Gesellschaft

Bei Streiks kein Chaos mehr? Mindestdienst u.a. im Bahnverkehr und in Gefängnissen

Vor allem im Bahnverkehr soll ein Mindestdienst garantiert werden. Foto: Jannis Mattar

Bei den Verhandlungen in Brüssel über die Bildung einer neuen Föderalregierung steht u.a. die Einschränkung des Streikrechts zur Diskussion. Die Unterhändler der designierten Mitte-Rechts-Koalition (N-VA, CD&V, Open VLD und MR) streben die Gewährleistung einer Grundversorgung im Fall eines Arbeitskampfes an. Im Bahnverkehr soll ein Mindestdienst garantiert werden.

Auch in den Gefängnissen soll ein Minimum von Dienstleistungen bei einer Arbeitsniederlegung gewährleistet bleiben.

Die Gewerkschaften kritisierten die erwogenen Maßnahmen als “unrealistisch”. In der Praxis sei ein Minimaldienst kaum umsetzbar, hieß es. Für die sozialistische FGTB erklärte Generalsekretärin Anne Demelenne, ähnliche Versuche, das Streikrecht einzuschränken, seien bereits im Ausland unternommen worden, dort aber gescheitert. Im Übrigen seien die Gewerkschaften in den letzten Jahren mit dem Streikrecht sehr verantwortungsvoll umgegangen, meinte Demelenne. In bestimmten Sektoren würde heute schon ein Mindestdienst gewährleistet, so zum Beipiel in den Krankenhäusern.

Die beiden Regierungsbildner Kris Peeters (CD&V, links) und Charles Michel (MR). Foto: Belga

Die beiden Regierungsbildner Kris Peeters (CD&V, links) und Charles Michel (MR). Foto: Belga

Befürworter eines gesetzlich verordneten Mindestdienstes sind vor allem die Liberalen. „Der Bürger hat ein Recht auf guten Service, das Land darf nicht völlig lahmgelegt werden“, betonte Alexander De Croo, Vorsitzender der Open VLD. Hingegen sind die flämischen Christdemokraten viel zurückhaltender, was auch nicht weiter verwundert, hat doch die CD&V einen starken und einflussreichen Arbeitnehmer- bzw. Gewerkschaftsflügel.

Die Gewerkschaften führen als Argument gegen die Einschränkung des Streikrechts nicht zuletzt Sicherheitsbedenken an. Man könne nicht erwarten, dass mit halb so viel Personal – oder selbst mit nur einem Viertel weniger – den Bahnreisenden dieselben Sicherheitsgarantien gegeben werden könnten, so ihre Kritik.

Vertreter von Verbrauchervereinigungen haben sich noch nicht gemeldet. Bei Streiks ist von ihnen schon sehr oft kritisiert worden, dass Arbeitskämpfe nicht auf dem Rücken der Verbraucher und der sozial Schwachen ausgetragen werden dürften. Dies gelte insbesondere für den Bahnverkehr. (cre)

29 Antworten auf “Bei Streiks kein Chaos mehr? Mindestdienst u.a. im Bahnverkehr und in Gefängnissen”

  1. Mischutka

    Was versteht man denn unter einem „Mindestdienst“ ? Müssen die Reisenden denn die Züge selbst steuern ? (Ein befreundeter Lockführer hat mir mal gesagt, dass sei „ziemlich einfach“ ….). Und die „armen“ Gefangenen ? Bekommen die dann Geld um irgendwo „lecker essen“ zu gehen ? So eine Art Selbstversorger ? Und Werkzeug um die Türen und Fenstern zu „reparieren“ ? Das wäre doch ein Mindestdienst. (Man braucht nur EINE Person um das Genannte zu verteilen …..)
    MfG.

    • Eastwind

      @ Mischutka: Eine Möglichkeit von Mindestdienst wäre zum Beispiel, dass mindestens ein Viertel oder mindestens ein Drittel der normalerweise auf einer bestimmten Linie vorgesehenen Züge fahren muss.

    • Hallo „Mischutka“
      Bei deinem Tippfehler in dem Wort „Lockführer“ (c zuviel) habe ich schmunzeln müssen.Aber vielleicht werden die Reisenden bei einem Streik noch „angelockt“

      • Mischutka

        @ PATRIOT :
        Vielen lieben Dank für die richtige Bemerkung. Ganz ehrlich : ich habe den Tippfehler auch bemerkt, nachdem mein „Kommentar“ schon veröffentlicht war… und bin sogar schon darauf angesprochen worden. Und das hat auch die gute Seite, dass sehr viele die Beiträge und Kommentare hier auf OBdirekt auch lesen bzw. genau studiert werden.
        MfG.

  2. Jugendlicher

    Die FGTB hat doch einen Knall!
    Wenn jedes mal in den Prüfungsperioden gestreikt wird und das weil zb eine Klimaanlage nicht funktionniert, dann kann ich das beim besten willen nicht als „verantwortungsvollen Umgang mit dem Streikrecht“ sehen.
    Die FGTB sollte sich im übrigen mal Gedanken machen, warum man davon spricht das Streikrecht zu verändern. Hätte es in den letzten Jahren nicht so viele wilde und somit ILLEGALE Streiks gegeben, wären wir heute nicht, wo wir jetzt sind. Die ersten, die das Streikrecht gebrochen haben und zwar regelmäBig, waren die Gewerkschaften selbst.
    Andererseits ist das, was die jetzt vorhaben auch nicht sehr wirksam. Unsere Politiker müssten den Gewerkschaften eine juristische Person geben, dann würde sich die Streikkultur viel eher im rechtlichen Rahmen bewegen. Bestes Beispiel ist Deutschland, da wird beim Streik weit weniger zerstört als bei uns und von wilden Streiks hört man da auch sozusagen nie. Und wenn die Gewerkschaften sich was Illegales leisten, wie sie es hier des öfteren tun, dann kriegen die auch Probleme und zwar ordentliche.

  3. Eastwind

    Es wird höchste Zeit, dass gegen den Missbrauch des Rechts auf Streik etwas unternommen wird. Die Gewerkschaften sollten sich nach anderen Druckmitteln umsehen, statt die Bevölkerung als Geiseln zu nehmen.

  4. Ohne PS und CDH bietet sich endlich die Möglichkeit, klare Verhältnisse zu schaffen. Keine faulen Kompromisse mehr. Wenn das die Bürger nicht gefällt, können sie ja bei der nächsten Wahl dafür sorgen, dass es eine Links- oder Mittelinks-Regierung gibt. Hauptsache, die Regierung hat eine klare Linie.

  5. Man muss sich schon fragen was da in bestimmten Sektoren abgeht. Mein Sohn hat 2004 den Sekundarunterricht begonnen, und ist jetzt im letzten Masterjahr HEC. Seit dem ist er Kunde bei TEC und SNCB, und noch in JEDEM Jahr seit 2004 haben BEIDE Staatbetriebe MEHRERE Streikaktionen pro Jahr durchgezogen!! Das gibt es einfach nicht, dass die jedes und jedes Jahr Gründe haben zu streiken; die Streiktage sind fest eingeplante zusätzliche Urlaubstage, sonst nichts! Ich arbeite seit 34 Jahren in der Industrie, und da wurde in der Zeit weniger gestreikt als bei der TEC Liège-Verviers in einem Schuljahr!! Höchste Zeit, dass die Politik diesem Streiktourismus einen Riegel vorschiebt….

  6. Die FGTB ist“verantwortungsvoll“mit dem Streik umgegangen.
    Das war aber der Witz der Woche!
    Denk ich da an die Bahn..oder TEC…da wird ja schon mal nen Tag(am besten Freitags oder Montags..das gibt dann langes WE)gestreikt…weil einem Schaffner das Mittagessen kalt serviert wird…oder so..
    Nee…die Frau hat wohl was geraucht…oder ist geistig ein wenig unterbelichtet.
    Man könnte drüber lachen wenns nicht so traurig wäre.

  7. Glotzkowski

    Welche Drogen hat Frau Demelenne vor dem Interview zu sich genommen, oder war es Alkohol ????

    Verantwortungsvoll sieht anders aus, wegen diesen Id….n wurde mir mehrfach der Zutritt zum Arbeitsplatz verwehrt.

    Da darf man froh sein, wenn der Arbeitgeber kurzfristig „Home Office“ akzeptiert.

    Die streiken sich noch zu Grunde.
    Erst wenn der letzte Zug und Bus still steht, die Industrie nicht mehr produziert, weil es im Ausland einfacher und billiger ist, wird die Gewerkschaft vielleicht merken das der Bogen überspannt wurde. Bin mir aber nicht sicher ob dann nicht doch jemand anderes schuld ist.

    Wird höchste Zeit das die Politik dem Spiel ein Ende setzt.

  8. Réalité

    -Wir sind vielfacher Weltmeister!

    -Regierungsbildungsweltmeister!
    -Steuerzahler Weltmeister!
    -SNCB Streikweltmeister!
    -Tec Streikweltmeister!
    -Gefängnis Streikweltmeister!
    -Post Streikweltmeister!
    -Fluglotsen Streikweltmeister!
    Es reicht langsam!?Wen wundert es,dass da Ausländische Investoren einen weiten Bogen um unser Land machen….

    • Sie haben vergessen dass wir auch Weltmeister der Lohnkosten sind, laut Regierung. Dabei merke ich davon Ende des Monats nur reichlich wenig. Noch ein Grund Belgien fern zu bleiben.
      Belgien schafft sich ab. Traurig, traurig. Ohne EU und NATO wären wir schlimmer dran als Griechenland.

      • Réalité

        Ja,Atheist!

        hatte das so wichtige Wort und Tatsache vergessen!

        -Wir sind ganz sicher dabei auch noch der Weltmeister in der Regierungs- und Ministerzahl ,pro Einwohner!!Aber dieser Titel bringt uns nix!Wir vermodern weiter und weiter…..

        -Skuril ist nur,dass diese uns regierenden daran nichts ändern,und die Sache einfach nur so weiter laufen lassen!

        -Dabei sollten diese Leute sich ganz einfach nur mal das Beispiel eines unrentablen Betriebes vor Augen halten!
        Was tut der Chef wohl zu aller erst!?
        Er schaut sich die Lohnkosten seiner Fa an.Die Betriebsabläufe,die Nachhaltigkeit,die Rentabilität usw usw…!?

        -Danach handelt er und versucht den Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen!

        -Was tun im Vergleich unsere so überaus zahlreichen Minister!??

        • Dazu fällt mir nur ein: „man darf nicht die Frösche fragen, wenn man einen Sumpf trocken legen will“. Die wallonische PS wird noch den letzten Haufen Scheiße als „kapitalistische Hinterlassenschaft“ besteuern, um auch nur 1 Tag länger an den Trögen der Macht zu sitzen. Schützenhilfe leiten CDH und ECOLO. Die Einzige Alternative in der Wallonie ist die MR, wie sich jetzt wieder zeigt.

        • Marc Van Houtte

          „Was tun im Vergleich unsere so überaus zahlreichen Minister!??“
          Darüber debattieren ob wir noch neue Kompetenzen in der DG brauchen um noch ein Paar Ministerposten als notwendig uns zu verkaufen.

  9. Jauny B.Bad

    Seltsam, immer sind es diesen quasi-privatisierten-doch-noch-irgendwie-Staatsbetriebe, die miteinander um die Wette streiken. Und zu der Sozi-Tante habe ich neulich den Spruch eines polnischen EU-Abgeordneten aufgeschnappt: „Wenn sich ein Affe zwischen A und B entscheiden muss, so besteht eine 50%ige Chance, dass er richtig liegt. Ein Sozialist hingegen wird immer falsch entscheiden.“

    • Oder Thatcher
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/margaret-thatchers-wirtschaftspolitik-a-893229.html

      Margaret Thatcher hatte bei ihrem Amtsantritt ein Land in desaströsem Zustand übernommen. Großbritannien – das war nach dem Zweiten Weltkrieg ein riesiges Versuchslabor für die Vermischung von Sozialismus und Kapitalismus. Weite Bereiche des Landes waren verstaatlicht worden: das Gesundheitssystem; die Stahlindustrie und der Kohlebergbau, Teile des Einzelhandels, Hotels und sogar Reisebüros. England war zum Synonym für den perfekten Wohlfahrtsstaat geworden, mit allumfassender Fürsorge für die Bürger. Und vor allem: mit Gewerkschaften, deren Macht schier unbegrenzt schien.
      …..

      Die Parallelen zum Wallonischen PS-Staat sind unübersehbar. Hier hilft nur die selbe Medizin, eine „Thatcher“ Kur braucht das Land!

    • Zappel Bosch

      Stimmt, Zaungast, die Piloten, die Fluglotsen und die Lokführer überziehen mittlerweile – gefühlt – auch das mittlere „Streikkonto“ in D, aber das meist nur bei Lohnverhandlungen u.ä., und nicht für jede Lappalie! Und wilde Streiks, die normale Bürger als gänzlich unvorbereitete Geiseln nehmen, sind die ganz große Ausnahme.

  10. gerhards

    Ich arbeite in einem nichtöffentlichen Betrieb und habe noch nie gestreikt..
    anscheinend geht’s mir zu gut und die Bediensteten mit Staatsbezahlung leiden.
    Das macht mich traurig. Opa ist allerdings wieder glücklich,sein Trainingsanzug ist aus der Reinigung zurück.

  11. Vereidiger

    Als ich erstmals von diesem Vorhaben der hoffentlich bald stehenden neuen Regierung hörte, habe ich innerlich gejubelt. ENDLICH wird dieses Tabu der Sozis angepackt! ENDLICH soll diese ständige In-Geiselhaftnahme tausender unschuldiger Bürger strafbar werden. ENDLICH sollen den Gewerkschaften demokratische Grenzen gesetzt werden. HOFFENTLICH wird da mehr als eine Maus geboren…

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