Sport

Niederlande nach 2:1-Sieg gegen Türkei im Halbfinale – England bezwingt die Schweiz im Elfmeterschießen

06.07.2024, Berlin: Stefan de Vrij (Mitte r) von den Niederlanden köpft den Treffer zum 1:1. Foto: Sören Stache/dpa

AKTUALISIERT – Die Niederlande melden sich zurück: Durch einen 2:1-Sieg gegen die Türkei zieht Oranje ins EM-Halbfinale ein. Gegner ist England, das sich zuvor erst im Elfmeterschießen gegen die Schweiz durchgesetzt hatte.

Nervenstarke Niederländer haben im türkischen Hexenkessel von Berlin das EM-Halbfinale erreicht und die Türkei nach dem Wolfsgruß-Eklat aus dem Turnier geschossen. Das Team von Bondscoach Ronald Koeman gewann das hochbrisante Viertelfinale im Berliner Olympiastadion dank einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit 2:1 (0:1) und darf damit weiter vom zweiten EM-Triumph auf deutschem Boden nach 1988 hoffen.

Ausgerechnet Samet Akaydin (35. Minute), der für den wegen seines Wolfsgrußes gesperrten Merih Demiral in die Startelf rückte, hatte die Türken vor den Augen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und des ehemaligen deutschen Nationalspielers Mesut Özil in Führung gebracht.

06.07.2024, Berlin: Virgil van Dijk von den Niederlanden (l) und Baris Yilmaz von der Türkei im Kopfballduell. Foto: Michael Kappeler/dpa

Stefan de Vrij (70.) und ein Eigentor von Mert Müldür (76.) drehten die Partie und sorgten für eine ausgelassene Oranje-Party. Im Halbfinale warten am Mittwoch die bislang wenig überzeugenden Engländer. In der Nachspielzeit gab es noch Rot für die türkische Bank.

Für die Türken hat die EM nach den politischen Turbulenzen wegen des höchst umstrittenen Wolfsgruß-Jubels des daraufhin für zwei Spiele gesperrten Demiral auch sportlich ein bitteres Ende gefunden. Dabei hatten sie zunächst dem Druck getrotzt und waren über weite Strecken das leicht bessere Team gewesen. Den Traum vom ersten Halbfinaleinzug bei einer EM seit 16 Jahren zerstörten sie sich durch Unkonzentriertheiten in der Schlussphase.

Leidenschaftliche Türken, verspielte Holländer: Die Türken gingen mit reichlich Trotz in die Partie. „Wir werden sogar noch leidenschaftlicher und stolzer sein“, hatte Trainer Vincenzo Montella angekündigt, gleichzeitig von seinen Spielern aber auch gefordert: „Wir müssen unsere Emotionen drosseln.“

Wie wichtig diese Balance ist, zeigte die Anfangsphase. Die niederländische Offensive mit den trickreichen Cody Gakpo, Xavi Simons und Memphis Depay lief mit viel Tempo auf das gegnerische Tor zu, wirkte dabei aber oft zu verspielt. Die Türken verteidigten mit Zweikampfhärte und Leidenschaft – und erarbeiteten sich ab Mitte der ersten Halbzeit auch mehr Ballbesitz.

06.07.2024, Berlin: Kenan Yildiz (2.v.l) von der Türkei in Aktion gegen Memphis Depay (unten) von den Niederlanden. Foto: Sören Stache/dpa

Auch bei Standards von Hakan Calhanoglu, der nach abgesessener Gelbsperre im zentralen Mittelfeld neben dem Dortmunder Salih Özcan wieder Regie führte, kam Gefahr auf. So fiel auch die Führung: Nach einer Ecke des Ex-Bundesligaprofis landete der Ball bei Arda Güler, und der 19-Jährige servierte Torschütze Akaydin eine maßgeschneiderte Flanke auf den Kopf. Demiral applaudierte auf der Tribüne und lachte – auf eine erneute provokante Geste verzichtete er aber.

– Weghorst belebt das Oranje-Spiel: Bondscoach Koeman reagierte zur Pause und brachte Super-Joker Wout Weghorst für den enttäuschenden Steven Bergwijn. Der in der Vorsaison an Hoffenheim ausgeliehene Weghorst sorgte auch für mehr Schwung im Angriffsspiel von Oranje. Die Türken wagten sich nun weniger nach vorne, hatten durch Gülers Pfosten-Freistoß (56.) und Kenan Yildiz (65.) gute Chancen auf das 2:0. Doch dann folgte die erfolgreiche Aufholjagd für die in der Schlussphase deutlich besseren Niederländer. Sie hielten den anstürmenden Türken stand, vor allem Keeper Bart Verbruggen zeichnete sich entscheidend aus. (dpa)

England behält im Elfmeterschießen gegen die Schweiz die Nerven

Wie schon am Freitag in der Begegnung zwischen Portugal und Frankreich musste auch am Samstag im Viertelfinale zwischen England und der Schweiz die Entscheidung im Elfmeterschießen fallen. Die Three Lions hatten die besseren Elfmeterschützen.

06.07.2024, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Englands Harry Kane und Granit Xhaka (r) von der Schweiz kämpfen um den Ball. Foto: Marius Becker/dpa

Mit Rumpelfußball zum Erfolg. England kann trotz erneut dürftiger Performance weiter auf den ersten großen Fußball-Titel seit 58 Jahren hoffen.

Mit dem 5:3 im Elfmeterschießen über die Schweiz zog das Team von Trainer Gareth Southgate in das EM-Halbfinale ein. Nach 120 Minuten hatte es 1:1 gestanden. Vor 46.533 Zuschauer am Samstag in Düsseldorf glich Englands Bukayo Saka (80.) die Führung der Eidgenossen durch Breel Embolo (75.) aus.

Wie schon im Achtelfinale gegen die Slowakei (2:1 n.V.) wendeten die Three Lions das drohende EM-Aus spät ab. Kommender Gegner des als Mitfavorit gehandelten Starensembles ist am Mittwoch (21.00 Uhr) in Dortmund der Sieger der wenige Stunden später ausgetragenen Partie zwischen den Niederlanden und der Türkei.

Für die Eidgenossen ist dagegen der Traum von einem historischen Coup und dem ersten Einzug in die Runde der letzten vier Teams bei einer EM zu Ende. Nach bisher starken Auftritten in der Gruppenphase und dem überzeugenden Achtelfinal-Erfolg über Italien (2:0) fehlte das mit zahlreichen Bundesliga-Profis besetzte Team von Trainer Murat Yakin das Glück.

In seinem 100. Spiel auf der englischen Trainerbank verzichtete Southgate erneut auf Experimente in der Startelf – ungeachtet der vielen kritischen Stimmen über seine nahezu unveränderte Personalauswahl in den vergangenen glanzlosen Spielen.

06.07.2024, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Breel Embolo (2.v.r) von der Schweiz erzielt den Treffer zum 1:0. Foto: Arne Dedert/dpa

Doch zum Leidwesen von Tribünengast Prinz William und der vielen englischen Fans machte sich das Vertrauen des Trainers in seine Stammkräfte abermals nicht bezahlt. Zwar war das Team diesmal mehr um Kontrolle und Tempo bemüht, rief ihr Offensivpotenzial jedoch viel zu selten ab. Bei allen Versuchen, die gut organisierte gegnerische Abwehr ins Wanken zu bringen, mangelte es erneut an Ideen und Durchschlagskraft.

– Unbequeme Eidgenossen: Denn die Eidgenossen erwiesen sich als der erwartet unbequeme Gegner. Gemäß der Devise ihres Trainers Yakin kurz vor dem Anpfiff – «Wir erleben das nicht so häufig als kleines Land, wir wollen es genießen.» – spielten sie unverkrampft auf. Unbeeindruckt von kurzen Druckphasen der Engländer verloren sie nie die Ordnung.

So bekamen die Zuschauer in der ersten Halbzeit keine einzige zwingende Torchance zu sehen. Die Schweizer waren nur bei einer Hereingabe von Ruben Vargas (9.) der Führung nahe, die Dan Ndoye jedoch knapp verpasste. Auf der anderen Seite wurden zwei Schüsse von Kobbie Mainoo (16./44.) in höchster Not geblockt. Einziger Aktivposten in der englischen Offensive war Dribbelkünstler Bukayo Saka, dessen Zuspiele von der Außenlinie im gegnerischen Strafraum jedoch zu selten einen Abnehmer fanden.

– Erster Torschuss der Partie nach der Halbzeit: Der erste Schuss auf eines der beiden Tore gelang erst nach der Pause. Doch der Versuch des Schweizer Angreifers Breel Embolo in der 51. Minute aus kurzer Distanz bereitete dem englischen Keeper Jordan Pickford keine Probleme.

06.07.2024, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Fußball, UEFA Euro 2024, EM, England – Schweiz, Finalrunde, Viertelfinale, Düsseldorf Arena, Breel Embolo von der Schweiz (l) kommt gegen Englands Ezri Konsa (M) und Englands Torhüter Jordan Pickford zum Kopfball. Foto: David Inderlied/dpa

Diese kurze Aufregung änderte jedoch wenig an der Tristesse. Beide Teams scheuten weiterhin das Risiko und beschränkten sich auf wenige Offensivaktionen. Wenn überhaupt waren es die Schweizer, die ihr Glück versuchten. Und die Eidgenossen wurden belohnt. Nach Flanke von Ndoye war der ehemalige Schalker und Mönchengladbacher Embolo zur Stelle und drückte den Ball aus kurzer Distanz über die Linie.

Dieser Treffer sorgte für Belebung. Denn die Antwort der Engländer ließ nicht lange auf sich warten. Der erste Torschuss der Engländer von Saka bescherte mit Hilfe des Innenpfostens den Ausgleich – und die Verlängerung.

Dort prüfte zunächst Englands Declan Rice den Schweizer Torwart Yann Sommer mit einem wuchtigen Schuss aus der Distanz (95.). Kurz vor dem Ende der Verlängerung traf der eingewechselte Xherdan Shaqiri mit einem direkt getretenen Eckstoß das Aluminium (117.). Die Schweizer blieben am Drücker, ein Tor fiel in der Verlängerung aber nicht mehr. Im Elfmeterschießen hatten dann die Engländer die besseren Nerven. (dpa)

14 Antworten auf “Niederlande nach 2:1-Sieg gegen Türkei im Halbfinale – England bezwingt die Schweiz im Elfmeterschießen”

  1. Tapfere Türken, aber verdienter holländischer Sieg. Wenn sie jetzt noch gegen England gewinnen, war ihr Weg ins Finale mit relativ leichten Gegnern gepflastert. Aber dort wartet mit Frankreich oder Spanien dann der erste namhafte Gegner.

    • Nur mal so weg vom Fußball:
      Sie haben vielleicht festgestellt, dass diese Wesen, wie sie sie nennen, von einem populistischen Präsidenten aufgeputscht und für seine Zwecke instrumentalisiert werden.
      Denn mit einer breiten Brust und pseudopatriotischen Parolen kann man leicht von der eigenen
      Schwäche und Unfähigkeit ablenken.
      Hoffe, dass ähnliche große Führer in unseren Gefilden nicht verfangen.
      Schönen Sonntag

  2. Für mich ist nach den Verlängerungen das Spiel vorbei. An Stelle des Elfmeterspiels sollte man das Ergebnis würfeln oder eine Rund Mau-Mau spielen. Dieses anschließende Elfmeterspiel ist reine Glückssache.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern