Politik

Ukraine: Janukowitsch abgesetzt – Timoschenko frei: „Kämpft bis zum Ende!“

Oppositionsführerin Julia Timoschenko bei ihrer ersten Rede nach ihrer Freilassung am Samstag auf dem Maidan in Kiew. Foto: dpa

Das ukrainische Parlament hat Präsident Viktor Janukowitsch entmachtet. Eine große Mehrheit der 328 Abgeordneten stimmte für die Amtsenthebung und erklärte ihn für abgesetzt. Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko, die seit mehr als zwei Jahren nach einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs inhaftiert war, wurde kurz nach der Absetzung Janukowitschs freigelassen.

Die Parlamentarier stimmten dafür, am 25. Mai vorgezogene Neuwahlen abzuhalten. Nach der Abstimmung erhoben sich viele Parlamentarier von ihren Sitzen, applaudierten und sangen die Nationalhymne.

Sogenannte Selbstverteidigungskräfte schützten das Parlament, den Regierungssitz und die Präsidialkanzlei in Kiew vor Übergriffen. Die Sicherheitsorgane des Innenministeriums liefen zur Opposition über. Auch die Armee erklärte, sie werde sich nicht in den Machtkampf in der früheren Sowjetrepublik einmischen.

Janukowitsch im prorussischen Osten

Der entmachtete Präsident Viktor Janukowitsch. Foto: dpa

Der entmachtete Präsident Viktor Janukowitsch. Foto: dpa

Janukowitsch soll sich nach eigener Aussage im prorussischen Osten des Landes aufhalten. Er betonte, die „gesetzwidrigen“ Beschlüsse des Parlaments nicht anzuerkennen.

„Die Ereignisse, die unser Land und die ganze Welt gesehen haben, sind ein Beispiel für einen Staatsumsturz“, sagte Janukowitsch. „Ich bleibe im Land.“ Seine Residenz Meschigorje bei Kiew war verlassen, Wachleute ließen Schaulustige zu einem „Tag der offenen Tür“ herein.

Die Oberste Rada in Kiew wählte mit großer Mehrheit den früheren Vizeregierungschef Alexander Turtschinow zum neuen Parlamentspräsidenten. Er ist ein Vertrauter Timoschenkos.

Großdemonstration auf dem Maidan in Kiew. Foto: dpa

Großdemonstration auf dem Maidan in Kiew. Foto: dpa

Turtschinow soll zusätzlich bis zur Ernennung einer Übergangsregierung die Kabinettsarbeit steuern. Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko sprach von einem „politischen K.O.“ für Janukowitsch.

Mit einer hochemotionalen Rede in Kiew meldete sich Timoschenko nach mehr als zweieinhalb Jahren Haft in der Freiheit zurück. Vor mehr als 100 000 Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) rief die Ex-Regierungschefin zum weiteren Kampf gegen Präsident Viktor Janukowitsch auf. „Kämpft bis zum Ende!“, rief sie.

Tausende Menschen hatten in der Nacht zum Samstag auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew ausgeharrt. Sie kritisierten, ein vorläufiges Abkommen Janukowitschs mit der parlamentarischen Opposition sei nicht ausreichend. Darin hatten die Konfliktparteien unter EU-Vermittlung vorgezogene Präsidentenwahlen, eine Übergangsregierung und eine neue Verfassung vereinbart. (tagesschau.de/dpa)

18 Antworten auf “Ukraine: Janukowitsch abgesetzt – Timoschenko frei: „Kämpft bis zum Ende!“”

  1. Wenn die EU und alle die dieses Spiel mit der Ukrainie in den letzten Wochen gespielt haben es schaffen, diese Frau wieder zur Präsidentin zu machen, dann Chapeau für das gelungene Schauspiel!

  2. In der Ukraine zeigt sich wieder einmal, wozu ein Volk fähig ist. Das sollten sich mal bei uns all diejenigen merken, die meinen, Wahlbeteiligung mache keinen Sinn, man könnte mit seiner Stimme eh nichts ändern.

    • Die Entmachtung von Janukowitsch ist nicht nur das Verdienst des ukrainischen Volkes, sondern auch des Parlaments. Auch daraus können wir hier bei uns lernen. In der DG besteht das Parlament nur aus Abnickern und Ja-Sagern, die Regierung bestimmt alles. In der Ukraine wird uns gezeigt, dass alle Macht vom Volk und vom Parlament ausgeht.

