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Formel 1 in Spa-Francorchamps: Lohnen sich die finanziellen Verluste wirklich?

Die Rennstrecke von Spa-Francorchamps gilt nach wie vor als eine der schönsten und anspruchsvollsten auf der ganzen Welt. Foto: dpa

Der an diesem Wochenende stattfindende Große Preis von Belgien ist im Formel-1-Kalender ein absolutes Highlight, ähnlich wie der von Monaco. Doch im Gegensatz zu Monaco fällt Spa nicht wegen der Schönheit der anwesenden Promis besonders auf, sondern vor allem wegen der Schönheit der Rennstrecke, die absolut einmalig ist – aber auch teuer (für den Steuerzahler).

Seit Jahren ist strittig, inwieweit die Formel 1 in Belgien mehr Vorteile als Nachteile bringt. Zig Millionen Euro sind von der öffentlichen Hand seit der Rückkehr der Königsklasse in die Ardennen in den Um- und Ausbau der Rennstrecke investiert worden (von 1970 bis 1985 wurde der Belgien-GP in Zolder, in Nivelles-Baulers oder gar nicht ausgetragen). Immer wieder wurden Region und Rennstreckenbetreiber zu immer neuen, kostspieligen baulichen Maßnahmen verdonnert. Zu viel, behaupten die Kritiker, während die Befürworter gegenhalten, das Geld sei gut angelegt.

Spa-Francorchamps ist einmalig. Foto: dpa

Spa-Francorchamps ist einmalig. Foto: dpa

2011 belief sich der Verlust nach Berechnungen der Zeitung „L’Echo“ auf rund 5,7 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr waren es ca. 6,3 Millionen Euro, obwohl man eigentlich kein Defizit mehr machen wollte.

In jedem Fall haben die Rennstrecke von Spa-Francorchamps und der Formel-1-GP eine mächtige Lobby, die dem omnipotenten Bernie Ecclestone, Chef der Vermarktungsfirma FOA, quasi jeden Wunsch erfüllt.

Grand Prix wirft 43 Millionen Euro ab

Laut dem wallonischen Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt bringt der Formel-1-Zirkus in Spa der wallonischen Wirtschaft mehr als 43 Millionen Euro ein. Marcourt beruft sich dabei auf eine Studie der Universität Lüttich. Im Detail:

  • Übernachtung der Teams, Presse, FIA usw.: 6,1 Mio. €
  • Getränkeverkauf an der Strecke, Merchandising, Paddock Club,…: 8,1 Mio. €
  • Kommerzeinnahmen außerhalb der Rennen: 3,7 Mio. €
  • Übernachtung der Zuschauer: 8,5 Mio. €
  • Beförderung der Zuschauer: 0,4 Mio. €
  • Parking außerhalb der Rennstrecke: 0,9 Mio.€
  • Spa Grand Prix: 13 Mio. €
  • Lieferanten: 2,5 Mio. €

Eine Milchmädchenrechnung? Schon möglich, denn genauso hätte Marcourt die enormen Investitionen auflisten können, die im Laufe der Jahre von der Region für den Erhalt des Grand Prix getätigt wurden. Überdies ist bei den Rennen der letzten Jahre die Zuschauerresonanz zumeist hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zum Glück scheint der Publikumszuspruch für das Rennen am kommenden Wochenende den Erwartungen zu entsprechen. Daher die Hoffnung auf ein defizitfreies Rennen.

Es gibt auch ein Leben ohne Formel 1

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Foto: Wikipedia

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Foto: Wikipedia

Die Lobbyisten haben jedenfalls gute Arbeit geleistet – egal, ob die Zahlen, mit denen sie jonglieren, stimmen oder nicht: Der Große Preis von Belgien der Formel 1 wird auch in den nächsten zwei Jahren in Spa-Francorchamps stattfinden.

