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Deutsche Russland-Politik im Zwielicht: Steinmeier räumt Fehler ein – Selenskyj: Merkel sollte nach Butscha reisen

25.10.2017, Russland, Moskau: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) und der russische Präsident Wladimir Putin (M) treffen sich im Kreml. Rechts im Hintergrund steht der russische Außenminister Sergej Lawrow. Foto: picture alliance / Bernd von Jutrczenka/dpa

Deutschlands Staatschef Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt.

„Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte der Bundespräsident und ehemalige deutsche Außenminister am Montag in Berlin.

Eine bittere Bilanz sei auch so Steinmeier: „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden.“

25.02.2022, Berlin: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Steinmeier war in den vergangenen Tagen dafür kritisiert worden, dass er sich bislang nicht zu eigenen Fehleinschätzungen insbesondere in seiner Zeit als deutscher Außenminister (2005-2009 und 2013-2017) geäußert habe. Nun sagte er, die Verantwortung für den Krieg liege bei Kreml-Chef Wladimir Putin. „Die sollten wir nicht auf uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat.“

Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. „Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“ Der Bundespräsident betonte, mit einem Russland unter Putin werde es „keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben“.

Selenskyj kritisiert Merkel für Russland-Politik

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut vorgeworfen, einen Beitritt der Ukraine zur Nato verhindert zu haben.

03.04.2008, Rumänien, Bukarest: Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) spricht mit Nicolas Sarkozy, damals Präsident von Frankreich, am Ende der Eröffnungssitzung des NATO-Gipfels. Foto: Robert Ghement/epa/dpa

Bei den Entscheidungen auf dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest hätten Merkel und der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy sich von Russland beeinflussen lassen. Das sagte Selenskyj am Montag in Butscha, einem Vorort von Kiew, nach Angaben seines Präsidialamts. Dort waren nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Zivilisten ermordet aufgefunden worden.

Am Vortag hatte Selenskyj Merkel zu einem Besuch in Butscha aufgefordert, um sich das Unheil mit eigenen Augen anzusehen. Merkel hatte daraufhin über eine Sprecherin ausrichten lassen, dass sie zu ihren Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 stehe, und zugleich betont, dass sie Bemühungen unterstütze, den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden.

„Ich denke, sie hat mein Signal sehr gut verstanden“, sagte Selenskyj nun. Bei dem Gipfel in Bukarest hätten viele Nato-Mitglieder die Ukraine als mögliches neues Mitglied gesehen. Andere Staats- und Regierungschefs – „und ich glaube, dass Angela zu diesen Führern gehörte“ – seien dagegen gewesen, sagte Selenskyj. Damit habe sie in Russland das Gefühl bestärkt, Einfluss auf die Europäische Union nehmen zu können.

Die Nato beschloss damals, der Ukraine – wie auch Georgien – generell eine Mitgliedschaft anzubieten, aber keinen Beitrittsprozess einzuleiten. (dpa)

10 Antworten auf “Deutsche Russland-Politik im Zwielicht: Steinmeier räumt Fehler ein – Selenskyj: Merkel sollte nach Butscha reisen”

  1. Guido Scholzen

    Der damalige Grund, dass die Ukraine nicht NATO-Mitglied wurde, war der Umstand, dass Russland Militärbasen (Schwarzmeerflotte) auf der Krim stationiert hat, und die Krim gehörte damals noch zur Ukraine.
    Dann wäre die Ukraine ein NATO-Mitglied gewesen, dass große Truppenkontingente einer anderen großen Militärmacht auf dem eigenen Territorium gehabt hätte – ein Widerspruch in sich. Das hätten die Russen aber auch die Amis nicht mitgemacht.
    Es sei denn, man hätte die Krim wieder an Russland angegliedert. Das hätte die ukrainische Politik niemals mitgemacht.
    Denn ein Grund, die NATO nach Osten erweitern zu können, war ja gerade der Umstand, dass sich die russischen Streitkräfte aus den Staaten Mittel- und Osteuropas (Ostblock) zurückgezogen hatten.

    Nun habe ich 10 verschiedene Presseartikel über diesen Selenkij-Spruch „Merkel-nach-Butscha“ gelesen, und nirgendwo wird diese militärische Sachlage von 2008 miterklärt.

  2. Robin Wood

    „Am Vortag hatte Selenskyj Merkel zu einem Besuch in Butscha aufgefordert, um sich das Unheil mit eigenen Augen anzusehen.“

    Will Selenski jetzt durch eine Art „Schock-Therapie“ bei Merkel einen Sinneswandel herbeiführen? Oder will er sie vorfûhren und gar unterstellen, dass sie ja Schuld an der Situation hat, weil sie gegen einen Nato-Beitritts der Ukraine gestimmt hatte?
    Oder hält er Scholz nicht für fähig und hofft, dass Merkel Einfluss auf Scholz nehmen wird im Sinne von Waffenlieferungen und Nato-Beitritt?
    Selesnki wird mir immer unsympathischer. Er und der Botschafter in D „fordern“ und „verlangen“. Wenn ich in einer Notsituation bin, dann „bitte“ ich um Hilfe.
    Wieso fordert Selinski immer nur Waffen? Mehr Waffen bedeuten mehr Tote und einen noch längeren Krieg.
    Wieso bittet er weder die die EU noch UNO usw. um Hilfe bei einer diplomatischen Lösung? Wieso bittet er nicht darum, dass sich alle Länder an Putin wenden mit der Bitte um Waffenstillstand und friedliche Lösungen?

    • Corona2019

      @ – Robin Wood

      Wenn sie einem Drogensüchtigen bitten aufzuhören Drogen zu konsumieren, glauben Sie er wird das dann auch machen?
      Die Chancen stehen schlecht.
      Gut, unversucht lassen sollte man es natürlich auch nicht.

      • Robin Wood

        @Corona2019
        Ihren Vergleich mit dem Drogensüchtigen finde ich nicht ganz so passend, aber ok.
        Wenn Sie den Drogensüchtigen bedrohen und ihn ausgrenzen, wird er wohl nicht mit dem Drogenkonsum aufhören. Kein Süchtiger hört auf wenn man sagt „Wenn du nicht endlich aufhört, dich und damit die Familie kaputt zu machen, dann bist du für mich tot und brauchst nie mehr wieder zu kommen. Und ich werde allen sagen, dass sie dich meiden und dir nie mehr helfen sollen“.
        Einen Drogensüchtigen sollte man ins Boot holen. Man sollte ihm die Gelegenheit geben, eine Therapie anzufangen, ohne „das Gesicht zu verlieren“. Man sollte dem Drogensüchtigen sagen, dass man selbst auch Ängste bzgl. der Drogen und der evtl. gesundheitlichen Folgen hat und man soll ihm das Gefühl geben, ihm zuzuhören. Ihm Hilfe anbieten, wie z.B. anonyme Hotlines und nach Selbsthilfegruppen und spezialisierten Ärzten suchen.

        Daher bin ich (übrigens bei jedem Krieg oder bei Angst vor einem drohenden Krieg) immer für Diplomatie. Nicht nur, damit im jetzigen Krieg weniger Ukrainer oder auch Russen sterben (jeder Tote ist ein Toter zuviel, egal auf welcher Seite), sondern damit auch ein Krieg in unserem Teil Europas verhindert wird. Es wurde in Sachen Diplomatie bisher viel zu wenig getan. Schon VOR Beginn des Krieges haben viele Staaten gedroht statt diplomatisch vorzugehen und zu reden. Warum wollte Biden nicht mit Putin sprechen, als dieser um ein Treffen bat?

        • Und Sie glauben wirklich, dass Putin sich noch durch „Diplomatie“ aufhalten lässt ? Dafür müsste zunächst seitens der Russen diese Massenvernichtung anerkannt werden. Die Neutralität der Ukraine hätte er vielleicht kaufen können, jetzt ist’s zu spät.

          Ohnehin kennen die Amerikaner nur Diplomatie, an welcher der Hauptbetroffene erst gar nicht teilnimmt.

    • Bin absolut Ihrer Meinung.Die Eskalationsspirale wird munter weitergedreht und das Leid der Zivilbevölkerung wird immer grösser.Das kann eine verantwortungsvolle politische Führung doch nicht wollen.Man hat fast den Eindruck,dass die schrecklichen Bilder der letzten Tage Selenski und seinem Botschafter gelegen kommen, um doch noch ein Eingreifen der NATO herbeizuführen ? Diese Waffenlieferungen waren von Anfang an falsch.Jetzt hängen wir drin und kommen nicht mehr raus.

  3. Ein Politiker wo richtig arbeitet, gibt es den überhaupt
    macht er Murks hat er Immunität, machte er seine Arbeit mal gut kommt er und seine Partei hoch macht er zu viel Murks wird er versetzt in ein anderes Amt

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