Der Große Preis von Belgien ist im Formel-1-Kalender ein absolutes Highlight, ähnlich wie der von Monaco. Doch im Gegensatz zu Monaco fällt Spa nicht wegen der Schönheit der anwesenden Promis besonders auf, sondern vor allem wegen der Schönheit der Rennstrecke, die absolut einmalig ist.
Trotzdem ist seit Jahren strittig, inwieweit die Formel 1 in Belgien mehr Vorteile als Nachteile bringt. Zig Millionen Euro sind von der öffentlichen Hand seit der Rückkehr der Königsklasse in die Ardennen in den Um- und Ausbau der Rennstrecke investiert worden (von 1970 bis 1985 wurde der Belgien-GP in Zolder, in Nivelles-Baulers oder gar nicht ausgetragen). Immer wieder wurden Region und Rennstreckenbetreiber zu immer neuen, kostspieligen baulichen Maßnahmen verdonnert. Zu viel, behaupten die Kritiker, während die Befürworter gegenhalten, das Geld sei gut angelegt.
In jedem Fall haben die Rennstrecke von Spa-Francorchamps und der Formel-1-GP eine mächtige Lobby, die dem omnipotenten Bernie Ecclestone, Chef der Vermarktungsfirma FOA, quasi jeden Wunsch erfüllt. Immerhin soll der Große Preis von Belgien in diesem Jahr ohne Defizit auskommen. Letztes Jahr klaffte eine Lücke von rund fünf Millionen Euro.
Grand Prix wirft 43 Millionen Euro ab
Laut dem wallonischen Wirtschaftsminister Jean-Claude Marcourt bringt der Formel-1-Zirkus in Spa der wallonischen Wirtschaft mehr als 43 Millionen Euro ein. Marcourt beruft sich dabei auf eine Studie der Universität Lüttich. Im Detail:
– Übernachtung der Teams, Presse, FIA usw.: 6,1 Mio. €
– Getränkeverkauf an der Strecke, Merchandising, Paddock Club,…: 8,1 Mio. €
– Kommerzeinnahmen außerhalb der Rennen: 3,7 Mio. €
– Übernachtung der Zuschauer: 8,5 Mio. €
– Beförderung der Zuschauer: 0,4 Mio. €
– Parking außerhalb der Rennstrecke: 0,9 Mio.€
– Spa Grand Prix: 13 Mio. €
– Lieferanten: 2,5 Mio. €
Eine Milchmädchenrechnung? Schon möglich, denn genauso hätte Marcourt die enormen Investitionen auflisten können, die im Laufe der Jahre von der Region für den Erhalt des Grand Prix getätigt wurden. Überdies ist bei den Rennen der letzten Jahre die Zuschauerresonanz hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zum Glück scheint der Publikumszuspruch für das Rennen am kommenden Wochenende wieder den Erwartungen zu entsprechen. Daher die Hoffnung auf ein defizitfreies Rennen.
Formel 1 noch weitere drei Jahre in Spa
Die Lobbyisten haben jedenfalls gute Arbeit geleistet – egal, ob die Zahlen, mit denen sie jonglieren, stimmen oder nicht: Der Große Preis von Belgien der Formel 1 wird auch in den nächsten drei Jahren in Spa-Francorchamps stattfinden. Zu welchen Bedingungen die dreijährige Vertragsverlängerung mit Ecclestone ausgehandelt wurde, bleibt ein Geheimnis. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich die Verantwortlichen von Spa-Francorchamps abermals von Ecclestone wie eine Zitrone haben auspressen lassen.
Es gibt auch ein Leben ohne Formel 1
Es gibt auch Länder, die gelernt haben, ohne die Königsklasse auszukommen. In Schweden (Anderstorp) gastiert die Formel 1 seit 1978 nicht mehr, in den Niederlanden (Zandvoort) seit 1985, in Portugal (Estoril) seit 1996, in Österreich (Zeltweg) seit 2003 und in Frankreich (Magny Court) seit 2008. Teils wollten diese Länder nicht mehr, teils wollte man sie nicht mehr. In Belgien hat sich Zolder daran gewöhnt, dass es auch ein Leben ohne Formel 1 geben kann.
Wie dem auch sei, dass Spa-Francorchamps zumindest bis 2015 im Rennkalender der Formel 1 bleibt, dürfte die Hoteliers, Restaurant-Betreiber, Getränkeverkäufer und Frittenbuden-Betreiber in der gesamten Region freuen. Ihnen sei es gegönnt. Eine zwischenzeitlich erwogene Rotation mit dem Großen Preis von Frankreich (in Magny Court oder Le Castellet) im Zwei-Jahres-Rhythmus ist damit zumindest vorerst vom Tisch. (cre)