Kultur

Freddy Derwahl lässt in seinen „Lebenserinnerungen“ kein gutes Haar an den ehemaligen Kollegen vom BRF

Journalist und Autor Freddy Derwahl beim Schreiben in seinem Arbeitszimmer auf Stockem. Foto: Gerd Comouth

Einen Großteil seiner beruflichen Laufbahn hat der Eupener Journalist und Schriftsteller Freddy Derwahl (72) beim Belgischen Rundfunk verbracht. Trotzdem lässt er in seiner soeben erschienenen Autobiografie an den meisten seiner ehemaligen Kollegen vom BRF kein gutes Haar.

Auf Seite 213 nennt Derwahl die BRF-Redakteure „graue Mäuse“ und schreibt: „Meist war es redaktionelle Bequemlichkeit oder die Angst vor politischen Repressionen, die zu einer leisen, ängstlichen und rücksichtsvollen Berichterstattung führten.“

Das Herausragende in der BRF-Redaktion bestand laut Derwahl „in der blassen Kontinuität“. Weiter heißt es: „Dass von diesem Kreis der schweigenden Mehrheit jemals ein Bericht oder eine Nachricht in den großen Agenturen wie dpa, afp oder belga zitiert worden wäre, habe ich nie erlebt.“

Das Cover der Autobiografie von Freddy Derwahl.

Für die Arbeit, die täglich von einem Zeitungs-Redakteur gefordert wurde, hätte laut Derwahl ein BRF-Kollege einige Tage gebraucht. „Da waren angesehene Journalisten, die morgens um zehn eintrudelten, Kaffee tranken, die belgischen Tageszeitungen lasen und für die Abendsendung ‚BRF-aktuell‘ einen einzigen Résumé-Beitrag ablieferten. Je nach Dienstplan gab es sogenannte ‚Récup‘-Tage, Freizeit-Entschädigungen und großzügige Spesen. Der von einem Verwaltungsspezi im alten RTB-BRT-Funkhaus ausgedachte Fragebogen sah sogar ein ‚Pinkelgeld‘ für Kosten bei WC-Besuchen vor…“

Indes räumt Autor Derwahl ein, dass auch er „selbstverständlich von all diesen Vorteilen profitiert“ habe, indem er die angebotene freie Zeit für sein Engagement im damaligen „Grenzland-Report“, im „Grenz-Echo“ oder in der ostbelgischen Literatur genutzt habe. Allerdings, so erinnert sich Derwahl, sei er „bei Aufträgen großer deutscher oder österreichischer Verlage im BRF auf heftigen Widerstand“ gestoßen.

Jenniges Derwahl Engels Thomas

BRF-Redakteure Ende der 1970er Jahre (v.l.n.r.): Peter Thomas, Freddy Derwahl und Hans Engels. Foto: 60 Jahre Belgischer Rundfunk

„Dort, wo man als Wasserleiche in der Mitte des Stromes treiben muss, darf man sich keine Eskapaden an andere Ufer erlauben.“ Was bei anderen Funkmedien als selbstverständlich oder sogar besonders ehrenhaft galt, „war im BRF eine Sünde“.

Derwahl: „Ich sollte in Reih und Glied marschieren und die öffentlich-rechtliche Herrlichkeit nicht stören.“ Er habe nicht selten den Eindruck gehabt, dass ihm als „Sonderling“ im BRF „eine Fußfessel angelegt werden“ sollte. (cre)

HINWEIS – Die offizielle Vorstellung des neuen Buches von Freddy Derwahl „Auf dem Marktplatz – Lebenserinnerungen“ findet statt am Sonntag, dem 7. April 2019, um 11 Uhr im Foyer des Ministeriums der DG, Gospertstraße 1, in Eupen. Die Veranstaltung wird mit Ansprachen der Kulturministerin Isabelle Weykmans und des kbv-Verlegers Ralf Kramp eröffnet.

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

19 Antworten auf “Freddy Derwahl lässt in seinen „Lebenserinnerungen“ kein gutes Haar an den ehemaligen Kollegen vom BRF”

  1. Hop Sing

    Dass Derwahl nicht im absoluten Olymp der Schreibzunft anzusiedeln ist, dürfte einhellige Meinung sein; dass er ehemalige Kollegen mit Fäkalien bewirft, dürfte auf seine egozentrische Grundausrichtung zurückzuführen sein; dass er stets als Profiteur des Systems galt, ist hinlänglich bekannt. Fazit : Warum ein solches Spektakel um Mittelmässigkeit?

  2. Weh.....wechen?

    Hätte mich gewundert? Mit dem Stehaufmännchen!? Ob er wohl denkt, das Gegenteilig die vielen Stationen seines Schaffens und Vorbeischauens, nicht dasselbe von ihm denken? Was für einen Aufwand um eine simple Sache? Au wei AH? Als ob in der DG jemand das interessierte?

  3. Außenstehender

    Als Außenstehender kann ich diese Kritik nicht beurteilen. Ich weiß lediglich, dass der ehemalige umsichtige Direktor Hans Engels alles so gut gehändelt hat wie es im BRF möglich war. Nach seiner Amtszeit ging vieles „den Bach runter“ (Schulden + Personalreduzierung).

  4. Hart aber fair

    In seinem Kapitel über die Jahre beim BRF stehen nicht nur negative Dinge: Freddy Derwahl berichtet in seinen Lebenserinnerungen ausführlich über Höhen und Tiefen. Die Zusammenarbeit mit Irene Janetzky, Peter Moutschen, Peter Thomas und Hans Engels war bestens. Aber Derwahl kam von der AVZ, da wirkt der öffentlich-rechtliche BRF gegenüber der geschriebenen Presse wie ein Schlaraffenland.

  5. InteressiertER

    Ein alter Mann am Ende seines Lebens zieht für sich eine bittere Bilanz. Das kommt öfter vor. Das darf man ihm nicht übel nehmen, allerdings muss man bedenken, dass er sein Leben so gewählt hat.

    Dass er aber dann mit Dreck nach seinen Kollegen und nach den Unternehmen wirft, für die er gearbeitet hat und von denen er profitiert hat, ist verwerflich. Er war Profiteur und Macher des Systems, das er nun angreift. Und was man so hinter vorgehaltener Hand von Insidern über ihn hört…

  6. Wechselfieber

    Mit dem Freddy ist es genau so wie mit einem der Arbeitsstellen wie sein Hemd wechselt, oder ein Fussballer der bei 10 Clubs spielte! Das muss der Freddy wohl selber einsehen, ehe er sich solches anging!? Einer der so viele Parteien von Innen sah, kann unmöglich irgendwie Wurzeln schlagen!? Und dann Nachkarten? Unfaire Methode lieber Freddy! Du hast es so gewollt! Die machen keine Kniebeugen vor Dir! Auch wenn Du es gerne gehabt hättest. Das Leben ist schön, geniesse es. Jetzt ist es sowieso zu spät. Komm ein paar Stufen runter, da oben ist es zu kalt!

  7. Bleiben zwei Fragen. Wie hat sich F.D. in Zeiten der katholischen Medienhegemonie verhalten? Mitläufer oder was? Und wie steht er zur heutigen Öko-Medienhegemonie? Wieder Mitläufer? Oder traut er sich JETZT zu widersprechen? Noch mal 40 Jahre warten wird er sich wohl kaum leisten können…..

  8. Bücherwurm 2

    Ich weiß nicht – wenn ich Arbeitgeber eines Redakteurs wäre und dieser würde während eines langwährenden Krankheitsurlaubs Kommentare für die Konkurrenz schreiben, dann wäre ich – unabhängig von Art und Schwere der Krankheit – vielleicht auch nicht so gut gelaunt…..

  9. Ostbelgistani

    An dieser Stelle wird der BRF herausgestellt.
    Es gibt aber noch bessere und interessantere Kapitel in dieser Autobiographie: u.a. Das Revolverblatt „Grenzland-Report“, Begegnung mit Heinrich Böll oder Anselm Grün. Sehr lesenswert.

  10. Pensionierter Bauer

    Die Arbeitsmoral, die Herr Derwahl beim BRF beschreibt erlebt man leider in vielen öffentlichen Verwaltungen und auch in den von der öffentlichen Hand abhängigen Institutionen.
    Vor rund dreißig Jahren hatte ich mal mit einer, damals in der Eupener Bergstraße angesiedelten, Erwachsenenbildungsinstitution zu tun. Als ich dort mal um zehn Uhr des Morgens einen Termin hatte und bis dahin schon rund dreieinhalb Stunden hart gearbeitet hatte, saßen die dortigen Mitarbeiterinnen mal gerade bei der dritten Tasse Kaffee und redeten über alles Mögliche aber ernsthaft gearbeitet wurde dort nicht.
    Mir wurde schlagartig klar, alle die dort sitzen, wären für die Privatwirtschaft absolut unfähig. Jeder kleine Arbeiter, jeder Bauer, jeder selbstständige Handwerker und viele Andere müssen sich tagtäglich den Hintern richtig aufreißen um sich einen bescheidenen Wohlstand zu erarbeiten während eine gewisse Clique sich schamlos an öffentlichen Geldern bedient und sich dann auch noch einbildet dass sie unentbehrlich sind.
    Danke, Herr Derwahl, dass Sie diese Ungeheuerlichkeiten in Ihrem Buch so klar beschreiben.

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