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Wichtiger EU-Gutachter hält deutsche Pkw-Maut für rechtens – Wird die Klage von Österreich abgewiesen?

Ein Verkehrsschild weist die Autofahrer bei Regenwetter an der Stadtautobahn in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) auf die Mautpflicht hin. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Ist die deutsche Pkw-Maut mit EU-Recht vereinbar? Ein wichtiger Gutachter am Europäischen Gerichtshof sieht keine Probleme mehr mit der Regelung. Doch das abschließende Urteil steht noch aus.

Die deutsche Pkw-Maut hat in Europa eine weitere Hürde genommen. Ein wichtiger Gutachter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) erklärte sie am Mittwoch für rechtens (Rechtssache C-591/17).

Fahrzeughalter würden nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert, sagte der EuGH-Generalanwalt, Nils Wahl, in Luxemburg. Er empfahl den obersten EU-Richtern daher, die Klage Österreichs gegen die Pläne der Bundesregierung abzulehnen. Das Gutachten ist allerdings nicht verbindlich, ein abschließendes Urteil in der Sache dürfte in den kommenden Monaten fallen.

DIE MAUT

– Soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Sie ist ein Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur einbringen.

„Anti-Maut-Koalition“: Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (r.) mit Parlamentskollegen und dem österreichischen Verkehrsminister Jörg Leichtfried (2.v.l.) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Brüssel im Januar 2017. Foto: EPPGroup-Photo – MLahousse

– Eine Vignette, also eine Marke zum Aufkleben, soll es nicht geben. Stattdessen sollen alle Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors. Im Schnitt soll sie 67 Euro kosten, maximal 130 Euro.

– Inländer sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett wieder entlastet werden. Bei besonders sauberen Autos (Euro 6) soll die Steuer sogar stärker sinken als der Mautbetrag. Für Autobesitzer aus dem Ausland soll es neben einer genauso berechneten Jahresmaut auch zwei Kurzzeittarife je nach Motoreigenschaften geben – für die Dauer von zehn Tagen oder zwei Monaten.

– Die Maut soll über das Internet oder eine App für Smartphone und Tablet gebucht werden können. Nach dem Erwerb wird das Fahrzeugkennzeichen im System freigeschaltet. Außerdem sollen Zahlstellen aufgebaut werden, bei denen die Maut manuell gebucht werden kann.

Klage Österreichs beruht auf einem Missverständnis

Der EuGH-Gutachter argumentierte nun, die Klage Österreichs beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung. Zwar seien Halter inländischer Fahrzeuge hauptsächlich deutsche Staatsbürger, während Fahrer ausländischer Fahrzeuge überwiegend Staatsangehörige eines anderen EU-Staats seien. Letztere seien jedoch niemals verpflichtet, deutsche Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen. Zudem könnten sie sich – im Gegensatz zu deutschen Haltern – für eine Kurzzeitmaut entscheiden und somit weniger zahlen.

„Gemeinsam gegen die Pkw-Maut“: Stolbergs Bürgermeister Dr. Tim Grüttemeier, Städteregionsrat Helmut Etschenberg, Ministerpräsident Oliver Paasch und der Kerkrader Schöffe Jo Schlangen (v.l.n.r.) im März 2017. Foto: Kabinett Paasch

Österreich hatte hingegen argumentiert, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere ausländische Fahrzeugbesitzer verbotenerweise, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden. Die Alpenrepublik wird bei der Klage von den Niederlanden unterstützt.

Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) reagierte erleichtert auf die Einschätzung. „Die Maut ist europarechtskonform“, sagte er. Die Einschätzung des Gutachters sei ein nächster wichtiger Schritt, um das Maut-System im Oktober 2020 zum Laufen zu bringen. Scheuers Vorgänger, der heutige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Maut-Maulerei der Österreicher muss jetzt endlich ein Ende haben.“

Österreichs Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) kündigte an, ein ähnliches Modell für die Alpenrepublik zu prüfen, sollte die Klage Österreichs gegen die deutsche Pkw-Maut vor dem EuGH scheitern.

