Allgemein

Ein Fels in allen Brandungen: Zum Tode des ehemaligen Grenz-Echo-Chefredakteurs Heinz Warny – Ein Nachruf

Der frühere Grenz-Echo-Chefredakteur Heinz Warny in seinem Arbeitszimmer im Redaktionsgebäude am Eupener Marktplatz. Foto: privat

Der ehemalige Chefredakteur des Grenz-Echo, Heinz Warny, ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Der St. Vither leitete von 1985 bis Ende 2004 die Redaktion der einzigen ostbelgischen Tageszeitung. Ein Nachruf.

Wenn man neben Heinz Warny stand, musste man zwangsläufig glauben, dass dieser Baum von einem Menschen wohl 100 Jahre alt würde. Ich kann mich nicht erinnern, dass in den insgesamt fast 14 Jahren, in denen ich im Grenz-Echo beschäftigt war, Heinz Warny jemals krankheitsbedingt auch nur einen Tag gefehlt hat.

Ganz so robust war der Baum doch nicht. Schon mit 75 Jahren ist der ehemalige Chefredakteur des Grenz-Echos durch eine kurze, aber schwere Krankheit aus dem Leben gerissen worden.

Heinz Warny (r) bei seiner offiziellen Verabschiedung als Grenz-Echo-Chefredakteur am 30. Dezember 2004 mit seinem Nachfolger Gerard Cremer (l). Foto: privat

Dass man immer gedacht hatte, Heinz Warny würde sehr alt werden, ist womöglich auch darauf zurückzuführen, dass er nach außen zumeist den Eindruck erweckte, als könne ihn nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringen.

Er war immer da, hatte immer zu tun, machte alles mit Eifer und großer Leidenschaft, aber laut ist er nie geworden. Selbst wenn es um ihn herum in der Redaktion krachte, behielt er stets seine stoische Ruhe. Er war ein Fels in allen Brandungen.

Heinz Warny war noch ein Journalist der alten Schule, und das ist positiv gemeint. Das Schreiben war für ihn eine Berufung. Einer wie er war nicht Journalist von 8 Uhr bis 18 Uhr, er war es rund um die Uhr.

„Alte Dame vom Marktplatz“ zu mehr Pluralismus geführt

Normalerweise ist ein Chefredakteur voll ausgelastet, wenn er nur Chefredakteur ist. Heinz Warny war mehr als das. Wie alle anderen Redakteure machte auch er seinen Dienst in der politischen Redaktion. Damit signalisierte er den anderen Redakteuren, dass er einer von ihnen war und nicht einer über ihnen.

In der Zeit als Chefredakteur hat Warny die „alte Dame vom Marktplatz“, die einst im Verruf stand, ein „CSP-Kampfblatt“ zu sein, zu mehr Pluralismus geführt, auch wenn diese Öffnung einigen Parteien nicht weit genug ging.

Die Seite 1 des Grenz-Echo vom 24. Oktober 1973, dem Tag nach der Einsetzung des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) im Oktober 1973. Foto: OD

An dieser Stelle soll in erster Linie der Mensch in Erinnerung gerufen werden. Heinz Warny war ein liebenswerter Mensch. Obwohl wir beide unterschiedlicher nicht sein konnten, haben wir nie miteinander Streit gehabt. Er respektierte mich, ich respektierte ihn. Wir schätzten uns.

Gerne erinnere ich mich an meine ersten Monate als sein Nachfolger in der Funktion als Chefredakteur, in denen ich mich alle paar Wochen mit ihm im Ambassador Hotel Bosten in der Unterstadt zum Frühstück traf. Dabei erzählte er über die positiven und negativen Erfahrungen, die er in den 20 Jahren als Chefredakteur gemacht hatte. Der Mann hat nicht nur Bücher geschrieben, er war selbst ein Buch.

Weil Heinz Warny durch und durch Journalist war, hat mich auch nicht gewundert, dass er nach seiner Pensionierung weiter publizistisch aktiv geblieben ist. Er schrieb Artikel und Bücher – über das Leben und Wirken von Persönlichkeiten wie dem früheren Grenz-Echo-Direktor Henri Michel, genannt „Die Spinne“, oder dem ehemaligen Brüssel-Korrespondenten Kurt Grünebaum, aber auch über andere wichtige Zeitzeugen.

Alle fünf Jahre, wenn das Grenz-Echo wieder Jubiläum feierte, waren die Artikel von Heinz Warny ganz besonders gefragt, um die alten Geschichten und längst vergessenen Gesichter noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Ein echter St. Vither und vor allem ein überzeugter Belgier

Heinz Warny war ein echter St. Vither, vor allem war er ein überzeugter Belgier. Die Berichterstattung über das Inlandsgeschehen war ihm besonders wichtig. Und natürlich ließ er es sich nicht nehmen, die Innenpolitik fast täglich zu kommentieren. Wir Redakteure machten uns zwar manchmal darüber lustig, weil das Interesse an der belgischen Innenpolitik mit der Zeit nachließ, erst recht im Zuge der wachsenden Föderalisierung des Landes, jedoch ließ er sich dadurch nicht beirren. Er sah darin nach wie vor eine wichtige Aufgabe des Grenz-Echo.

Blick auf das Verlagsgebäude des Grenz-Echo am Marktplatz in Eupen. Foto: OD

Heinz Warny empfand es auch immer als eine besondere Ehre, jedesmal im Januar dem Neujahrsempfang des Königs im Brüsseler Palais beiwohnen zu können.

Als ich Anfang 2005 offiziell sein Nachfolger wurde, ging ich jedes Jahr im Januar mit der Einladung des Königlichen Palastes zu Heinz Warny, der nach wie vor sein altes Büro im Redaktionsgebäude am Eupener Marktplatz benutzte, und sagte ihm: „Heinz, von mir aus kannst du gerne an meiner Stelle zum Neujahrsempfang des Königs gehen, das ist nichts für mich“. Dann merkte ich, dass seine Augen leuchteten. Gerne nahm er mein Angebot an. Es gab für ihn nichts Schöneres, als unter den Kronleuchtern des Palastes mit Journalisten und Politikern zu plaudern.

Neben dem Neujahrsempfang beim König war auch der Pressetag vor der offiziellen Eröffnung des jährlichen Brüsseler Autosalons für ihn ein absolutes Highlight. Neben dem „GE-Wochenend-Magazin“ betreute er auch nach dem Ende seiner Zeit als Chefredakteur weiter die Seite „Auto-Motor“. So nahm er hin und wieder auch eine der von diversen Automobilherstellern  gesponserten Reisen in Anspruch. Richtigen Urlaub nahm er eigentlich nie. Überhaupt sprach er so gut wie nie über sein Privatleben.

Wahrscheinlich hätte Heinz Warny das, was er immer gerne und mit großem Engagement gemacht hat, noch etliche Jahre fortgesetzt. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Leider.

GERARD CREMER

14 Antworten auf “Ein Fels in allen Brandungen: Zum Tode des ehemaligen Grenz-Echo-Chefredakteurs Heinz Warny – Ein Nachruf”

  1. Ja, zu Zeiten des Herrn Warny hatte das GE noch viel Bedeutung in den Ostkantonen. Besonders seine Leitartikel waren gefragt. Das alles ist heute leider nicht mehr der Fall. Der Fortschritt und dessen Techniken schneiden der schreibenden Presse tief ins Fleisch! Wenn dann auch noch Ideenlosigkeit hinzukommt, dann sinken die Leserzahlen noch rapider. So wie heute wieder, Ellenlange Kommentare ohne Spritzigkeit, Servicemitteilungen am laufenden Band, die niemand mehr liest, da immer dasselbe, was auch der Kurier schon Jahrelang bringt. 1 1/2 Seite Kreuzworträtsel und jede Menge Reklamen. Viele aufgekaufte Artikel, die fast niemanden interessieren. Magere und mickrige Sportseiten. Was war das GE doch ein gefragtes Blatt zu meiner Jugendzeit. Aber jetzt, schon lange nicht mehr.

  2. Freddy Derwahl

    Lieber Gerard Cremer, danke für Deinen wunderbaren Nachruf auf unseren verstorbenen Kollegen Heinz. Da stimmt jedes Wort und berührt tief. Seit 1965 habe ich mit ihm zusammengearbeitet, mehr als ein halbes Jahrhundert. Er war immer der Umsichtige. Um Ostern schrieb er mir aus Spanien, wir müssten nach seiner Rückkehr auf dem Eupener Marktplatz noch ein Gläschen zusammen trinken…Traurig trinke ich es jetzt alleine. Seiner Frau und seiner Familie gilt meine herzliche Anteilnahme.

  3. Marion Schmitz-Reiners

    Ich kenne Heinz Warny seit Ende der 1980er Jahre, als der Grenz Echo Verlag die Brüsseler ‚Expat‘-Zeitschrift ‚Kontakt‘ (später BelgienMagazin) erwarb. Am meisten beeindruckt hat mich, neben seinem profunden Wissen, seine unerschütterliche Gelassenheit. Wenn ein(Druck-)Fehler in der Zeitung stand, war seine mit bedächtiger Stimme vorgetragene Reaktion stets: „Der Leser wird schon wissen, was wir meinen.“ Ein Satz, den ich mir zu eigen gemacht und mit dem ich auch meine Brüsseler Kollegen über manchen journalistischen Schnitzer hinweggetröstet habe. Heinz Warny war in der Tat ein Fels in der Brandung. Ruhe sanft, werter Kollege.

  4. Albert Gehlen

    Heinz Warny war ein liebenswerter Mensch, so schrieb Gerard Cremer. Und Oswald Schroeder setzt seinen Nachruf an mit den drei
    Attributen „bescheiden, unaufgeregt und heimatverbunden “ an . Einmütig sind auch alle Kommentare.
    Bleiben werde auf jeden Fall über die Jahre hinaus seine vielen Bücher. Darunter die Lebensbilder aus Ostbelgien sowie die
    Biografien über Henri Michel und Kurt Grünebaum. Danke für all dein Wirken und Schaffen !
    R I P werter Heinz Warny .

  5. Bruno Kartheuser

    und vor allem nicht zu vergessen: seine menschliche und politische Fairness! Für seine Zeitgenossen ist das Bewusstsein, ihn gekannt und erlebt zu haben, angenehm und tröstlich. Sein Menschenumgang und seine Urteile standen im Zeichen des Respekts und der Freundlichkeit. Er ruhe in Frieden.

  6. Still ruht die See

    Der Herr Warny war sicher kein schlechter Journalist einer Regionalen Zeitung. Aber ein Fels in der Brandung, den Titel finde ich übertrieben!? Richtige Brandungen hat er wahrscheinlich nicht sehr viele erlebt in seiner Laufbahn, und schon gar nicht auf dem Ländlichen und kleinen Teritorium, und weit weg von der grossen Politik.
    Mein Beileid gilt den Hinterbliebenen.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern