Zwischenruf

Ob in Brüssel oder in Eupen: Neue Leute braucht das Land

In Brüssel haben am Freitag die Gespräche zur Bildung einer neuen Föderalregierung begonnen. Aller Wahrscheinlichkeit nach bekommen wir schon bald eine neue Regierungsmehrheit (N-VA, CD&V, Open VLD und MR) mit einem neuen Premierminister. Der bisherige flämische Ministerpräsident Kris Peeters (CD&V) wird dies wohl sein.

Die künftige Regierung in Brüssel wird zwei Besonderheiten aufweisen, die von großer politischer Bedeutung sind: Nach langer Zeit werden die Sozialisten nicht mehr der Mehrheit angehören. Und zum anderen wird erstmals die N-VA von Bart De Wever der neuen Regierungskoalition angehören.

Vorwurf des Verrats und der Lüge

Man könnte sogar noch eine dritte Besonderheit hinzufügen: Die Frankophonen werden in der Koalition nur durch eine Partei vertreten sein, die MR. Alle anderen frankophonen Parteien sitzen auf der Oppositionsbank.

Die MR von Charles Michel und Didier Reynders wird von den anderen frankophonen Parteien bereits des Verrats und der Lüge bezichtigt. Michel habe stets eine Koalition mit den flämischen Nationalisten der N-VA ausgeschlossen, so der Vorwurf von PS und CdH.

Die MR kümmert das wenig: Sie, die in der Region Brüssel sowie auf Ebene der Wallonischen Region und der Französischen Gemeinschaft von PS und CdH ausgebootet wurde, hat ihre Revanche genommen und bekommen. Wen interessiert denn noch bei den nächsten Wahlen im Jahre 2019, wer fünf Jahre zuvor was versprochen hatte und was nicht?

Erst die wichtigen Themen, aber dann?

Auf die neue Föderalregierung darf man jedenfalls gespannt sein. Die Regierung wird wohl in einer ersten Phase große Themenbereiche wie Wirtschaft und Soziales sowie die Staatsfinanzen in den Vordergrund rücken, und damit hätte sie eigentlich genug zu tun. Man denke nur an die dringend notwendige Rentenreform und an die Sanierung der Staatsfinanzen.

Indes wird die N-VA nicht in fünf Jahren vor ihre Wähler treten können, ohne auch in institutionellen Fragen Fortschritte erzielt zu haben. Davon muss man ausgehen. Insofern ist vor allem in der zweiten Hälfte der Legislatur mit Spannungen innerhalb der Mehrheit von N-VA, CD&V, Open VLD und MR zu rechnen.

Von einer neuen Koalition gehen immer neue Impulse aus. Das ist das Positive. Nichts ist schlimmer als die permanente Fortsetzung alter Bündnisse – schon gar nicht Bündnisse, die nur dazu dienen, eine bestimmte Partei (in diesem Fall die N-VA) von der Macht fernzuhalten. Neue Leute braucht das Land.

DG: Gewohnheit und Ermüdung?

In der Politik ist es nicht viel anders als im Fußball: Irgendwann brauchst du neue Kräfte. Nur der Wechsel bringt mittel- und langfristig den Fortschritt. Nichts ist schlimmer, als wenn immer die gleichen Köpfe das Sagen haben.

Dies ist übrigens die große Gefahr in der DG. Die neue Koalition ist die alte, ja sogar die uralte, denn ProDG (anfangs noch PJU-PDB), SP und PFF regieren schon seit zehn Jahren zusammen, SP und PFF sogar seit 15 Jahren. Da besteht durchaus die Gefahr, dass sich Gewohnheits- und Ermüdungserscheinungen breitmachen. Man hat bisweilen sogar den Eindruck, dass jetzt schon gewisse Anzeichen dafür zu spüren sind.

GERARD CREMER

20 Antworten auf “Ob in Brüssel oder in Eupen: Neue Leute braucht das Land”

  1. Eupenmobil

    Ich glaube schon, dass auch die DG einen Wechsel wollte, nur hat die Bevölkerung hier den Wechsel nicht gewählt. Sie hat nur ProDG gewählt, aber ProDG stand nicht für den Wechsel, nur für einen anderen MP.

    • NEMO PROPHETA IN PATRIA

      Und wen bitte schön hätten wir für einen Wechsel wählen können? Keine aufgelistete Partei kann-will eh was ändern. Alle haben nur Interesse daran, dass es weitergeht – man sägt ja nicht den Ast… Alle wollen: Arbeitsplätze schaffen, die Kaufkraft erhöhen, die Umwelt schonen, und Blah Blah Blah.
      Das alles ist nur gelogen und schier unmöglich.
      Gestern las ich auf dem Schaufenster der Grünen, in der Hufengasse: „GRÜN = MOBILITÄT“. Mobilität heisst Umweltzerstörung, Stress und höhere Geldsaugaben – die, wie immer mit Geld, auf Kosten der Umwelt gemacht werden.
      Radikale Alternativen gibt es keine.Null, zéro, niets. Es darf keine geben; angeblich aus „moralisch-ethischen“ Gründen. Wahrlich aber nur, weil das System, ein Superorganismus, das NIEMAND kontrolliert oder steuert, auch nicht die „Eliten-Akteure“ – sie profitieren nur mehr davon, insbesondere die Grossko(t)nzerne – sich selbst am Leben erhält.
      Die Globalisierung ist ja nicht anderes als die Weiterführung der Industrialiserung, und der daraus folgenden neuen Gesellschafts- und Arbeitsordnung, die im späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert begann, in der „Pop-Kultur“ und der „Entwicklung“ von diesen, ach so rückständigen primitiven Gesellschaften und Völker in Afrika, Asien, teils auch Süd-Amerika, ihre totale Ausprägung findet, und jetzt auf den gesamten Planeten ausgedehnt wird. Wir wissen ja, dass der Mond und bald auch andere Planeten, Sterne, und sonst was, dran sind. Und, dass gerade die Grünen für mehr „Mobilität“ stehen ist ja geradezu pervers…
      Pervers eigentlich, die ganze „linke“ Ideologie, die einerseits gegen die Globalisierung (angeblich) wittert – uA wegen der Ungleichheiten, der „Dezentralisierung“ der Industrie, usw.; und andererseits die Globalisierung begrüsst, weil sie die „Multi-Kulti“-Gesellschaft – ein Unding – fördert…
      Es gibt 0 Spileraum, 0 Änderungspotenzial. Das Zeitalter des Überlebens, das kommt nicht; wir sind schon lange drin.
      Die Analyse mit dem höchsten Grad an Menschenverstand, die ich kenne, ist die Ted Kaczynskis, alis UNABOMBER – in seinen Büchern „The Road to revolution“ und „Industrial Society and Its Future“.
      Dass er radikal agierte und 2 Menschen dadurch sterben mussten, wird ihm die Geschichte verzeihen. Denn für umso bekloppter das System – besonders das US Amerikanische – einen erklärt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser umso „durchschauend“ ist.
      Die Politik, die Medien, die Werbung, die Konzerne, die Banken, und die meisten Mitmenschen: die KANN ich nicht mehr ernst nehmen.
      Aber ich bin je der Bekloppte, und wird mir jetzt von ))% der Leser wahrscheinlich auch bescheinigt. Denn das System hat ja immer recht – ist das nicht was Hegel mit „Vernunft der Geschichte“ meinte? Und wenn jemand eine andere Meinung hat, kritisiert, und soagr beweist, dass es mal zu anderen Zeiten oder an anderen Orten besser war, wird er fertig gemacht. Die, die anderer Meinung sind, sind immer „krank“. So auch der Unabomber. NEMO PROPHETA IN PATRIA…

  2. Unparteiischer

    Wozu bräuchte die DG neue Köpfe? Hier wird doch nichts Weltbewegendes entschieden. Anders in Brüssel: dort wird der Taktstock geschwungen, dort wie die Marschroute bestimmt. Mit den Neoliberalen an der Macht geht es jetzt zur Sache. Liebes Arbeitervolk, jetzt müsst ihr euch verdammt warm anziehen. Ihr habt die neuen Köpfe gewählt, jetzt müsst ihr die Suppe auslöffeln, die ihr euch eingebrockt habt. Ich als Rentner werde wohl auch mit weniger auskommen müssen, brauche mich für die paar Kröten aber wenigstens nicht mehr krumm zu legen.

  3. Beobachter

    Die PDG-Wahl war eine riesige Enttäuschung. Als die Ergebnisse aus St. Vith gemeldet wurden, ging ein Ruck durch Ostbelgien. Leider war das eine Illusion. Die Eupener Resultate sorgten für Ernüchterung.

      • Beobachter

        Da die DG erst seit Anfang 1984 Dekretbefugnisse hat und eine eigene Regierung , hat die Csp 15 Jahre regiert. sP und PFF werden 2019 insgesamt jeweils 31 Jahre regiert haben. ProDG 15 Jahre – genauso wie CSP. Die Zeit vor 1984 hat nichts zu bedeuten. Damals hatte die DG keine gesetzgeberischen Kompetenzen.

        • Jürgen Margraff

          So ganz nebenbei „hat nichts zu bedeuten“ erkundigen sie sich mal nach den Bezügen der damaligen Parlamentspräsidenten – die waren nicht OHNE, die jeweiligen Amtsinhaber werden nicht unbedingt ihrer Meinung sein, denen hat das echt eine tolle Rente beschert

  4. Jürgen Margraff

    Neue Leute braucht das Land – mag ja stimmen das SP & PFF schon lange miteinander und das die PJU-PDB, ProDG später zu denen gestossen ist ist auch richtig. Aber mir scheint da jemand ziemlich blind auf einem Auge zu sein – die CSP war mindestens 25 Jahre auch dabei – guckt unter Wikipedia PDG Geschichte und schaut euch die jeweiligen Parlamentspräsidenten an, die waren bis 1999 (und zwar ununterbrochen seit 1973 !!) bei der Schwarzen Partei (CSP) – und scheinbar gilt Amtsmüdigkeit nicht für die..

    • Ostbelgien Direkt

      Eine interessante Übersicht. Welche Partei wann und wie lange in der Regierung war, kann man der folgenden Grafik entnehmen (unterste Grafik). Seitdem es in der DG eine eigene Regierung gibt (seit Ende Januar 1984), waren PFF und SP nur eine Legislaturperiode nicht in der Mehrheit. Die SP war 1986-1990 nicht in der Mehrheit, die PFF fehlte 1995-1999. Die CSP ist seit 1999 nicht mehr in der Mehrheit. PJU-PDB und ProDG sind seit 2004 dabei. Ecolo war nur von 1999 bis 2004 in der Mehrheit. http://www.dgparlament.be/desktopdefault.aspx/tabid-4107/7287_read-41708/

  5. senfgeber

    Neue Zentrifugalkräfte braucht das Land.

    Ein Ende der flämischen Transferzahlungen in die wallonischen Sozialhilfereservate
    und eine Aufspaltung der Sozialversicherungssysteme wäre schon mal ein guter Anfang.

  6. Baudimont

    Neue Leute, Wieso ? Ist doch gar nicht nötig ! ProDG, SP, PFF, jeder meint, der andere wäre der Dumme, nie er selbst. Super, oder? Und leere Versprechen reichen aus für die Beruhigung der Volksseele. Sie haben es sogar geschafft, für ihren finanziellen Selbstmord noch mehr Steuern und Abgaben eintreten. Das ist eine Spitzen-Nummer – als ob davon nur ein mickriger Cent sinnvoll investiert würde. Aber sei´s drum; solange Sie damit durchkommen, ist alles in Butter.
    Eupen, blühende Hauptstadt der DG, Promenadenspaziergänge (Beton und Blumenkasten), aber auch Mode (4 Laden), Ihre kulturellen und kulinarischen Highlights (Die Tapfere übergebliebene Gastronomie) werden geprägt Sie werden in eine neue faszinierende Welt entführt !Die Stadt der lebenden !

  7. Labernich

    Schwarz gelb marschiert der stolze flämische Löwe und ICH kotze wieder. Der Aufmarsch der ehemaligen Kolloborateure wird hier sicher gut aufgenommen,; Ich für meinen Teil passe. Schade das ich nicht über die nötigen Mittel verfüge , sonst würde Ich das Naziland in dem wir jetzt leben sofort verlassen. Nationalismus gut und schön , aber nicht wenn es gegen das eigene Volk geht. Und von Bart + Friends mich als neue Juden beschimpfen lassen? Seh Ich nicht ein, Ich folge der Nva Sache schon beinahe 10 Jahre , was die ausgekramt haben über Andersdenkende, Wallonen und schlussendlich die DG geht auf keine Kuhaut. Wählern versprechen Wir lösen in Antwerpen das *Judenproblem* und am Tag nach dem Wahlsieg mit stolzer Brust verkünden Ich lerne jetzt jiddisch damit Ich mich mit den Juden besser verständigen kann ist eine bodenlose Frechheit!!! Die Nva belügt die Flamen und schiebt die Schuld immer wem anders zu. Die schlimmen Sozialisten aber auch , es waren die Flamen und zwar die Rechten die für die Staatsschuld gesorgt haben die jetzt plötzlich die Schuld der Wallonen sein soll (Ich weiss nicht ob das in der Schule unterrichtet wird, aber es sind belegbare Fakten) Tindemans,Martens, Dehaene und Leterme , die haben dafür gesorgt das wir in der Scheisse sitzen, und das sind keine Sozialisten,..
    Schon Ihr Aufmarsch damals in Eupen hat mich an Szenen aus Nazipropagandafilmen errinert. Nein Danke, ICH kotze…

  8. @Labernich,sie schreiben wie es in Wirklichkeit ist.
    Dem, ist nichts mehr hinzu zu fügen !!

    In naher Zukunft werden die meisten grosse Augen machen,denn dann sehen die Wähler,den Mist,den sie selber gewählt haben.
    Dann ist es zu spät zum Jammern .

    Harren wir der Dinge ( Unndinge ) die auf uns zu kommen !

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