In Österreich besteht auf allen Autobahnen und Schnellstraßen für alle Verkehrsteilnehmer eine Mautpflicht. Die Maut wird von Autofahrern durch den Kauf einer Vignette entrichtet, für manche Autobahnabschnitte gibt es zudem eine streckenbezogene Abgabe. Die Vignette muss für mindestens zehn Tage gekauft werden. Eine Jahresvignette kostet knapp 90 Euro. (dpa)

34 Antworten auf “Wichtiger EU-Gutachter hält deutsche Pkw-Maut für rechtens – Wird die Klage von Österreich abgewiesen?”

      • @AchGott
        @EU-Kritiker schreibt klar und deutlich:“….. wäre m.M.n treffender!“
        Der verwendete Konjunktiv sowie die Einschränkung „m.M.n“ kennzeichnen seine Aussage als persönliche Vermutung.
        Also braucht er keine „Behauptung zu belegen“.

        • Hinterweltler

          Daniela, das Verlangen nach „belegten Brötchen“ ist eh heuchlerischen, da AchGott und co Quellen, die ihnen nicht in den Kram passen, grundsätzlich als „Verschwörung“ oÄ abtun.
          Nur das, was ihrer Weltsicht entspricht, wird akzeptiert; Die interessieren sich nicht für das, was ist, sondern für das, was ihren Vorstellungen entsprechen soll. Man kann mit ihnen nicht über die Welt diskutieren, sie sind Hinterweltler.

        • EU-Kritiker

          Hallo Daniela,
          Die vermeintliche Pädagogin ( diese Bezeichnung hat sie meines Wissens nach selbst hier mal preisgegeben), versteht scheinbar nichts von Konjunktiv usw. Hat für sie möglicherweise etwas mit Klimawechsel zu tun….

          • @ Cool
            Ist Ihnen das Wissen und Fakten genug ?

            Die US-Raumfahrtbehörde hat auf drastische und zugleich sehr anschauliche Weise den Klimawandel beschrieben. In einer filmischen Animation zeigt die NASA, wie die Welt sich aufheizt. Die vergangenen fünf Jahre, so die US-Wissenschaftler, waren die heißesten seit die moderne Wetteraufzeichnung existiert, also seit 1880.Die Temperatur seitdem hat sich damit um 0,07 Grad Celsius pro Dekade erhöht. Die Geschwindigkeit dieser Erhöhung beschleunigte sich spätestens seit 1981 auf gemessene 0,17 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Die Oberflächentemperatur lag 2018 um 0,79 Grad Celsius über dem Durchschnitt des gesamten 20. Jahrhunderts. Das Potsdamer Institut für Klimaforschung rechnet vor, dass die weltweiten Überschwemmungen mittlerweile einen signifikanten Teil des Wohlstandes gefährden: Für die nächsten 20 Jahre, so eine Simulationsrechnung des Instituts, drohen Verluste in der Größenordnung von 600 Milliarden US-Dollar allein durch Hochwasser. Es käme zu Preissteigerungen, Lieferengpässen und Verlagerung von Produktionsketten. Allein durch die Dürre in Europa in 2018 entstand laut der Munich Re ein direkter Schaden von 3,9 Milliarden US-Dollar. Indirekte Kosten wie steigende Rohstoffpreise sind da noch nicht enthalten.
            Angesichts der Rekordhitze mehren sich die Waldbrände. Für die Versicherungsbranche waren die Brände in Kalifornien im vergangenen Jahr die schwersten Feuer aller Zeiten. Die gesamtwirtschaftliche Schadenssumme wurde von den Versicherern auf 24 Milliarden US-Dollar beziffert, ein Vielfaches der bei Feuern üblichen Summe. Davon waren lediglich 18 Milliarden US-Dollar versichert. In den letzten knapp vier Jahrzehnten ist die Zahl der für Versicherer zu Buche schlagenden Ereignisse um mehr als das Doppelte gestiegen. In den 2010er Jahren gab es im Schnitt 640 Naturkatastrophen jährlich. In den Achtzigern waren es mit 290 nur knapp halb so viele. Die ökonomischen Auswirkungen dieser weltweiten Erwärmung sind keine Sache des Glaubens, sondern der Mathematik: Immer zahlreichere Dürren, Waldbrände, Taifune und Überschwemmungen sind die Folge– und damit verbunden die Vernichtung von Tierherden, Waldbeständen und Ernteerträgen, wie insbesondere Versicherungskonzerne präzise registrieren und bewerten.

            © Garbor Steingart

            Selbst wenn Sie nicht alles glauben was Sie lesen sollten Sie damit rechnen das es sich bewahrheitet und die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen.

  1. Es ist und bleibt von den Deutschen eine Abzocke bei der Maut von ausländischen Autofahrern, oder werden diese auch bei der Kfz-Steuer in ihren Heimatländern in vollem Umfang entlastet – sprich in der Höhe der bezahlten deutschen Mautgebühr ? Ich denke da mal NEIN ! So müssen eben die Niederlande, Belgien, Luxemburg und alle anderen Staaten dann ebenso eine Mautpflicht einführen wo eben auch die Deutschen genauso drastisch zur Kasse gebeten werden und die Einheimischen aber auch voll und ganz bei ihrer Kfz Steuer im gleichen Umfang entlastet werden, aber wenn dies mal so eintreffen sollte da wird von Seiten Deutschlands aufgeschrieen und die Gerichte damit beschäftigt wegen angeblicher Diskriminierung der ach so armen deutschen Autofahrer.

  2. Gemein(d)e

    Sehr wahrscheinlich, dass die anderen Länder dann nachziehen nach dem gleichen Modell.Dann können wir in Luxemburg,England, Frankreich, Deutschland und Niederlande überall einmal zahlen um nur umliegende zu nennen.
    Ein hoch auf die EU-Gerichte! Oder noch besser wenn die EU sowas zulässt gehört sie ganz abgeschafft !

    • EU-dioten-Kommission

      „Sehr wahrscheinlich, dass die anderen Länder dann nachziehen nach dem gleichen Modell.Dann können wir in Luxemburg,England, Frankreich, Deutschland und Niederlande überall einmal zahlen um nur umliegende zu nennen.“

      Gut beschrieben, Gemein(d)e. Wobei Ihre Darstellung sich ein wenig nach „Brexit für alle“ anhört……

  3. schlechtmensch

    Selbstverständlich wird die Klage abgewiesen. Ich habe es vor Jahren bereits prognostiziert und so wird es kommen. Sie werden nicht eher aufhören bis jeder Autofahrer in jedem anderen Land Maut zahlen muss. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Unsere Windschutzscheibe wird nur noch ein kleines Guckloch haben vor lauter Vignetten.

  4. Wie bitte ?

    „Der EuGH-Gutachter argumentierte nun, die Klage Österreichs beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung.“

    Es wäre interessant zu sehen welche geistigen Purzelbäume dieser Mann geschlagen hat, um zu dieser Schlussfolgerung zu kommen.

    • Walter Keutgen

      Es handelt sich um den EU-Generalanwalt. Das Gericht folgt meistens seinen Ausführungen. Er hat keine Purzelbäume schlagen müssen. In der Tat hat die Bundesrepublik Deutschland den Entwurf nachgebessert, nach dem, was man auf Radio Sunshine hört. Egal, wo das Auto zugelassen ist, sie ist auf Autobahnen und Bundesstraßen in gleicher Höhe zu bezahlen. Die deutsche Jahressteuer wird um den Betrag verringert. Für im Ausland zugelassene Autos wird man Kurzzeitvignetten erwerben können und es soll Automaten geben werden. Was mich gewundert hat, ist, dass das so durch den Bundesrat gelaufen ist. Die Jahressteuer geht nämlich an die Länder, während die Maut wohl an den Bund geht.