Es gibt allerdings Länder, die gelernt haben, ohne die Königsklasse auszukommen. In Schweden (Anderstorp) gastiert die Formel 1 seit 1978 nicht mehr, in den Niederlanden (Zandvoort) seit 1985, in Portugal (Estoril) seit 1996, in Österreich (Zeltweg) seit 2003 und in Frankreich (Magny Court) seit 2008. Teils wollten diese Länder nicht mehr, teils wollte man sie nicht mehr. In Belgien hat sich Zolder daran gewöhnt, dass es auch ein Leben ohne Formel 1 geben kann. (cre)

13 Antworten auf “Formel 1 in Spa-Francorchamps: Lohnen sich die finanziellen Verluste wirklich?”

  1. Eastwind

    Für die Zeit nach 2015 wird man sicher wieder die Idee einer Alternanz zwischen Spa und einem anderen Grand Prix aufwerfen, so wie vor der letzten Vertragsverlängerung. Dagegen habe ich grundsätzlich nichts, wenn dadurch Steuergelder gespart werden können. Das Einzige, was mich störte, war eine Alternanz mit dem GP von Frankreich in Magny Court oder Le Castellet. Aber eine Alternanz mit dem Nürburgring könnte ich mir schon vorstellen. Zwei Eifel-Grand-Prix. Warum nicht?

  2. Réalité

    Schon sehr lustig,all die „Zahlenjongleure“ hieroben!?Ich glaube wenn da mal alles „ans Tageslicht käme….was da in Jahrzehnten verbuttert ist worden….“zumal und vor allem von den Verantwortlichen und Führungsperönlichkeiten,besonders die aus der Politik( „mit Kompensationsjob“!),dann würde der Gr Preis v Spa sicher nicht mehr fahren!Der Clou,nicht mal eine richtige Tribüne gibt’s dort,im Gegenteil zu anderen Orten!Wo sind die ganzen Millionen wohl verbaut worden…!!??Und „der alte,greise Bernie,steht über allem“…!

  3. Werner Pelzer

    Lohnen sich die finanziellen Verluste wirklich? Ich behaupte mal, ja. Dem Steuerzahler kostet es zwar einige Milliönchen, doch der Staat treibt durch den immensen Umsatz auch einige Milliönchen ein. Rechnet man den Verdienst der Horeca, der Einzelhändler und der Tourismusbranche hinzu, profitieren doch schon Einige von einem Event, das nebenbei von hohem sportlichen Rang ist.

    • Werner Pelzer

      Natürlich lohnt sich das für den Staat. Auch hier kassiert er bei Umsatz mit. Z.B. Italien, dort verdient der Fiskus pro Jahr eine Milliarde Euro. Zudem verdienen viele Tausende Menschen am Fußball mit.

    • Réalité

      @ Zappel Bosch-Ja Zappel!s’geht…..in Gospert….da oben auf’m Berg,wo die schöne Aussicht….alles geht….nur wir zahlen….“und das geht hoffentlich bald nicht mehr“….Wenn’se nicht mehr am Ruder sind!Zig Millionen sind in Francorchamps verpulvert worden..wenn man dann sieht wie das Umfeld der Strecke,die Parkplätze,Zufahrtsstrassen,überhaupt die ganze Infrastruktur da aussieht….“Supererscheinungsbild gen Aussen“!!Kein Wunder bei den „Führungspersonen“ die dort die letzten Jahre das Sagen hatten!Es fing schon bei der Nominierung an….“absolut und gar keine Ahnung von Rennen bzw.Rennstrecken“….wohl dicke Salärs eingestrichen….!?
      @ Werner Pelzer-glauben Sie an diese Zahlen??Ich nicht!Da sollte dringend ein „Audit“ gemacht werden!Erst dann…!Habe mit jemanden gesprochen,der das Umfeld dort kennt wie seine Westentasche.So z Bspl,auf den letzten 24 Stunden wären nie u nimmer soviele Zuschauer da gewesen….!?
      @wac123-die Fussballclubs der höheren Ligen werden durch die Industrie oder Privatiers gesponsert,nicht durch den Staat,also durch uns,wie in Francorchamps!

      • Werner Pelzer

        @ Werner Pelzer-glauben Sie an diese Zahlen?

        Nein, die sind auch zweitrangig. Es ist der Umsatz, der die Steuergelder rückfließen lässt. In welchem Maß lässt sich nie genau sagen. Aber bei solch großen Events fließen garantiert viele Millionen. Das weiß nur der Fiskus, und der gibt keine Zahlen preis.

        • Es heisst doch „Grosser Preis von Belgien“. Schade ist nur, dass die finanziellen Verluste von der Wallonischen Region ausgeglichen werden, die Einnahmen aus MWST usw. jedoch an den Föderalstaat gehen.

