Politik

Liberale ergreifen Gesetzesintiative für ein Verbot von Streikposten

Streik im Dezember 2014 in Brüssel: Gewerkschafter hindern einen (genervten) Autofahrer an der Durchfahrt. We weit dürfen Streikende gehen? Das ist die Frage. Foto: epa

Nach den Streiks von Mitte Oktober hatten die frankophonen Liberalen (MR) angekündigt, dass sie im Parlament eine Initiative für ein Verbot von Streikposten ergreifen würden. Dies ist jetzt der Fall. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag wurde am 20. November in der Kammer hinterlegt.

Autoren des Vorschlags für eine Abänderung der belgischen Gesetzgebung im Bereich des Streikrechts sind nach Angaben der Zeitungen der Verlagsgruppe Sudpresse nicht irgendwelche Hinterbänkler. Unterschrieben wurde er von führenden MR-Politikern wie dem Sprecher der MR-Fraktion in der Kammer, Denis Ducarme, und MR-Präsident Olivier Chastel.

Das heißt, dass der parlamentarische Vorstoß von der gesamten Partei getragen wird und somit auch gute Chancen hat, von den Abgeordneten der Parteien der Mitte-Rechts-Koalition (MR, Open VLD, CD&V und N-VA) mitgetragen zu werden, obgleich es innerhalb der CD&V einen nach wie vor starken Gewerkschaftsflügel gibt.

Vertreter der MR stellten denn auch gegenüber Journalisten klar, dass es ihnen nicht um eine Beschneidung des Rechts auf Streik gehe. Die Freiheit zu protestieren gehöre weiterhin zu den Grundrechten der Arbeitnehmer, und daran werde sich nichts ändern, wird in der Einleitung des Gesetzesvorschlags ausdrücklich betont. Es gebe aber auch das Recht auf Arbeit, das geschützt werden müsse. Bei einem Arbeitskampf dürften die Freiheiten der einen nicht die Freiheiten der anderen beeinträchtigen.

Mitte Oktober hatten Mitglieder der sozialistischen Gewerkschaft in Lüttich die Autobahn E40 blockiert, was letztlich sogar dazu führte, dass ein Notarzt nicht mehr rechtzeitig zu einem Krankenhaus in Hermalle gelangen konnte, wo eine Patientin verstarb. Dieser Fall sorgte in der Öffentlichkeit für eine heftige Polemik über das Streikrecht. (cre)

19. Oktober 2015: Auf der Autobahn E40 im Großraum Lüttich ging gar nichts mehr. Foto: Belga

19. Oktober 2015: Auf der Autobahn E40 im Großraum Lüttich ging gar nichts mehr. Foto: Belga

30 Antworten auf “Liberale ergreifen Gesetzesintiative für ein Verbot von Streikposten”

  1. Vereidiger

    Wurde auch höchste Zeit – Streikposten müssen schlicht illegal werden! In einer freiheitlichen Gesellschaft muss es jedem Arbeitnehmer freistehen, zu streiken oder neben dem streikenden Kollegen zu arbeiten. Es wird zwar nicht immer zu verhindern sein, dass Menschen aufgrund von Streiks nicht oder nur unter Schwierigkeiten zur Arbeit oder sonst wohin fahren können (Streik im öffentlichen Personenverkehr), aber wenigstens würde den nicht streikwilligen Kollegen der Zutritt zur Arbeit nicht verwehrt…

      • „Den „nicht streikwilligen Kollegen“ wird in sehr naher Zukunft der Zugang zur Arbeit vom Roboter verwehrt.“

        Das ist ein ganz anderes Thema. Hier geht es um Streiks. Genauso wie das Recht zu streiken, gibt es auch das Recht zu arbeiten. Der Mensch wird auch mit oder ohne Streiks von Robotern ersetzt werden, da hilft auch das vorherige Streikrecht nicht weiter. Es hat Belgien sowieso keinen Meter nach vorne gebracht, ganz im Gegenteil.

        • karlh1berens

          Hallo ? Wenn ich von „nicht streikwilligen Kollegen“ spreche, spreche ich von jenen die arbeiten wollen. Ist doch klar, oder ? Und wenn keine Arbeit mehr da ist weil sie von Robotern gemacht wird, dann ist die Rede von einem „Recht auf Arbeit“ Stuss. Es gibt kein Recht auf Arbeit. Oder können Sie mir diesen Paragraphen nennen ?

