Gesellschaft

Dexia ein Fass ohne Boden? Fred Evers: „Belgien hat keine andere Wahl“

Die Dexia Holding steht schon lange im Regen - und es hört nicht auf... Foto: dpa

Der Eupener Ehrenbürgermeister und künftige Finanzschöffe Fred Evers war von 1980 an bis vor kurzem Mitglied des Verwaltungsrates der Gemeindeholding bzw. der Dexia Holding, für deren Überleben der belgische Staat jetzt wieder mit einer Milliarden-Finanzspritze geradestehen muss. Laut Evers hat Belgien keine andere Wahl. Eine Pleite der Holding hätte viel schlimmere Folgen.

Angefangen hat der Überlebenskampf von Dexia mit der Immobilienkrise in den USA. Bis dahin hatten alle Beteiligten mit den Hauskrediten in den Vereinigten Staaten tolle Geschäfte gemacht, die auch den Anlegern, darunter die belgischen Gemeinden, satte Divisidenden einbrachten. „Man darf nicht vergessen“, so Evers gegenüber „Ostbelgien Direkt“, „dass die belgischen Gemeinden früher jedes Jahr insgesamt mehr als 100 Milliarden Franken erhielten.“

Unvorsichtig und viel zu risikoreich

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Fred Evers (Bildmitte) war von 1980 an bis vor kurzem Mitglied des Verwaltungsrates der Gemeindeholding bzw. Dexia Holding. Archivfoto: Gerd Comouth

Auf die Frage, wer denn für die Dexia-Katastrophe letztlich verantwortlich sei, sagte Evers: „Es gibt meiner Ansicht nach zwei Schuldige: Dies sind zum einen die Verantwortlichen der Dexia Bank, die seinerzeit die faulen Kredite der Amerikaner gekauft haben. Als diese Kredite den Europäern angeboten wurden, glaubten die hiesigen Banken, damit gute Geschäfte machen zu können. Das war aber ein Trugschluss.“

Banken wie Dexia hätten sehr unvorsichtig gehandelt, indem sie ein viel zu großes Risiko eingegangen seien, so Evers: „Aber auch die Anleger sind schuld, denn damals war von den Anlegern keiner mit 5 oder 6 Prozent zufrieden, sondern alle wollten eine Rendite von 8 oder 9 Prozent haben. Wir als Anleger haben also die Banken praktisch dazu gezwungen, Geschäfte mit möglichst hohen Erträgen zu machen, die aber sehr risikoreich waren, wie sich dann ja auch herausgestellt hat.“

Möglichst sanfter Tod für „Bad Bank“

Dass der belgische Staat jetzt schon zum dritten Mal Milliarden in die Dexia Holding pumpen muss, zusammen mit Frankreich und Luxemburg, ist laut Evers unvermeidbar: „Die Staaten haften ja. Würde also die Dexia Holding pleite gehen, würde sie das noch viel mehr Geld kosten. Der einzige Weg ist, dass man versucht, der Dexia Holding, die eine sogenannte ‚Bad Bank‘ ist, zu einem möglichst sanften Tod zu verhelfen. Man darf jedoch nicht Dexia und Belfius vergessen. Das sind zwei Paar Schuhe.“

Die Dexia-Krise wird Evers demnächst auch zumindest indirekt in seiner Eigenschaft als Finanzschöffe der Stadt Eupen zu spüren bekommen: „Die Gemeinden bekommen heute keine Dividende mehr, so wie das früher der Fall war. Ich kenne die Zahlen jetzt nicht auswendig, aber für Eupen sind das schon einige Hunderttausend Euro pro Jahr, die weggefallen sind.“ (cre)

8 Antworten auf “Dexia ein Fass ohne Boden? Fred Evers: „Belgien hat keine andere Wahl“”

    • AltEupener

      „Heftig“ ist gar kein Ausdruck, sagt ein „AltEupener“, dem nicht mehr viel Zeit „zum Abhauen“ bleibt.
      Jüngeren Ostbelgierinnen und Ostbelgiern empfehle ich, schnellstmöglich nach Australien oder Neuseeland abzuhauen, denn dort wird es „weniger heftig“ als hier werden…

  1. Evers trägt wie alle anderen Verwalgtungsräte eine persönliche Mitschuld. Immerhin hat auch er es soweit kommen lassen. Grenzenlose Profitgier der Gemeinden ohne Rücksicht auf Verluste. Viel zu hohe Risiken eingegangen ohne ausreichende Fachkenntnis. Und wer darf am Ende dafür gerade stehen? Richtig: die Allgemeinheit. Alle belgischen Steuerzahler! Danke, Herr Evers und Konsorten!

  2. Frank Bosch

    „Ich kenne die Zahlen jetzt nicht auswendig, aber für Eupen sind das schon einige Hunderttausend Euro pro Jahr, die weggefallen sind.” Ein Eupener Ex- und Ehrenbürgermeister, langjähriges Aufsichtrats-Mitglied in der Gemeindeholding und zukünftiger Finanzschöffe der Stadt Eupen kennt den Betrag nicht, den „seine“ Holding der Stadt Eupen über Jahre hinweg ausgezahlt hat ….

    • Ich finde das Ganze auch eine riesen Sauerei.
      Zum Glück hat zumindest der Büllinger Bürgermeister Wirtz der Gier damals wiederstehen können…

      Traurig finde ich, dass nach den „Bankenkrise“ 2008 keinerlei Regulierungen für die Banken gesetzlich festgelegt wurden.
      Das Zocken auf Kosten der kleinen Bürger ist aktuell im vollen Gange.
      Wenn ich mir anschaue welche Bonuszahlungen die Bankmanager auch in diesem Jahr wieder erhalten, wird mir schlecht.

      Die Notenpressen laufen weltweit auf Hochtouren.

      Ich frage mich auch wo die Reise hingeht und investiere nur noch in Sachwerte (Immobilien, Edelmetalle, Aktien von soliden Unternehmen wie Nestle, BASF, Novo Nordisk, …)

  3. Sanfter Tod? Hat man sich denn schon zu einem groben Datum entschieden? Es sieht eher so aus, als wöllte man die Bank auf Ewig über Wasser halten wollen. Es wird auch garantiert ein viertes und fünftes Mal nötig werden, einige Milliarden da rein zu buttern.

  4. Ex Eupener

    Nun ja, wenn die große Finanzblase platzt, stellen auf einmal alle fest, dass sie in einer virtuellen Welt gelebt haben, ähnlich wie der Matrix. Alle haben schönes Geld verdient und manche haben es versucht. Gierige Banker haben immer weiter nicht existentes und vor allem Geld, das ihnen nicht gehört unverantwortungsbewusst eingesetzt um ihre Boni zu verdienen in dem sie den Anlegern Luftschlösser verkauft haben. Bis auf den Boni ist das ein endliches System. In der Finanzwelt ein wiederkehrendes Ereignis, also eine Schleife. Schöne Matrix, die niemand aufhält, weil jeder verdienen möchte. Wer hat Schuld? Diejenigen die verführen oder diejenigen, die sich verführen lassen? Aber da es ja wiederkehrend ist, zeigt es eigentlich, dass nie jemand schlau wird. Nur schade, dass nie jemand die Verantwortung übernimmt, nie sieht jemand das Problem kommen, nur wenn es auftaucht, ist das Geheule groß. Schöne Matrix. Was sicher ist, sie kommt immer wieder.

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