ist eine, muss gestoppt werden.

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