          • „Und wenn keine Arbeit mehr da ist weil sie von Robotern gemacht wird, dann ist die Rede von einem „Recht auf Arbeit“ Stuss.“

            Den Fortschritt kann man nicht aufhalten. Diejenigen die dann Arbeit haben, sind in der Entwicklung dieser Roboter tätig. Wie soll eine Gewerkschaft daran etwas verhindern? Unser Arbeitsumfeld ändert sich mit jeder neuen Technologie, die menschliche Arbeit überflüssig macht. Menschliches denken hingegen, nicht unbedingt auf kurze Zeit.

            „Es gibt kein Recht auf Arbeit. Oder können Sie mir diesen Paragraphen nennen ?“

            Das sind schlecht, denn genau das steht in der Charta der Menschenrechte. Da Belgien den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte per Gesetz vom 18. Oktober 1960 anerkennt (bzw. seine Gerichtbarkeit) ist es auch die Aufgabe des belgischen Staates sich zu bemühen, damit der Staat eine Vollzeitbeschäftigung seiner Bürger anstrebt per Gesetz. Das Recht mag zwar nicht „einklagbar“ sein, ist aber auch ein Grundstein für alle weiteren Rechte in Bezug auf Arbeit.

            Die Gewerkschaften haben viele Bürger aber von einer Arbeit abgehalten und damit sehe ich die Grundrechte von vielen verletzt. Die Gewerkschaften basieren doch auf dieses Recht auf Arbeit, von daher verwundert mich Ihre Frage wo das stehen soll. Das Recht wird durch die sogenannte „Koalitionsfreiheit“ gewährleistet, die die Gründung von Gewerkschaften vorsieht.

  2. Ist wie drüben im Thema Impfen. Jetzt wo alle ihre Rechte und Urlaubstage haben, wird dasd Streikrecht in Frage gestellt. Damals, wo der gemeine Arbeiter der Quasisklave der Oberschicht war, gab’s viel mehr Rambazamba als ein paar blöde Blockaden und eingeworfene Scheiben. Aber mit den damaligen Zuständen ist ja keiner mehr vertraut, alles ist Selbstverständlich.

    • @ rso

      Niemand will das Streikrecht abschaffen. Sachbeschädigung und Körperverletzung hat aber mit Streikrecht nichts zu tun. Wenn, wie in Lüttich vor ein paar Jahren geschehen, ein Busfahrer von einem Streikposten krankenhausreif geschlagen wird ist das kriminell und muß geahndet werden. Wenn jetzt der Streikposten von Ausserhalb „angekarrt“ wird und die Gewerkschaft für die „Auswüchse“ ihrer Streiks nicht belangt werden können guckt der Busfahrer, mit dem größten Ausdruck des Bedauerns von Seiten der Gewerkschaftsbonzen, in die Röhre. Nicht nur der Gesetzgeber, nein auch die Gewerkschaften sollten im 21.Jahrhundert ihre Positionen überdenken. Letztere sind längst von einer Arbeitervertretung in einen Selbstbedienungsladen mit verlängertem Arm politischer Interessen degeneriert..

        • „Wenn man den Gewerkschaften die Möglichkeit nimmt, Druck zu erzeugen, dann ist das Streikrecht zum Teil abgeschafft.“

          Nein, niemanden hindert jemanden am Streiken, somit ist das Streikrecht in keiner Weise verschlechtert worden.

          Es wurde nur verboten, andere zum Streiken zu zwingen, und das war IMHO vorher auch nicht ganz legitim, nur hat sich in der kurzen Zeit wohl niemand strafrechtlich damit genauer befasst, sonst wären schon längst Köpfe bei den Gewerkschaften gerollt. Das Streikrecht in seiner vorherigen Form verletzte viele andere Grundrechte und das soll man nicht gutheißen.

          Wenn dies dazu führt, dass ein ganzes Land lahmgelegt wird und mind. 2 Leute durch die Folgen des Streikes sterben, ist das übertrieben und nicht wirklich zielführend.

          Was denken Sie wohl, warum die Gewerkschaften von den Bürgern abhängig sind? Wenn die Gewerkschaften ihre Sympathien so verspielen wie es hier geschehen ist, dann sind es die Gewerkschaften, die das Recht auf Arbeit verletzen, und nicht der belgische Staat. Das ist beispielslos in der EU und es wurde Zeit, dass hier Klarheit herrscht.

  3. Wenn ich Gewerkschafter wäre, würde ich mich tierisch aufregen, wenn ich solche Berichte lesen müsste. Da erstreiten die Gewerkschaften nach jahrelangem Kampf alle erdenklichen Rechte, die Arbeitnehmer genießen jeden Schutz, den man sich vorstellen kann, sie haben die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, wann immer es ihnen passt, kein Land hat so viele soziale Vorteile wie Belgien. Weil aber Gewerkschafter an einem Tag mal eine Autobahn sperren, weil sie sonst kaum Möglichkeiten haben, sich zu wehren, laufen die Leute ausgerechnet jenen Parteien in die Arme, die Steuervorteile genießen noch und noch und den Abbau des Sozialstaates aktiv vorantreiben. Man sagt es ja immer, und es stimmt: Das Volk hat die Regierung, die es verdient.

    • „Wenn ich Gewerkschafter wäre, würde ich mich tierisch aufregen, wenn ich solche Berichte lesen müsste. Da erstreiten die Gewerkschaften nach jahrelangem Kampf alle erdenklichen Rechte, die Arbeitnehmer genießen jeden Schutz, den man sich vorstellen kann, sie haben die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, wann immer es ihnen passt, kein Land hat so viele soziale Vorteile wie Belgien. Weil aber Gewerkschafter an einem Tag mal eine Autobahn sperren, weil sie sonst kaum Möglichkeiten haben, sich zu wehren, laufen die Leute ausgerechnet jenen Parteien in die Arme, die Steuervorteile genießen noch und noch und den Abbau des Sozialstaates aktiv vorantreiben. Man sagt es ja immer, und es stimmt: Das Volk hat die Regierung, die es verdient.“

      Man kann auch sagen, ein Volk hat nur die Gewerkschaften, die es verdient. Diejenigen, die für die Rechte gekämpft haben, waren noch andere Leute als diejenigen heute, die denken, Streikrecht stehe über allem und auch über das Recht zu arbeiten.
      Darüber hinaus machen sich die Gewerkschaften sehr unbeliebt, wenn man dann auf einmal nichts von der Gewerkschaft bekommt, oder teilweise Beträge, die zurück zu erstatten sind seitens der Gewerkschaft, nie ankommen.

      Gewerkschafter sollten sich auch ab und an mal selbst in Frage stellen. Die Gewerkschaften haben sich ihre Sympathie über die letzten Jahre selbst verspielt, und die Gesetzesinitiativen kommen nicht von der Politik, sondern einer Bevölkerung, die sich von Gewerkschaften verarscht fühlt.

  4. Réalité

    Einige, viele reale und wahre Kommentar diesbezüglich hiervor.
    Es wäre an der Zeit mal einiges zu überdenken in unserm Lande.
    Vieles läuft da schief. Ganz sicher angefangen bei der grossen Politik.
    Da müsste zu aller erst mal mit grossem Hausputz angefangen werden.
    Da fängt unsere Misere an. Denn die Leute sind die Regierung.
    Alles aber auch alles wird hoch gerechnet, bis ins Detail zer- und verrechnet.
    Jedoch wo das grosse Übel, die Wurzel des ganzen liegt, ja das packt schon keiner an.
    Nicht mal die Opposition. Warum?
    Denn alle sind die Begünstigten des Systems.
    Bei den Gewerkschaften ist es dasselbe.
    Deren Führung taugt genauso wenig wie diese hiervor.
    Bei denen sind die Begünstigten auch in der Führung zu suchen.
    Letztendlich tut der Parteienmitschmatsch auch das seine.
    Er setzt dem ganzen die Krone auf!
    Die lassen allemale die Kleinen rennen, während sie selbst labend am Gabentisch sitzen!

  5. Höchste Zeit diesen Irrsinn zu verbieten. Es ist eine Perversion des Streikrechts wenn eine militante Minderheit durch illegale Blockadeaktionen ein ganzes Land lamlegen kann. Solche Aktionen haben nichts mit dem Streikrecht zu tun, das ist politische Agitation zum Nutzen der PS.

  6. Eine gute Initiative der Mehrheit, hoffentlich gibt es eine Mehrheit dafür im Parlament.
    Dann sollen sie noch den Sonderstatus der Gewerkschaften aufheben und verlangen alle Konten auf dem Tisch zu legen, wie jeder Betrieb.

    • Unglaublich

      Unglaublich ist, dass, wie ich hörte, die CSC das Statut Betrieb in Schwierigkeiten bekommen hat (können jetzt Personal entlassen ohne Neueinstellung mit wesentlich verkürzten Kündigungsfristen) und trotzdem nicht ihre Konten offen zu legen braucht …Verstehe wer will…

  7. Jockel Fernau

    Ich halte das für sehr bedenklich, wie viele andere politische Initiativen derzeit. Es gibt Gesetze, die z.B. Sachbeschädigung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr oder Körperverletzung unter Strafe stellen. Das sollte in einem Rechtsstaat ausreichen, derer Personen unter den Streikposten habhaft zu werden, die sich daneben benehmen. Die „Liberalen“ beweisen wieder einmal, dass sie eines ganz gewiss nicht sind: liberal.

