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Erich Heeren war der „Heribert Faßbender von Ostbelgien“ – Im Interview erinnert Freddy Derwahl an den mit 79 Jahren verstorbenen BRF-Sportreporter

BRF-Sportredakteur Erich Heeren (r) mit Belgiens Torwart-Legende Jean-Marie Pfaff (l) beim Interview im BRF-Funkhaus in Eupen Mitte der 1990er Jahre. Foto: Jubiläumsbuch 60 Jahre Belgischer Rundfunk

Der ehemalige Redakteur des Belgischen Rundfunks (BRF), Erich Heeren, ist im Alter von 79 Jahren gestorben. In einem Interview mit „Ostbelgien Direkt“ erinnert der frühere BRF-Journalist Freddy Derwahl an jenen Sportreporter, den man auch den „Heribert Faßbender von Ostbelgien“ nannte.

Erich Heeren gehörte von 1978 bis zu seiner Frühverrentung im Jahr 2000 der BRF-Sportredaktion an. Auffallend waren bei ihm sein markanter Stil bei Sportreportagen und Live-Übertragungen, bei denen er Anfang der 1980er Jahre von seinem BRF-Kollegen Freddy Derwahl begleitet wurde.

Bereits in den 1970er Jahren war Erich Heeren zusammen mit Raymond Heeren Verfasser des Buchs „Verpönt, verschmäht, vergöttert“ über die Geschichte der AS Eupen bis Mitte der 1970er Jahre.

Nachfolgend das Interview mit Freddy Derwahl über seine Erinnerungen an Erich Heeren.

OD: Freddy Derwahl, Erich Heeren bezeichnete bei Länderspielen den Ball als „schwarz-weiß getupfte Lederkugel“. War das sein typischer Stil?

BRF-Reporter Erich Heeren (l) beim Interview mit der deutschen Boxlegende Max Schmeling (r). Foto: Jubiläumsbuch „60 Jahre Belgischer Rundfunk“

Freddy Derwahl: Ja, er war als Sportreporter ein ausgesprochenes Original. Er wollte niemandem nachplappern. Tausende ostbelgische Fußballfans kannten seine zugleich blumenreiche und knallharte Stimme. Die Hörer hatten den Eindruck, er stehe selbst als 12. Mann auf dem Feld, die Lederkugel am Fuß Richtung Tor.

OD: War er am BRF-Mikrofon jubelnd und zitternd ein Naturtalent?

Derwahl: Ursprünglich war er Maschinensetzer in der Druckerei Paul Kaiser und im Atelier des Grenz-Echo. Dann half er in der GE-Sportredaktion aus, fuhr mit Hans Kaivers der siegreichen AS von Hubert Vandormael hinterher und wurde später Mitglied der BRF-Sportredaktion.

OD: Es folgte die große Stunde des Regionalsports, richtig?

Derwahl: Nicht nur. Erich Heeren konnte ebenso mitreißend über Honsfeld wie über Anderlecht berichten. Unser Direktor Peter Moutschen schätzte ihn sehr, alle Belgien-Spiele mussten direkt übertragen werden. So war er in der Sowjetunion, in Albanien oder Israel dabei. Einige Jahre habe ich ihn als Co-Reporter begleitet: im Leipziger Volksstadion gegen die DDR, mit Anderlecht in Tottenham und Lissabon oder bei der Europameisterschaft in Frankreich. Tolle Zeiten!

Diese undatierte Fotoaufnahme zeigt Erich Heeren (Bildmitte) zusammen mit Hans Engels (l) und Freddy Derwahl (r) im Karnevalstrubel am Eupener Clown. Foto: privat

OD: Was zeichnete ihn besonders aus?

Derwahl: Er verstand es, Kontakte zu den ganz Großen zu knüpfen. Seine Interviews mit der deutschen Boxlegende Max Schmeling, mit dem Radchampion Eddy Merckx, dem Reiter Hans-Günther Winkler oder mit „Kaiser“ Franz Beckenbauer sind BRF-Geschichte. Jean-Marie Pfaff schätzte ihn besonders. Fritz Walter, der Weltmeister von 1954, reiste für ihn zu Vorträgen nach Eupen. Am meisten freute er sich jedoch, wenn ostbelgische Sportler in die Spitzenklasse stießen: Roswitha Emonts-Gast, Edgar Cüpper oder unsere Volley-Mädchen. In der reihum aufsteigenden AS waren Karli Franssen und Günter Brüll seine Favoriten. Unvergessen seine Reportage beim „Betrugs-Drama“ 1974 in Lokeren, als die AS Eupen mit Rainer Gebauer und Gerd Prokop von Schiedsrichter Robert Schaut um den Aufstieg in die 1. Division gebracht wurde.

OD: Im Karneval sah man das BRF-Duo Heeren-Derwahl ebenfalls in der Menge …

Derwahl: …nicht immer ganz nüchtern, aber todernst geht das auch nicht. Das hat viel Spaß gemacht. Beim ersten Altweiberumzug in Eupen mussten wir eine halbe Stunde warten, bis ein Leichenzug vorüber war. In einem Schneewinter zogen wir in roten Overalls mit dem Rosenmontagszug. Einmal kippte mein Kollege aus dem Wagen…

OD: Was war er persönlich für ein Mensch?

