Das 17. Programm der Eupener Kabarettgruppe „Jedermann“ beschäftigt sich eingehend mit einer satirischen Analyse einer oberflächlichen Begeisterung für die neue Standortmarke „Ostbelgien“. Eine Steilvorlage für das Kabarett, die das Ziel nicht verfehlte. „OstBelgien (OB) – Ohne Bedeutung“ heißt das aktuelle zweistündige Programm.
Ob nun die gesprochene Satire oder die Liedbeiträge, beide lassen die Zuhörer aufhorchen.
Mancher kritische Ton wirkt schon bei aller Objektivität des Zuhörens satirisch: die Selbstklebekolonne des Ministeriums, Oliver Paaschs Besuch bei Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in Berlin, „Hotel Calaminia“, Alfred Lercerf und sein Publifin, das Eupener Krankenhaus oder die Blumenkübel in der Eupener City – sie wurden aufgearbeitet, besungen und hinterfragt.
Was am Ende bleibt, ist die Frage: „Nur Buffetmulle oder Volkesstimme?“ Und der Abgesang für einen Politiker, der oft Zündstoff für die Beiträge lieferte: „Ich wäre so gern Senator!“
Die Expansionspolitik unserer Gemeinschaftsregierung wirft die Frage nach der zukünftigen Bedeutung von „OB – OstBelgien“ auf. Dabei könnte die DG wohl auf der Landkarte Belgiens bald als „Fern-Ost“ eingezeichnet werden.
Oder, wie die Rezeptionistin am Empfang des Ministeriums kurz und bündig einem Belgier vermittelt, dass es sich um „Belgisch Oosthoek“ und nicht um die „cantons rédimés“ handelt. Mit der Bezeichnung „Rheinlandbelgier“ wäre die Diskussion um unsere Zugehörigkeit wohl schnell beendet.
„Louis Calaminia Palast Hotel“
Lokalpoltisch hat sich einiges in „OB“ gedreht, verdreht, überdreht. Das Personalkarussell im BRF ist gewaltig in Schwung gekommen, was nach Meinung der Kabarettisten den Herausgeber von „Ostbelgien Direkt“ um den Schlaf gebracht hat.
Der Lontzener Bürgermeister (Alfred Lecerf) sei nur im Geiste bei seinen Publifin-Sitzungen in Lüttich gewesen. Dort habe er „Gas in Kohle“ verwandelt.
Der Kräutergarten des Publizisten Bruno Kartheuser hat zu Irritationen mit der Kulturministerin geführt. Keine gute Ernte am Ende für den Kräuterhexer.
„Louis Calaminia Palast Hotel“ rückt das Epos um den Kelmiser Hotelbetrieb in den Vordergrund. Dabei ist nicht eindeutig zu beweisen, ob der „Louis“ (Goebbels) nun Manager oder Generaldirektor ist.
Auf Goebbels‘ Spuren bewegt sich aber auch sein Amtskollege aus Raeren: „Hadila’s (Hans-Dieter Laschet) kleines Bahnhofscafé“ erweckt einen unbefriedigten Traum mancher Eisenbahnfreunde.
Das Eupener Krankenhaus in der Hufengasse und die Kübel in der Begegnungszone: In beiden Fällen scheinen die inneren Abläufe nicht mehr in Ordnung zu sein.
Da weiß selbst das „Kehrfräuchen“ mit den Hochbeeten im Kreuzungsbereich der Kirchstraße-Klötzerbahn keinen weiteren Rat, als Schnittlauch und andere Kräutern zu ernten. Nur die Bepflanzung der Kübel mit Bambus aus den heimischen Wäldern irritiert sie dabei.
Geschweige denn, wenn zu Unterrichtsbeginn die „Hausfrauenpanzer“ den endgültigen Verkehrskollaps auf dem Hindernisparcours provozieren.
Was dem Bürger auf der Zunge brennt
Über die ostbelgischen Grenzen hinweg sind unsere Volksvertreter stets bemüht, sich um das Wohl ihrer anvertrauten Bürger zu sorgen.
Der Ministerpräsident versucht seinem Kollegen (?) Dobrindt in Berlin klarzumachen, dass die Ostbelgier doch gemeinsame Vetter der Deutschen sind und den Namen Belgier ehrenhalber tragen.
Das Flüchtlingslager in Elsenborn ist verwaist und hinterlässt den Geschmack eines belgischen Integrations-Ratatouille. Selbst die Aufklärungsbriefe des Vivant-Mitstreiters Dr. Joseph Meyer ließen Parallelen bis hin nach Moskau zu. Trump, Energiekonzerne, illegale Autorennen sind für die Darsteller keine Antworten auf die bohrenden Fragen der Menschen.
Mit Perfektion in Gesang und Sprache rücken die acht Jedermänner (bzw. -frauen) auch das kleinste Detail in den Vordergrund – nicht nach dem Geschmack der Politiker. Vielmehr gilt: Was dem Bürger auf der Zunge brennt, wird mit Ironie preisgegeben und zeigt die Unzulänglichkeiten der ausführenden Gewalt in Ostbelgien.
Da bleibt selbst dem Indianerhäuptling „Big Chief Lapatsch“ (Edgar Paulus) nur der Rückzug vor seinem „Tipi“ (Indianerzelt).
Fazit: Ein Kabarettabend der besonderen Klasse und ein Erfolg für die Gruppe „Jedermann“. EDGAR HUNGS
HINWEIS – Die weiteren Termine: 22. September, 23. September, 24. September, 7. Oktober und 8. Oktober 2017 (jeweils um 19 Uhr, nur am 22. September um 20 Uhr). Kartenvorverkauf: Kulturelles Komitee, Kirchstraße 15 in Eupen. Der „Unkostenbeitrag“ beträgt 8 Euro pro Person.
Hier noch einige Fotos von der Aufführung von „Jedermann“ im Eupener Jünglingshaus (zum Vergrößern Bild anklicken):
Bravo! an die Truppe „Jedermann“! Die schlagen in dieselbe Kerbe wie die Bürger. Alles einige dicke Nummern zu GROSS! Unser Senator kriegt auch sein „Fett weg“. Nicht zu übersehen was da alles so läuft!? Traurig, aber wahr! Und hier zum Lachen!? Wer lacht wohl am besten, von allen!?????
Raten Sie mal?????
‚Rheinlandbelgien‘. Interessant. Das wuerde doch viele Namensprobleme loesen.
Rheinlaender im sprachlich kulturellen Sinne sind wir ja. Und vor allem: man vermeidet den Begriff ‚Deutsch‘. Bei dem Begriff hat zwar in Namur und Belgien keiner Probleme, aber die Unsrigen schon. Ok, warum weshalb viel drueber gesprochen und geschrieben. „Rheinlandbelgien“ oder ‚Rheinischbelgien‘ ginge doch, mal im Ernst. Ich koennte mich durchaus als „Rheinischer Belgier“ oder Rheinlandbelgier bezeichnen.