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Ostbelgische Märtyrer des Nationalsozialismus: Experte hält einen Vortrag in Eupen

Die deutsche Reichsarmee am 10. Mai 1940 vor dem Eupener Rathaus. Foto: Die Lupe

Am 8. Mai 2020 gedenkt die Welt des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren. Nur zwei Tage später, am 10. Mai, jährt sich zum 80. Mal der Einmarsch Hitler-Deutschlands in Belgien. Heute noch gilt es, die Ereignisse von damals aufzuarbeiten. Dazu dient auch ein Vortrag in der Öffentlichen Pfarrbibliothek Eupen St. Nikolaus.

Acht Tage nach dem Einmarsch, am 18. Mai 1940, annektierte Adolf Hitler widerrechtlich die ostbelgischen Kantone Eupen, Malmedy und St. Vith. Später folgte noch das Gebiet um Montzen, Welkenraedt und Baelen.

Schon bald schlug die kirchen- und religionsfeindliche Politik des Nazi-Regimes auch hier voll durch: Verbot der kirchlichen Bildungsarbeit, Indoktrinierung der Jugend, Gängelung und Bespitzelung des Klerus waren nun an der Tagesordnung.

Adolf Hitler 1938. Foto: Shutterstock

Den meisten Menschen ging dieser Kurs zwar gegen den Strich, aber aus Angst vor Repressalien wagten sich viele nicht aus der Deckung. Einige Dutzend Priester und Laien fanden jedoch aus ihrem Glauben heraus den Mut und die Kraft, in Wort und Tat gegen Unrecht und Willkür aufzustehen. Sie wussten sehr wohl,
dass ihr Widerstand tödlich enden konnte, aber ihr Gewissen gebot ihnen, der Botschaft des Jesus von Nazareth bis zum bitteren Ende zu folgen: Liebet euren Nächsten wie euch
selbst, tut Gutes denen, die euch hassen.

Es ist der Pfarrbibliothek St. Nikolaus gelungen, zur Behandlung dieses zeitgeschichtlichen Themas für den 4. März 2020 einen international anerkannten Experten zu gewinnen.

Prälat Prof. Dr. Helmut Moll aus Köln erforscht bereits seit vielen Jahrzehnten die Biografien von tausenden christlichen Glaubenszeugen, die den menschenfeindlichen Diktaturen
des 20. Jahrhunderts entgegentraten und der Öffentlichkeit durch ihr aufrechtes Handeln bewusst machten, dass „Kirche“ mehr und anders ist (und sein muss) als eine geschichtlich gewachsene Institution.

Der Vortrag von Prälat Moll findet am Mittwoch, den 4. März 2020, ab 19 Uhr 45 im Betanienraum an St. Nikolaus (Eingang durch die Pfarrkirche) statt. Der Eintritt ist frei, Spenden werden gerne angenommen.

27 Antworten auf “Ostbelgische Märtyrer des Nationalsozialismus: Experte hält einen Vortrag in Eupen”

  1. Politischenttäuscht

    Erstaunlich daß niemals (oder selten) die sogenannten „Pro Belgier“ erwähnt werden, die von einheimischen Nazis aus Eupen, Malmedy und St.Vith denunziert wurden (Mai 1940). Diese Leute- mit Familienhaben auch schwer gelitten und sind manchmal im KZ umgebracht worden. Viele dieser Denunzianten wurden 1945 nie dafür belangt ! Über diese Angelegenheit schweigen leider unsere lokalen Geschichtsprofessoren ! Schade eigentlich !

    • Probelgier

      Ich kann Ihnen nur beipflichten. Mein Großvater wurde in Buchenwald umgebracht. Er wurde im September 1944, mit anderen Männern aus der Region, verhaftet und seine Familie verlor den Vater und Mann.

  2. Alfons van Compernolle

    Wie konnte ein ehemaliger flaemischer SS.-Standartenfuehrer und spaeterer Dipl.Psychologe , in den 1970/80 Jahren Personalchef bei der SIDMAR werden ????? War aber so!
    Dieser Typ wohnte damals in Eeklo in einer grossen Villa , hatte seine kompl. SS.-Uniform und Orden zu Hause im Schrank und bekam in unserem beisein feuchte Augen, als er von dem Ableben seines
    Fuehrer’s sprach. Heute haben wir den Vlaams Belang & und die NVA, wobei der VB um einiges
    rechtsradikaler ist als die NV-A bei beiden mit dem Ziel Belgien kaputt zu machen.
    Es gibt also so einiges mehr ueber das niemals gesprochen wird in Belgien !

