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Investoren-Ohrfeige für Jürgen Klinsmann: Keine Zukunft bei Hertha BSC

13.02.2020, Berlin: Pressesprecher Marcus Jung (l-r), Club-Präsident Werner Gegenbauer, Investor Lars Windhorst und Sport-Geschäftsführer Michael Preetz geben eine Pressekonferenz nach dem Rücktritt von Trainer Klinsmann vor zwei Tagen. Foto: Andreas Gora/dpa

AKTUALISIERT – Für Jürgen Klinsmann ist das Kapitel Hertha BSC endgültig beendet. Mit klaren Worten watscht Investor Lars Windhorst den Ex-Bundestrainer ab. Die großen Ziele bleiben, weiteres Geld soll fließen. Die Berliner stehen vor einer schwierigen Trainersuche.

Mit einer schallenden verbalen Ohrfeige beendete Investor Lars Windhorst die unrühmliche Kurzzeit-Ära von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC endgültig. Nach dem plötzlichen Rücktritt des früheren Bundestrainers als Chefcoach verweigerte der Geldgeber seinem einstigen Vertrauten deutlich eine Zukunft im Aufsichtsrat und prangerte in seiner Abrechnung den Verlust von dessen Glaubwürdigkeit an.

“Es ist nicht akzeptabel“, sagte der Unternehmer messerscharf und eiskalt bei einer Pressekonferenz über den Abgang Klinsmanns nach nur elf Wochen. „Das kann man als Jugendlicher vielleicht machen, aber im Geschäftsleben, wo man unter Erwachsenen ernsthafte Vereinbarungen hat, sollte so etwas nicht passieren.

13.02.2020, Berlin: Club-Präsident Werner Gegenbauer (l-r) und Investor Lars Windhorst geben eine Pressekonferenz nach dem Rücktritt von Trainer Klinsmann vor zwei Tagen. Foto: Andreas Gora/dpa

Schon die Sitzordnung im Blitzlichtgewitter der Fotografen im völlig überfüllten Medienraum der Berliner sprach Bände. In der Mitte des Podiums nahm Windhorst zwischen Clubpräsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz vor 17 Fernsehkameras Platz. Und der 43-Jährige lieferte mit einer Hertha-Fahne über dem weißen Einstecktuch seines Anzugs die mit großer Spannung erwartete Antwort: Für Klinsmann gibt es keine Zukunft – sein eigenes Engagement auf dem propagierten und von der Öffentlichkeit oft belächelten Weg in die europäische Spitze steht dadurch aber nicht in Frage. Vielmehr kündigte der Investor weitere Investitionen an.

„Es gibt überhaupt gar keinen Grund und auch keine Ausrede dafür, warum Hertha BSC als Fußballclub der Hauptstadt Deutschlands es nicht schaffen soll, in den nächsten Jahren in führender Position in Deutschland und Europa mitzuspielen“, bekräftigte Windhorst. Seine Investition sei daher „sehr, sehr langfristig“ angelegt. „Ich gehe fest davon aus, dass wir hier in jedem Fall weit über 10 Jahre engagiert bleiben, das kann auch 20 oder 30 Jahre sein.“

Sportliche Fachkompetenz, Glaubwürdigkeit und Strahlkraft

Die beiden freien Posten im vergleichsweise einflussarmen Aufsichtsrat der KGaA von Hertha will Windhorst mit einer Person, die „sportliche Fachkompetenz“ sowie „Glaubwürdigkeit und Strahlkraft“ vereint, besetzen. Sportlich bleibt die Personalie des Nachfolgers von Klinsmann auf dem Cheftrainerposten brisant.

11.02.2020, Berlin: Hertha Interimstrainer Alexander Nouri (2.vr) spricht mit den Spielern. Foto: Andreas Gora/dpa

Vorerst bekommen Alexander Nouri und Markus Feldhoff das Vertrauen und betreuen das Team im direkten Duell im Abstiegskampf beim SC Paderborn am Samstag (15.30 Uhr). „Wir werden mit Nouri und Feldhoff und dem Trainerteam in die nächsten Wochen gehen“, sagte Hertha-Manager Michael Preetz. „Wir wissen alle, dass wir schwere Aufgaben vor der Brust haben und in den nächsten Wochen punkten müssen.“ Auch Arne Friedrich, für den die Stelle des Performance Managers auf Drängen von Klinsmann geschaffen worden, bleibt im Amt.

Als Chefcoach steht nach „Kicker“-Informationen der frühere Hertha-Profi und ehemalige Bayern-Trainer Niko Kovac weiterhin ganz oben auf der Liste. Im Kovac-Umfeld gilt ein Berlin-Engagement des 48-Jährigen aber nicht als wahrscheinliche Variante. „Es ist unsere Aufgabe einen Cheftrainer zu finden, der ambitioniert und ehrgeizig ist“, sagte Preetz mit Blick auf den Sommer.

Auch das Wirken des Geschäftsführers bei der Suche nach einem neuen Chefcoach steht unter genauer Beobachtung. Die Entscheidung für Ante Covic als Nachfolger von Pal Dardai führte maßgeblich zur sportlich prekären Situation. Dazu hatte Klinsmann in einem Videochat am Mittwochabend deutliche Kritik an Preetz sowie der Rollenverteilung innerhalb des Vereins geübt, von „Nebenkriegsschauplätzen“ gesprochen und seinen Wunsch nach mehr Kompetenzen deutlich gemacht.

27.11.2019, Berlin: Jürgen Klinsmann, Trainer von Hertha BSC, kommt mit Hertha-Manager Michael Preetz (r) zur Pressekonferenz. Foto: Britta Pedersen/dpa/

Laut Preetz habe Klinsmann bestimmte Punkte allerdings ihm gegenüber nie thematisiert. „Dinge, die ich gestern gehört habe, dass ich auf der Bank sitze und engagiert auftauche. Das sind keine Dinge, die wir miteinander besprochen haben“, sagte der langjährige Manager. Er sei es gewohnt, Konflikte zu besprechen. „Das kann man nicht, wenn man sich umdreht und davonläuft“, betonte Preetz in Richtung Klinsmann.

Auch Clubchef Gegenbauer sah sich zu einer Klarstellung genötigt. So habe Klinsmann schon kurz nach Amtsübernahme Ende November ein Trainervertrag vorgelegen. „Er hat nicht nur Hertha BSC verlassen, sondern auch das gemeinsame Projekt verlassen“, sagte der Präsident, der im Mai für eine weitere Amtszeit kandidieren will.

Windhorst ließ zwar offen, ob man in einigen Monaten in anderer Form noch auf den Rat Klinsmanns zurückgreifen werde. Seine deutliche Wortwahl macht dies aber schwer vorstellbar. Er sei ebenfalls am Dienstagvormittag von Klinsmann über dessen Entschluss informiert worden, habe aber nicht sofort reagieren können, weil er in einer Aufsichtsratssitzung sein Handy nicht direkt greifbar hatte. „Ich habe die Nachricht vielleicht eine Viertelstunde zu spät gesehen“, sagte Windhorst und rang sich ein Lächeln ab.

Nach eigener Aussage war Klinsmann im vergangenen Oktober von Windhorst angesprochen worden, ob er den Unternehmer in Fußballfragen unterstützen könne. Im Folgemonat wurde Klinsmann dann von Windhorst in den Aufsichtsrat berufen.

14.12.2019, Berlin: Herthas Trainer Jürgen Klinsmann. (zu dpa «Klinsmann tritt als Trainer von Hertha BSC zurück» am 11.02.2020) Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Das einstige Wunderkind der deutschen Wirtschaft hatte nach zwei Insolvenzen 2009 seine Sapinda Holding gegründet, die inzwischen den Namen Tennor trägt. Die Investition von Eigenkapital in Höhe von 224 Millionen Euro für 49,9 Prozent der GmbH & Co. KGaA von Hertha habe er dabei nicht mit der Erwartung auf Rendite getätigt und habe sich auch innerhalb seines Unternehmens kritischen Fragen stellen müssen, erklärte Windhorst.

Einen Gang an die Börse plant der Verein aktuell aber nicht. „Für uns als Investor bei Hertha BSC ist das zunächst ein Thema, was nicht wirklich relevant ist“, sagte Windhorst. Zudem müsse das Thema ohnehin „in den Gremien von Hertha BSC besprochen werden“, sagte Windhorst und machte deutlich: „Für unser weiteres Engagement ist kein Börsengang erforderlich.“ Borussia Dortmund ist seit dem Jahr 2000 der einzige an der Börse notierte Fußball-Bundesligist. (dpa)

Jürgen Klinsmann im Kurzporträt

Name: Jürgen Klinsmann.

Geburtstag: 30. Juli 1964.

Geburtsort: Göppingen in Baden-Württemberg.

Position als Spieler: Stürmer.

08.07.2006, Baden-Württemberg, Stuttgart: Der deutsche Trainer Jürgen Klinsmann (l) und sein damaliger Co-Trainer Joachim Löw jubeln über den dritten Platz nach dem Spiel Deutschland gegen Portugal bei der WM 2006. Foto: Arne Dedert/dpa

Spieler-Stationen: Stuttgarter Kickers (1981 – 1984), VfB Stuttgart (1984 – 1989), Inter Mailand (1989 – 1992), AS Monacao (1992 – 1994), Tottenham Hotspur (1994 – 1995), Bayern München (1995 – 1997), Sampdoria Genua (7/1997 – 12/1997), Tottenham Hotspur (1/1998 – 6/1998).

Länderspiele: 108 (47 Tore).

Größte Spieler-Erfolge: Weltmeister 1990, Europameister 1996, Vize-Europameister 1992, UEFA-Cupsieger 1991 und 1996, deutscher Meister 1997, deutscher Fußballer des Jahres 1988 und 1994, Englands Fußballer des Jahres 1995.

Trainer-Stationen: Bundestrainer (7/2004 – 6/2006), FC Bayern München (08/2008 – 04/2009), US-Nationalmannschaft (07/2011 bis 11/2016), Hertha BSC (11/2019 bis 02/2020).

Größte Trainer-Erfolge: WM-Dritter 2006 mit Deutschland, Gewinner CONCACAF Gold Cup 2013 mit den USA, WM-Achtelfinalist mit den USA.

Stationen als Funktionär: seit 8. November 2019 Mitglied des Aufsichtsrates der KGaA von Hertha BSC. (dpa/cre)

Nachfolgend einige Tweets zum Rücktritt von Jürgen Klinsmann:

16 Antworten auf “Investoren-Ohrfeige für Jürgen Klinsmann: Keine Zukunft bei Hertha BSC”

  1. Eynatener

    Hut ab Klinsi! Du hast wenigstens Charakter und Rückgrat! An Dir sollten sich mal die Politiker ein Beispiel nehmen! Die Leute hocken auf ihren Sesseln bis über das Rentenalter hinaus! Kommen sogar abgewählt an Posten, denken aber selten an Rücktritt. Leute ohne Fingerspitzengefühl eben. Nur wenn es ums viele Geld geht, da sind sie dabei.

  2. „Schneller Vertrag als Knackpunkt?

    Man kann diesen Schritt konsequent nennen. Er ist aber auch und vor allem: illoyal und egoistisch. Klinsmann wollte nach allem, was man hört, zügig einen Vertrag über den Sommer hinaus obwohl Hertha immer noch dort steckt, wo der Klub bei Klinsmanns Amtsantritt stand: im Abstiegskampf.

    Der Klub wollte aus gutem Grund die sportliche Entwicklung der kommenden Wochen abwarten, bevor er eine Entscheidung in dieser Schlüssel-Personalie trifft.“

  3. So schaut's aus!

    Falls noch jemand Zweifel hat : Klinsmann war und ist ein Egoist ( sorry für den Wortreim ). Aber dieser Mann mit dem stets unverbindlichen , aufgesetzt erscheinenden Lächeln, ist ein „Wolf im Schafspelz“. Auch die Rolle des „Brutus“ liegt ihm! Wetten, dass Michael Preetz demnächst den Dolch von „Klinsi“ in den Rücken gerammt bekommt, da der Wahl-Kalifornier, auch „eiskalter Engel “ genannt ,der ja im Aufsichtsrat der Hertha bleiben wird, dies mit seinem dazu gehörigen Lächeln erledigen wird.

  4. Das ging schneller als erhofft. Klinsmann war ein guter Spieler aber taugt als Trainer nichts.

    Aus belgischer Sicht : Gott sei Dank.
    Lukebakio, der sich zwar viel von Klinsmann versprochen hatte, wird jetzt wohl bald wieder gesetzt sein und die Söhne berühmter Papas und den polnischen Fehlkauf verdrängen.
    Fehlt nur noch, dass Favre den Stuhl beim BVB räumt und Hazard wieder spielt.

  5. peter müller

    Bei Grenzstein Sief wird vielleicht nach Freundschaft aufgestellt. Was sollen denn die Herren Götze, Delaney sagen. Weigl und Alcacer der Tore am Fliessband schiesst, haben schon den Verein verlassen. Reus ist verletzt, und Thorgan spielt noch immer nicht Bei solchen Vereinen ist man nur eine Nummer. Trotzdem glaube ich, er wird wieder seine Einsatzzeiten bekommt. Das er Fussball spielen kann steht ausser Frage, aber das können andere auch.

  6. Das Spiel ist aus.

    Jürgen Klinsmann verlässt Hertha BSC komplett:

    „Die Art und Weise des Abgangs ist so inakzeptabel“: Die Hertha-Führung und Investor Lars Windhorst haben das Aus von Jürgen Klinsmann verkündet.

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