Politik

Letzte Ausgabe der ARD-Polit-Talkshow „Anne Will“ – Presse: „Einheitlicher Meinungsbrei und Langeweile“

03.12.2023, Deutschland, Berlin: Raphael Gross (l-r), Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Moderatorin Anne Will, Navid Kermani, Schriftsteller, und Florence Gaub, Politikwissenschaftlerin nehmen an der ARD-Talk-Show "Anne Will" teil. Foto: Wolfgang Borrs/NDR/dpa

Anne Will will nicht mehr: Ihre Gesprächsrunden sind Geschichte. 16 Jahre lang prägte die Journalistin den deutschen Polit-Talk. Sie will jetzt etwas anderes machen.

Blumensträuße und viel Lob: Anne Will hat nach 16 Jahren die letzte Ausgabe ihrer gleichnamigen ARD-Talkshow moderiert. Die Journalistin will sich neuen Projekten zuwenden. Ihre Nachfolgerin ist Ex-„Tagesthemen“-Moderatorin Caren Miosga.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war in der letzten Sendung am Sonntagabend zu Gast und lobte Will zum Schluss. Der Grünen-Politiker sagte: „Danke Ihnen für 16 Jahre Aufklärung. Das war schon stilprägend.“ Er war der einzige Spitzenpolitiker in der Talkrunde. Schriftsteller Navid Kermani – ebenfalls unter den Gästen – würdigte Will ebenso. Es sei eine gewisse Respektbekundung ihr gegenüber, dass er in die Sendung gekommen sei

03.12.2023, Deutschland, Berlin: Moderatorin Anne Will bei ihrer letzten Talk-Show „Anne Will“. Foto: Wolfgang Borrs/NDR/dpa

Die 57-Jährige sagte zum Schluss in die Kamera zu den Zuschauern: „Ich möchte mich bei Ihnen auch bedanken für das große Vertrauen und das Interesse, das Sie uns entgegengebracht haben. Wir haben ja, muss man sagen, in den etwas mehr als 16 Jahren dann doch etliche Stunden miteinander verbracht. Ich muss sagen, mir war das eine Freude.“ Es sei ihr auch eine „echte Ehre“ gewesen, auch wenn das etwas pathetisch klingen möge.

Anne Will präsentierte 16 Jahre lang den Polit-Talk im öffentlich-rechtlichen Ersten Deutschen Fernsehen der ARD. Sie zählt zu den bekanntesten Polit-Journalistinnen des Landes. Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass Will ihre Talkshow abgeben wird und sich neuen Projekten widmen wolle. Nun kündigte Will an, sie werde die Zusammenarbeit mit dem NDR und der ARD fortsetzen. „Das ist ja klar.“ Was genau sie machen wird, wurde noch nicht bekannt.

In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ deutete Will an, sie wolle wieder Reporterin sein, Dokus drehen, Einzelinterviews führen. Sie werde auch Veranstaltungen moderieren. Sie wolle zudem Podcasts machen und könne sich Radio vorstellen.

In ihrer Dankesrede in der letzten Sendung am Sonntagabend lobte sie auch ihr Team, das hinter „Anne Will“ steht. Es seien hochprofessionelle, stresserprobte und tolle Kolleginnen und Kollegen. „Das, muss ich sagen, werde ich vermissen“, sagte Will. Sie werde ihnen das nie vergessen, was sie geleistet haben.

Anne Will kündigte dann ihre Nachfolgerin Caren Miosga so an: „Seien Sie nett zu ihr, sie ist es auch.“ Genauso hatte die TV-Moderatorin Miosga (54) unlängst wiederum ihre Nachfolgerin bei den „Tagesthemen“, Jessy Wellmer, angekündigt.

ALLES NUR SATIRE – (Zum Vergrößern Bild anklicken) – 28.03.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zu Gast in der ARD-Talksendung „Anne Will“. Foto: Wolfgang Borrs/NDR/dpa

Als Anne Will zu den „Tagesthemen“ überleiten wollte, begannen diese verspätet, weil zunächst ein Zusammenschnitt aus früheren „Anne-Will“-Ausgaben präsentiert wurde. Darunter waren zum Beispiel Ausschnitte aus den Einzelinterviews mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen.

Anne Will wurde schließlich im Talk-Studio von Kollegen umringt und erhielt gleich mehrere Blumensträuße. Sie sagte: „Danke, danke, danke.“

Die letzte Sendung stand unter der Überschrift: „Die Welt in Unordnung – Ist Deutschland den Herausforderungen gewachsen?“. Zu Gast waren neben Bundeswirtschaftsminister Habeck und Schriftsteller Kermani, der Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Raphael Gross, und die Direktorin des Forschungsbereichs am Nato Defense College, Florence Gaub.

Anne Will prägte mit ihrer Person so stark die Polit-Talkshow, dass man fast meinen könnte, dass die Sendung auch ohne sie weiterhin „Anne Will“ heißen müsste. Aber das ist natürlich Quatsch. Vor Monaten wurde der Arbeitstitel für die Sendung ihrer Nachfolgerin Caren Miosga bekannt: „Miosga“.

Die in Köln geborene Journalistin Will begann ihre Karriere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie machte beim Sender Freies Berlin (SFB, später RBB) ein Volontariat und arbeitete dann erst einmal dort im Radiobereich. Später war sie dann bei der „Sportschau“ der ARD und dann viele Jahre „Tagesthemen“-Moderatorin im Wechsel mit Ulrich Wickert (80). 2007 startete sie dann ihre Polit-Sendung.

2011 wechselte der Sendeplatz ihrer Talkshow, die in Berlin produziert wird, auf den Mittwoch. Der Grund: Der Sonntagabend-Platz wurde für Moderator Günther Jauch freigeräumt und Will musste das Feld räumen. In einem „Spiegel“-Interview hatte Will 2010 eine „monatelange Hängepartie“ beklagt und gesagt: „Das war unschön. Das kann man besser machen.“ 2016 kehrte sie wieder zurück auf den Sonntagabend. (dpa)

„Stuttgarter Zeitung“ zu Anne Wills letzter Talkshow

Glaubwürdige Talkrunden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen könnten zu den Kommunikationsblasen im Internet einen Gegenpol setzen, sie müssen der Polarisierung nicht nacheifern. Aber sie müssen ihre Hausaufgaben machen. Ständig dieselben Gäste, die von Anne Will eingeladen und dann an „Hart aber fair“, Markus Lanz, Sandra Maischberger und Maybrit Illner weitergereicht werden, reichen nicht. Fünf Sendungen in einer Woche zu denselben Themen führen zu einem einheitlichen Meinungsbrei und erzeugen nur Langeweile. Selbst das oberste Kontrollgremium der ARD – die Gremienvorsitzendenkonferenz – kritisierte jüngst die Gleichförmigkeit: Der Polittalk müsse breitere Teile der Bevölkerung ansprechen und stärker auf die Lebenswirklichkeit der Bürger eingehen. Man wolle künftig auch jüngeren Menschen im Digitalen einen Ort des politischen Diskurses anbieten und arbeite an einer Reform. Man wird gespannt sein, was sich die Anne-Will-Nachfolgerin Caren Miosga als Konzept ausgedacht hat. (dpa)

18 Antworten auf “Letzte Ausgabe der ARD-Polit-Talkshow „Anne Will“ – Presse: „Einheitlicher Meinungsbrei und Langeweile“”

  1. Erst wenn die AfD uneingeschränkt Zugang zu solchen Runden bekommt gibt es ehrliche Debatten. Aber die würden die Bevölkerung zu nur „verunsichern“, also weiter Gesinnungsjournalismus statt Debatte…..

  2. DR ALBERN

    @ Dax, die AfD wurde und wird in allen Diskussionsrunden sprichwörtlich „ZUR SAU GEMACHT“ ob bei Maischberger, Will, Lanz oder Illner!!! Immer musste oder muss sich nur ein Kandidat der AfD gegen vier von anderen Parteien behaupten und ALLE hacken dann auf diesen ein!!! Wo bleibt da noch die Chance sich verteidigen zu können!!! Und die Schilder, die im Hintergrund für das Publikum aufleuchten „JETZT KLATSCHEN“ sieht der TV-Zuschauer natürlich nicht!!!

  3. Ich fordere die Dissidenten der Stuttgarter Zeitung zu boykottieren. Diese Politik Talkrunden sind ehrlich, fair, unparteiisch und investigativ…….
    Also keine Müllermilch und keine Stuttgarter Zeitung mehr.

  4. alter weißer mann

    2011 hat die ARD mit viel Mühe und Geld Günter Jauch diese Sendung angeboten und Frau Will wurde abgeschoben. Als Jauch keine Lust mehr hatte, durfte Will wieder zurück. Das alles spricht nicht für Frau Will.
    Frau Will machte Hofberichterstattung, wirklich kritische Stimmen kamen nie zu Wort. 5 Personen, eine Meinung und wenn mal ein anderer Teilnehmer abei war, dann wurde die,der vorgeführt.

  5. Joseph Meyer

    @Ihr Glaube an den kommenden „guten“ neuen Wind in Ehren, aber ich kann da leider nur antworten: „Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“.
    Während der Corona- Plandemie und bei dem schrecklichen Impfspritzenverbrechen hat Anne Will wie keine Andere als Einpeitscherin des Regierungsnarrativs mitgearbeitet! Klar, dass Sie für die 250.000€ pro Sendung – wenn diese Summe stimmt!? – auch die gewünschte „Leistung“ erbringen musste …
    Ganz sicher ist wohl, dass ohne die unsägliche Mithilfe der öffentlich-rechtlichen Sender nie diese allgemeine Panik und das noch immer nicht ganz verschwundene „Massenphenomen“, gemäß Prof Mattias Desmet, entstanden wäre.
    Wir vergessen wohl, dass die „Öffentlich-Rechtlichen“ weder frei noch rechtlich sind, dementsprechend wird dort dann auch gelogen und betrogen, dass sich die Balken biegen!
    Das Beste ist, denke ich, nicht mehr einschalten, es gibt tolle alternative und ehrliche Plattformen, wo es sich lohnt hinzuhören und hinzuschauen. Das Einzige was ich bei ARD, ZDF, usw. noch regelmäßig einschalte ist Sport …

  6. @Herr Arimont

    Wie bewerten Sie eigentlich die Aussage von Herr Habeck in dieser Anne Will Sendung, das man das Personal der EU eigentlich nicht wählt sondern das diese von den Mitgliedstaaten ausgehandelt werden? Warum wird man denn in Belgien noch genötigt sich zu den Wahlurnen zu begeben….? Kann man bei der EU noch von einer demokratischen Institution sprechen ?

  7. Stefan Teschner

    Ich habe die Diskussionsrunden von und mit Anne Will gerne gesehen. Durch ihre umfangreich gestalteten und zur Sprache gebrachten Themen konnte man sein Wissen erweitern. Sie verstand es im Zeitalter der „Zeitenwende“ besser gesagt (Abwärtswende), auch den den einfachen Bürger mit nur Stammtischniveau, verständlich anzusprechen. Besten Dank Anne Will;

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