Der ehemalige BRF-Journalist Freddy Derwahl. Foto: Gerd Comouth

Derwahl: Vor allem ein treuer Freund, man konnte sich immer auf ihn verlassen. Er hatte ein gutes Herz und war ein überzeugter Unterstädter. In politischen Dingen konnte er aufbrausen, wenn er Unrecht und Opportunismus witterte. Er liebte den Eupener Wald, in dem er täglich mit seinem Hund spazieren ging. Zusammen mit seiner Schwester Ursel führte er ein glückliches Leben.

OD: Er wurde krank und musste mehrfach operiert werden. War der Abschied voraussehbar?

Derwahl: Noch am Abend vor seinem Tod habe ich ihn besucht. Sein Zustand war kritisch, doch erzählte er mit leuchtenden Augen, dass er Kaplan Calles um die Beichte gebeten habe. Als er letzten Freitagnachmittag erstmals wieder die hl. Kommunion empfing, hat er gesagt: „Jetzt bin ich so froh, Herrgott, dass Du zu mir gekommen bist“. (cre)

21 Antworten auf “Erich Heeren war der „Heribert Faßbender von Ostbelgien“ – Im Interview erinnert Freddy Derwahl an den mit 79 Jahren verstorbenen BRF-Sportreporter”

    • Atmosphäre

      Aber Erich Heeren brachte mit seiner starken Rundfunkstimme Atmosphäre in unsere Wohnräume. Er war fast immer ganz nahe am Geschehen, ob in Brüssel, Francorchamps oder Moskau.
      Seine gute und unüberhörbare Rundfunkstimme bleibt unvergessen.

      • So war das

        Zu Atmosphäre:
        So war das damals. In den 1960er, 1970er und 1980er wurde noch lange nicht jedes Fußballspiel live im Fernsehen übertragen, so wie das heute z.B. bei der AS Eupen (proximus oder voo) der Fall ist. Da war man sehr froh mit einer direkten Rundfunkübertragung, die Erich Heeren stimmungsvoll kommentierte.

  1. Chapeau – Hut ab. Der gute Erich Heeren hatte sich vom Maschinensetzer zum BRF-Sportreporter hochgearbeitet. Auch sein AS Eupen-Buch „Verpönt, verschmâht, vergöttert“ (gemeinsam mit Raymond Heeren) hat bei mir daheim einen festen Platz auf meinen Bücherregalen. Ruhe in Frieden.

      • Das stimmt

        Zu Buchautor:
        Das stimmt. IIch nehme heute noch gerne das Buch „Verpönt,verschmäht, vergöttert“ zur Hand und schwelge in schönen Fußball-Erinnerungen. Dieses Sachbuch war super gemacht.

    • Schwarz-weiss getupfte Lederkugel

      “ Der gute Erich Heeren hatte sich vom Maschinensetzer zum BRF-Sportreporter hochgearbeitet. “

      Wenn, umgekehrt, ein BRF- Sportreporter“ Maschinensetzer“ würde, könnte man das genau so gut sagen……

      • Erich Heeren hatte nun mal das Talent zu einem sehr guten und temperamentvollen Sportreporter. Er war lange Jahre die BRF-Stimme für den Sport. Er war sachlich sehr bewandert und brachte uns u.a. ferne Fußballspiele (z.B. von RSC Anderlecht) nahe. Danke.

    • Das Buch „Verpönt, verschmäht, vergöttert“ hat heute einen hohen nostalgischen Wert.
      Damals spielten noch Eupener Jungen mit. Das waren seinerzeit „Stadthelden“.
      Werner Pirard, Karl Franssen, Günter Brüll usw. zogen viele Fans an..

  2. Pensionierter Bauer

    Mit Erich Heeren verliert der BRF nun den dritten pensionierten Moderator in nur wenigen Wochen. Was der Guy Janssens für die Musik, die Inge Gerckens für die Senioren, dass war der Erich Heeren für den Sport. Er ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Jean-Marie Pfaff uns Deutschsprachigen innig liebt.
    Liebevoll wurde Erich von uns immer „der Whisky“ genannt.
    Ruhe in Friede, lieber Erich!

  3. Interview

    Ein sehr gelungenes Interview mit Freddy Derwahl, einem damaligen Weggefährten des rührigen Erich Heeren. Sehr schade, dass Freddy Derwahl nicht mehr für das GrenzEcho schreiben darf. Er hätte gewiss ein schönes Porträt über seinen verstorbenen Freund Erich Heeren verfasst.
    Das GrenzEcho hat mit Freddy Derwahl den besten Mitarbeiter gefeuert. Das war wohl ein klassisches Eigentor unserer Heimatzeitung.

  4. Zu Interview:
    Die Entlassung von Freddy Derwahl als freien Mitarbeiter ist wirklich ein Verlust für das GrenzEcho, denn seine Beiträge („Nachtnotizen“, Porträts usw.) wurden gerne gelesen und bisweilen stark beachtet.

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