Zwischenruf

Mein Tipp für die Wahl in Eupen

Als Journalist muss man sich auch mal ins kalte Wasser stürzen. Das will ich jetzt tun und wage einen Tipp für die Eupener Stadtratswahl am Sonntag – auf die Gefahr hin, dass ich total daneben liege und am Sonntagabend nur Häme ernte… Wenn sich nämlich selbst Meinungsforscher komplett irren können, dann gilt dies erst recht für einen Journalisten, der sich nur auf Beobachtungen, Gespräche und auf sein Bauchgefühl verlassen kann. Na dann, los geht’s!

Fangen wir mit der CSP an. Vor sechs Jahren war Bürgermeister Elmar Keutgen der strahlende Sieger. Er weiß, dass das Ergebnis von 2006 nicht zu toppen ist, ja wohl auch nicht gehalten werden kann. Nicht von ungefähr hatte Keutgen selbst vor einigen Wochen in einem Interview erklärt, er strebe 10 Sitze an (vor sechs Jahren waren es 12).

CSP wäre mit -1 noch gut bedient

Die CSP wird sich wahrscheinlich damit abfinden müssen, dass sie am Sonntag Federn lassen muss. Die einzige Frage wäre demnach, wie viele Mandate die Bürgermeister-Partei verlieren wird. Mit dem Verlust von nur einem Sitz wären die Christlich-Sozialen noch gut bedient.

Dass die CSP verliert, dafür sprechen mehrere Faktoren:

  • die oft chaotische Durchführung von wichtigen Projekten;
  • das Fehlen eines starken Partners, der Dieter Pankert und die PDB nicht sein konnten;
  • der Abwärtstrend der Christlich-Sozialen ganz allgemein;
  • das Ignorieren der Bedeutung von modernen Kommunikationsmitteln wie Internet und Facebook und das Festhalten an alten Wahlkampfmethoden;
  • die Nicht-Kandidatur von „Lokomotive“ Patrick Meyer.

PFF kann mit Zugewinnen rechnen

Genau umgekehrt verhält es sich mit den Liberalen, die der eigentliche Wahlsieger werden könnten. Für Stimmen- und Mandatsgewinne der PFF sprechen folgende Faktoren:

  • Vom Spitzenkandidaten Karl-Heinz Klinkenberg sind zwar viele – auch in der PFF – nicht unbedingt überzeugt, aber das war auch vor sechs Jahren so, als Christa Mockel-Kocks Spitzenkandidatin war und die PFF trotzdem ihre 6 Sitze halten konnte;
  • die PFF hat im Gegensatz zu 2006 wieder Fred Evers, der zwar sechs Jahre älter ist, aber doch noch so einiges an Vorzugsstimmen holen dürfte. Viele Charakterköpfe von seinem Kaliber gibt es in Eupen nicht;
  • die Liberalen haben einen sehr aktiven Wahlkampf geführt und sich im Gegensatz zur CSP die modernen Kommunikationsmittel wie Internet und Facebook zunutze gemacht;
  • Kattrin Jadin wird wohl deutlich mehr Stimmen holen als 2006;
  • die PFF passt als „Schickimicki- und Spaßpartei“, als die sie oft wahrgenommen wird, in die heutige Zeit.

Ecolo hat mehrere Zugpferde

Was Ecolo betrifft, so ist deren Potenzial sehr schwer einzuschätzen. Spitzenkandidatin Claudia Niessen kommt gut rüber, aber auch nicht unbedingt viel besser als vor sechs Jahren. Dafür haben die Grünen aber noch einige andere „Zugpferde“ auf ihrer Liste und werden deshalb von einigen schon als ein potenzieller Wahlsieger gehandelt. Ich wäre da etwas vorsichtiger. Status quo oder +1, bin ich geneigt zu sagen.

Eupen kein gutes Pflaster für Sozialisten

Die SPplus dürfte wohl ihr Ziel erreichen und ein Mandat hinzugewinnen, mehr aber auch nicht. Es handelt sich zwar um eine „offene“ SP, aber nichtsdestotrotz war Eupen für Sozialisten nie ein gutes Pflaster.

Hennen und FLEK könnten leer ausgehen

Bleibt noch die „Freie Liste Eupen Kettenis“ (FLEK). Christoph Hennen wird es diesmal schwer haben, in den Stadtrat einzuziehen. Protestpotenzial gibt es zwar in Eupen zur Genüge, aber der Spitzenkandidat von FLEK hat im Wahlkampf wenig unternommen, um Protestwähler anzulocken. Eher schien Christoph Hennen die politische Re-Inkarnation von Dieter Pankert als Mehrheitsbeschaffer für die CSP sein zu wollen.

Bei Hennen ist es zudem ein bisschen so wie im Straßenverkehr: Wenn man zu oft ausschert, so wie Hennen es erst bei der PFF und später bei Vivant gemacht hat, landet man auf kurz oder lang im Graben. Soll heißen: Man gerät schnell in Verdacht, ein unberechenbarer Kantonist zu sein.

Mindestens drei Mandate neu verteilt

Mein Fazit also: Verluste für die CSP und keinen Sitz für den zuletzt fraktionslosen Christoph Hennen. Dadurch würden zumindest drei Mandate frei (mindestens ein CSP-Mandat plus der Sitz der PDB und der von Christoph Hennen), die PFF, SPplus und Ecolo unter sich ausmachen.

Aber bitte, dies ist nur ein Tipp! Steinigen Sie mich nicht am Sonntag, wenn’s ganz anders kommt…

GERARD CREMER

10 Antworten auf “Mein Tipp für die Wahl in Eupen”

  1. MC Eupen

    Sehr interessant Ihre Prognose Herr Cremer. Ich persönlich hoffe, dass Ecolo mehr Sitze hinzu gewinnt. Und dies für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. (Siehe Bericht Seite 3 im Wochenspiegel: Atomkraft NEIN Danke).

  2. Gerhard Meyer

    … „Steinigen Sie mich nicht am Sonntag,…“
    Aber, aber, Herr Cremer, wir leben zwar im „Nahen Osten“ Belgiens, dennoch in einer „Demokratie“. Zwar versagt die Justiz ab und an, mehr oder weniger – wir sollten dennoch zufrieden sein…..
    Selbst Ihre größten Kritiker würden es nicht zulassen, denn was würde uns hier blühen, wenn der kritische und belebende Journalismus ausgeschaltet würde?

    Eine Frage noch: Ihre Prognose für das auch noch zu Ostbelgien (Direkt) gehörende St.Vith? Wer wird Bürgermeister?

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern