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Deutschlands unbeliebtester Gewerkschaftschef: Claus Weselsky bringt Bahnkunden zur Weißglut

26.01.2024, Sachsen, Dresden: Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), steht bei einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof. Foto: Robert Michael/dpa

In Deutschland beginnt der nächste Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer bei der Deutschen Bahn. Im Mittelpunkt steht dabei GDL-Chef Claus Weselsky.

Ab diesem Mittwoch 18.00 Uhr soll es im Güterverkehr erneut zu weitreichenden Einschränkungen kommen. Wenige Stunden später, am Donnerstagmorgen um 2.00 Uhr, geht die fünfte Arbeitskampfrunde im laufenden Tarifstreit auch im Personenverkehr los.

Jeweils 35 Stunden soll der Streik dieses Mal dauern. Verglichen mit vorherigen Streikrunden ist das kurz. Doch danach will GDL-Chef Claus Weselsky mit sogenannten Wellenstreiks für noch mehr Unsicherheit auf der Schiene sorgen. Mit Streikankündigungen rund 48 Stunden vorher sei es dann vorbei, betonte Weselsky am Montag. Künftig sollen Bahn und Fahrgäste deutlich kurzfristiger vorgewarnt werden. Die Streiks sollen wieder länger werden.

25.01.2024, Bayern, Nürnberg: Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL, während einer Kundgebung in Nürnberg im Rahmen des sechstägigen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL. Foto: Daniel Karmann/dpa

Lügner, Nieten in Nadelstreifen, Vollpfosten – das Repertoire an Beleidigungen für Bosse ist groß bei Claus Weselsky. Zuletzt gab es wieder viele Diskussionen darüber, ob ein Gewerkschaftschef in der angespannten gesellschaftlichen Stimmung derart austeilen sollte. Beeinflussen ließ sich der gebürtige Dresdner davon nicht. In gut 16 Jahren als GDL-Chef ging Weselsky stets seinen eigenen Weg, unbeirrt – und oft eben auch mit Härte.

Aktuell ringt Weselsky mit der Deutschen Bahn um höhere Tarife und weniger Arbeitszeit für die Beschäftigten. Es ist der letzte Tarifstreit vor seinem geplanten Ruhestand.

Zuletzt hatten viele Beobachter das Gefühl, dass Weselsky mit dieser Tarifrunde seiner Karriere noch einen besonders großen Erfolg hinzufügen will. Die Verhandlungen ließ er schnell scheitern, statt Gesprächen gab es zwei Warnstreiks und zwei mehrtägige Streiks.

Für Überraschungen ist der 65-Jährige jedenfalls immer gut, das sagen auch seine Verhandlungspartner. Die GDL ist vor allem eine One-Man-Show des Vorsitzenden. Alles ist auf den Chef zugeschnitten, in der Regel spricht auch nur Weselsky in die Mikrofone und Kameras. Seine beiden Stellvertreter, Mario Reiß und Lars Jedinat, stehen dann meist rechts und links von ihm und schauen finster drein, während ihr Chef in die Mikros schimpft. Vor allem auf Jüngere dürften die drei weißen Herren in ihren Anzügen und stets mit Krawatte etwas altbacken wirken.

26.01.2024, Sachsen, Dresden: Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), jubelt nach seiner Rede bei einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof in Dresden vor GDL-Mitgliedern. Foto: Robert Michael/dpa

Weselsky gehört in der Bundesrepublik sicher nicht zu den beliebteren Menschen, ganz im Gegenteil. Tarifkonflikte mit ihm an der GDL-Spitze bedeuteten zuletzt immer auch Ärger und Frust bei den Fahrgästen der Bahn. Vor einigen Jahren brauchte der Gewerkschaftschef sogar Polizeischutz, weil ein Medium seine private Adresse veröffentlicht hatte. Bis heute verbindet ihn deshalb eine Freundschaft mit dem Polizeigewerkschafter Rainer Wendt, der ihn damals unterstützte.

Doch die GDL-Mitglieder vertrauen auf sein Verhandlungsgeschick. „Clausi-Mausi“ richte das schon, sagten einige von ihnen im Sommer, als die Gewerkschaft ihre Forderungen für die Tarifrunde mit der Bahn festlegte. Und „Clausi-Mausi“ legte los, im November, Dezember und Januar wurde ständig irgendein Eisenbahnunternehmen bestreikt.

Bei den DB-Konkurrenten erreichte er mit dem harten Vorgehen bereits Tarifverträge mit 35-Stunden-Wochen für Schichtarbeiter – allerdings mit der Einschränkung, dass ihm dieser Verhandlungserfolg bei allen Unternehmen der Branche gelingen muss. Damit lastet auch auf Weselsky selbst ein hoher Druck.

Als linker Popstar der Arbeiterklasse eignet sich Weselsky trotz allem Einsatz für die Arbeitsbedingungen seiner Mitglieder nur bedingt. Schon allein deshalb, weil er als Gewerkschafter CDU-Mitglied ist. „Weil das meiner konservativen Grundhaltung am nächsten kommt“, erklärte er kürzlich in einem Interview. Abseits der Kameras kann er auch weniger krawallig sein. Nahbar, freundlich und sogar humorvoll tritt er dann auf.

Weselsky kann stundenlang erzählen über vergangene Tarifrunden, über seine Erfahrungen mit der Presse aber auch über die Ferienwohnung im Spreewald, wo der Gewerkschafter sich bald zur Ruhe setzen will. Es ist seine letzte Tarifrunde. Im kommenden Jahr will er vom Vorsitz zurücktreten und in den Ruhestand gehen. Weselskys designierter Nachfolger Reiß dürfte es schwer haben.

In seiner langen Amtszeit hatte der in Dresden geborene Weselsky stets einen großen Glaubwürdigkeitsvorteil, den viele Mitglieder schätzen: Er war selbst jahrelang Lokführer, fuhr mit Güterzügen und auch im Personenverkehr durchs Land.

Die Reichsbahn hatte den Sachsen in den 1970er Jahren erst zum Schlosser, dann zum Lokführer ausgebildet. Bis 1992 arbeitete Weselsky in dem Beruf, zuletzt als Personaldisponent und Lokleiter in Pirna. In der GDL ist er seit 1990, seit 1992 arbeitet er hauptamtlich für die Gewerkschaft.

11.07.2022, Berlin: Reisende eilen am frühen Morgen zu einem ICE am Hauptbahnhof. Foto: Joerg Carstensen/dpa

Als Vorsitzender versuchte er regelmäßig, den Organisationsbereich der kleinen Gewerkschaft zu erweitern und Tarifverträge auch für Betriebsbereiche auszuhandeln, in denen es solche von der GDL bisher nicht gab.

Bis heute steht die GDL in harter Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die viel mehr Mitglieder hat und im DB-Konzern deutlich stärker vertreten ist. Während die EVG immer wieder als handzahme Hausgewerkschaft verspottet wurde, gab Weselsky den knallharten Gegenspieler zum „roten Riesen“, wie er die Bahn gerne nennt. Intern warfen ihm Kritiker aber immer wieder «einsame Entscheidungen» vor.

Angesichts der vielen Streiks wurde Weselsky oft gefragt, ob er es nun vor seinem Ruhestand noch einmal besonders wissen wolle und deshalb den Tarifkonflikt ungeachtet der inhaltlichen Fortschritte eskaliere. Der GDL-Boss wies das stets zurück. Tatsächlich unterscheidet sich die aktuelle Tarifrunde in ihrer Heftigkeit nicht von den vielen anderen, die Weselsky in seiner langen Laufbahn angeführt hat. Allein im Jahr 2015 dauerte der Konflikt rund ein Jahr. (dpa)

26 Antworten auf “Deutschlands unbeliebtester Gewerkschaftschef: Claus Weselsky bringt Bahnkunden zur Weißglut”

  1. Bäderkönig Eduard

    Die Bahn Vorstände kassieren jedes Jahr, zum Millionengehalt noch zusätzlich Bonuszahlungen auch wieder in Millionenhöhe. Da ist es an der Zeit das die im Schichtdienst auch ihren gerechten Anteil bekommen. Denn so üppig sind die Gehälter nicht als ICE Lokführer, gerade mal 3700 Euro Brutto.

    • Die unfähigen Bahnvorstände, die die Bahn jahrelang systematisch schlechter gemacht haben, die Substanz haben vergammeln lassen, sollten ihre ungerechtfertigten Boni zurückzahlen, die dann an das Personal an der Basis verteilt werden könnten. Das wäre vielleicht ein Angebot, über das das Personal erfreut wäre. Ein Traum von Gerechtigkeit…

  2. Private Lockführerunternehmen

    Wenn ich dieses Gesicht schon sehe ….

    Es gibt doch schon Privatunternehmen, die das Schienennetz nutzen, wieso also nicht auch den Personenverkehr von diesen Firmen durchführen lassen? Dann könnte der Herr Weselsky streiken bis ihm das Geld ausgeht, ohne die Bevölkerung in Geiselhaft zu nehmen!

    • Walter Keutgen

      Private Lockführerunternehmen, private Transportunternehmen im deutschen Personenverkehr gibt es schon lange. Die meisten gehören aber ausländischen staatlichen Gesellschaften z.B. NS, SNCF. Ihre Lokführer, wenn ich welche gesehen habe, trugen alle DB-Uniformen. Die DB-Konkurrenten, von denen der Artikel schreibt, müssen also im Güterverkehr tätig sein z.B. SNCB. Einmal habe ich am deutschen Fernsehen einen Film über eine Frau gesehen, die eine E-Lok besaß, und Güterzüge im Lohnauftrag zog.

  3. Delegierter

    Es ist auch nicht seine Aufgabe beliebt zu sein, sondern die Interessen der GDL-Mitglieder zu vertreten. Und das tut er mit vollem Einsatz. Da kann sich jede andere Gewerkschaft mal eine Scheibe von abschneiden.