  5. Idée fixe

    Das ganze beruht auf eine Einschätzung des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Wenn man das ganze zu Ende denkt dann hat dieses Mautgeschwafel mehr Sprengkraft in sich als der Brexit.

    Hier würde, wenn es denn so kommen sollte, was bei weitem noch nicht feststeht, für meine Wenigkeit auf dümmster Weise gegen den Gleichbehandlungsanspruch alles EU Bürger verstoßen. Mann könnte sogar den Begriff der fahrlässiger Diskriminierung verwenden.

    Wenn der EuGH also wirklich Tür und Tor öffnen möchte damit dann jedes Land anfängt ausländische Studenten, Beschäftigte, Grenzgänger, Rentner usw. irgendwie zur Kasse zu bitten ( Möglichkeiten gibt es zu genüge) dann mal ran.

    Somit: Entscheidet der EuGh so, dann entsteht ein interessanter Präzedenzfall im „Europäischen Recht“, mit dem auch andere Staaten zuerst mal sehr viel Geld verdienen können. Auf längere Sicht könnte das dann auch als ein weiterer Sargnagel in Sachen EU werden.

    • Walter Keutgen

      idée fixe, ich glaube in Belgien müssen schon Nichtansässige Hochschulstudenten mehr Studiengebühren bezahlen. Nichtansässige bezieht sich dann nicht auf Belgien sondern auf das Gebiet der jeweiligen Sprachgemeinschaft. Das ist nämlich keine soziale Vergünstigung. Man will natürlich auch den Gebrauch des privaten Autos zurückdrängen. Aber hat schon jemand nachgerechnet, was eine Grenzüberfahrt mit dem Zug kostet? Die Grenzlinie überfahren kostet schätze ich 10 Euro.   6 Jahrzehnte nach der Gründung der EWG! Außerdem sind normale Expresszüge zwischen Köln und Brüssel abgeschafft, es gibt nur noch teure Thalys und ICE. Oder man muss in Verviers oder Welkenraedt und Aachen umsteigen.

      • Walter Keutgen

        Guido, formal muss die Maut auch für in Deutschland zugelassene Autos bezahlt werden. Nur wird die Jahressteuer um soviel verringert. Das hatte in den achtziger Jahren auch einmal ein belgischer Verkehrsminister einer Machtens-Regierung vorgeschlagen. Da war aber ein Aufruhr in Deutschland. Kuhlenkampf hatte das in seiner Quizshow gerügt und der damalige deutsche Verkehrsminister hat der belgischen Regierung einen Protestbrief geschrieben.

        • „Nur wird die Jahressteuer um soviel verringert.“

          Ja, eben! Deshalb zahlen Einheimische ja auch defacto keine Maut. In Europa dürfte es überhaupt keine Maut geben. Alleine schon deshalb, weil jede Form der Maut die europäische Idee vom freien Reisen innerhalb Europas pervertiert!

          Unsinnig ist eine Maut, wie die in D sowieso. Selbst der Minister aus Seppelland rechnen mit gerade mal 830 Millionen €, die durch ausländische Pkw eingenommen werden. Wenn man davon dann noch die Bürokratiekosten abzieht, bleibt nicht mehr so viel davon übrig. Andere Quellen gehen sogar von einem deutlichen Minusgeschäft aus. Der ADAC hat ausgerechnet, dass die Pkw- Maut den deutschen Staat jährlich gut 250 Millionen € kosten wird. Alles in allem ist diese Maut aber nur eine populistische Spinnerei der CSU, die sonst fast niemand haben will! Die CDU sollte bei den Wahlen in Bayern endlich selber antreten, damit einem die Spinnereien dieser populistischen Möchtegern- AfD CSU in der Zukunft erspart bleiben!

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