      • Alfons van Compernolle

        Als meine, heute von mir geschiedene, Ehefrau und ich diesen Typen kennengelernt haben (1972) stand er 6 Monate vor seiner Pension ! Leider habe ich den Namen vergessen, ist lange her ! Ich kann das jetzt so genau zeitlich einordnen , da ich Feb.1972 in Gent geheiratet habe und eine Woche spaeter wir diesen Typen kennenlernten.
        Es ist ca. 2 1/2 Jahre her, als ich auf dem Flohmarkt (Vrijdagsmarkt) in Gent war. Da stand ein
        Alt-SS’er halbwegs in SS.-Unform und hat alte SS.-Ausruestungen verkauft. Es dauerte nicht lange, dann war dieser Opa komplett ausverkauft. Und die Kaeufer junge Menschen in Kampfanzuegen, wie man sie in Gent heufiger sieht.

        • Lieber Alfons. Der Name deiner Ex wird dir wohl noch erinnerlich sein. Dann müsste dir auch (Google is your friend) der Name dieser Person wieder einfallen. Bei aller Sympathie: ich erlaube mir bei dieser Erinnerungslücke auf Angst vor der eigenen Courage zu schliessen.
          Ich muss mich gerade mal wieder etwas intensiver um meinen eigenen kleinen Laden kümmern. Wenn dann noch nötig, kann ich ein paar Wochen die Namen aller Personalchefs der Sidmar seit Bestehen recherchieren.

          • Alfons van Compernolle

            Leider habe ich so ueberhaupt keinen Kontakt mehr zu meiner EX…… , die jetzt irgendwie in Neuseeland leben soll ??? Jedenfalls in Hamburg bzw Deutschland ist sie nicht mehr ! Ihre Anspielung auf Angst, dass koennen Sie Glauben , nur vor was sollte ich Angst haben ??? Mir ist eine „Begebenheit“ eingefallen , diese schon sehr lange Zeit her ist und ich gestatte mir altersbedingt und in anbetracht der
            vielen Jahre , die diese Begebenheit her ist , auch mal, dass eine oder andere
            zu vergessen !

  3. Hausmeister

    „Liebet euren Nächsten wie euch
    selbst, tut Gutes denen, die euch hassen.“
    Diese Maxime des Christentums ist für Normalsterbliche nicht zu erfüllen; es sei denn, man hat einen extrem starken masochistischen Hang bis hin zur Selbstaufgabe.

  4. Ekel Alfred

    Auch etliche Ostbelgier wurden gegen ihren Willen zwangseingezogen….für die Entschädigungen der Deutschen für erlittene Verletzungen (Blindheit, Taubheit, Arm-und Beinamputationen)….müssen diese ostbelgischen Bürger auch noch hier in Belgien STEUERN bezahlen….

    • Werter Ekel, lieber Alfred,

      An diesem Beitrag ist viel richtiges dran. Es gab sie, die Zwangseingezogenen. Viele sind nicht nach Hause gekommen (die grössten Opfer). Viele Andere haben die von Ihnen beschriebenen Schäden erlitten. Noch andere (inklusive der Vorherigen) litten unter dem, was man damals noch nicht kannte (Traumata).

      Ich bin der letzte der die Zwangseingezogenen missachtet, verdammt, …

      Doch sollte man schon die, die verurteilt wurden, trotzdem nicht ausser Acht lassen. Opfer gab es auf der richtigen und auf der falschen Seite und auf der Seite derjenigen, die gar nicht so genau wussten oder wissen konnten, was richtig oder falsch war.

      Trotzdem meinerseits Danke für den wahrscheinlich menschlichsten Beitrag des Ekels aller Zeiten.

      • „Den meisten Menschen ging dieser Kurs zwar gegen den Strich, aber aus Angst vor Repressalien wagten sich viele nicht aus der Deckung.“

        Man fragt sich schon wie man im Jahr 2020 noch zu einer solchen rechtfertigenden Position kommen kann. Es gibt keinen Hinweis, keine Quellen, die diese These bestätigen. Natürlich gab es Fälle des zumindest passiven Widerstandes, über die es bei diesem Vortrag ja wohl auch gehen soll. Hierbei handelte es sich jedoch um eine sehr geringe Zahl von Personen. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung verhielt sich gegenüber dem NS-System loyal. Zu behaupten, dies sei aus „Angst vor Repressalien“ geschehen ist eine Verharmlosung.

        • Hausmeister

          „Den meisten Menschen ging dieser Kurs zwar gegen den Strich, aber aus Angst vor Repressalien wagten sich viele nicht aus der Deckung.“
          Genau wie heute: man ersetze nur gedanklich den Kurs Hitlers mit dem Kurs Merkels.

