Leserbrief

Johann Klos: Europa – keine Spielwiese (mehr) für Sozialisten?

Endlich haben auch Frau Onkelinx (PS) und Herr Vande Lanotte (SP.A) begriffen, dass die Europapolitik durchsetzt ist mit liberalem Gedankengut. Schlimmer noch, die Europapolitik verherrlicht heute überwiegend die Ideologie des Neoliberalismus. Vieles andere scheint auf der Strecke zu bleiben.

Verwunderlich nur, dass diese Politprofis – die aus früheren Zeiten vehement aufgetretenen Streiter der Arbeiterklasse – über Jahre hinweg diesen Trend nicht sahen oder nicht sehen wollten.

Wenn Herr Magnette heute tönt, dass die EU-Spitze mit ihren „Anweisungen“ unser geliebtes Sozialmodell torpediert, so stellt sich bitteschön schon die Frage: Was haben die Vertreter der „Arbeiterklasse“ die letzten Jahre eigentlich so gemacht? Warum wurde die Zeit nicht genutzt, dem Wähler klar zu machen, dass es in Zukunft nicht so weitergehen kann?

Die Zeiten der blühenden Landschaften in Belgien sind fürs Erste mal vorbei. Einschnitte in sozialen Standards sind auch für uns Belgier leider unumgänglich. Das belgische Sozialsystem ist nicht unbedingt typisch europäisch. Folglich – und auch bedingt durch unsere Winzigkeit im Vergleich zu anderen Staaten – ist unser Einfluss in Bezug auf das „Machbare“ äußerst gering. Belgische Politik ist noch lange keine Europapolitik und wird es auch nie werden.

Eine Zielsetzung von maximal 2,7% Defizit in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt bei gleichzeitigem praktischem Nullwachstum ist nur durch drastisches Sparen erreichbar.

Auch eine volksnahe Partei muss den Mut aufbringen, „Tacheles“ zu reden. Das Wahlvolk fühlt instinktiv auch, dass Reformen von Nöten sind, und bestraft eher in Zukunft Ignoranz als bedachte ausgewogene Sozialeinschnitte.

Wenn die Gewerkschaften beider Flügel, vor allem aber die FGTB, in den letzten Jahren bemängelt haben, dass die Nähe zu den Politikern der PS immer weiter schwindet, so muss sich auch diese Gruppierung gefallen lassen, dass man ihr vorwerfen muss, sich nicht frühzeitig den Anforderungen einer EU mit 27 Mitgliedstaaten verschiedenster Ideologien angepasst zu haben.

Es gibt hier keine drei Möglichkeiten. Wenn das Ganze nicht nur primitives „Klientelreden“ sein soll, dann bleibt auch der PS nur für Europa oder dagegen.

Der neoliberale Zeitgeist – wird nicht über Nacht seine (weiß der Geier woher) Vorherrschaft in der Kommission einbüßen. Auch wenn Politiker sich verdammt schwer damit tun, die evolutionär bedingte Hirnblockade ihrer Wähler aufzubrechen, wird es Zeit, nun endlich damit zu beginnen – auch bei uns in der DG!

4.6.2013 Johann Klos, Eupen

3 Antworten auf “Johann Klos: Europa – keine Spielwiese (mehr) für Sozialisten?”

  1. Der Belgische Arbeitnehmer ist der teuerste Europas! Netto kommt davon wenig an, der sozialistische Umverteilungsstaat frisst das meiste auf. 10 Provinzen, 3 Regionen, 3 Gemeinschaften, 1 Föderalstaat plus hunderte Gemeinden, und nein, wir sprechen nicht von Russland, sondern von Belgien, einem Land kleiner als die kleinste Kanadische Provinz. Die Finanzierung über Lohnnebenkosten und Steuern, der Topf ist ausgekratzt, nur ist das noch nicht im Bewusstsein der Wallonischen PS und FGTB angekommen. Die Belgischen sozial Transfers sind in der globalisierten Welt unbezahlbar geworden, aber die Kröte zu schlucken, dass wird noch viel Anstrengung kosten. Besonders bei der Partei, die sich ihre Vormachstellung durch diese Transferzahlungen erkauft: die Wallonische PS….

    • Alles nachzuvollziehen, was Sie schreiben, „Dax“. Aber die EU-Institutionen in ihrer jetzigen Beschaffenheit, allem voran die EU-Kommission ( besser: Europäische Unfug-Kommission) , d.h., dieser aufgeblähte
      Polit-Apparat, dazu noch als Hampelmännchen von Lobbyisten und
      in einigen Fällen auch noch korrupt, werden vom Steuer zahlenden Bürger immer mehr abgelehnt.

  2. Der.Punkt

    Zu Patriot: in der EU sind es noch immer die Einzelstaaten, die Entscheidungen fällen. An der kreativen (manchmal überkreativen) Kommission sollte man sich nicht immer abarbeiten. Genausowenig am noch immer schwer eingeschränkten Parlament.
    Zu Dax: richtig
    Jedoch bleibt es illusorisch, dass die Abschaffung der Globalisierung uns in die guten alten Zeiten (?) der Sozialtransfers zurückbringt.

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