  4. Den von Marcourt veröffentlichten Zahlen kann man wohl kaum glauben. Ich bin F1 Fan war viele Jahre F1 Rennen schauen, nicht nur in Spa-Francorchamps. Die Realität sieht anders aus. Der Grossteil der F1 Fans ist angesichts der sehr hohen Preise mit Kühlboxen und massenweise Verpflegung unterwegs. Ziehen wir von den angegebenen 8.1Mio € Getränke, Essen, … 1Mio € für das Merchandising ab, dann würde (bei 50000Zuschauern) jeder Besucher 142€ ausgeben, ohne Eintrittskarte. Schwer zu glauben!
    Übernachtungen: 8,5Mio €. Nehmen wir eine Schnitt von 100€ pro Nacht an 2 Nächten, so würden 42500 Zuschauer in Hotels oder Pensionen übernachten und essen. Presse, Teams, FIA: 6.1Mio € ; weil ein Teil dieser Leute nicht in Herbergen übernachten mag nehmen wir hier einen Schnitt von 250€ bei 4 Nächten. das wären dann wiederum 6100 Personen (wobei die normalen Teammitarbeiter in normalen auch für uns erschwingliche und regionale Hotels untergebracht werden).Jetzt wären wir dann schon bei ca 48600 Hotelbesuchern. Wie weit muss der Umkreis sein um diese Anzahl Betten zu finden?
    Wenn ich mich recht erinnere waren letztes Jahr sonntags an die 16000 Zuschauer mehr wie am Samstag, also Besucher ohne Übernachtung. Zählen wir noch schätzungsweise 5000 Camper hinzu und ca 7000 die mit Auto oder Bus anreisen, dann hätten ca 70500 Zuschauer und 6100 Aktive/Offizielle den F1 GP in Francorchamps gesehen. Weit von den realen Zuschauerzahlen 2012 entfernt!
    Sollte der GP der wallonischen Wirtschaft wirklich 43Mio einbringen und effektiv 100.000 Personen davon profitieren, ist es traurig dass über 4Mio normale Bürger durch bezahlen von Steuergeldern einen Verlust von 6.3 Mio auffangen müssen. Reden wir erst garnicht von den zig Mio’s die jedes Jahr in den Kurs gebuttert werden um der F1 Norm zu entsprechen!
    Die F1, auch auf dem schönsten Kurs der Welt, zu jedem Preis? Etwas gutes kann ich dem Kurs dennoch abgewinnen; es ist eine der längsten 100%ig in Ordnung befindliche Strasse in der Wallonie/DG; schade nur dass wir als Normalos sie nicht (ständig) befahren können. Als Motorsportfan werde ich die F1 weiter verfolgen, auch wenn sie nicht mehr in unserer Nachbarschaft fährt. Wenn Politiker andere Länder so, entschuldigt bitte den Ausdruck, bescheuert sind den Grossverdienern des F1 Zirkus noch Antrittsgeld zu zahlen sollten sie es tun; in der Wallonie gibt es bestimmt wichtigere Projekte die dieses Geld dringender benötigen.

    • Réalité

      @Bbacher
      @Werner Pelzer
      Sehr guter und fundierter Kommentar geschrieben Bbacher!Bestätigt meinen Satz von gestern Herr Pelzer!Weiss auch noch von meiner,gestern gemeinter „Umfeldkennerperson“ folgende wahre Begebenheit von vor etlichen Jahren,die er selbst erlebte:Eine Liberale,damalige Führungsperson der Rennstrecke,tankte an einer Streckennahe Tankstelle,sprang im Shop rein und nahm sich einige Stangen Zigaretten mit „pour ma copine“, und sagte der Kassiererin:“mettez tous s la facture du Cirquit“…..hier waren’s nur ein paar Stangen Zigaretten…..aber….!?Na ja,“ein Schelm der böses dabei denkt….“!!?

  5. Altweltenaffe

    Ich halt nicht viel von Formel 1, genauso wie hochrangiger Fussball. Das hat doch alles nichts mehr mit Sport zu tun! Diese Events werden zwar alle irgendwie verpackt, aber es geht nur um den Profit. Alle Teams kaufen die beste Technik, die besten Fahrer oder Spieler, das heisst aber nicht, dass der Konstrukteur oder Verein etwas geleistet hat. Sie haben nur die fertigen Teile/Fahrer/Spieler gut eingekauft. Das kann mein kleiner Neffe an der Playstation auch.

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