      • heinrich.b

        Vom Volk soll dieser „Aufstand“ kommen? Solche „Ereignisse“, und gerade in der Ukraine, werden nur noch von aussen vorbereitet und gelenkt. Lesen Sie das hier, aus der renommiereten Zeitschrift THE ECONOMIST:

        http://moreintelligentlife.com/content/ideas/a-velvet-fist

        Die EU WILL die Ukraine; egal was dahinter steckt. Aus geostrategischen, „Fuck“-Russland-politischen und energiepolitischen Gründen. Eine Frau wie Timoschenko, die Verträge mit Russalnd geschlossen und sich dadurch die Taschen gefüllt hat, ist eine Schande – für jedes VOLK. Und gehört daher weggesperrt. Zum Wohle ihres… Volkes.

    • marcel scholzen (eimerscheid)

      Nichts beweisst, dass ein ganzes Volk im Aufstand ist, nur einige tausend Radikale sind auf die Barikaden gegangen und haben die Regierung gestürzt. Es ist noch nichts entschieden. Die zentrale Frage, ist, wie wird Russland reagieren.

  3. Zaungucker

    „In der Ukraine zeigt sich wieder einmal, wozu ein Volk fähig ist. Das sollten sich mal bei uns all diejenigen merken, die meinen, Wahlbeteiligung mache keinen Sinn, man könnte mit seiner Stimme eh nichts ändern.“

    Meines Wissens ist die jetzige Situation keineswegs das Ergebnis von demokratischen Wahlen, sondern von randalierenden „Radikalen“.

    Die grosse Masse des Volkes ist dazu bislang nicht befragt worden.

    So war es übrigens auch 1830 in Belgien…

  4. heinrich.b

    Es hiess doch bislang immer Timoschenko würde misshandelt, sie wäre im Hungerstreik, usw. Wenn man das Foto sieht, ihre runden Bäckhen – naja, es sind ja schon fast Lappen! – denkt man eher, dass sie sich in der Zeit richtig durchgefüttert hat.
    Welch ein Schauspiel, ja, HT, Sie haben recht.
    Wenn die Ukrainer sich doch bewusst wären worauf sie sich da einlassen, mit der EU! Sie sollten mal ihre rumänischen Kollegen fragen; sie werden dann schnell erfahren wie die EU (Kommission vor allen Dingen) ihr Land zermalmt, aushüllt und den grossen weltweit agierenden Konzernen opfert.

    • Öppe Alaaf

      Ein Land, das mehr von Oligarchen geschröpft wurde als die Ukraine ist wohl schwer zu finden. Diese Leute haben die Ukraine ausgeplündert, um sich weltweite Firmenimperien aufzubauen. Von welchen Konzernen reden Sie denn?

      Was hätten sie denn gerne? Ukrainische Armutsflüchtlinge oder vollwertige Nachbarn? Betrachten Sie doch einfach einmal das Lebensniveau der EU Staaten im ehemaligen Ostblock.

      Setzen Sie sich mit ihrem Ansatz lieber für Ukrainische Finanzmagnaten ein, oder für eine Region, die endlich aus der Lohnsklaverei heraus will?

      Wie soll denn, @Zaungucker, in einem zutiefst korrupten Land der Umbruch aussehen?

      “ Lieber Herr J, wir hätten gerne Neuwahlen. Sollten Sie und Ihre Milliardäre bis dahin die Gesetze geändert haben, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als hinfällig.“ Berlusconi lässt grüssen, liebes Stimmvieh.

        • Öppe Alaaf

          Gegenfragen:

          was würde passieren, wenn sich Europa nun jubelnd neben Timoschenko stellen würde?

          Was würde passieren, wenn Europa sich in diesem Konflikt zu wenig aktiv zeigen würde? …und warum würde Amerika das Engagement womöglich missfallen?

          Die Geschichte ist m. E. Noch nicht zuende und Europa muss sich entscheiden, ob es (wieder einmal) viel zu spät militärisch eingreifen muss oder endlich eine politische Rolle spielen kann.

          Halten wir ‚mal fest: Vor 30 Jahren ging es darum, dass der Warschauer Pakt Europa einäschert, bevor die Amerikaner kommen. Heute geht es um einen Bürgerkrieg mit offenem Ausgang. Geopolitisch betrachtet halte ich die europäische Story als einen Erfolg.

          Frage ist jetzt, ob die EU noch immer wie Waldorf und Stadler aus der Muppetshow zusehen will und platte Stements abgibt, oder endlich einmal Politik macht. Dass sie Verwaltungsweltmeister zu sein scheint, dürfte klar sein.

          Hier ist Diplomatie gefragt, nicht Volksabstimmung !!

          • Mir scheint, Sie wissen nicht worum es geht. Stellen Sie sich die Frage, wieso die EU samt angeschlossener Presse es so darstellen, dass ein demokratisch gewählter Mann plötzlich zum „Despoten“ ernannt wird und ebenso aus westlichen Quellen das Geld stammt die demonstrierenden Personen, viele davon Faschisten, zu bezahlen, versorgen und bewaffnen?! Das alles nachdem sich dieses Land EU-unpassend gen Russland wendete da dieses ein besseres Angebot unterbreitete und auch nicht zur kommenden Freihandelszone beitreten wollte. Ganz nach dem Motto der EU zum Thema Schweiz: „Das wird Konsequenzen haben!“ Ein demokratisches Land mit den selben korrupten Politikern die wir haben, hat eine Entscheidung getroffen und als Konsequenz gab es Terror von aussen, wie in Syrien auch! Daher weht der Wind.

            • Öppe Alaaf

              Wer sagt Ihnen, dass die Wahlen damals demokratisch waren?

              Nun gut, mit rund 49% fiel sein Votum denkbar knapp aus. Ob 2010 weniger Wahlmanipulation im Spiel war als 2004 mögen Sie selbst entscheiden. Fakt ist, dass es in der Entourage des Präsidenten erstaunlich viele Menschen gibt, die sehr schnell sehr reich wurden.

              Vergessen wir nicht, dass Janukowitsch durch seine wankelmütige Auslandspolitik im Schussfeld der Russen stand, die der Ukraine mitten im Winter den Gashahn abdrehten, sowie der Amerikaner, die ihn finanziell unterstützt haben (…besonders bei den Wahlen 2004. Das ausgerechnet George Sorros zu seinen Gönnern gehörte, sagt aus, woher der Wind wehte. ) Mit seiner „blockfreien Ukraine“ hat J anscheinend auf beiden Partys tanzen wollen und das Volk auf der Strecke gelassen.

              Geht also eine Menge auf die Strasse um gegen eine schlechte Staatsführung zu demonstrieren, die auch noch auf Sie schiessen lässt. …dann aber nach 10 Jahren mit dem Koffer voll Geld flieht (seine Datscha konnte er nicht mitnehmen) so sehen Sie lediglich die europäische Konspiration. Interessante Verkürzung der Sachlage.

              Kann es sein, dass die Bevölkerung nach den kalten Wintern und der Finanzkrise, in der das BIP in den Keller gerauscht ist, die Nase voll hatte? Dadurch wird die Ukraine nicht zur lupenreinen Demokratie, aber die Ukrainer auch nicht zu einem Land voller wahnsinniger Radikaler.

              Revolutionen haben eben in der Region Tradition, so scheint es mir. …und die Rumänen haben damals Ceausescu sogar „an die Wand gestellt“. Ob es danach besser wird, sei dahingestellt.

  5. War dieses Theater 60 Menschenleben wert ?
    Hier haben die meisten für eine Sache gekämpft die später zum Bummerang wird.
    Wenn diese Kämpfer merken,das ein falsches Spiel mit ihnen gespielt wurde,ist es eh zu spät.
    Diese Leute haben wirklich für eine Sache gekämpt,aber sie wurden belogen und veraarscht !!!
    Dieses gemeine Spiel wurde doch nur von der EU vorangetrieben :
    Um Putin zu schwächen,aber vor allem das die EU ihr hinterhältiges Getue weiter nach Osten ausbreitet.
    Betriebe werden immer weiter gen Osten verlagert,hier werden Arbeitsplätze abgebaut.
    Wann wird dieser EU-Wahnsinn gestoppt?
    Jetzt kommt diese verlogene Timoschenko,spielt hier was vor.
    Welsche verlogene Welt.Sowas wird von Brüssel gewollt!!!!

  6. Öppe Alaaf

    Willkommen im kalten Krieg. Kann mir nochmal jemand die Rolle der EU erläutern?

    Ich glaube weiterhin, dass einzig die EU in der Lage ist, den Konflikt zu entschärfen.

    Im Moment stehen allerdings die Zeichen darauf, dass der EU im Rahmen der Pax Americana den unentwickelten Teil der Ukraine „par order de moufti“ aus Washington aufgedrückt bekommt und Putin sich die Krim sichert.

    Wir werden dafür zahlen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das Problem in Brüssel sitzt.

    Öppe „mehr Europa wagen“ Alaaf

  7. Die EU hat den Konflikt mit den Amerikanern zusammen angeheizt. Und wieder waren die Deutschen vorne mit dabei. Nachdem man ihnen die Wiedervereinigung erlaubt hat, machten sie sich fröhlich daran, die Zerschlagung Jugoslawiens nach Kräften zu unterstützen. Könnte jetzt der KGB bitte in Berlin einen Aufstand gegen das Merkelregime anzetteln? Ich wäre dankbar dafür.

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