    • „Ich halte das für sehr bedenklich, wie viele andere politische Initiativen derzeit. Es gibt Gesetze, die z.B. Sachbeschädigung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr oder Körperverletzung unter Strafe stellen. Das sollte in einem Rechtsstaat ausreichen, derer Personen unter den Streikposten habhaft zu werden, die sich daneben benehmen. Die „Liberalen“ beweisen wieder einmal, dass sie eines ganz gewiss nicht sind: liberal.“

      Schön und gut, aber leere Phrasen.
      Die ganzen Aktionen der Gewerkschaften waren sowieso nicht ganz legal, alleine schon die Straßensperren.

      Wenn allerdings die Polizei trotz Rechtsbrüche daneben steht und nur zuschaut, während man andere Mitbürger ihrer Freiheit beraubt, scheinen wohl diese einfachen Gesetze nicht ausreichend zu sein.
      Da sehe ich lieber ein Gesetz gegen solche Streikposten, als ein Gesetz, dass die Mitglieder der Gewerkschaften voll haftbar macht, wenn mal etwas daneben geht. Das würde nämlich wirklich bedeuten, dass das Streikrecht in Gefahr ist, und das würde juristisch gesehen wieder viele Präzedenzfälle schaffen.

      Lieber gleich Rechtssicherheit, als den Status der Gewerkschaften per Gesetz zu ändern. Alles andere ist noch verkehrter.

        • „Gesetze oder die Erwähnung derselben sind für Sie also hohle Phrasen. Interessante Sicht der Dinge.“

          Wussten Sie nicht, dass die Durchführung dieser bereits existierenden Gesetze nur schwierig auf die einzelnen Streikposten anwendbar ist?
          Ja, und deshalb hohle Phrasen. Was bringt ein Gesetz, dass nicht angewendet werden kann, weil es für andere Fälle vorgesehen ist und der Zivilrechtsanspruch durch Gewerkschaften kaum bis wenig gilt? Das war schon bei den Straßenschäden in Eupen und Umgebung zur Diskussion gekommen.

          Haben Sie sonst nichts dazu bei zu tragen? Unter anderem, dass Ihre Idee wirklich bedeuten würde, dass das Streikrecht mit Füßen getreten wird? Ich finde es lustig, dass Sie gerade noch den Liberalen vorwerfen, sie seien es nicht.

          • Jockel Fernau

            Ui, da wird Mimosen-Freddy doch gleich zum zweiten Male patzig.
            Nochmal zum Mitschreiben:
            Streik = Grundrecht, individuell
            Sachbeschädigung und Körperverletzung = Straftat
            Ab davon habe ich das Steikrecht weder in Frage gestellt noch zum Deibel gewünscht. Auch habe ich nicht behauptet, sonderlich liberal zu denken. Sie und ihre komische Interpretationsfreude immer, Sie Schelm.

  8. Marc Van Houtte

    Ich bin sicher kein Liberaler aber die haben Recht.
    Niemand will ein Streikrecht abschaffen aber diejenigen die Arbeiten wollen sollen es machen und niemand darf Straftaten begehen oder andere Nötigen so dass diese nicht arbeiten können.
    Warum arten bei uns und in Frankreich die Streiks immer so aus?
    Bei unseren Ost Nachbarn geht dies ohne Gewalt und Schlägertrupps bewaffnet mit Paletten und jede Menge Jupiler?
    Ach ja mit dem Geld wird denn in Kuba gefeiert.

  9. dennoch, streik ist streik, und das ist gut so. im moment gestaltet sich leider alles ein bisschen extrem, in allen bereichen, leider, von allen seiten. mich macht diese ganze verbotshysterie und bevormundung der „liberalen“ nur so langsam richtig wütend . ironischerweise das, was die „liberalen“ den grünen und konsorten immer vorwerfen. verdammt nochmal! die dicken sollen bluten, nicht wir kleinen! wir hauen uns grad in allen belangen gegenseitig die fresse ein ohne zu kapieren was wirklich läuft.

  10. Ramscheid Joseph-Bernard

    Wieso hauen hier fast alle auf die Gewerkschaften? Wer provoziert denn diese oft übertriebenen Reaktionen der Gewerkschaften? (die ich auch verurteile, aber für die ich auch Verständnis habe!)
    Der Provokator ist doch ganz allein diese extrem arbeiterfeindliche Regierung, die von einem gewissen Bart de Wever ferngesteuert wird!!! Warum wird diese in fast allen Kommentaren verschont? Das grenzt schon fast an Masochismus!!!

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