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Nach einem Jahr in Haft: Die Türkei lässt Journalist Deniz Yücel frei

Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel und seine Frau Dilek nach Yücels Freilassung aus dem Gefängnis. Foto: Can Erok/DHA-Depo Photos/AP/dpa

AKTUALISIERUNG – Auf einmal ging alles ganz schnell. Nach mehr als einem Jahr in türkischer Haft ist der Journalist Deniz Yücel auf freiem Fuß und steht kurz vor der Ausreise aus der Türkei.

Der freigelassene Journalist Deniz Yücel steht kurz vor der Ausreise aus der Türkei. Er sei auf dem Weg zum Flughafen in Istanbul, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag in Berlin. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe geholfen, „Türen aufzumachen in Istanbul“. Schröder sei zweimal dort gewesen.

Gabriel sprach in den Räumen der „Welt“, für die Yücel als Türkei-Korrespondent gearbeitet hat. Für den Auftritt an der Seite von Chefredakteur Ulf Poschardt und Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner reiste der Minister kurzfristig von der Münchner Sicherheitskonferenz an.

16.02.2018, Berlin: Mathias Döpfner (l-r), Vorstandsvorsitzender Axel Springer SE, Sigmar Gabriel, Bundesaußenminister (SPD), und Ulf Poschardt, Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“, äußern sich auf einer Pressekonferenz im Newsroom der „Welt“ zur Freilassung von Deniz Yücel. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Yücel sei frei, hatte die „Welt“ zuvor bei Twitter geschrieben. Yücels Anwalt Veysel Ok twitterte ein Bild des Journalisten, auf dem er seine Ehefrau Dilek Mayatürk Yücel umarmt. „Endlich!!! Endlich!!! Endlich!!! Deniz ist frei!“, hatte sie kurz zuvor bei Twitter geschrieben. Dahinter setzte sie ein Herz. Der „Welt“ zufolge wurde keine Ausreisesperre verhängt.

Der Fall Yücel war zuletzt der größte, aber nicht einzige Streitpunkt im Verhältnis zur Türkei. Yücel hatte sich am 14. Februar 2017 freiwillig der Justiz gestellt und war kurz darauf wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden – bis zum Freitag ohne Anklageschrift.

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, das 32. Strafgericht in Istanbul habe die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft am Freitag angenommen. Die Staatsanwaltschaft fordere darin wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ zwischen vier und 18 Jahre Haft. Zugleich habe das Gericht die Freilassung Yücels aus der Untersuchungshaft angeordnet, meldete Anadolu weiter.

Der Türkei-Korrespondent der „Welt“, Deniz Yücel, aufgenommen in Berlin während der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“. Foto: Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/dpa

Das ist kein unübliches Verfahren in der Türkei: Gerichte können zu Beginn eines Verfahrens oder auch davor die Freilassung von Verdächtigen aus der Untersuchungshaft verfügen. Aus türkischen Behördenkreisen hieß es, die Freilassung sei „vollständig nach rechtsstaatlichen Prinzipien“ erfolgt. „Es hat keinerlei politische Einmischung gegeben.“

Gabriel hatte zwei Mal geheim den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen, um eine Verfahrensbeschleunigung für Yücel zu erzielen. In Berlin sagte Gabriel: „Ich kann Ihnen versichern, es gibt keine Verabredungen, Gegenleistungen, oder, wie manche das nennen, Deals in diesem Zusammenhang.“

Bundeskanzlerin Merkel sagte mit Blick auf Yücel in Berlin: „Ich freue mich natürlich für ihn, ich freue mich für seine Frau und die Familie, die ja ein sehr, sehr schwieriges Jahr der Trennung aushalten mussten.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass die Freilassung „Bedingungen schafft, die zu einer Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen führen“.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, es sei noch zu früh, um aus der Freilassung Schlussfolgerungen für das deutsch-türkische Verhältnis zu ziehen. Der Fall Yücel habe zwar eine besondere Bedeutung. Er sei aber „natürlich nicht das einzige Thema, wo es Dissonanzen gibt zwischen der Bundesregierung und der türkischen Regierung“.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sitzen noch fünf Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei in Haft. Ihre Namen werden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt. Die Bundesregierung fordert ihre Freilassung.

14.02.2018, Berlin: Der Schauspieler Mark Waschke liest im Festsaal Kreuzberg aus dem Buch „Wir sind ja nicht zum Spaß hier“ des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sagte, die Beziehungen zu Deutschland seien auf dem Wege der Besserung. „Es scheint, dass heute einige Probleme in den deutsch-türkischen Beziehungen der letzten Zeit gelöst wurden“, zitierte ihn Anadolu. Yildirim nimmt derzeit an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Beide Seiten würden nun gemeinsam Schritte unternehmen, um ihre Beziehungen zu verbessern. „So Gott will, werden sie besser werden.“

Merkel erinnerte aber an die Menschen, die in der Türkei weiter aus politischen Gründen inhaftiert sind. „Wir wissen, dass es noch weitere, vielleicht nicht ganz so prominente Fälle von Menschen gibt, die in türkischen Gefängnissen sind. Und auch für sie erhoffen wir eine schnelle Behandlung der Rechtsverfahren und Rechtsstaatlichkeit.“

Unter den Inhaftierten sind auch viele Journalisten. So wurden am selben Tag, an dem Yücel freikam, die türkischen Journalisten Mehmet und Ahmed Altan sowie Nazli Ilicak zu lebenslanger Haft wegen angeblicher Nähe zu dem Prediger Gülen verurteilt.

Der in den USA im Exil lebende Gülen wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch von 2016 verantwortlich gemacht. (dpa)

15 Antworten auf “Nach einem Jahr in Haft: Die Türkei lässt Journalist Deniz Yücel frei”

  1. Alfons Van Compernolle

    Es wird auch langsam Zeit !!!! Und nun noch Erdogan & sein Verein fuer eine laengere Zeit in den Knast.
    Es ist unglaublich, was dieser Mensch Erdogan aus Macht & Geldgeilheit alles ungestraft veranstalten darf! Solange diese Typen dort an der Macht sind, Keine Visumfreiheit-keine EU.Mitgliedschaft!
    Und RAUS aus Syrien mit den Tuerken !!!!

  2. 1,2oder3

    @ Alfons Van Compernolle
    „Es wird auch langsam Zeit !!!!“
    ???Ist das Ihr ernst???!!!!
    Ich habe mir erhofft, der Edogan würde diesen Typen in seinem Loch Verrecken lassen.
    http://www.epochtimes.de/politik/deutschland/inhaftierter-welt-journalist-yuecel-freude-ueber-deutschensterben-und-sarrazin-naechsten-schlaganfall-gewuenscht-a2060022.html7
    Finden Sie das etwa gut/lustig oder so?
    Und was wissen Sie schon über Edogan?
    Habe Sie sich jemals nur eine einzige Rede von ihm angehört. Dafür muß man nicht einmal Türkisch können, es gibt genügend Übersetzungen
    Nein, ich bin kein Türke, kurde oder sonst soetwas um Ihnen das mal vorweg zu nehmen.
    Ich bin auch kein Fan von Edogan und will den hier bestimmt nicht in schutz nehmen aber da gibt es noch ganz andere Kandidaten da draußen, die wesentlich mehr dreck anstecken haben.
    mfg

    • Ja, ich habe zig Reden von Erdogan gehört:
      Mein Fazit:
      Erdogan ist ein islamistischer, nationalistischer Aufwiegler und Despot.
      Zum Zeitpunkt der Freilassung von Yucel wurden 3 andere Journalisten zu lebenslanger Haft verurteilt. Über 100 weitere Journalisten sitzen grundlos im Gefängnis. Tausende Lehrer, Beamte, Wissenschaftler wurden entlassen. Oppositionspolitiker sitzen zu dutzenden im Gefängnis. Kritiker der Invasion in Syrien werden inhaftiert,…
      Erdogan betreibt eine radikale Islamisierung der Türkei und beschneidet die Freiheitsrechte des Volkes. Erdogan leugnet den Völkermord der Osmanen an den Armeniern.
      Was nochmal finden sie jetzt an Erdogan so toll Herr Dr. ?

    • Ach ja noch etwas. Es gibt Kommentatoren, die sich nicht scheuen, rassistische und gewaltverherrlichende Parolen zu posten. So schrieb jemand im Zusamnenhang mit den rassistischen Anschlägen in Italien: „Endlich, es hat begonnen“.
      Der Kommentar von Yucel zu Sarrazin war deplatziert und nicht akzeptabel.
      Rassistische Kommentare und Applaus für Gewalt an Ausländern ist noch viel perfider un€ menschenverachtender Herr Dr.

    • deuxtrois

      Hier wird doch immer behauptet, man müsste unschöne Meinungen in einer Demokratie ertragen.
      Dem stimme ich hier, in diesem Beispiel von Deniz zu.
      Aber jemanden grundlos und ein Jahr lang ohne Anklage irgendwo sitzen lassen, kann man nicht ertragen.

      Egal wie viel Sympathien man für Deniz Yücel hat oder nicht. Die Kritik an Sarrazin war sehr asozial und deplatziert. Aber ein Deutschlandhasser? Denke ich nicht.
      Es macht schon Sinn, seine Aussagen in dem Kontext zu sehen, in dem sie gemacht worden sind.

  3. Polarlicht

    1,2,oder 3 ….das was man über diesen selbsternannten Despoten in den Nachrichten hört, reicht doch wohl vollkommen??!! Erdogan und seine Großkotzreden ?! Yuecel hat nix getan, und das weiß die ganze Welt! Genau wie all die anderen Menschen, die willkürlich von der Türkei inhaftiert worden sind

  4. der nette Yücel

    Yücel schrieb im Dezember 2012 über Sarrazin:

    „So etwa die oberkruden Ansichten des leider erfolgreichen Buchautors Thilo S., den man, und das nur in Klammern, auch dann eine lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur nennen darf, wenn man weiß, dass dieser infolge eines Schlaganfalls derart verunstaltet wurde und dem man nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten.“

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