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LESERBRIEF – Die Helden unserer Demokratie: Satirische Gedanken zur PDG-Wahl

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Ich finde es erstaunlich, wieso es noch so viele Leute in Ostbelgien gibt, die gerne Politiker werden möchten. Es ist zwar eine Ehre, ein Vergnügen kann es jedoch nicht sein, besonders nicht vor Wahlen.

Überall lächeln, freundlich Hände schütteln und tüchtig Winkewinke machen. Zu allem Überdruss sind die Politiker auf Plakaten abgebildet und somit jedem Parteifeind oder Schmierfink wehrlos ausgeliefert.

Was immer sie tun, dienstlich oder privat, sie stehen unter Kontrolle und unter Beschuss der Öffentlichkeit. Und so furchtbar viel Geld verdienen sie auch nicht, es sei denn sie werden Minister oder PDG-Präsident. Bei entsprechender Qualifikation verdient man als Manager in der Wirtschaft weitaus mehr. Das erklärt vielleicht, weshalb die schlausten Menschen nicht Politiker und Politiker nicht immer die schlausten sind.

Schlau sind nur die, die ohne besondere Fähigkeiten Minister oder PDG-Präsident werden, denn auf diesem Umweg können sie bisweilen begehrte Posten in der Wirtschaft ergattern. Als Minister braucht man ja kein Spezialist zu sein. Das beweist die Tatsache, dass derselbe Politiker heute als Unterrichts-, morgen als Kultur- und übermorgen als Sozialminister fungieren kann. Die einzige Qualifikation, die alle Bereiche und Funktionen verbindet, ist die Fähigkeit, Papiere zu unterzeichnen und Steuergelder auszugeben.

Als Politiker muss man selbstverständlich gut reden können. Doch während die Aufgabe des Schriftstellers es ist, in wenigen Worten viel auszudrücken, ist es beim Politiker häufig umgekehrt. Überdies sollte er ein ausgezeichnetes Gedächtnis haben, besonders bei Wahlversprechen. Er muss ja öffentlich reden und darf nie vergessen, was er versprechen darf und, vor allem, was besser nicht. Was gar nicht so einfach ist im Wahlkampf, zumal er die anderen Parteien übertrumpfen möchte. Nach den Wahlen sollte er wieder vieles vergessen, was er vorher nicht vergessen durfte.

Trotzdem sind Parteien und Politiker für unsere Demokratie unerlässlich und von prinzipieller Bedeutung. Wie könnten wir ein Demokratiegefühl haben, könnten wir nicht unsere Politiker kritisieren, ihnen Ratschläge erteilen, sie verulken und verhöhnen, uns über ihre gelegentlichen Fehltritte entrüsten?

Liebe Wähler, Hand aufs Herz. Politische Wahlen gleichen einem tragikomischen Theaterstück und sind zumeist erfrischend und für alle relativ risikolos. Die Demokratie glänzt, die Presse und ihre Leserschaft dürfen Dampf ablassen und fühlen sich am Ende erleichtert. Und in der Regel bleibt alles, wie es war. Im schlimmsten Fall wechselt die Regierung den einen oder anderen Minister aus, was auch nichts ändern muss, und der Ausscheidende erhält endlich ein lang ersehntes, warmes Pöstchen in der Verwaltung oder Wirtschaft.

Kurzum: Die Hauptaufgabe der Politiker bei Wahlen ist es, Zielscheibe und Ventil zu sein. Sie sind die Opfer, die tragischen Helden unserer Demokratie. Den größten Teil der Arbeit verrichten ja – ob gut oder schlecht – die auf Lebenszeit ernannten DG-Beamten, die Spezialisten.

15.05.2024 Gerd Havenith, Eupen

9 Antworten auf “LESERBRIEF – Die Helden unserer Demokratie: Satirische Gedanken zur PDG-Wahl”

    • Der Verfasser des Leserbriefs schreibt :
      …..Sie sind die Opfer , die tragischen Helden unserer Demokratie ……

      Daran wird sich wohl kaum etwas ändern , weil man an der Spitze der politischen Rangordnung , die hiesigen Politiker praktisch dazu zwingt , diese noch!!! Demokratie , nach und nach abzuschaffen.

  1. Gelddiplomatie

    Wie überall gibt es in der Politik gute und ehrliche Menschen die am Wohl der Gesellschaft interessiert sind, es gibt aber auch leider Politiker die bestechlich und käuflich sind. Andauernd hören wir davon die einen nehmen Geschenke und Geld aus Katar die anderen lassen sich von Saudi Arabien einladen. Jeder Politiker der etwas annimmt und wenn es nur ein Füller ist, sollte bedenken das er dann durch diese Staaten und deren Geheimdienste erpressbar ist. Gleichzeitig hat man dadurch seine eigenen Wähler verraten.

    • Schlimmer als Geld...

      ist es, die Wahlhilfe anderer Regierungen anzunehmen ! So wie es unsere hiesigen Politiker sich auch noch selbst organisieren ! Damit wird doch eigentlich die Würde der eigenen Wähler/Bürger missachtet ! Oder nicht ? … Und wer aus solch einer Basis gewählt wird, leistet schon beim Amts-Eidesschwur einen Meineid !

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