Notizen

Grenz-Echo verurteilt: Fristlose Entlassung des Chefredakteurs war rechtswidrig

Grenz-Echo-Verleger Alfred Küchenberg.

Im Zusammenhang mit der Entlassung von Chefredakteur Gerard Cremer im Mai 2012 hat die erste Kammer des Arbeitsgerichts Eupen am Donnerstag die Grenz-Echo AG verurteilt. Die fristlose Kündigung war nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig.

Das Grenz-Echo muss dem heutigen Herausgeber von „Ostbelgien Direkt“ eine substanzielle Kündigungsentschädigung sowie eine Entschädigung für die vorzeitige Auflösung des Chefredakteur-Vertrags zahlen. Auch die Verfahrenskosten gehen zu Lasten des Grenz-Echo.

Nach Einschätzung der Rechtsbeistände von Gerard Cremer, des Brüsseler Anwaltsbüros Kocks & Partners, hat das Arbeitsgericht Eupen den Sachverhalt angemessen gewürdigt. Das Urteil des Arbeitsgerichts werde auch bei einer etwaigen Berufung Bestand haben, erklärten die beiden Rechtsanwälte Christoph Kocks und Uta Bröckerhoff.

Gerard Cremer (rechts) beim BRF-Interview im September 2012 - kurz nach der Gründung von "Ostbelgien Direkt". Foto: Gerd Comouth

Gerard Cremer (rechts) beim BRF-Interview im September 2012 – kurz nach der Gründung von „Ostbelgien Direkt“. Foto: Gerd Comouth

Noch ist offen, ob das Grenz-Echo Berufung gegen dieses Urteil einlegen wird. Gerard Cremer war siebeneinhalb Jahre Chefredakteur am Eupener Marktplatz.

Grenz-Echo-Verleger Alfred Küchenberg hatte die fristlose Kündigung vom 2. Mai 2012 u.a. mit einem Schreiben begründet, das Cremer am 29. April 2012 an die Redaktion geschickt hatte und in dem der Leiter der Redaktion das Verhalten Küchenbergs ihm gegenüber aufs Schärfste kritisierte. Küchenberg wertete dieses Schreiben als beleidigend.

Das Gericht ist da anderer Meinung. In der Urteilsbegründung folgte es der Darstellung von Cremers Rechtsanwälten, der Chefredakteur habe sich mit jenem Schreiben vom 29. April 2012 an die Redaktion in erster Linie der Anschuldigung von Verleger Küchenberg zu erwehren versucht, in der Redaktion herrsche „Unruhe, Unzufriedenheit und Führungslosigkeit“.

Die Geschehnisse von Mai 2012 sollten nicht ohne Auswirkungen auf die Medienlandschaft in Ostbelgien bleiben: Gerard Cremer zog gegen seine Entlassung als Grenz-Echo-Chefredakteur vors Arbeitsgericht und gründete wenige Monate später das Online-Magazin „Ostbelgien Direkt“.

 

32 Antworten auf “Grenz-Echo verurteilt: Fristlose Entlassung des Chefredakteurs war rechtswidrig”

  1. Johann Klos

    Nun Herr Cremer ich kann mir gut vorstellen das Sie so manche Nacht nicht schlafen konnten.
    Ungerechtigkeit kann sich schlimmer auswirken als Zahnschmerzen.
    Von den Zukunftssorgen in solchen Phasen ganz zu schweigen. Sicherlich auch nicht einfach für die ganze Familie.

    Wie heißt es doch so schön: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Bei Ihnen hat Justitia ein offenes Ohr gehabt.

    Das Internet als Plattform der direkten Kommunikation muss von manchen noch verdaut werden. Es lässt sich aber nicht mehr aufhalten. Somit wünsche ich Ihnen jetzt, nach offizieller Rehabilitierung, dass die Geschäftswelt noch zahlreicher ihre Plattform als Werbeträgernutzt und somit der Grundstein für eine lesenswerte Plattform bestehen bleibt.

    • Ex Belgier

      Ich schließe mich den Glückwünschen von Herrn Klos an.
      Mit dem Zusatz, dass wohl wenige Menschen nachempfinden können, was Sie und Ihre Familie tatsächlich durchgemacht haben und … eine solche Geschichte erfolgreich zu beenden ist das Eine.
      In der Zwischenzeit -außerdem- einen neuen Anfang zu wagen, auch noch -aus meiner Sicht erfolgreich- dass Andere.

  2. Herr Cremer, gratuliere. Bewundernswert finde ich, wie Sie mit dieser Sache umgegangen sind. Sie haben sich mit gerichtlichen Mitteln gewehrt und haben sofort ein neues Projekt (OD) in Angriff genommen, und auch noch mit großem Erfolg. A la bonheur!

  3. nachgefragt

    Mich würden zwei Dinge interessieren:
    1.) Um welche Summen geht es hier?
    2.) Weshalb wird in der „unabhängigen Presse“ nichts davon erwähnt? Im BRF ist auch noch nichts berichtet worden…

    Das ist doch als Skandal zu bezeichnen, denn Nachricht ist doch gleich Nachricht, oder gibt es in Ostbelgistan ZENSUR?

      • Herr Cremer, auch ich möchte Ihnen zu dem Erfolg vor Gericht gratulieren. Mal sehen, obdie Gegenpartei in Berufung geht.
        Übrigens, wie ein anderer User hiervor schon anmerkte, mich würde in der Tat auch interessieren, was denn so“ Beleidigendes“in Ihrem Schreiben gestanden haben soll, was anscheinend so schwerwiegend war,dass Ihnen da eine fristlose Kündigung ausgesprochen wurde. Im übrigen muss ich in dem Zusammenhang unwillkürlich an die angebliche „Verleumdungsklage“ in Sachen Bonni gegen einen Schreiber hier im Forum denken. Da wurde meines Erachtens nach beispielsweise der Begriff Verleumdung doch ziemlich schnell geäußert, wie man so sagt, im Volksmund.Verleumdung im juristischen Sinne ist da doch eher was anderes

    • Kopfschüttel...

      Es ist aber nicht der Privatmann sondern der „Journalist“ Cremer. Und ich denke schon, dass auch hier, wie bei Ex-Senatorinnen, die Summe über die diskutiert wird, genannt werden soll.

      • Finde ich nicht, ein Journalist ist eben kein Politiker und sein Gehalt wird demnach nicht aus Steuergeldern finanziert, ergo geht das die Öffentlichkeit auch nichts an.
        Aber in diesem Zusammenhang wäre ich schon interessiert, was denn für schwerwiegende Gründe vorgelegen haben, dass da eine fristlose Kündigung erfolgte. Muss ja nicht im Detail sein, aber eine allgemeineErläuterung wäre schon nicht schlecht; es kann ja jeden treffen und man könnte sich vorsehen, was man dem „lieben“ Arbeitgeber so schriftlich mitteilt….

  4. Eupenerin

    Herr Cremer, Ihr größter Triumph dürfte es ja sein, dass man oftmals im G-E kalten Kaffee zu lesen bekommt, weil am Vortag schon bei OD darüber berichtet wurde. Finde ich toll – weiter so.

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