Zwischenruf

Fall Hoeneß: Der Ehrliche ist diesmal nicht der Dumme!

Das Urteil des Münchner Landgerichts gegen Uli Hoeneß hat nicht nur in Deutschland viele Menschen aufgewühlt und für zum Teil heftige Diskussionen gesorgt. Das gilt auch für Ostbelgien, wie die insgesamt rund 85 Kommentare zeigen, die es auf „Ostbelgien Direkt“ auf zwei Artikel zum Fall Hoeneß gegeben hat. Insofern war dieses Urteil auch für das Rechtsempfinden vieler Menschen hier bei uns von Bedeutung, obgleich wir nicht der deutschen Rechtsprechung unterliegen.

Ein Gerichtsurteil in einem derart spektakulären Fall muss nicht nur objektives Recht respektieren, was sich von selbst versteht. Genauso wichtig ist, dass ein Urteil das Rechtsempfinden der Bürger nicht verletzt.

Dies wäre zweifelsohne der Fall gewesen, wenn Uli Hoeneß trotz seines millionenschweren Steuerbetrugs mit einer Bewährungsstrafe oder mit einem Freispruch davongekommen wäre.

Ein Signal für mehr Steuerehrlichkeit

Von den Fans des FC Bayern bis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel – viele hätten Uli Hoeneß gratuliert und ihn bejubelt. Für das deutsche Allgemeinwesen indes wäre ein Freispruch oder ein sehr mildes Urteil allerdings eine Katastrophe gewesen. Das Gericht hätte in den Augen von Millionen von Bundesbürgern den Beweis erbracht, dass sich Steuerehrlichkeit nicht auszahlt und die Millionäre so viel Steuern hinterziehen können, wie sie wollen.

Kurzum, es wäre das falsche Signal gewesen. Oder frei nach Ulrich Wickert: Der Ehrliche wäre wieder einmal der Dumme gewesen.

Im Fall Hoeneß muss man dem Münchner Gericht ein großes Kompliment machen. Es hat nämlich nicht nur objektives Recht zu respektieren versucht, und dies innerhalb weniger Tage in einem sehr komplexen Fall. Respektiert wurde auch das gesunde Rechtsempfinden eines Großteils der deutschen Bevölkerung, wie Meinungsumfragen nach der Urteilsverkündung ergeben haben. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen billigte eine Gefängnisstrafe für den Bayern-Boss.

Wenn Uli Hoeneß Belgier wäre…

Letztlich spielte keine allzu große Rolle, ob Hoeneß für zweieinhalb, dreieinhalb oder viereinhalb Jahre hinter Gitter muss. Wichtig war den meisten Deutschen, dass er für das, was er getan hat, unmissverständlich und hart genug bestraft wurde.

Der deutsche Rechtsstaat ist mit diesem Urteil sicherlich gestärkt worden.

Wie wäre die Sache wohl gelaufen, wenn Uli Hoeneß nicht Deutscher, sondern Belgier, und wenn er nicht Präsident des FC Bayern München, sondern Chef von Standard Lüttich gewesen wäre? Na, dreimal dürfen Sie raten…

GERARD CREMER

Siehe auch Artikel „Gericht verurteilt Uli Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft“

Siehe auch Artikel „Uli Hoeneß verzichtet auf Revision und tritt zurück – Stimmen zum Urteil“

 

11 Antworten auf “Fall Hoeneß: Der Ehrliche ist diesmal nicht der Dumme!”

  1. Dieter Leonard

    Hätte Ulli Hoeneß statt 28,5 Millionen 500 Millionen hinterzogen, aber eine vollständige Selbstanzeige hinterlegt, wüsste die Öffentlichkeit nichts davon, es hätte kein Prozess stattgefunden und Ulli Hoeneß wäre ein freier Mann. Soviel zum Thema Gerechtigkeit. (O-Ton H. Leyendecker – Süddeutsche Zeitung)
    Das gesunde Rechtsempfinden der Menschen wird auch durch reißerische, undifferenzierte und nicht meinungs- sondern stimmungsmachende Medien erzeugt. „VERKNACKT HOENEß !“ (BILD-Titel vom 13/3)
    Aber wo schreib‘ ich das …

  2. Wenn Hoeneß Belgier wäre, hätte sich das Gerichtsverfahren viel länger hingezogen. Andererseits hätte er nicht einmal die Möglichkeit gehabt, mit einer Selbstanzeige straffrei zu bleiben. Er hätte im günstigsten Fall die nächste Steueramnestie abwarten müssen. Er hätte einen Prozentsatz x von der ursprünglich festgestellten Steuerschuld (3,5 Millionen Euro) bezahlen müssen. Aber einen Steuerbetrugsprozess hätte er nicht befürchten müssen. Es wäre wohl erst gar nicht zu einer Anklage gekommen. Dafür hätten schon seine hochbezahlten Anwälte gesorgt. Was ich nicht verstehe, ist, weshalb Hoeneß, der sich die besten Anwälte leisten kann, nicht einmal in der Lage war, eine wirksame Selbstanzeige zu erstellen. Was ist da schief gelaufen? Waren die Anwälte unfähig, was ich nicht glaube? Oder ist Hoeneß ein Mandant, der sich von einem Anwalt keinen Rat erteilen lässt und glaubt, es selbst viel besser machen zu können?

  3. Zaungast

    Nqtürlich ist man erstaunt über die Schnelligkeit, mit der dieser Prozess über die Bühne ging.

    Daraus aber zu schliessen, das deutsche Justizwesen arbeite generell mit einem solchen Tempo, wäre gewagt.

    Man denke nur an den NSU-Prozess, der sich mühselig dahinschleppt.

    Hier bei Hoeness mag mitspielen, dass der Tatbestand von Anfang an klar war und auch im Grunde nicht bestritten wurde. Es ging vor allem um die Frage, ob die Selbstanzeige wirksam war oder nicht.

    Hätte das Gericht sich durch die nachgereichten 50 oder gar 70.000 Belege durchwühlen müssen, so hätten wir sicherlich eine deutlich längere Prozessdauer gehabt.

    Und wäre Hoeness in die Revision gegangen, so hätten wird noch ein oder zwei Jahre TV-Diskussionen, Foren, Presseberichte und Empörung bzw. bedingungslose Unterstützung des Bayern-Idols vor uns gehabt.

    A propos Revision: Gestern bei Jauch gab es eine treffende Bemerkung dazu:

    Wird Kanzlerin Merkel nun jedes Mal, wenn ein Straftäter seine Verurteilung annimmt und nicht in Berufung geht, vor laufenden Fernsehkameras ihren Respekt bezeugen?

  4. Ostbelgien Direkt

    AKTUELL: Das Urteil gegen Uli Hoeneß ist rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft München geht nicht gegen das Urteil in Revision. Der frühere Präsident des FC Bayern München muss damit seine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren antreten.

  5. „Der deutsche Rechtsstaat ist mit diesem Urteil sicherlich gestärkt worden.“

    Wovon träumen Sie nachts, Herr Cremer?
    Einen deutschen Rechtsstaat gibt es nicht. Ein Staat, der sich auf illegale Weise Steuerdaten aus anderen Ländern beschafft, und diese dann illegal als Beweismittel nutzt, ist eine Mafiaorganisation oder ein Schurkenstaat, aber kein Rechtsstaat.
    Aber Schäuble braucht weitere Milliarden für seine schwarzen Kassen oder um unter dem Vorwand der Euro-, bzw. Griechenlandrettung die Banken zu sanieren. Da trifft es sich sehr schön, wenn man den Pöbel mit einer Lynchjagd auf einen verhassten Prominenten ablenken kann. Und Deutschland braucht bald noch mehr Geld, um die ukrainischen Oligarchen und Faschisten vor den bösen Russen zu schützen. Da werden dann die Steuern erhöht, die Renten gekürzt. Man will aber auch nicht unsozial sein, sozial sollte man zuerst mal im eigenen Umfeld sein. Und darum erhöht man erst einmal wieder die Diäten.

    • Fritz Gardel

      Guter Kommentar! Hinzufügen könnte man: Politiker werfen sehr oft das Steuergeld aus dem Fenster. Nicht qualifizierte Leute entscheiden über Milliarden. Bauten usw. werden um das vielfache teurer als veranschlagt. Das ist auch Steuerhinterziehung! Von Seite der Politiker. Dafür geht in unseren „Rechtsstaaten“ keiner in den Knast von den Brüdern. Das sollte unbedingt geändert werden. Politiker sollten endlich Die Verantwortung übernehmen, von der sie den ganzen Tag quatschen.

  6. @nmm
    warum soll der Zweck nicht die Mittel heiligen?
    Seit dem Ankauf der ominösen „Steuer CDs“ ist die Zahl der Selbstanzeigen. und damit die Zahl der Millionäre die plötzlich „steuerehrlich“ wurden in Deutschland signifikant gestiegen. Gleizeitig stieg die Zahl der durch diese CDs, ertappten Steuerbetrüger. Das sind sie nämlich, Betrüger, und als solche werden sie abgeurteilt. Wir sollten endlich damit aufhören vom Steuersünder zu sprechen. Das ist so niedlich, „Wir sind alle kleine Sünderlein……“ Wer hat da nicht Willy Millowitsch im Ohr? Steuerhinterziehung ist Betrug an der Allgemeinheit, und wenn dem nicht anders beizukommen ist, dann muß man halt zweifelhafte Angebote annehmen. Stellen Sie sich einmal vor den schweizer Banken würde (im übrigen in der ganzen EU denn die Nummer ziehen die ja nicht nur in Deutschland ab) die Banklizenz wegen fortgesetzter Beihilfe zur Steuerhinterziehung entzogen. Das Geschrei möchte ich hören.

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