Jürgen Becker, einer der bekanntesten Kabarettisten in Deutschland, kommt mit seinem Live-Programm „Volksbegehren – Die Kulturgeschichte der Fortpflanzung“ nach Eupen. „Ostbelgien Direkt“ führte mit dem Moderator der TV-Sendung „Mitternachtsspitzen“ im WDR ein Gespräch.
Der Kabarettist bittet sozusagen zum Blick durchs Schlüsselloch am Samstag, dem 30. September 2017, um 20 Uhr im Jünglingshaus in Eupen.
Darf Satire wirklich alles?
Gut eine Woche vorher hat „Ostbelgien Direkt“ Jürgen Becker einige Fragen gestellt, auf die er bereitwillig geantwortet hat. Dabei ging es nicht direkt um sein aktuelles Programm, sondern um sein Leben und seine Erfahrungen als Kabarettist im Allgemeinen.
OD: Jürgen Becker, entspricht die klassische Form des Kabaretts noch dem Geschmack des jüngeren Publikums oder tendiert die Jugend eher zu Comedy?
Jürgen Becker: Die Jugend tendierte schon immer zur Comedy. Als Jugendlicher liebte ich „Otto“ und „Heinz Erhard“. Erst nach der Pubertät und Akne entdeckte ich Hüsch und Hildebrandt für mich.
OD: Mohammed-Karikaturen, Schmäh-Gedicht zu Erdogan, „Nazi-Schlampe“ Alice Weidel – Darf Ihrer Meinung nach Satire wirklich alles?
Becker: Nein. Naturkatastrophen und körperliche Gebrechen klammere ich persönlich aus. Die „Nazi-Schlampe“ war aber eine perfekte Replik von Christian Ehring auf Alice Weidels Forderung, die Political Correctness gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte: „Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit! Lasst uns alle unkorrekt sein, da hat die Nazi-Schlampe doch recht. War das unkorrekt genug? Ich hoffe!“ Chapeau, besser geht es nicht!
OD: Wer ist Ihr Lieblingskabarettist?
Becker: In diesem Moment Christian Ehring.
OD: „Da woll’n mer uns mal ’nen schönen Abend machen!“ Das ist Ihre markante Begrüßungsformel bei Ihren „Mitternachtsspitzen“. Und Ihre Gäste können sicher sein: Sie erwartet ein amüsanter, informativer und geistreicher Abend mit Lachgarantie. Der Erfolg gibt Ihnen sicher eine große Genugtuung. Aber ist es nicht auch frustrierend für Sie, dass die Zuschauer zwar während Ihrer Vorstellung gesellschaftliche und politische Missstände erkennen, aber nach dem Kabarettabend alles beim Alten bleibt?
Becker: Es bleibt nie etwas beim Alten. Die Veränderungen beschleunigen sich sogar atemberaubend, und jeder hat jeden Tag die Möglichkeit, ein wenig Einfluss zu nehmen, wenn auch in homöopathischen Dosen. Demokratie aber funktioniert nicht vom Sofa aus, sondern nur, wenn sich genug Leute einmischen und mitmachen.
OD: Wie kommen Ihnen immer wieder neue Ideen? Arbeiten Sie schon an einem weiteren Programm, oder lassen Sie die Zukunft auf sich zukommen, solange Sie noch mit „Volksbegehren“ beschäftigt sind?
Becker: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Während man ein Programm spielt, denkt man bereits über ein Neues nach.
„Ich liebe alte Motorräder“
OD: In Ihrem Beruf ist Kreativität das A und O. Das verlangt geistige und körperliche Fitness. Brauchen Sie zwischendurch Auszeiten, längere Schaffenspausen? Wie „regenerieren“ Sie?
Becker: Schiller wusste: „Der Mensch ist nur Mensch, wenn er spielt.“ Eine gestandene Frau mit viel Lebenserfahrung drückte es drastischer aus: „Männer ohne Hobbys kannze inne Tonne kloppen!“ Ich liebe alte Motorräder, schraube an ihnen herum und fahre jeden Sonntag auf ein Oldtimertreffen im Bergischen Land. Motto: „Männer zeigen ihre Spielsachen, nur alte Scheiße!“ Aber die Burschen sind glücklich.
OD: Am 30. September gastieren Sie nicht zum ersten Mal in Ostbelgien. Sie kennen das hiesige Publikum schon. Gibt es Unterschiede zum deutschen Publikum?
Becker: Zum Ostwestfälischen. Wenn der Westfale morgens aufsteht, sagt der: „Ha! Was kann ich heute schaffen?“ Wenn der Rheinländer morgens aufsteht, sagt der: „Ha, wo jehn mer heut abend hin?“ Ich möchte fast sagen: Die Ostbelgier sind die besten Rheinländer.
OD: An diesem Wochenende sind in Deutschland Bundestagswahlen. Können Sie uns verraten, wen Sie wählen werden? Oder legen auch Kabarettisten Wert darauf, dass ihre Stimmabgabe geheim bleibt?
Becker: Ich mache kein Geheimnis daraus, wie ich wählen werde. Ich habe mich für die Briefwahl entschieden. (cre)
Weitere Infos zum neuen Programm von Jürgen Becker „Volksbegehren“ unter folgendem Link:
Man sollte Wissen wie es gemeint ist.
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