Finnland und die Sportwelt trauern um Ausnahme-Skispringer Matti Nykänen. Der viermalige Olympiasieger starb im Alter von 55 Jahren. Der finnische Sportminister Sampo Terho schrieb bei Twitter: „Er war ohne Zweifel einer der bedeutendsten finnischen Sportler aller Zeiten.“
Sportlich war Matti Nykänen ein großes Idol. Nach seiner Karriere sorgte der Finne mit seinem Privatleben für zahlreiche Negativ-Schlagzeilen. Nun ist er gestorben. Die Nachricht trifft die Skisprung-Welt hart.
Sportliche Höhenflüge, private Abstürze – Nykänen bewegte sich stets zwischen den Extremen. Die finnische Skisprung-Legende feierte Olympiasiege und setzte sportliche Maßstäbe, saß aber auch im Gefängnis und machte durch Alkohol-Eskapaden von sich reden.
“Die Hölle ist nicht so schlimm, wie mein Leben jahrelang war“, beschrieb der frühere Ausnahmeathlet seine Erlebnisse einmal. In der Nacht zum Montag ist Nykänen im Alter von nur 55 Jahren gestorben.
Der Tod des früheren Sportidols, das nach Angaben des Chefs des Finnischen Skisprungverbandes Mika Kulmala seit einiger Zeit krank gewesen war, löste bei ehemaligen Konkurrenten und Funktionären tiefe Trauer aus. „Ich habe die Nachricht mit Entsetzen aufgenommen“, sagte Deutschlands einstiger Top-Springer Jens Weißflog dem Internetportal „Sport1“. „Er war ein Mensch mit Stärken und Schwächen“, sagte Weißflog. „Aber das ist auch das, was einen Menschen ausmacht. Er stand zu seinen Schwächen.“
Auch Sven Hannawald, der 2001/2002 als erster Sportler alle vier Springen der Vierschanzentournee in einer Saison gewann, ging die traurige Nachricht nahe. „Ich bin bestürzt. Als Kind habe ich ihn im Fernsehen gesehen und bewundert. Er war der Rekordskispringer der damaligen Zeit. Das hat mich beeindruckt“, sagte Hannawald der „Bild“-Zeitung. „Er hatte es im Leben nicht einfach, nach seiner aktiven Zeit hat er leider nicht den Halt bekommen, den er gebraucht hätte.“
Die Sportabteilung des finnischen Ministeriums für Bildung und Kultur bestätigte den Todesfall am Montagvormittag, nachdem zuvor das finnische Magazin „Seiska“ darüber berichtet hatte. Der Internationale Skiverband drückte via Twitter seine Trauer aus. „Ruhe in Frieden, Matti“, stand über einem Schwarz-Weiß-Bild des Finnen.
Der sportliche Erfolg bekam ihm nicht
Bei Olympia in Sarajevo 1984 und Calgary 1988 gewann Nykänen insgesamt vier Goldmedaillen und einmal Silber. Viermal holte er sich den Gesamt-Weltcup – das gelang außer ihm bislang nur dem Polen Adam Malysz. Doch der sportliche Erfolg bekam ihm nicht. „Ich stand viele Jahre im Mittelpunkt, alle haben sich um mich gerissen. Ich hatte es satt, es war zu viel. Ich war unglücklich und habe angefangen, in mir drinnen eine Mauer hochzuziehen“, erzählte Nykänen einst.
Er begann zu trinken, jahrelang benebelte der Alkohol seine Sinne. Mit Bierbauch und aufgedunsenem Gesicht versuchte er sich nach seiner Skisprung-Karriere als Stripper und Popsänger. „Ich hätte niemals so viel trinken sollen. Wenn du trinkst, lebst du wie in einer Blase, siehst keinen Sinn“, beschrieb er diese Zeit.
Auch mit dem Gesetz geriet der zweimalige Vierschanzentournee-Sieger in Konflikt. Nach einer Messerattacke auf einen Freund saß er im Gefängnis. Nach seiner Entlassung im September 2015 griff er seine Ex-Frau tätlich an.
Die Diskrepanz zwischen den sportlichen Höhen und den privaten Tiefen wird immer zur Erinnerung an Nykänen gehören. „Ich denke, der überwiegende Teil, der von Matti Nykänen gehört hat, weiß, was er sportlich geleistet hat. Das überwiegt“, sagte Weißflog. Er hatte sich bei den Olympischen Winterspielen 1984 packende Schanzen-Duelle mit Nykänen geliefert.
„Er war ohne Zweifel einer der bedeutendsten finnischen Sportler aller Zeiten“, schrieb Sportminister Sampo Terho bei Twitter über Nykänen. Der wurde in seiner Heimat 1985 und 1988 zum Sportler des Jahres gewählt. Den ersten seiner 46 Weltcup-Siege sicherte er sich am 30. Dezember 1981 in Oberstdorf, seinen letzten am 1. Januar 1989 in Garmisch-Partenkirchen.
Beileidsbekundungen gab es auch aus einer anderen großen Skisprung-Nation. „Ich war schockiert, als ich davon gehört habe“, sagte der Leiter der Skisprungabteilung des Norwegischen Skiverbandes, Clas Brede Bråthen, der Nachrichtenagentur NTB. „In vielerlei Hinsicht war er bahnbrechend mit dem, was er gemacht hat. Matti in Bestform war ein Idol für viele in meiner Altersgruppe.“
Am kommenden Wochenende gastieren die Skispringer in Lahti. Im Rahmen des Weltcups werde es wohl eine Gedenkfeier geben, kündigte Finnlands Skisprung-Chef Kulmala an. (dpa)
Ein trauriges Schicksal: Ein beeindruckender Aufstieg und ein erschreckender Absturz. So lange die Sportler ausgezeichnet verdienen und im Rampenlicht stehen, werden sie umschwärmt. Nimmt der Verdienst ab und tauchen private Probleme auf, wird es einsam um sie.
R. i. p.