Leserbrief

Johann Klos: Von Demokratie und verfälschter Meinungsmache

So oder ähnlich kann man obiges Zitat heranziehen, wenn man sich mit der „Sackgassenpolitik“ Europas in Sachen Ukraine sachlich auseinandersetzt.

Das anstehende Krim-Referendum wird eindeutig ausgehen und gerade durch diese Eindeutigkeit, kann es, wenn wir nur wollen, bei einem regionalen Konflikt bleiben. Jedem Politologe muss klar sein, das Russland in der derzeitigen Phase nicht auf seine dortigen militärischen Stützpunkte verzichten kann.

Wann endlich beginnen wir damit, die russische Politik mit russischen Augen zu betrachten? Ein Land mit solcher territorialer Größe, mit verschiedenen Zeitzonen und einer Unmenge an zusammengewürfelten Kulturen kann nicht mit unserem Demokratieverständnis auf den Weg der Tugend gebracht werden.

Lassen wir den Russen die Luft zum Atmen, damit wir nicht Gefahr laufen, an Asthma zu erkranken. Hören wir endlich damit auf, verlogene Vorwände zu verbreiten, wenn es uns im Endeffekt eigentlich wieder mal nur um wirtschaftliche Interessen geht. Russisches Gas ist nicht schlechter als amerikanisches.

Woher nehmen wir uns das Recht, andere Völker unsere Lebensphilosophie aufzwingen zu wollen? Eine demokratische Einheitsform gibt es nicht. Je nach Kultur gibt es auch bei uns im Westen Länder, welche mit direktdemokratischen Elementen gut leben, und andere schwören auf die Vorteile einer repräsentativen Demokratieform.

Eins haben diese unterschiedlichen Formen gemein: Mehrheiten sind zu respektieren und Minderheiten haben das Recht zu wachsen, im Schutzmantel der Demokratie.

Was derzeit in Bezug auf die Meinungsmache hier im Westen seitens vieler Politiker in Allianz mit der visualisierten und geschriebenen Presse in Sachen „neutrale“ Bürgeraufklärung abgeht, ist schon gelinde ausgedrückt vergleichbar mit der Propaganda früherer Diktatoren.

Das Gefährliche der letzten Tage: Es wird so lange mit dem Finger auf „andere“ gezeigt, bis die Stimmung passt.

Nochmal, wer sind wir, dass wir uns einbilden, allen anderen Staaten unser Demokratiemodell aufzwingen zu wollen?

Ein Staat wie Russland würde ein System nach unserem Vorbild nicht überleben. Jetzt nicht und auch morgen nicht.

Darf die Frage erlaubt sein, in wieweit ein Europa von Portugal bis Istanbul überhaupt noch Demokratiefähig sein kann?

Völlig unangemessen, so glaube ich sagen zu dürfen, ist es, wenn wir unsere Maßstäbe auf alle anderen projektieren wollen. Mehren sich nicht auch bei uns die Anzeichen, dass die Bürger mit dem uns vorgelebten Demokratieverständniss immer weniger am Hut haben? Zeigt sich dies nicht an der immer weiter sinkenden Zahl an Wählern in Europa?

Wenn wir nicht darauf achten, dass unsere politischen Gruppierungen vor lauter Konsensdenken weiterhin von ihrer Identität verlieren, dann werden wir vor lauter Einheitsbrei schneller ein europäisches Republik, als uns lieb ist, und als Gipfel der Ironie gelänge Russland der Spagat hin zu einer gelenkten Demokratie.

12.3.2014 Johann Klos, Eupen

4 Antworten auf “Johann Klos: Von Demokratie und verfälschter Meinungsmache”

  1. So ist der kommisarische Verteidungsminister der Ukraine Ihor Tenyukh ein ehemaliger Pentagonstudent; der Wirtschaftsminister Oleksandr Sych ein Swoboda-Mitglied; der Landwirtschaftsminister Ihor Svaika ein Oligarch aus dem Agro-Business (da dürfte sich insbesondere Monsanto sehr darüber freuen); der Minister für Innere Sicherheit ein Mitglied des Rechten Sektors. Nicht zu vergessen der Swoboda-Anführer Oleh Tyanhybok, ein enger Freund von John McCain und Victoria “Fuck the EU” Nuland und Unterstützer für eine Ukraine ohne eine “moskau-jüdische Mafia”.

  2. marcel scholzen (eimerscheid)

    Ein sehr guter Leserbrief, der alles auf den Punkt bringt. Russland verhält sich wie andere Grossmächte auch.

    Warum regt sich die EU eigentlich über die Volksabstimmung auf, die heute dort abhalten wird, wenn man diese als illegal betrachtet. Man regt sich über was auf, was gegenstandslos ist.

  3. Ex Belgier

    Sehr geehrter Herr Klos,

    Ihren Kommentar halte ich für gefährlich.

    In Ihrem Kommentar werden Sachverhalte aus meiner Sicht verquickt, die nicht zueinander gehören. Sowie diese vereinfachen.
    In meiner Meinungsäußerung möchte ich an dieser Stelle nicht weiter gehen.

    Aber: Gehen wir die Sachlage mal Formal an.

    Wussten Sie, dass es Verträge gibt, in denen die Ukraine auf den Besitz von Atomwaffen (die Sie hatte!) verzichtet hat?! Das heißt … : Die Ukraine ist nicht A Waffen versichert.
    Warum? Sag ich Ihnen: Wegen Sicherheitszusagen.

    Im Übrigen ist Russland Schutzmacht der Ukraine. (Neben Anderen) Dies resultiert aus den genannten A Waffen Verträgen. Das war die Gegenleistung.
    (Können Sie nachlesen … Irgendeine Hauptstadt in OstEuropa trägt den Namen)

    Hier werden international und völkerrechtlich geschlossene Verträge gebrochen.

    Selbst die Ursache des Konfliktes liegt in Russland. OligArschen, die sich an Ihrem Volk bereichern.

    Dann werden Wahlen organisiert, mit Beobachtern, die mir … Na Ja … irgend etwas sind.

    Ihren letzten Absatz interpretiere ich hiermit so, dass Sie für keinen europäischen Einheitsbrei sind.
    Dann könnten die Flamen sich Ihre Wahlen auch selbst organisieren? Denn die sind ja auch .. Anders?

    Wo wäre dann die DG? Früher hieß es …. die Eifel ist das Sibiren Deutschlands.

    Im Weiteren verweisen Sie auf ehemalige Diktatoren …. Dann schauen Sie mal hin.

    Das Russland .. China … Indien andere Wertevorstellungen hat, wie West Europa … Da gebe ich Ihnen Recht. Trotzdem akzeptiere ich Diese nicht.
    (Das haben meine Vorfahren bei der französischen oder der deutschen Revolution auch nicht getan :-) )

    Puuuh … und zuallererst: (im Andenken an einen europäischen französischen Staatsführer)
    Dann schauen Sie sich mal die Argumentation der Vichy Regierung an.

    Kurzum: Das, was hier passiert birgt die Gefahr, dass Minderheiten Rechte verlieren. Das Regionen nicht durch Demokratie beherrscht werden.

    Zur letzten Frage: Wer sind Wir? … Kann ich Ihnen sagen: Die die die Philosophie erfunden haben. Die, die für Ihre Rechte gekämpft haben. Die, die Demokratie erfunden haben und Diese leben.

    Deshalb ist Das auch zu lésen.

    Sollte ich eine falsche Interpretation Ihres Ansinnens haben, entschuldige ich mich vorab förmlich.

  4. Sehr geehrter Ex-Belgier.

    Wenn Sie nicht die Wertevorstellungen von Indien oder China etc. akzeptieren, wieso sollen diese Länder unsere Wertvorstellungen akzeptieren?
    Als „wir“ die Philosophie „erfunden“ haben hatten diese Länder bereits eine über 2000-jährige Kulturgeschichte.
    Mit gibt zu denken dass überall auf der Welt das westliche Weltbild übertragen werden soll. Andererseits wird allenortens kulturelle Vielfalt propagiert.
    Zum Schluß: Was nutzt mir Demokratie, wenn ich zwar sagen darf, was ich denke, sich aber trotzdem nichts ändert?

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