Gesellschaft

Das Büro im Gepäck: Digitale Nomaden setzen Trend für eine neue Lebensart – Laptop und Internet genügen

03.11.2022, Südafrika, Kapstadt: Christina Leitner arbeitet an ihrem Laptop in einem Büro in Kapstadt. Sie lebt seit elf Jahren als „digitale Nomadin“. Momentan verweilt sie in Kapstadt Südafrika und arbeitet im Co-Working Büro Workshop17, mit Blick auf den Tafelberg. Foto: Kristin Palitza/dpa

Heute hier, morgen dort und immer der Sonne nach. Ein Dasein als digitaler Nomade reizt viele, vor allem im grauen Winter. Immer mehr Menschen erfüllen sich diesen Traum, selbst wenn es nur „Workation“ ist.

Emails beantworten, während die Hängematte in der warmen Brise schwingt. Bei einer virtuellen Konferenz die Zehen in den Sand stecken. Arbeiten aus Cafés, die Aussicht aus dem Fenster immer eine andere, mal Meer, mal Berge, mal pulsierende Großstadt. Christina Leitner reist seit elf Jahren durch die Welt, hauptsächlich mit den Jahreszeiten.

Den europäischen Winter verbringt sie oft in Kapstadt, am Südzipfel Afrikas. Zur Skisaison fliegt sie für ein paar Wochen zurück in ihre Heimat, Tirol. Der Rest des Jahres wird frei geplant. Vergangenes Jahr waren es London, New York und Sambia. Für 2023 stehen Südkorea, Thailand, Malaysia, Georgien und Mexiko-Stadt an.

03.11.2022, Südafrika, Kapstadt: Christina Leitner steht mit ihrem Laptop an einer Kreuzung in Kapstadt. Sie lebt seit elf Jahren als „digitale Nomadin“. Foto: Kristin Palitza/dpa

Die selbstständige Übersetzerin und Reisejournalistin arbeitet mal in Co-Working-Büros, mal in Restaurants oder Airbnbs. Ihre Klienten wissen eigentlich nie, wo auf der Weltkugel sie sich grade befinde, sagt Leitner, aber das interessiere auch keinen. Die nächste Destination der 47-jährigen Österreicherin bestimmt entweder der nächste Auftrag oder ein persönliches Interesse.

„Ich wähle Länder, die nicht auf jedermanns Liste stehen, wo es noch ein bisschen abenteuerlich ist und wo ich einen Mehrwert habe, entweder sprachlich oder kulturell“, sagt sie. In Mexiko-Stadt belege sie Spanisch-Kurse; nach Südostasien ziehe sie das Streetfood.

– Trendsetter statt Aussteiger. Die Corona-Pandemie hat das digitale Nomadentum von einer Randerscheinung zum Trend gemacht. Immer mehr Länder bieten Visa an, die zeitlich begrenzte Fernarbeit ermöglichen. Jüngst haben Namibia, Ecuador, Belize, Malaysia, Albanien Visa-Erleichterungen für digitale Nomaden einführt. Auch Länder in Europa, wie Malta, Kroatien, Tschechien, Estland, Griechenland und Ungarn sind mit dabei.

Die Beweggründe sind vielfältig. Länder wollen Corona-bedingten Verlusten im Tourismus entgegenwirken; hybrides Arbeiten hat durch positive Erfahrungen während der Pandemie an Akzeptanz gewonnen. Manche Länder wollen Fachkräftemangel und einer überalterten Gesellschaft entgegenwirken. Digitale Nomaden gelten längst nicht mehr als Aussteigertypen, sondern eher als Vorreiter eines neuen Lebensstils.

Kapstadt gilt mit seinem europäischen Flair und mediterranen Wetter als Digitale-Nomaden-Hauptstadt Afrikas. Gute Infrastruktur, schnelles Internet sowie Strände, Berge und eine preisgünstige aber hochwertige Wein- und Esskultur sind weitere Anziehungspunkte. Auch Nairobi, die Hauptstadt des Safarilands Kenia, ist bei digitalen Nomaden auf dem Kontinent beliebt.

03.11.2022, Südafrika, Kapstadt: Christina Leitner arbeitet an ihrem Laptop in einem Büro. Foto: Kristin Palitza/dpa

– Internationales Gemeinschaftsgefühl. Herauszufinden, wo es sich am besten lebt und arbeitet ist mittlerweile einfach. Auf zahlreichen Internet-Fora tauschen digitale Nomaden freizügig Tipps und Erfahrungen aus. Man versteht sich als internationale Gemeinschaft. Die Firma Resume.io, die sich auf die Erstellung von Lebensläufen, besonders für Freischaffende, spezialisiert, hat knapp 90.000 Posts auf Instagram mit dem Hashtag #digitalnomad analysiert. Mehr als 57.000 kamen aus Vancouver in Kanada. Grund dafür sei vor allem die Nachbarschaftlichkeit der Einwohner, so der Bericht.

Innerhalb Europas ist demnach London Top-Destination mit rund 47.000 Posts – weil man dort englisch spricht und die Kultur- und Unterhaltungsszene boomt. Wer am Strand arbeiten will, wählt laut der Analyse häufig die arabische Wirtschaftsmetropole Dubai oder Südostasien.

Besonders die indonesische Insel Bali mit ihrem relaxten Lifestyle und günstigen Traum-Unterkünften steht bei vielen oben auf der Wunschliste. Um mehr Ausländer für längere Aufenthalte anzulocken, diskutieren die Behörden, Interessenten ein „digital nomad visa“ anzubieten. Seit September gibt es die Möglichkeit, mittels des „B211A visa“ sechs Monate steuerfrei auf Bali zu arbeiten.

In Lateinamerika will sich die argentinische Hauptstadt Buenos Aires bis 2023 rund 22.000 digitale Nomaden anlocken. Daher bietet Argentinien seit Mai ein spezielles „Nomaden-Visum“ für sechs Monate an, das einmal verlängert werden kann. „Eine Stadt entwickelt sich besser, wenn sie mit der Welt verbunden ist“, sagt Bürgermeister Horacio Rodríguez Larreta.

03.11.2022, Südafrika, Kapstadt: Christina Leitner arbeitet in einer Bar. Sie lebt seit elf Jahren als digitale Nomadin. Foto: Kristin Palitza/dpa

– Südeuropa als beliebtes Ziel. Es muss nicht immer die weite Ferne sein. Gerade für digitale Neulinge ist eine kürzere „Workation“ attraktiv, ein Mix aus Work (Arbeit) und Vacation (Urlaub). Man verlegt den Arbeitsplatz buchstäblich für ein paar Wochen an einen Urlaubsort, mit dem Verständnis des Arbeitgebers, dass es im Arbeitsverhältnis in erster Linie um Produktivität geht, nicht um das Absitzen von Bürostunden.

In Valencia, im sonnigen Osten Spaniens, arbeitet der 25-Jährige Moritz aus Ravensburg für einen US-amerikanischen PC- und Druckerhersteller. Er hat sich beim Co-Living-Unternehmen Cotown eingemietet, wo nach Angaben der Geschäftsführerin Vanesa Esteban Menschen aus 30 verschiedenen Ländern leben und arbeiten. Co-Living und -Working ist ein neues Konzept, das Großteils aus dem digitalen Nomadentum entstanden ist und vor allem in Städten mit hohen Lebenshaltungskosten rasant Fuß fasst.

Selbst nach drei Jahren in Valencia fühle er sich wie auf Dauerurlaub, erzählt Moritz, der mittlerweile fließend Spanisch und Englisch spricht. Sein Antrieb für ein Leben als digitaler Nomade seien Fernweh, Rastlosigkeit, Sinnsuche, berufliche Freiheit und Work-Life-Balance gewesen, der Drang, immer wieder neue Menschen kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen.

09.10.2022, Aserbaidschan, Gobustan: Digitalnomade Sami Demirel in Aserbaidschan. Zum Arbeiten braucht er nur ein Laptop und Internet. Foto: Sami Demirel/dpa

In Spanien stimmt das Parlament gerade über ein neues Gesetz ab, das ein spezielles Visum für digitale Nomaden mit einer Dauer von bis zu fünf Jahren vorsieht. In Portugal gibt es seit dem 30. Oktober ein neues Visum, mit dem Ausländer bis zu ein Jahr in Portugal arbeiten können.

Auch Italien will ein Gesetz anpassen, um qualifizierten Arbeitskräften das Leben als digitale Nomaden zu ermöglichen und damit gut ausgebildete Fachkräfte anzulocken. Die Hoffnung ist, dass diese Menschen irgendwann auch für italienische Firmen arbeiteten oder verwaiste Dörfer wiederbeleben.

– Alles passt in einen Koffer. Den Österreicher Sami Demirel hat es in die Türkei verschlagen. Vor einem Jahr hat der 30-Jährige Freelancer sein Leben in Berlin aufgegeben und sich für den Winter in einer Hütte in den Bergen von Antalya am Mittelmeer eingemietet. Zuvor war er in Aserbaidschan, als nächstes steht Georgien auf dem Programm.

Demirel arbeitet im Online-Marketing, seine Auftraggeber sitzen in Deutschland. In der Türkei bekomme er mehr für sein Geld, sagt Demirel. Was er in Antalya für eine ganze Wohnung zahlt, würde in Berlin ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft kosten. «Statt einen Döner auf die Hand kann ich hier in ein nettes Restaurant gehen.» Er genießt die „Freiheit und Unabhängigkeit“ als Digitalnomade, nur die Einsamkeit nage ein bisschen an ihm.

Ein Leben an einem festen Ort könne sie sich nicht mehr vorstellen, sagt Leitner: „Ich will den internationalen Aspekt nicht mehr missen.“ Dafür ist sie bereit, Komforts aufzugeben, wie eine Alltagsroutine oder eigene Möbel. „Eigentlich passt mein ganzes Leben in einen Koffer. Man braucht nicht mehr. Alles andere ist überflüssiger Ballast.“ (dpa)

24 Antworten auf “Das Büro im Gepäck: Digitale Nomaden setzen Trend für eine neue Lebensart – Laptop und Internet genügen”

  1. Globatrottels...

    Das ist ja wohl reine ‚influencer‘ Reisewerbung der DPA ! Haben diese Nomaden nicht schon genug Schaden in diese Welt gebracht, mit ihrem unnötigen Herrumgereise ?
    Schaltet den Digitalen den Strom ab und Ruhe is !

  2. Und das Klima? Diese Leuten jetten durch die Welt, immer dem Sommer hinterher, na ja, zum Wintersport jettet man dann mal kurz in die Alpen – von Süd-Afrika aus. Merkt denn keiner wie wir nur noch ver**scht werden von der Klimakirche und ihren Profiteuren in Politik und Medien… 🤢. Wer hier mit seinem Auto einen Sonntagsausflug macht ist ein „Klimaschädling“, aber das Nomadenleben der neuen Eliten, im Flugzeug um die Welt, ein Leben lang, das wird nicht hinterfragt. Der „menschengemachte Klimawandel“, die Lüge der grünen Sekte deren Priester derweil um die Welt fliegen…

    • Prinz Kuckuck

      Amüsant, wie Sie systematisch ein „Wir“ projizieren, das sich als reaktionärer Hüter des Wahren und Aufrichtigen gegen ein dekadentes „Die“ behaupten muss. Schon Mal dran gedacht, möglicherweise nur ein einsamer, alter Spießer zu sein. Vermutlich nicht.

      • Amüsant wie Sie sich mit semantischen Haarspaltereien hervortun. Schon mal daran gedacht, möglicherweise nur ein MINT-Versager zu sein der mit der Herde blökt, sich am „wir“ definiert, und vom Thema eigentlich keine Ahnung hat. Vermutlich nicht.

        • Amüsant wie Sie permanent die gleiche Leier runterpredigen und beim geringsten Gegenwind wie ein kleines Mädchen rumheulen. Sie denken, dass Sie hier die ganz große Nummer sind, aber mal Hand aufs Herz. Abgesehen von ner handvoll Mitläufer hier beeindrucken Sie doch keinen Menschen. Wie sieht Ihr Realleben eigentlich so aus?

          • Das Realleben von Herrn Dax sieht, ich schreibe mal in seinen Worten, so aus, dass er, gemessen an den meisten dieser IT-Nomaden, meist mit Bachelor oder Masterabschlüssen in Informatik, „möglicherweise ein MINT-Versager“ ist, dessen elektrischer Horizont weit unter dem MINT-wissenschaftlichen dieser ihm offenbar unheimlichen Leute liegt.

            • deuxtrois

              Dax ist soweit er selbst schon verlauten hat lassen, überhaupt gar kein Akademiker. Jetzt greife ich mal ein für ihn unpopuläres Wort heraus, was seine Qualität der Kommentare beschreibt: Sie unterliegen alle dem Dunning-Kruger-Effekt.

              Das wird dann sofort ersichtlich, wenn er von CO2, der Wärmedecke und der Thermodynamik schwadroniert.

              • Es ist bekannt, dass er kein Akademiker ist, muss man ja auch nicht sein. Aber es ist peinlich, sich trotzdem so aufzuführen, als sei man schlauer als alle Akademiker zusammen und die (ihm gegenüber MINT-Könige) sogar für blöd zu halten, die eine andere politische und/oder wissenschaftliche Meinung haben. Nochmal: Alles ist relativ, und gemessen an den IT-Nomaden ist der beste Schulabsolvent in Physik und der beste Elektriker ein MINT-Versager. Dieses von Dax in herablassender Weise und Absicht inflationär verwendete Wort fällt auf ihn selbst zurück.

      • das ,wir , ist schon ganz richtig. denn wir sind das dumme Volk was Digitalisierung nicht in Frage stellt sondern fleißig mitmacht. wenn Mal der letzte Brot Krümel übrig bleibt sind manche Smartphone Freaks auf der Suche nach der Brot App. um zu wissen was mit dem Krümel machen statt ihn einfach zu essen….
        so verblödet die Gesellschaft… hoffentlich kommt Mal der große Knall . es wird höchste Zeit

  3. Frage an die erleuchtete Runde

    Wo steht in dem Artikel irgendwas zu „Grün“, „Öko“ oder „Klimawandel“? Wenn ich es übersehen habe entschuldige ich mich. Wenn nicht, sollten sich der Raerener Dachs und der Müllernde Peter die Frage stellen, ob sie ihre Paranoia nicht mal behandeln lassen sollten…

    • Richtig, Sie Schlauberger, es steht nichts von wegen „Klima“ in dem .dpa Artikel. Das liegt daran dass es der Lifstyle ist den sich unsere Journaille bei .dpa als erstrebenswert erträumen. Genau das ist ja der Kritikpunkt, „Klimaschädlinge“ sind immer nur die anderen, aber dieser Zusammenhang scheint hinter Ihrem Horizont zu liegen. Bei manchem geht die Sonne eben früher unter….

  4. Diese hippen Nomaden werden immer öfter von den jeweiligen Finanzämtern auf den Boden der Tatsachen gebracht.
    Dort, wo man arbeitet, herrscht Steuerpflicht.
    Und da sind die coolen Destinationen dann nicht mehr so preiswert.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern