DAS WOCHENEND-GESPRÄCH: Erst am Montag werden in Kelmis die Koalitionsverhandlungen zwischen PFF, Ecolo und SP fortgesetzt. Die Sozialisten erklärten sich am Donnerstag bereit, an den Gesprächen über die Bildung einer neuen Mehrheit teilzunehmen. „Ostbelgien Direkt“ hat beim künftigen Bürgermeister Louis Goebbels nachgefragt.
Der 60-jährige Spitzenkandidat der Liberalen spricht über den fulminanten Sieg am 14. Oktober, die CSP und das „System Mathieu Grosch“ sowie über die Aufgaben, die es für die neue Mehrheit zu bewältigen gilt.
Kelmis braucht eine breite Mehrheit
OD: Herr Goebbels, nach langem Zögern hat sich die SP dazu aufgerafft, an den Koalitionsverhandlungen teilzunehmen. Was war da los? Wieso dauerte das so lange? Man sprach von einem persönlichen Konflikt zwischen Ihnen und dem SP-Spitzenkandidaten Marcel Strougmayer.
Goebbels: Wissen Sie, ich lasse das, was Sie sagen, einfach mal so stehen. Ich will darauf nicht näher eingehen. Wir befinden uns jetzt in einem ruhigeren Fahrwasser. Es ist wichtig, dass wir vorankommen. Darauf warten ja alle. Mein Ziel ist es, dass die Verhandlungen so schnell wie möglich über die Bühne gehen.
OD: Sie haben ja direkt nach der Wahl vom 14. Oktober deutlich gemacht, weshalb Sie die SP mit ins Boot nehmen wollen, obwohl sie rein rechnerisch nicht benötigt wird. Sie erhoffen sich dadurch mehr Unterstützung seitens der Lambertz-Regierung. Stehen Sie nach wie vor dazu?
Goebbels: Es geht zunächst einmal darum, eine möglichst breite Mehrheit zu haben. Wenn man eine Mehrheit von nur einem Sitz hat, dann kann das schnell schief gehen. Da braucht bei einer wichtigen Entscheidung nur jemand aus der Mehrheit krank zu sein, und schon hat man keine Mehrheit mehr.
Schuss ist nach hinten losgegangen
OD: Okay, die SP ist also dabei. Wird Marcel Strougmayer also doch Schöffe?
Goebbels: Dazu kann ich Ihnen noch nichts sagen. Wir wollen auch nicht mehr nachkarten. Es sind keine persönlichen Dinge, die das Verhältnis zur SP etwas belastet haben. Geärgert hatte uns vor allem das Vorwahlabkommen, das die SP mit der CSP abgeschlossen hatte. Für CSP und SP ist der Schuss nach hinten losgegangen. Es ist jetzt Zeit, unter diese Geschichten einen Strich zu ziehen und nach vorne zu blicken.
OD: Im Nachhinein war das Vorwahlabkommen zwischen CSP und SP für Sie eine gute Sache. Diese Vereinbarung hat Ihnen letztlich zu diesem grandiosen Sieg verholfen.
Goebbels: Wir waren eigentlich davon ausgegangen, dass wir durch dieses Abkommen keine Chance haben würden. Deshalb auch unsere Verärgerung. Wir sind im Wahlkampf sehr offensiv gegen dieses Vorwahlabkommen vorgegangen, und offenbar haben wir viele Wähler davon überzeugen können, dass wir Recht hatten.
PFF hat Nein gesagt, nicht die CSP
OD: Aber seien Sie doch mal ehrlich: Wenn die CSP Ihnen vor den Wahlen eine Vorvereinbarung über die Bildung einer Koalition CSP-PFF angeboten hätte, dann wäre dieses Angebot von Ihnen doch akzeptiert worden, oder nicht?
Goebbels: Nein, das wäre es nicht. Natürlich haben auch wir Gespräche mit der CSP geführt, aber das war vor anderthalb Jahren. Wir haben damals auch Bedingungen gestellt, weil in Kelmis Dinge gelaufen sind, die nicht in Ordnung waren. Wir wollten nie ein Vorwahlabkommen mit der CSP. Mathieu Grosch hat zwar immer behauptet, die CSP hätte der PFF eine Absage erteilt, aber das Gegenteil war der Fall. Wir wollten kein Abkommen mit der CSP vor den Wahlen. Man kann nicht sechs Jahre Opposition machen und dann kurz vor den Wahlen einen Schmusekurs zur Mehrheit einschlagen. Dafür hätte es nie und nimmer in der Kelmiser PFF eine Basis gegeben, und der Wähler hätte uns am 14. Oktober dafür abgestraft.
OD: Was wird sich denn am auffälligsten ändern in Kelmis in den ersten Wochen und Monaten der neuen Legislaturperiode?
Goebbels: Wir werden auf jeden Fall finanziell in einer etwas schwierigen Lage sein. Wir haben uns ein Schwimmbad geleistet, das bezahlt man nicht mit der Kaffeekasse. Wir werden viel Kleinkram zu erledigen haben. Es gibt viele Dinge, die beanstandet wurden, um die sich aber niemand gekümmert hat, aus welchen Gründen auch immer. Dieser Kleinkram kostet auch nicht viel Geld, man muss ihn nur einmal anpacken. Vielleicht sagen die Leute in Kelmis dann auch: „Ja, es hat sich etwas getan!“.
Bürgermeisteramt ist ein Vollzeitjob
OD: Mathieu Grosch hatte noch einen zweiten Job als EU-Parlamentarier. Sie hingegen werden sich ganz auf das Bürgermeisteramt konzentrieren können.
Goebbels: Ich werde zwangsläufig mehr vor Ort sein als Mathieu Grosch. Ich habe einen guten Kontakt zum Bürgermeister von Bleyberg, Thierry Wimmer. Der hat immer gesagt, er wisse nicht, wie Mathieu Grosch die beiden Mandate als Bürgermeister und als EU-Abgeordneter miteinander verbinden könne. Wimmer sagt: „Wenn ich mal zwei Tage nicht im Gemeindehaus war, dann finde ich so viele Sachen vor, die nicht erledigt worden sind.“ Ein Bürgermeister muss eben so oft wie möglich an seinem Arbeitsplatz präsent sein. Das heißt nicht, dass er von morgens bis abends immer da sein muss. Wenn aber ein Bürgermeister noch einen anderen Job hat, dann kann das auf die Dauer keine gute Sache sein.
OD: Ihr Leben wird sich drastisch ändern. Sie werden bei vielen Anlässen anwesend sein müssen. Sie werden auch viele Ansprachen halten. Haben Sie schon einen Redenschreiber?
Goebbels: Bisher habe ich meine Reden immer selbst geschrieben. Ich hoffe, dass ich das auch in Zukunft auf die Reihe bekomme. Das kommt auch besser rüber, wenn man alles selbst geschrieben hat. (cre)
Louis Goebbels kann man nur das Beste wünschen. Wenn mal die Freude über den Wahlsieg verflogen ist und der harte Alltag beginnt, wird es ein hartes Stück Arbeit. Dann melden sich auch die Nörgeler, die jetzt noch stumm sind. Die sind nie zufrieden, haben immer etwas zu meckern, denen kann man es nie recht machen. Irgendwann wird dann auch Louis Goebbels zu hören bekommen: So hat ich mir das nicht vorgestellt, unter dem Mathieu Grosch wäre das nicht passiert…