Zwischenruf

Nachhaken, nachhaken, nachhaken!

So mancher Leser mag es nicht sonderlich, wenn die Medien in regelmäßigen Zeitabständen auf ein und dasselbe Thema zurückkommen. Dann wendet er sich vielleicht etwas gelangweilt ab oder vermutet dahinter eine Kampagne – zum Beispiel im Fall der seit fast zwei Jahren ausstehenden Antwort von Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz (SP) auf eine parlamentarische Frage der Ecolo-Fraktion in Bezug auf die Kosten der Auslandsreisen der DG-Regierung. In Wirklichkeit ist diese Methode ein probates journalistisches Mittel. Man spricht von „nachhaken“. Wenn der Journalist das nicht tut, dann vernachlässigt er seine Sorgfaltspflicht. Er muss nachhaken.

Politiker neigen dazu, Unangenehmes auszusitzen. Neulich las ich einen interessanten Kommentar zum Thema Sexismus, in dem Folgendes stand:

„Was wird von der Sexismus-Debatte bleiben? Nach meiner Prognose so gut wie gar nichts. Solche Diskussionen folgen immer demselben Muster. Erst gibt es zum Thema drei oder vier Wochen Artikel, Kommentare und Interviews in den Zeitungen und Zeitschriften, und es gibt etwa ein Dutzend Talkshows. Neuerdings springen auch die Nutzer sozialer Medien auf den Zug auf, und die sogenannte öffentliche Meinung tobt sich dann für einige Wochen aus, bis wir wieder zur gesellschaftlichen Normalität zurückkehren. Vier Wochen später wissen die Menschen gar nicht mehr, worum es eigentlich ging. Für einen Politiker stellt sich immer die Frage, ob er diese Wochen durchhält oder nicht. Wenn er sich durchbeißt und die Sache aussitzt und es schafft, solange auf seiner Position zu bleiben, bis die Leser und Zuschauer das Interesse verlieren, dann ist die Sache erledigt.“

Lambertz macht Kohl Konkurrenz

Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl war Weltmeister im Aussitzen von Problemen, die einer Entscheidung bedurften. Kohl hat heute Konkurrenz bekommen von Lambertz. Auch der DG-Ministerpräsident hoffte in der Affäre um die Kosten der Auslandsreisen, der Wirbel werde sich schon irgendwann legen – wenn nicht nach einer Woche, dann nach einem Monat und allerspätestens nach einem Jahr.

Dem war aber nicht so.

Daran sieht man, wie wichtig es ist, dass die Medien regelmäßig nachhaken, wenn sie den Eindruck gewinnen, da werde etwas auf die lange Bank geschoben. Und Journalisten sollten sich auch nicht zu schade sein, mehrmals nachzuhaken, wenn dies denn erforderlich sein sollte.

So gelangt der Politiker auf kurz oder lang zu der Einsicht, dass seine Hinhaltetaktik zum Scheitern verurteilt ist.

GERARD CREMER

 

25 Antworten auf “Nachhaken, nachhaken, nachhaken!”

  1. Auch wenn die Forumsbeiträge hier nicht immer geistreich sind: Ostbelgiendirekt ist (mit BRF und Grenzecho) als dritter und ernstzunehmender Berichterstatter in Ostbelgien eine Bereicherung für mich! Und kostenlos dazu. Dafür vielen Dank Herr Cremer.

    • Natürlich gibt es wichtigeres. So zum Beispiel das katastrophale Management beim BRF, die aus dem Ruder gelaufene Verschuldung der DG, das Verpulfern von Steuergeldern in Prunkbauten( AS Stadion, Triangel, Parlament,…), Steuergelder die in obstruse Firmenkonstrukte gesteckt wurden um einen privaten Radiosender am Leben zu erhalten,..

      • Auswanderer

        Richtig! Es gibt natürlich Wichtigeres. Und gerade das ist das traurige daran! Diese Lappalie ist lächerlich und dem könnte so schnell ein Ende bereitet werden. Leider gibt es im beschaulichen Ostbelgien keine Umfragewerte. In Berlin ist neuen Umfragen zufolge der regierende Bürgermeister Wowereit mittlerweile auf dem drittletzten Platz der Beliebtheitsskala angelangt, gleichauf mit zwei unbeliebten Politikern der Piratenpartei. Desaströser Absturz. Sicher geht es nicht nur um Beliebtheit im Polit-Business, ein gutes „Barometer“ ist es dennoch. Aber auch bei Herrn Lambertz und seinen unterjochten Ministergenossen wird bald die Realität einkehren. Schade, dass die Opposition nun wahrlich auch keine Glanzlichter dem entgegen zu setzen hat. Die CSP leckt in allen Gemeinden ihre Wunden und ist noch immer pikiert als „stärkste Kraft“ damals bei den Koalitionsverhandlungen auf Gemeinschaftsebene ignoriert worden zu sein. Und Ecolo. Ist Ecolo. Vivant. Ist Vivant. Viel gibt es dem leider nicht hinzuzufügen.

        Ich hoffe, dass in 2014 der mündige Wähler endlich zeigt warum er mit einem Hirn ausgestattet worden ist. Dann heisst es handeln. Ob die Opposition besser wird? Weiss der Geier, aber zumindest „mal was anderes“!

  2. Stelle mir folgendes Szenario nach den PDG-Wahlen 2014 vor:
    Der (alte) und neue MP KHL zu Franziska Franzen“.Verehrte Frau Franzen:
    „Jetzt, nachdem Sie als Ministerin den Bereich für Umwelt und Außenbeziehungen übernommen haben, kann ich es Ihnen ja sagen. Erinnern Sie sich noch daran,dass Sie mich zu den mittlerweile vier Jahre zurückliegenden Auslandsreisekosten befragt, bzw. diesbezüglich.nachgehakt hatten?Nein? Gut so! Liegt ja auch schon lange zurück. Damit wäre dieses Thema dann auch endgültig ad acta gelegt. Übrigens, die unter mir tätigen Minister, waren und sind ( wie immer) meiner Meinung. Auf eine gute Zusammenarbeit!“

    • Schwamm drüber

      Es fehlt noch die Antwort von Frau Franzen.
      „Nichts für Ungut Karl-Heinz, war ja auch nicht persönlich gemeint. Du kennst ja das Spielchen Mehrheit-Opposition. Schwamm drüber.“

      • Werter „Schwamm drüber“.
        Hatte in meiner (Real)-Satire bewusst keine Antwort von Frau Franzen angefügt. (Siehe im Text: Nein? Gut so!) Wollte damit andeuten, dass der MP ein Meister des Monologs ist…

  3. Oder Propaganda Journalismus…
    Kann auch gefährlich sein.

    Aber bedauerlich ist, dass hier das persönliche Problem was H. Cremer mit KHL in den Vordergrund steht.
    Wäre die CSP betroffen gäbe es hier keinen Artikel über solche Themen.

    • Gerard Cremer

      @DG: Ich nehme das, was Sie da behaupten, einfach mal mit Humor zur Kenntnis. Ab Donnerstag ist ja Karneval ;) Ich kann Ihnen aber auch die Artikel schicken, über die sich die CSP mit Sicherheit geärgert hat. Gruß

    • Auswanderer

      Hehe,DG. Sie können Ihrem Mentor und Übervater ja mitteilen, dass dieser „Propaganda-Journalismus“ wie er von Ihnen genannt wird, keine Abnehmer finden würde, wenn seine Majestät endlich den Kindergarten verlässt und eingeschult wird. Es ist aber auch eine bittere Pille. Dieser verfluchte Cremer aber auch! Wäre dieser lästige und wadenbeissende Journalisten-Pitbull nicht, wäre die Gleichschaltung in den Medien beinahe vollbracht. Am Tropf zu unserer Linken der BRF und dank regierungs- und zensurfreundlicher Chefredaktion zu unserer Rechten das GE. Die perfekte Kontrolle über jedwelche Kritik. Wer nicht fußt, bekommt keine Leckerlis. Oder Kalle-Dollars. Wie auch immer. Jedenfalls keine Vorteile. Lieber in Deckung gehen und alle journalistischen Ideale über Bord kippen. Können sich ja andere die Pfoten dran verbrennen (djü, Hunde verfolgen einen hier ja mittlerweile!)

      Solange aber Arroganz und Kindergärtnerei die Mittel der Wahl unserer Obrigkeit sind, werden Regierungs-Claqueure wie Sie nicht sonderlich viele Anhänger finden. Seien Sie selbstbewusst, Sie werden auch ohne KHL einen Job bekommen. Vielleicht nicht dieses Jahr, aber vielleicht nächstes Jahr. Glauben Sie an sich! Sie können das schaffen!

      • Stimme Ihnen da in vielem zu, „Auswanderer“. Dass auch die CSP von G.Cremer kritisch „begleitet“ wird bzw.wurde, war schon zu Zeiten des“ Grenzland- Reportes“ in den 1980-Jahren der Fall. Erinnere mich noch gut daran, dass ein damals führender CSP-Politiker mir gegenüber , diese Zeitschrift in seiner Verärgerung als „Revolverblatt“ bezeichnete.. .

    • R.A. Punzel

      @DG: „Propaganda Journalismus…Kann auch gefährlich sein“.

      Diese unverholte Drohung, entstammt wohl einem politisch sehr verdrossenem Hirn. Oder wurden, Sie @Dg in Ihrer Beamtenruhe gestört? Naja, Dienstaufsichtsbeschwerden sind leider noch (!) nicht an der Tagesordnung, hier im Westen Deutschlands, bzw. im Norden Luxemburgs. Dürfte sich aber bald ändern…

    • R.A. Punzel

      @Henry: Unsere Diener des Volkes, also ich meine die Witzfiguren die von Steuergeldern ihr politisches Dasein fristen und nur unser Bestes wollen, können nichts verbergen. Deren Leichen im Keller sind doch längst vermodert, glauben die.

  4. senfgeber

    Der Imageschaden, der durch die Nicht-Bekanntgabe entstanden ist, muss viel geringer sein als der Schaden, der entstehen würde, wenn die Zahlen vollständig in die Öffentlichkeit kommen würden. Es ist immer wieder auffallend, wie Leute, die aus den von Steuerzahlern gefüllten Trögen durchgefüttert werden, versucht wird, diese Sache einfach zu verharmlosen. Da wird beschwichtigend von einer Kampagne geschwafelt, dann ist es ja nur weniger als ein Promille usw. Es geht hier darum, der Öffentlichkeit Rede und Antwort über die Verwendung von Steuergeldern zu stehen. Dass das bis jetzt nicht passiert ist lässt nichts Gutes erahnen. Da muss sich Grün jetzt nicht mehr mit billigem Hinhalten zum Narren halten lassen, sondern vielmehr den Rechnungshof mit einer gründlichen Überprüfung der Haushaltspositionen der DG beauftragen, denn dieses Vertuschen beginnt zu stinken. Welche Überraschungen dann noch ans Tageslicht treten sieht man dann ja. Und wie man sehen kann, haben die Parteileute der PS in der Wallonie nicht selten ein ziemlich seltsames Verhältnis zu öffentlichen Geldern. Zu den Sprechblasen des Grömaz gehört auch die Phrase „Ostbelgien ist keine Insel“.

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