        • Walter Keutgen

          DerGraf, „Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung verhielt sich gegenüber dem NS-System loyal.“ In gleich welchem System erwartet die Obrigkeit, dass die Untertanen gehorchen. Gehorsam nicht Loyalität. Wenngleich die Nazis auch auf Loyalität achteten. Die gilt besonders fürs Militärische. Was würden wir heute sagen, wenn die Bundeswehr oder die belgische Armee nach Gutdünken entgegen dem Willen der Politik von Libyen bis Afghanistan Einsätze ausführt oder nicht. Oder als der Militärdienst noch obligatorisch war, wenn Einberufene, je nach aktuellen Einsätzen unserer Armeen sich weigerten hinzugehen. Sie würden bestraft, aber in der Presse würden sie möglicherweise auch kritisiert oder gar verunglimpft. Hausmeister hat Recht, nur die Strafen Repressalien nennen kann man doch nur für die Nazis, in der heutigen Zeit handelt es sich meistens um Geldstrafen. Dazu kommt, dass mehrere Staatenwechsel hintereinander, die Leute verunsichert haben. Einfach den Einberufungsbefehl missachten ging nicht, da musste man auch eine Strategie von wegen der Konsequenzen haben. Sich einlochen oder erschießen lassen? Türmen, sich verstecken, in den Widerstand? So was lernte man aber nicht in der Schule, sondern eher den Gehorsam.

  5. Wer den Bericht von Freddy Derwall über den Eupener Kaplan Jean Arnolds, der in Brandenburg unter dem Fallbeil starb, gelesen hat, dem geht das Grauen nie mehr aus dem Kopf. Die allermeisten wissen die Freiheit in der wir heute leben gar nicht zu schätzen.

    • Dazu erlaube ich mir den Verweis auf meinen Kommentar zu Ekel.
      Mit dem bedauernswerten Schicksal Jean Arnolds sind aber nicht alle Sachverhalte geklärt.
      Und der Schriftgelehrte Freddy Derwahl ist mit Sicherheit nicht die einzige moralische Autorität in unserer Gegend. Auch wenn ich in den letzten beiden Jahren den Eindruck bekam, dass er sich „altersweise“ (?) als diese betrachtet.

      • Nachgehakt

        Immer dieses Geraune und diese vagen Andeutungen. Nicht alle Sachverhalte geklärt? Welche denn nicht?
        Sagen Sie es uns, dann könnten unsere „Krippenhistoriker“ da mal in die Archive gehen und nachforschen.

        • Die Aufforderung hab ich übersehen; lag ein paar Tage zu Bette.

          Das Wort Sachverhalte kann ich entzaubern; es stand nun wirklich nicht für irgendeinen zu lesenden Kaffeesatz. Ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Fall des Kaplans (weil Kaplan) und Buchenwald (weil KZ) nicht der einzige beklagenswerte Fall dieser Zeit war.

          Es gab zu dieser Zeit
          – überzeugte Nazis
          – Leute die wieder heim ins deutsche Reich wollten
          – Leute die das nicht so sehr wollten
          – Leute die unbedingt in Belgien bleiben wollten.

          Dementsprechend gab es Leute in der aktiven Opposition, Leute die flüchteten, Leute die abwarteten, Leute die bleiben oder bleiben mussten (Bauern), Leute die sich beim deutschen Heer gemeldet haben (Vaterlandsliebe, Abenteurer, Nazis).

          Die Gefolgsamen durchweg als loyal darzustellen, greift zu kurz.

          Wie einige Vorposter anführten, gab es viele Zwangssoldaten: viele kamen nicht zurück, viele kamen mehr oder weniger verletzt zurück. Die die zurückkamen, wurden damals nicht nach den seelischen Traumata befragt (kannte man damals nicht). Ob sie getötet hatten oder das Töten um sie rum nicht ertragen konnten war kein Thema.

          All diese vielen tausend Menschen habe ich mit Sachverhalte gemeint, damit sich das Thema nicht nur auf einen Märtyrer reduziert. 2020 müssten die alle tot sein.
          Aufgrund der Tatsache, dass die in deutschen Diensten auf der (ganz) falschen Seite standen, haben viele nie oder nur sehr wenig über ihre Erfahrungen geredet.
          Eine nur halbwegs relevante Geschichtsforschung begann aus analogen Gründen in den 90ern (45 Jahre danach).

  6. Wann hört das Jubiläum gefeiere des 2 WK und Hitler endlich mal auf ?
    Ich deutschen Tv läuft jeden Tag irgendwas über Hitler, seine U-Boote, seine Panzer,….
    Schon klar, das Grauen des 2 WK sollte nicht vergesen wrden aber es wird völlig übertrieben

  7. Feiernder

    „Wann hört das Jubiläum gefeiere des 2 WK und Hitler endlich mal auf ?“
    Aufhören? Das geht gerade erst richtig los, dieses „gefeiere“. Siehe Karneval in Aalst.
    Ob das nächstes Jahr Nachahmer finden wird in Ostbelgien? Warum eigentlich nicht?

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