  4. der heilige josef

    Seit langem der beste Arbeitnehmerführer den wir haben in Europa. Die anderen Gewerkschaften handeln nur einen Inflationsausgleich aus, hier aber gibt es noch eine Schüppe voll, obendrauf.

    • Es ist aber nicht der Gewerkschafter, der diese Ticketpreise festlegt. Ein Flugticket ist sogar billiger als ein Bahnticket in Deutschland! Findet den Fehler! Das liegt nicht an den Gewerkschaften, denn in beiden Brachen ist Personal beschäftig… aber die einen Verden besteuert, die anderen nicht (bzw sie verlegen ihren Sitz in ein Steuerparadies)

  5. Wir schaffen uns selber ab

    Die Leute sollen mal IHRE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN UND ARBEITEN und die Wirtschaft und das Land am laufen halten. Der zugefügte Schaden ist unglaublich gross, so etwas gibt es in Asien nicht. Wir werden so schon überollt und verlieren unsere historischen Zugpferde ( zb Automobilindustrie) und kriegen immer weniger auf die Reihe. Es ist doch nicht normal, dass das „Präzisionsland“ Deutschland es nicht auf die Reihe kriegt, ohne Streiks, einen Fahrplan einzuhalten ?? Geschweige 10 Jahre an einem Flughafen zu arbeiten der dann noch nicht funktioniert. Made in Germany war einmal, ist nur noch eine Lachnummer. Belgien und Co gleich mit dazu.

    • @ – Wir schaffen uns selber ab 10:30
      Wollen sie Arbeitsverhältnisse wie in Asien schaffen ?
      Weshalb nicht gleich zur Diktatur ?
      Deutschland ist selber schuld an den ständigen Streiks. Ein Lohn dem Index angepasst würde die meisten Streiks verhindern.
      Es passt nur leider denen nicht , die an den Schulden des Normalbürger verdienen.

    • So ist es!

      Gestern noch bei Lanz, die Vorsitzende der jungen Grünen … „Sie will sich doch nicht kaputt arbeiten ….“. Sie will dann lieber die Reichen enteignen, versteht aber nicht, dass auch deren Vermögen endlich ist – genau so eine Intelligenzblüte wie manche anderen in den grünen Reihen.

      • volkshochschule

        Gerade die Grünen sind eine Partei für Reiche die keine Probleme haben sich eine teure Wärmepumpe und ein Luxus E Auto zu kaufen. Die Wahlen zeigen es auch immer wieder, wer grün wählt ist in der Regel Besserverdiener.

        • von Goldstücken

          @ Volkshochschule
          Wer grün wählt, hat nicht nur Geld für E- Auto und ist Besserverdiener sondern ist auch nicht auf Bus und Bahn angewiesen, wo meistens Probleme mit den lieben“ Goldstücken“ anstehen, wenn man nicht devot auf den Boden starrt.
          Sowieso wohnen die besserverdienenden Grün- Wähler in den reichen Aussenbezirken, den Villenvierteln der Großstädte, wo sich kein “ Goldstück“ hin verirrt.

          • Ramona R.

            Die wohlhabenden Grünenwähler finden es toll, dass Deutschland soviele Goldstücke nach Europa lockt. Es ist ihre innere Befriedigung für die Gräuel der Nazi Diktatur.
            Aus der Ferne ist das ein gutes Gefühl. Die eigenen Kinder bringt man doch lieber mit dem SUV zur Privatschule.

      • @ – So ist es 14:16
        Ach ja stimmt , jedes Problem auf dieser Welt sind ja die Grünen schuld.
        Von Beruf Vaters Sohn ?
        Oder bei der Zentralbank beschäftigt?
        Die Zentralbank bemängelt schließlich bei uns , die Index angepassten Löhne.
        Der Grund ist klar .
        An der Verschuldung des normal Bürgers ist mehr verdient , als am neureichen , der endlich einen Schuldigen gefunden hat um seine Ängste zu beruhigen ;
        bzw , die Grünen gerne als Ablenkungsmanöver für die wahren Probleme, die durch die eigenen Reihen von Banken und Unternehmen verursacht werden , der grüne herhalten muss.
        Können natürlich alles nur die Grünen schuld sein.
        So funktioniert’s !
        Wenn sie morgen Kopf, Bauch und Rückenschmerzen gleichzeitig haben, dann können das nur die Grünen gewesen sein:-(

        Ich denke darüber nach, ob ich diese Ausrede nicht auch bei jedem Problem anwenden sollte.
        Es ist auf jeden Fall ein praktischer Schachzug , von Leuten , die für kein Problem eine vernünftige Lösung haben , aber gerne mit dem Finger auf andere zeigen.
        Und nein , ich bin kein grüner , aber selber nachdenken, ohne immer direkt die falschen zu beschuldigen, sollte uns noch gestattet bleiben.
        Danke .

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