Politik

DG-Abgeordnete erhalten Einblick in TTIP-Akten – Leseraum eine Farce?

Das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) stößt mehr denn je in Europa auf Skepsis. Foto: Shutterstock

Belgiens Außenminister Didier Reynders (MR) hat dem Parlament der DG mitgeteilt, dass die Mitglieder von Ausschuss I Einblick in Unterlagen zu den Verhandlungen über ein transatlantisches Abkommen TTIP zwischen der EU und den USA erhalten. PDG-Präsident Karl-Heinz Lambertz (SP) begrüßte diese Öffnung ausdrücklich, welche Kritiker hingegen für eine Farce halten.

Angesichts des großen Interesses für die laufenden Verhandlungen über das transatlantische Handelsabkommen TTIP, schrieb Außenminister Reynders, “ ist die größtmögliche Transparenz unentbehrlich, um das Vertrauen in die Verhandlungen aufzubauen und die entsprechende Unterstützung zu bekommen“.

Auf Drängen der Mitgliedsstaaten, darunter auch Belgiens, sei die Europäische Kommission um Transparenz bemüht, heißt es in einer Pressemitteilung des DG-Parlaments.

Vertreter der Mehrheit im PDG (v.l.n.r.: Lydia Klinkenberg, Gregor Freches, Alexander Miesen, Charles Servaty und Alfons Velz) bei einer Pressekonferenz zum Thema TTIP Ende September 2015. Foto: OD

Vertreter der Mehrheit im PDG (v.l.n.r.: Lydia Klinkenberg, Gregor Freches, Alexander Miesen, Charles Servaty und Alfons Velz) bei einer Pressekonferenz zum Thema TTIP Ende September 2015. Foto: OD

Bisher waren die konsolidierten Texte nur den dazu ermächtigten Beamten der EU-Mitgliedsstaaten im Lesesaal der EU-Kommission oder in den US-Botschaften zugänglich. Wegen der Brisanz der Debatte und unter dem Druck der Mitgliedsstaaten wurde die Möglichkeit der Akteneinsicht nun erweitert. Die USA gaben ihre Zustimmung zur Einrichtung von Leseräumen in den einzelnen Mitgliedsstaaten.

Jeder Mitgliedsstaat hat nun einen Lesesaal eingerichtet, der auch den Parlamenten zugänglich ist. In Belgien haben alle mit TTIP befassten Parlamentsmitglieder Zugang, jeweils nach dem „Need-to-know-Prinzip“, und deshalb ist der Zugang auch den Mitgliedern von Ausschuss I (für allgemeine Politik, Petitionen, Finanzen und Zusammenarbeit) des Parlaments der DG gestattet.

Als „Need-to-know-Prinzip“ klassifiziert man das Vorgehen, nur so viel Informationen preiszugeben, wie für eine reibungslose Prozedur notwendig sind.

Der Leseraum ist in Brüssel im belgischen Föderalen Dienst Auswärtige Angelegenheiten eingerichtet. Der Zugang ist strikt geregelt, ebenso wie das Verfahren zur Einsicht der Dokumente, die weiterhin der strengsten Vertraulichkeit unterliegen.

Demonstration gegen TTIP in Eupen am 6. Juni 2015. Foto: OD

Demonstration gegen TTIP in Eupen am 6. Juni 2015. Foto: OD

Gerade deswegen ist diese vermeintliche Transparenz nach Meinung von Kritikern in Wirklichkeit gar keine. Vor allem in Deutschland gibt es viel Kritik. Auch im Bundestag in Berlin gibt es seit dem 1. Februar 2016 einen Leseraum. „Besser das als gar nichts“, sagen die einen, „eine Farce“, beklagen andere.

„Man darf kein Handy mitnehmen, man darf keine Abschriften tätigen, wir haben keine Möglichkeit, diese Dinge mit unseren Mitarbeitern zu besprechen, was dringend notwendig wäre“, meinte ein Bundestagsabgeordneter der Fraktion „Die Linke“: „Es handelt sich ja um juristische Fachtexte auf Englisch, die ein normaler, auch englischsprachiger Mensch gar nicht versteht — da braucht man die entsprechenden Fachleute. Also alles, was wir dort erleben, lässt den Schluss zu, dass die geforderte Transparenz nicht hergestellt wird.“ (cre)

30 Antworten auf “DG-Abgeordnete erhalten Einblick in TTIP-Akten – Leseraum eine Farce?”

  1. MANDATAR

    Gestern sah man unsern grossen und lachenden Präsidenten noch beim Herrn Tusk. In Funktion des Vizes der EU Regionen. Über welchen Witz er da lachte? Die anderen dagegen eher was säuerlich! Jetzt hat er ja Arbeit genug um den/die ganzen Schmöker von TTIP durch zu lesen.

  2. BRISANZ Hoch Drei!

    Äusserst brisant, diese Vorgänge! Warum müssen solche weitgehende Sachen so der massen an der Nase des Volkes vorbei beraten und beschlossen werden!? Ein Schelm der böses dabei denkt!?
    Die mehr als allergrosse Mehrheit der Betroffenen, ob positiv oder negativ, dass ist das Volk, die Bürger!

    Und diese sind das Volk!
    Nicht ein paar, wenn auch schlauere Parlamentarier und/oder Minister!
    Daher muss das Volk hier ganz genau hinschauen, was oben darin tut!
    Es steht all zu vieles auf dem Spiel für uns!

  3. Schlechtmensch

    Bei diesen Bedingungen würde mir als Abgeordneter die Entscheidung sehr leicht fallen. Nein! Ich kann auch keinen Vertrag unterschreiben ohne ihn vorher in Ruhe durchzulesen. Was soll das alles? Es ist doch offensichtlich dass die Bevölkerung hier massiv verarscht werden soll. Da muss ich doch als Politiker nicht lange nachdenken um so etwas abzulehnen. Alles nur eine billige Show!

  4. Da gibt es nur eins: Sofort ablehnen, danach komplett neu verhandeln. Aber mit ganz anderen Rahmenbedingungen.
    Man gaukelt eine Transparenz vor, damit auch die hiesigen Abgeordneten nicht einsehen können, was sie da wirklich unterschreiben. Die Texte sind teilweise so schwammig formuliert, dass es ohne einen Rechtsexperten nahezu unmöglich ist den Text zu interpretieren. Er hinterlässt viele Hintertüren, aber genau das ist und war von Anfang an das Ziel der Großkonzerne.
    Die hätten es natürlich am liebsten gesehen, wenn von TTIP niemand dieser „blöden Wähler“ Wind bekommen hätte und man den Vertrag ohne weiteres unterzeichnet hätte.

    • Schlechtmensch

      Man kann sich nur noch dagegen wehren wenn man die ganzen korrupten Regierungen aus den Ämtern jagt. Dabei spielt es keine Rolle wen man wählt, Rechte, Kommunisten, graue Panther, Spassparteien, Piraten etc…

      • Es fehlt im allgemeinen ideologie-freie Partei, die gegen Korruption vorgeht, und eben auch nur dagegen! Die Stimmen des Volkes wären garantiert.

        Die Piraten z.B. blieben beim Thema Internet/Datenschutz und waren dort sehr gut aufgestellt. Danach haben sie sich beim Festlegen von Positionen in anderen Bereichen selbst abgeschossen und sind in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht, schade.

          • Sie müssen mir nicht in jedem Beitrag sagen, welche Parteien mir zusagen und welche nicht, denn Sie könnten gar nicht falscher damit liegen.
            Ich befürworte keine einzige der etablierten Parteien, da keine das ausspricht, was mir wichtig wäre, auch nicht die Linken. Die sind genauso populistisch in ihren Forderungen wie eine AfD, und fällt damit durch. Die Grünen haben gute Ideen, aber in Realität kaum bis gar nicht durchsetzbar.

            • Réalité

              Finde es schon komisch, systray, dass Sie mir schreiben: Sie müssen mir nicht in jedem Beitrag schreiben welche Parteien….usw!?
              Es war soeben das erste mal!
              Habe aber wohl schon “ jemanden anderen“ solche ähnliche Sätze geschrieben! Derjenige ist der „Linken Mentalität“ eher positiv gesonnen!?

    • Baudimont

      @systray Es fehlt kein ideologie-freie Partei, die gegen Korruption vorgeht: „Parti Libertarien“ ist gegen Korruption und hat die Freiheit des Einzelnen als oberstes Ziel. „Parti Libertarien“wird nur das
      beschließen, was dem Bürger mehr Freiheit bringt.
      „Parti Libertarien“ will die Macht wieder in die Hände der Bürger
      vor Ort zurückgeben.

      Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP = Diktatur der Konzerne.
      Freien Menschen und freie Märkte (wenn alle Bürger frei entscheiden können) brauchen KEIN riesiges Abkommen wie TTIP.
      Sofort ablehnen !

    • Daran ist nichts lustiges, denn der Lesesaal ist ausschließlich für Abgeordnete.
      Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eben, wie im Artikel erwähnt, keine Fachleute Zugang zu den Dokumenten bekommen.
      Also kann es hier nur so sein, dass die hiesigen Parteien lügen, wenn sie behaupten würden, den Inhalt zu verstehen. Die Linke ist hier wenigstens ehrlich und sagt, dass sie es in diesem Rahmen nicht möglich machen könnten.

      • @ systray

        Den „Fachleuten“ sind die Inhalte doch bekannt, schliesslich haben sie die den Politikern doch diktiert.
        Jeder Abgeordnete der noch rudimetäre Ahnung davon hat was ein Gewissen ist muß dieses Abkommen ablehnen.

  5. Zaungast

    In der Tat! Wie weiter oben schon gefordert, eine solche „Transparenz“, die ihrem Namen hohnspricht, erlaubt nur einen Schluss: Ablehnung.

    Jeder Parlamentarier, der trotzdem mit Ja stimmt, macht sich selbst zur Marionette.

    Es bleibt zu hoffen, dass sich doch noch der eine oder andere Snowdon finden wird, der den Mut hat, die Gründe für diese Geheimiskrämerei nach außen zu tragen. Oder bin ich da zu optimistisch?

    • Johann Klos

      Werter Zaungast,

      Das sind Sie, das sind Sie.

      Erwarten sie gar nicht das auch nur ein Einzelner aus der derzeitigen Koalition im PDG gegen dieses Abkommen stimmen wenn es denn so aussieht als würde auf föderaler Seite zugestimmt.

      Der arme Kerl wäre politisch tot ( eventuell nicht nur politisch). Dazu fehlt denen alle der Mum. Den meisten wohl auch weil Sie gar nicht durchblicken werden.

      Da es mittlerweile schon eine Unmenge an Stimmen aus den Völkern gegen TTIP gibt übrigens auch in den USA wird die Entscheidung wohl bis nach den Wahlen in Amerika verschoben.

      Wie sehr der werte “ Super Mario der SPD seinen Kopf in den Wind hängt lesen Sie bitte hier:

      http://www.flassbeck-economics.de/freihandel-ueber-alles-aber-kein-dumping-stahl-aus-china/

      • Zaungast

        Danke für den Hinweis. Sehr guter Artikel. Tifft den Nagel auf den berühmten Kopf. Wer selbst masslos („Deutsche Exporte im letzten Jahr erneut gestiegen“) vom Freihandel profitiert, ist ganz einfach schizophren, wenn er den anderen Ländern das Recht anspricht, auch ihrerseits ihre „Wettbewerbsfähigkeit“ zu steigern. Den Griechen etwa haben gerade die Deutschen doch immer wieder gepredigt, sie sollten eben diese „Wett…“ durch allerlei Maßnahmen steigern. Aber wie das so ist: Wenn zwei das Gleiche tun…“

  6. Mit 66 Jahren da hat man Spaß daran

    Verträge, die nicht in soviel Exemplaren erstellt und ausgehändigt werden wie Vertragsparteien vorhanden sind, sind nach allgemeinen Rechtsgrundregeln ungültig. Auch binden Verträge, deren Kenntnis bei den Vertragsparteien vor Vertragsabschluss nicht gewährleistet ist, diese Parteien nicht, da sie sich auf Vertragsirrtum berufen können. Somit sind komplizierte und für die meisten Parteien schädliche Annulierungsprozeduren vorprogrammiert. Wahrscheinlich sind die einzigen, die sich dabei schadlos halten (wie bei der Bankenkrise) wieder einmal die USA und die Briten.
    Komisch , dass in Europa auch diesmal auf allen Ebenen die politischen Familien parlamentarische Transparenz heucheln, die ihre jeweiligen Länder auch skrupellos den arabischen und afrikanischen Horden ausliefern, obwohl schon vorher feststeht, dass sie dem Vertragswerk zustimmen werden.
    Auf allen Ebenen und bei allen Sachthemen die gleiche politische und undemokratische Skrupellosigkeit !

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