Politik

Ich war Prinz und bin jetzt Kandidat

D'r Ex-Prinz kütt... Zeichnung: Robert Maaswinkel

DIE WOCHENEND-REPORTAGE: Bei der Stadtratswahl in Eupen findet man auf einigen Listen eine mehr oder weniger starke Präsenz von ausgesprochenen Karnevalisten. Fünf Kandidaten haben sogar das höchste Amt im Eupener Karneval bekleidet: das Prinzenamt.

„Ostbelgien Direkt“ befragte Kandidaten, die in der Vergangenheit dieses Amt mal inne hatten und sich jetzt der Gunst der Wähler stellen: Michael II. Scholl (PFF), Philippe I. Hunger (PFF) und Werner III. Baumgarten (SPplus) sind Exprinzen der Stadt Eupen.

Noch muss vieles anders gemacht werden

OD: Sie haben sich entschlossen, für ein Stadtratsmandat zu kandidieren. Was hat Sie persönlich dazu bewogen?

Michael Scholl: Es bereitet mir seit 3 Jahren viel Freude, im Stadtrat die einzelnen Projekte zu durchleuchten und diese durch die nötigen Impulse in die richtige Richtung zu bringen. Da ich ein „waschechter“ Eupener Junge bin, möchte ich durch mein politisches Engagement meine Heimatstadt mit gestalten können, und deshalb bin ich auch bereit und würde gerne 6 Jahre mein Mandat als Stadtratsmitglied weiterführen, um einige meiner Ideen umsetzen zu können.

Philippe Hunger: Als ich vor 6 Jahren zum ersten Mal angetreten bin , wollte ich einfach dazu beitragen, in Eupen das Vereinsleben, das vielfältige Kulturangebot und die Traditionen aufrecht zu erhalten und weiter zu fördern. Vor zwei Jahren bin ich dann in den Stadtrat gekommen und habe sehen können, dass in Eupen noch vieles anders gemacht werden kann und muss.

Werner Baumgarten: Im Jahr 2000 stellte ich mich zum ersten Mal zur Wahl. 2006 war ich Spitzenkandidat auf der SPplus-Liste. Meine Motivation, auch dieses Mal zu kandidieren und die Liste der SPplus anzuführen, liegt in meinem Engagement für das Wohl meiner Mitbürger in Eupen-Kettenis. Ein weiterer Grund für meine Kandidatur ist die Erfahrung, die ich seit 2000 gesammelt habe und weiterhin anbieten möchte.

Wahlprogramm und persönliche Interesse

exprinzen

Philippe Hunger und Michael Scholl auf einem Wahlplakat an der Noeretherstraße. Foto: OD

OD: In den elf Paragrafen legt der Prinz Karneval sein Programm für die Dauer seiner Regentschaft fest. In den meisten Fällen nutzt er die Gelegenheit, auch kritisch einige Punkte der Stadt aufzugreifen und diese dann in neuen Verordnungen festzulegen. Haben Sie für die Stadtratswahlen 2012 ein rein persönliches Programm erstellt, mit persönlichen Zielen, die Sie bei einer etwaigen Wahl auch einbringen möchten?

Michael Scholl: Von meinen Zielen findet sich einiges im Wahlprogramm der PFF wieder, weil wir als Kandidaten dieses mitgestaltet und ausgearbeitet haben. Jedoch habe ich auch ein rein persönliches Engagement, das sich an meinem Beruf und an meinen Hobbies orientieren,  wie zum Beispiel: zeitgemäße Ausrichtung der städtischen Infrastruktur, das Vereins- und Kulturleben.

Philippe Hunger: Da in meiner Partei das Wahlprogramm von allen zusammen ausgearbeitet worden ist und wirklich jeder seine Ideen und Vorschläge einbringen konnte, kann ich mich voll mit unserem Wahlprogramm identifizieren und finde dort auch meine persönlichen Schwerpunkte wieder. Vor allem als Vereinsmensch weiß ich, wo man die Hebel ansetzen muss, damit unser vielfältiges Kulturangebot endlich eine Lobby erhält.

Werner Baumgarten: In Arbeitsgruppen haben wir ein Programm erstellt, das sich sehen lässt. An den Versammlungen habe ich als Spitzenkandidat natürlich teilgenommen. Meine Ideen finden sich darin wieder, genauso wie die Ideen meiner Mitstreiter. Auf die Einbeziehung möglichst vieler Leute sind wir besonders stolz.

Zeitliche Begrenzung der Amtszeit des Bürgermeisters

OD: Prinz Karneval kann man nur einmal werden. Die Vergangenheit hat auch in Eupen gezeigt, dass man Bürgermeister für mehrere Legislaturperioden sein kann. Würden Sie einer Begrenzung der Mandatsdauer zustimmen und das Bürgermeisteramt zeitlich begrenzen, beispielsweise auf zwei Amtszeiten hintereinander?

Michael Scholl: Ich persönlich habe kein Problem damit, dass man das Bürgermeisteramt oder auch ein Schöffenamt für mehr als 2 Legislaturperioden ausüben kann, da ich der Meinung bin, dass motivierte und kompetente Personen die Geschicke einer Gemeinde leiten sollten, ohne zeitlich begrenzt arbeiten zu müssen – vorausgesetzt, dass die Aufgabe noch immer gerne und mit Freude ausgeübt wird. In den meisten Betrieben in der Privatwirtschaft wird die Chefetage auch nicht alle 6 oder 12 Jahre ausgewechselt und erneuert.

Philippe Hunger: Ja. Aus diesem Grund bin ich der festen Überzeugung, dass Eupen einen Wechsel braucht. Wir brauchen neue Leute mit frischen Ideen.

Werner Baumgarten: Das ist eine sehr interessante Frage, die man auf allen Ebenen heiß diskutieren kann. Meiner Meinung nach soll aber der Wähler darüber befinden, und nicht der Gesetzgeber.

„Die machen doch sowieso, was sie wollen“

spplus

SPplus-Spitzenkandidat Werner Baumgarten (rechts, hier mit Antonios Antoniadis).

OD: Dem Prinzen Karneval wird ständig zugejubelt. Er lässt ja auch immer wieder kleine Geschenke an das Narrenvolk verteilen. Ihm schlagen dann die „Sympathiewellen“ entgegen. In der Politik ist das ganz anders. Wahlwerbung ist begrenzt. Welches wäre Ihr Beitrag dann, der doch verbreiteten Politikverdrossenheit in der Bevölkerung entgegen zu wirken und die Bürger wieder für politische Interessen zu begeistern?

Michael Scholl: Ich finde es sehr schade und bedauere, dass sich so wenige Menschen für die Kommunalpolitik interessieren. Sie ist die greifbarste Politik, die es gibt. Man kann direkt mitgestalten. Es ist aber auch und vor allen Dingen Aufgabe der Politik, transparent zu arbeiten, den Bürger in die Entscheidungen mitzunehmen. Nur dadurch kann man das Interesse der Bürger wecken. Der Bürger sollte spüren, wenn er sich engagiert, dass er auch Dinge bewegen kann. Dies umzusetzen, wird einer meiner Schwerpunkte sein. Und wenn die Wähler entschieden haben, werde ich mich dieser Verantwortung gerne stellen.

Philippe Hunger: Ich selber war bis vor 6 Jahren nicht zufrieden mit der Politik. Doch nur schimpfen wollte ich auch nicht. Etwas verändern ja, aber dann musste ich mich engagieren. Aus diesen Beweggründen stelle ich mich zur Wahl. Als Politiker sollte man sich selber treu bleiben, gegenüber seinen Freunden und den Bürgern. Im Dialog mit den Bürgern, die kleinen und großen Anliegen und Sorgen ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, dies würde ich gerne nach dem 14. Oktober konkret in die Tat umsetzen. Gemeinsames Interesse kann etwas bewegen und verändern.

Werner Baumgarten: Ich würde nicht behaupten, dass die Bevölkerung politikverdrossen ist. Unsere Mitbürger sind an der Gestaltung ihrer Gemeinde rege interessiert. Das Interesse für Parteien lässt in den letzten Jahren eher nach. Das liegt aber auch daran, dass Politik immer komplizierter wird und sich wie unsere Welt ständig wandelt. Um politische Prozesse zu verdeutlichen und ein Verständnis dafür zu schaffen, setzen wir auf verstärkte Bürgerbeteiligung und Transparenz. (eh)

 

4 Antworten auf “Ich war Prinz und bin jetzt Kandidat”

    • Lukas Brüll

      Da es sich bei allen drei um amtierende Stadtverordnete handelt, zeigen die bereits (wie mit einer Ausnahme fast alle Eupener Stadtverordnete), dass sie in der Politik „niveauvoll“ arbeiten.

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