Politik

Wenn Journalisten sich langweilen, stellen sie die unwichtigste Frage: Wer wird Minister? [Kommentar]

28.08.2020, Belgien, Brüssel: Der königliche Beauftragte Egbert Lachaert (l), Vorsitzender der Open VLD, und König Philippe (r) stehen vor einem Treffen im Rahmen der Verhandlungen einer Regierungsbildung im Königspalast. Foto: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa

Was soll ein politischer Journalist in Belgien bloß schreiben, wenn am Tag des Erscheinens seiner Zeitung der königliche Beauftragte Egbert Lachaert (Open VLD) irgendwann König Philippe Bericht erstatten wird, vorher aber schon ein wichtiges Treffen der vier politischen Familien einer vielleicht künftigen „Vivaldi“-Koalition stattfinden soll, dessen Ausgang ungewiss ist?

Ganz einfach, er stellt die unwichtigste aller Fragen: Wer könnte in einer künftigen Koalition, die vielleicht „Vivaldi“ heißt, vielleicht aber auch „Avanti“, vielleicht aber auch gar nicht zustande kommt, Minister und wer Premierminister werden?

So ist das bei einigen (zum Glück nicht allen) Journalisten, wenn sie nicht wissen, was sie schreiben sollen, aber trotzdem etwas schreiben müssen, weil sonst ihr Verlagschef auf die Idee kommen könnte, dass sich ihr Platz in der politischen Redaktion nicht mehr rechnet und das Haus auch ohne sie auskommen kann.

17.08.2020, Belgien, Brüssel: König Philippe (l) und Joachim Coens (r), Vorsitzender der CD&V, tragen bei einem Treffen zur Regierungsbildung im Königspalast Mundschutz. Foto: Benoit Doppagne/BELGA/dpa

In Deutschland erlebt man so etwas auch immer wieder: Wenn in Berlin ein Korrespondent krampfhaft ein Thema sucht, stellt er ebenfalls die zu diesem Zeitpunkt wohl unwichtige Frage: Wer wird Kanzlerkandidat?

Doch zurück nach Belgien. Am Freitagmorgen veröffentlichte die Tageszeitung „La Dernière Heure“ einen Artikel mit der unwichtigsten aller Fragen: „Wer wird der nächste Premierminister?“ Alexander De Croo (VLD) und Koen Geens (CD&V) sollen die Favoriten sein, aber auch Paul Magnette (PS) und Sophie Wilmès (MR) seien noch im Rennen. So so…

Und weil die Zeitung schon mal mit Wetten auf den künftigen Premierminister beschäftigt war und ihr Journalist wohl noch immer etwas Langeweile hatte, legte sie noch am selben Tag nach mit einem weiteren Artikel unter dem Titel „Futur gouvernement: Le casting des ministrables“ (Nächste Regierung: Das Casting der möglichen Minister)…

Die eigentliche Frage ist doch: Hat König Philippe diesen Quatsch mit Soße auch gelesen? (cre)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf OD:

18 Antworten auf “Wenn Journalisten sich langweilen, stellen sie die unwichtigste Frage: Wer wird Minister? [Kommentar]”

  1. Ich glaube trotzdem, dass die Politiker gerade das, was Sie zu Recht „Quatsch mit Soße“ nennen, mit Genuss, ja sogar mit Gier lesen wollen. Insofern hat der Journalist sein Ziel erreicht.

  2. Josef Kante

    Wenn man die Politiker von heute mit denen von früher vergleicht, dann stellt man grossen Unterschied fest. Früher galt ein Wort auch ein Wort, heute lügen doese Leute das sich die Balken biegen. Eines haben sie sich angeheimst! Das ist die Entlohnung! Früher alles Ehrenamtlich! Heute lassen die sich noch die kleinste Runde an der Theke vom Bürger bezahlen! Haben zumeist ettliche und gut bezahlte Nebenposten in Kommissionen, Krankenhäuser, Polizei, und vieles andere dabei. Beim geringsten Wechsel von irgendeinem Job in eine andere Kommission fallen Entschädigungen etc an. Und gewiss keine kleinen Beträge. Zum Schluss bekommen sie eine Rente welche niemals ihrem ganzen Getue gerechtfertigt ist, und so ganz sicher nicht vom Wähler, Bürger und Steuerzahler gewollt ist, denn sie übertrifft dessen Rente um das zigfache! Es wäre höchste Zeit das zu ändern! Wenn denn nach alldem, unserm Belgien es glänzend ginge, und tolle Infrastrukturen im Lande herrschten, keine Schulden wären, und alles bestens? Aber gerade das alles lässt gross zu wünschen übrig!? Das Hinterlassen sie alles dem Steuerzahler, ohne Scham noch Demut.

  3. Politischenttäuscht

    Pierre ! Recht hast Du, aber der große Unterschied mit damals und heute : damals waren es einige Politiker. Heute sind sie es alle, angefangen mit den Lokal-und regionalpolitikern : nur eins zählt : Power & Money ! Der Bürger schon lange nicht mehr !!!

    • Politik ist ein Kampf um Macht.
      Das Geld kommt dann automatisch danach. Das galt damals, das ist heute so und es wird morgen so sein. Es ist leider in der menschlichen Seele drin. Seitdem die Grünen zb in der Wallonie an die Macht sind, werden hohe Beamte mit falscher Couleur einfach ausgetauscht gegen grüne Beamte. Haben alle anderen Parteien auch gemacht aber die taten zumindest nicht so als ob sie weisser wüschen als andere.

  4. Erfahrener

    Ich finde, die Politiker haben Recht keine Regierung zu bilden, solange haben die Minister Urlaub und bekommen ihr Geld ohne etwas zu tun. Ich sehe in meiner Nachbarschaft was Politiker leisten, ab und zu einen Artikel schreiben um sich bemerkbar zu machen, am Ende des Monats nen Batzen Geld kassieren und das wars. Ich bin absolut nicht neidisch aber so kommt ein Land bestimmt nicht mehr voran.

    • @Alfred, das soll kein Angriff sein. Wenn es nach den Nachrichten von Schland über die wirklich wahre Wahrheit und seinem Expertentum für alle Themen geht, liegt doch seine Qualifikation auf der Hand. Nachdem er den angekündigten Mistgabel-Marsch auf die Bastionen des Systems offenbar nun doch nicht durchführt und, soweit man weiß, zwar dazu aufruft, aber unsinnige Klagen nicht selbst einreicht, scheint er sich zu einem gewaltfreien und gemäßigten Idealkandidaten entwickelt zu haben.

  5. Vereidiger

    Herr Cremer, wie oft haben Sie nicht schon versucht, in Ihren Artikeln zu spekulieren? Auch die Frage nach dem „Ostbelgier des Jahres“ auf dieser Seite gehört bestimmt zu den unwichtigsten Fragen… Ich würde nie behaupten, dass bei Ihnen Langeweile die Triebfeder wäre, aber ein gewisses Eigeninteresse (Provozierung von Klicks und Kommentaren) steckt schon dahinter.

  6. Auflösung!

    Deswegen sind die Ostbelgischen Medienleute so besessen auf die PK’s der Eupener Regierung! Wenn diese Leute dann noch so schlau wären, mit bohrendenden und Nervenden Fragen etwas Stimmung unterm Dachgeschoss zu erzwingen!? Aber flöte Birnen! Dann bekämen Sie beim nächsten mal sicher keine Häppchen und Cocktails mehr! Belgien, ein Land der Kompromisse, und „laissez faire“! Das spiegelt sich fast in allem wieder was im und ums regieren und Politik zu tun hat! Siehe u a der Prozess von z Zeit in Lüttich, wo nach 10 langen Jahren noch immer nichts für die Opferfamilien geregelt ist, Tueurs de Brabant seit 30 Jahren, FORTIS Affaire und Sparerbetrug in 2008, und so vieles mehr!
    Wenn denn nun mal da einer von diesen Spezialisten die Initiative ergriff!?? Politiker oder Journalisten, diese und viele andere Sachen immer wieder unter’s Folg brächten, man sollte meinen, da muss doch endlich was passieren das sowas nicht mehr vorkommt!? Aber pfeifft drauf…..man lässt laufen was läuft! Einer beschützt den andern genau wie bei den Mafiosis! Eine Hand wäscht die andere!
    Aber wohl der kleine Mann, dem werden die Rechnungen unterschoben! Der muss von 1.000 Euro Rente leben! Und die da oben, was bekommen die?

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