Leserbrief

Michael Balter: Die Macht der Konzerne und die Ohnmacht der Parlamente

Wer die letzte PDG Sitzung verfolgt hat, der konnte wieder einmal erleben, wie das politische Spiel in Eupen läuft. Zur Tagesordnung stand u.a. eine Regierungsmitteilung zum Vorsitz der DG über die Euregio Maas-Rhein. Die Mehrheitsfraktionen nutzten die Gelegenheit, eine Debatte anzufragen, um dann genüsslich von der Wichtigkeit und Bedeutung dieser Organisation für die DG zu reden. Viele blumige Worte!

Kurz danach stand etwas ganz anderes zur Debatte. Oberflächlich betrachtet ging es „nur“ um ein Zustimmungsdekret. Es handelte sich um ein Sitzabkommen für eine international tätige Forschungseinrichtung. Das verschmitzte Lächeln des Präsidenten Miesen und die spürbare Stille nach meiner Intervention sprechen eigentlich Bände über den Umgang dieses Parlamentes mit solchen Dekreten, welche weitreichendere Konsequenzen für die Bürger haben als z.B. den Vorsitz der Euregio Maas-Rhein.

Internationale Forschungseinrichtungen nisten sich in belgische Universitäten ein und genießen völlige Immunität und einen völkerrechtlichen Status, die sie quasi unantastbar machen. Alleine dieser Zustand ist ein Skandal und sollte jeden Demokraten zu denken geben.

Recht und Recht sind eben nicht für jeden dasselbe. Im vorliegenden Fall handelt sich um die „International Plant Genetic Resources Institute“. Sie ist eines der 15 Institute der „Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung“ der CGIAR – und hier sollte man achtsam sein. Denn bei gründlicher Recherche erkennt man, wer dahinter steht.

Dieser Dachverband wurde u.a. durch die Weltbank und die Rockefeller Stiftung gegründet, und auch Agrarkonzerne sollen ihre Finger mit im Spiel haben. Einige werden sich fragen, was dies mit der DG zu tun hat. Das PDG hat hier mit zu entscheiden, ob diese Organisation – u.a. getragen und unterstützt von dubiosen Stiftungen wie der Rockefeller oder ominösen Instituten wie der Weltbank und wahrscheinlich infiltriert durch Agrarkonzerne – in Belgien sich in einer Universität einnisten darf, unter dem Status der völkerrechtlichen Subjektivität.

Und erlauben Sie mir hier eine Parallele: Vor einigen Monaten war ein Vertreter des Nationalen Gesundheitsrates in Eupen im Ausschuss IV zu Gast. Und er sagte einen entscheidenden Satz, was die Macht der Konzerne angeht, damals in Bezug auf die Pharma-Industrie: „Wir haben in Belgien kaum neutrale Experten zum Thema Impfen. Wenn es welche geben würde, dann würden wir diese befragen, aber es gibt quasi keine.“

Und dasselbe geschieht mehr und mehr, auch mit der Gentechnologie. Konzerne angeln sich durch Forschungsprojekte Professoren und Studenten, und diese Einflussnahme ist ungesund. Oft haben wir die Nähe und den Einfluss der Lobbyisten angesprochen, leider stehen wir meistens mit dieser Kritik alleine im Parlament.

Man kann nur hoffen, dass die in den letzten Wochen weltweit stattgefundenen Bürgerproteste gegen Agrar-Riesen wie u.a. Monsanto auch die Vertreter der konventionellen Politik zum Nachdenken und einige zum Umdenken bringen.

4.6.2013 Michael Balter, Vivant-Ostbelgien

Eine Antwort auf “Michael Balter: Die Macht der Konzerne und die Ohnmacht der Parlamente”

  1. Edwin kreitz

    Die Experten, Professoren und Studenten werden von der Industrie geangelt. Und im gleichen Fang befinden sich auch die Politiker.
    Den Politikern, die sich nicht angeln lassen (wie du Michael), engt man den Lebensraum ein. Man verdrängt sie durch das Züchten von „Ablegern“ der geangelten. So wie Monsanto es mit Genmais macht und Marine Harvest mit der Lachszucht. So versucht diese Lobby die Natur zu verdrängen. In der Politik wir der logische Menschenverstand verdrängt.
    Es werden Politiker gezüchtet die gleich reden, die gleich denken und vor allem gleich abstimmen.

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