„Belgien wird explodieren“: Snooker-Weltmeister Brecel euphorisch nach seinem sensationellen WM-Triumph

01.05.2023, Großbritannien, Sheffield: Luca Brecel aus Belgien feiert mit seiner Familie nach seinem Sieg. Foto: Zac Goodwin/PA Wire/dpa

AKTUALISIERT – Weltmeister aus England, Wales oder Schottland sind im Snooker Standard. Einen Belgier als Champion gab es bislang noch nicht. Luca Brecel sagt deshalb eine große Party voraus.

Wer sich die Liste der Snooker-Weltmeister durchliest, könnte meinen, ein Sieger von der britischen Insel gehöre quasi zum Regelwerk der Billard-Variante. 15 Mal kam der Champion seit 2000 aus England, viermal aus Schottland und dreimal aus Wales.

Dazwischen funken konnte lange Zeit nur der Australier Neil Robertson, der sich 2010 krönte – und seit Montagabend Luca Brecel, der mit einem 18:15-Sieg über Mark Selby seinen ersten WM-Titel sicherte.

01.05.2023, Großbritannien, Sheffield: Luca Brecel feiert mit der Trophäe nach seinem Sieg. Foto: Zac Goodwin/PA Wire/dpa

Der 28-Jährige wurde nach seinem Coup emotional und weinte auf seinem Platz. „Es wird explodieren in Belgien. Ich wollte unbedingt, dass das passiert. Ich wollte das unbedingt für Belgien schaffen“, sagte Brecel unmittelbar nach dem Endspiel, das in der Schlussphase noch einmal richtig spannend wurde.

„Bei 16:15 habe ich nicht mehr an mich geglaubt, da habe ich so viel verschossen. Das ist wirklich ein tolles Gefühl, es doch geschafft zu haben“, resümierte Brecel.

Derweil stellte sich ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur die Frage, ob es nach einem Snooker-Weltmeister aus Belgien auch einem Deutschen gelingen könnte, den WM-Titel zu gewinnen.

Snooker-Experte Rolf Kalb meinte dazu: „Belgien ist keine kleine Snooker-Nation. Schon zuvor haben andere belgische Spieler im Profibereich Eindruck gemacht, vor allem Björn Haneveer. Belgien hat eine lange und große Billard-Tradition, und in Belgien war auch schon immer die BBC terrestrisch zu empfangen. So hatte man schon damals die Chance, Top-Snooker zu verfolgen.“

30.04.2023, Großbritannien, Sheffield: Luca Brecel geht an den Tisch. Foto: Zac Goodwin/PA Wire/dpa

Brecel war am Montag zum ersten Mal Snooker-Weltmeister geworden. Der 28-jährige Limburger bezwang im Finale in Sheffield den englischen Ex-Champion Mark Selby 18:15. In der dritten von vier Sessions des WM-Endspiels hatte seine Führung auf 15:10 ausgebaut.

Am Abend wurde es dann aber noch einmal spannend. Von 16:10 holte Selby auf 16:15 auf, Brecel schien den schon sicher geglaubten Endsieg noch auf der Zielgeraden zu verspielen.

Dann aber machte auch Selby ein paar Fehler. Brecel fing sich wieder und gewann die beiden Frames, die ihm zum WM-Titel noch fehlten. Der Belgier sicherte sich damit den größten Erfolg in seiner Karriere.

Vor allem in der ersten und dritten Session, die Brecel jeweils mit 6:2 für sich entschieden hatte, glänzte der Außenseiter. Neben der Trophäe erhält der neue Champion ein Preisgeld von 500.000 Pfund, das sind umgerechnet rund 570.000 Euro.

Brecel hatte auf dem Weg zum WM-Titel im Crucible Theatre gleich drei ehemalige Weltmeister besiegt. Im Achtelfinale bezwang er den Waliser Mark Williams (13:11), im Viertelfinale drehte er gegen den siebenmaligen Champion Ronnie O’Sullivan einen 6:10-Rückstand und gewann noch mit 13:10.

30.04.2023, Großbritannien, Sheffield: Mark Selby (l) und Luca Brecel schütteln sich vor ihrem Match die Hände. Foto: Zac Goodwin/PA Wire/dpa

Nun vereitelte er im wichtigsten Snooker-Spiel des Jahres einen fünften WM-Titel von Selby, der als Favorit in das Endspiel gegangen war. Spektakulär war auch Brecels Aufholjagd im Halbfinale: Gegen den Chinesen Si Jiahui machte er aus einem 5:14 noch ein 17:15. Ein solches Comeback hatte es bis dahin bei einer WM noch nie gegeben.

Selby muss auf seinen fünften WM-Titel nach 2014, 2016, 2017 und 2021 weiter warten. Der Höhepunkt des Endspiels gelang dem 39 Jahre alten Engländer trotzdem: Der Engländer spielte als erster Snooker-Profi überhaupt ein Maximum Break in einem WM-Finale. Die 147 Punkte sind in der Billard-Variante das perfekte Spiel.

Für den „Belgian Bullet“, wie Brecel genannt wird, war es die sechste Weltmeisterschaft. Als jüngster Spieler schaffte er es 2012 mit 17 Jahren ins Finaltableau. Er nahm noch an den Ausgaben 2017, 2018, 2019 und 2022 teil und schied jedes Mal in der ersten Runde aus. Durch seinen WM-Sieg klettert Brecel in der Weltrangliste von Rang 10 auf Rang 2. (dpa/cre)

Die Snooker-Weltmeister seit 2000

2000 Mark Williams (Wales)
2001 Ronnie O’Sullivan (England)
2002 Peter Ebdon (England)
2003 Mark Williams (Wales)
2004 Ronnie O’Sullivan (England)
2005 Shaun Murphy (England)
2006 Graeme Dott (Schottland)
2007 John Higgins (Schottland)
2008 Ronnie O’Sullivan (England)
2009 John Higgins (Schottland)
2010 Neil Robertson (Australien)
2011 John Higgins (Schottland)
2012 Ronnie O’Sullivan (England)
2013 Ronnie O’Sullivan (England)
2014 Mark Selby (England)
2015 Stuart Bingham (England)
2016 Mark Selby (England)
2017 Mark Selby (England)
2018 Mark Williams (Wales)
2019 Judd Trump (England)
2020 Ronnie O’Sullivan (England)
2021 Mark Selby (England)
2022 Ronnie O’Sullivan (England)
2023 Luca Brecel (Belgien)

A century break worthy of a standing ovation 👏💯#CazooWorldChampionshipFinal | @CazooUK pic.twitter.com/Ywtlv4gMON

— World Snooker Tour (@WeAreWST) May 1, 2023