Sport

Axel Kittel zur Affäre KV Mechelen: „Fußballverband sollte jetzt sein Regelwerk komplett überarbeiten“

Der damalige AS-Manager Manfred Theissen (links) und Rechtsanwalt Axel Kittel im Jahre 2011 anlässlich einer Verhandlung vor dem Sportgericht des Fußballverbandes. Foto: Belga

Dass der belgische Traditionsverein KV Mechelen trotz eines weitgehend bewiesenen Versuchs der Bestechung am Ende der Saison 2017-2018 in die Jupiler Pro League aufsteigen darf, hat in Belgiens Fußballwelt für Empörung gesorgt. Über das Urteil des Schiedshofs für den Sport (CBAS) sprach „Ostbelgien Direkt“ mit dem Eupener Anwalt Axel Kittel.

Axel Kittel hatte in der Vergangenheit ebenfalls mit den Sportgerichten des belgischen Fußballverbandes zu tun. 2011 war er der Rechtsbeistand der AS Eupen in der Affäre SK Lierse und vertrat damals und später auch noch vor Gericht den früheren AS-Manager Manfred Theissen.

OD: Herr Kittel, wie bewerten Sie die Entscheidung des Schiedshofs für den Sport (CBAS) zu Gunsten des KV Mechelen, der in der nächsten Saison in der Division 1A spielen darf, obwohl ziemlich eindeutig nachgewiesen werden konnte, dass führende Funktionäre des Vereins am Ende der Saison 2017-2018 versucht haben, Waasland-Beveren zu bestechen?

Axel Kittel (rechts, hier mit seinem Kollegen Ralph Lentz) am 1. April 2011 vor dem Eupener Gericht in Sachen AS-Klage gegen den belgischen Fußballverband. Foto: Belga

Kittel: Wie jedes Gericht in Belgien ist auch der CBAS daran gebunden, nur aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen zu urteilen. Natürlich kann es dazu kommen, dass diese Bestimmungen verschieden interpretiert werden. Im vorliegenden Fall sind die gesetzlichen Bestimmungen die Regeln des Fußballverbandes (URBSFA). Bereits in der Angelegenheit, die vor Jahren die AS Eupen betraf, war festzustellen, dass diese recht umfangreiche Regelung, zu der andauernd neue Bestimmungen hinzugekommen sind, zum Teil Lücken oder Widersprüche aufwies.

OD: Können Sie als Anwalt die Entscheidung des CBAS gegen einen Zwangsabstieg des KV Mechelen nachvollziehen?

Kittel: Im Fall KV Mechelen geht es um die Frage, bis wann ein Vergehen gegen die Bestimmungen der Regeln des Fußballverbandes mit einem Zwangsabstieg geahndet werden kann. Laut CBAS sind die Regeln des Fußballverbandes nicht klar und deutlich, so dass sie diese interpretieren muss. Da es sich um eine Strafe geht, müssen die Regeln streng angewendet werden (dies ist eines der Prinzipien des belgischen Rechtssystems), so dass der CBAS zu dem Schluss kommt, dass ein Zwangsabstieg nur dann verhängt werden kann, wenn dies vor dem Ende der Spielzeit geschieht, in der die Übertretung stattgefunden hat. Diese Frist ist laut CBAS überschritten.

OD: Die Entscheidung des CBAS ist in den belgischen Medien und in der belgischen Öffentlichkeit auf scharfe Kritik gestoßen.

Kittel: Ich kann verstehen, dass das aus sportlichen-ethischen Gründen nicht gut ankommt (und vielleicht sogar unverständlich erscheint), aber die Prozedurregeln sind die erste Garantie derjenigen, die vor Gericht erscheinen müssen. Hier führen diese Regeln dazu, dass es eine sehr kurze Verjährungsfrist gibt, wenn es um Zwangsabstieg geht. Ähnliches erleben wir oft genug auch vor den ordentlichen Gerichtsbarkeiten des Landes. Es gibt z.B. Regeln darüber, wie festgestellt wird, ob jemand in betrunkenem Zustand sein Auto gesteuert hat oder wie eine Geschwindigkeitsübertretung festgestellt werden muss. Werden diese Regeln, die auch Prozedurregeln sind, nicht eingehalten, kann der Übeltäter nicht bestraft werden. Hier sind die Prozedurregeln eine Garantie gegen Willkür.

OD: Welche Lehren sind aus dieser leidigen Affäre zu ziehen?

Der Eupener Rechtsanwalt Axel Kittel. Foto: OD

Kittel: Jetzt ist der Fußballverband gefordert, der sein Regelwerk überarbeiten muss. Der europäische Fußballverband UEFA ist nicht an die Entscheidung des CBAS gebunden, die Strafgerichtsbarkeiten Belgiens sind dies ebenfalls nicht. So kann die UEFA den KV Mechelen als Verein noch immer vom Europapokal ausschließen. Auch können diejenigen, die Straftaten begangen haben, immer noch durch die Strafgerichte bestraft werden. Ohnehin ist bisher lediglich die Frage des Zwangsabstiegs durch den CBAS beurteilt worden, wenn meine Informationen stimmen.

OD: Der KV Mechelen kann also doch immer noch bestraft werden, wenngleich nicht mit einem Zwangsabstieg?

Kittel: So ist es. Es bestünde eventuell die Möglichkeit, Punktabzüge zu verhängen. Und auch ein Zivilverfahren auf Zuerkennung von Schadensersatz ist für die geschädigten Vereine noch möglich. Das sind im vorliegenden Fall der SC Lokeren als Absteiger aus der Division 1A und Beerschot als Nichtaufsteiger in die Division 1A.

OD: Wie lautet Ihr Fazit aus heutiger Sicht?

Kittel: Der belgische Fußballverband würde in meinen Augen gut daran tun, sein eigenes Regelwerk einmal in seiner Gesamtheit zu überarbeiten und Widersprüche, unlogische bzw. undeutliche Bestimmungen anzupassen oder gegebenenfalls sogar abzuschaffen. (cre)

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AKTUALISIERT – Das Gericht Erster Instanz von Brüssel hat am Freitag entschieden, dass der Meisterschaftsbetrieb in der Jupiler Pro League (Division 1A) und in der Proximus League (Division 1B) nicht starten darf, solange der Schiedshof für den Sport (CBAS) nicht sein definitives und vollständiges Urteil in der Affäre KV Mechelen/Waasland Beveren verkündet hat. Bisher hat der CBAS nur ein Zwischenurteil gefällt, wonach Mechelen und Waasland Beveren in der kommenden Saison in der Division 1A spielen müssen. Gleichwohl kann der KV Mechelen noch bestraft werden, sei es mittels eines Teilnahmeverbots an der Gruppenphase der Europa League und/oder mittels eines Punkteabzugs in der Division 1A.

Zum Thema siehe auch folgende Artikel auf OD:

3 Antworten auf “Axel Kittel zur Affäre KV Mechelen: „Fußballverband sollte jetzt sein Regelwerk komplett überarbeiten“”

  1. Ostbelgien Direkt

    AKTUALISIERT – Das Gericht Erster Instanz von Brüssel hat am Freitag entschieden, dass der Meisterschaftsbetrieb in der Jupiler Pro League (Division 1A) und in der Proximus League (Division 1B) nicht starten darf, solange der Schiedshof für den Sport (CBAS) nicht sein definitives und vollständiges Urteil in der Affäre KV Mechelen/Waasland Beveren verkündet hat. Bisher hat der CBAS nur ein Zwischenurteil gefällt, wonach Mechelen und Waasland Beveren in der kommenden Saison in der Division 1A spielen müssen. Gleichwohl kann der KV Mechelen noch bestraft werden, sei es mittels eines Teilnahmeverbots an der Gruppenphase der Europa League und/oder mittels eines Punkteabzugs in der Division 1A. Gruß

  2. Guter Tipp!

    Herr Kittel,
    wäre das nichts für Sie, die Sportabteilung und besonders die des Fussballs zu vertreten!? Das würde Ihnen ganz sicher ein gutes Einkommen bescheeren? Zumal der Belgische Verband, wäre ein gutes Pflaster für Sie. Da kann man nur noch den Kopf schütteln. Solche Tunten, die da am Ruder sind, welche sehr wahrscheinlich auch noch für ihre Buletten fürstlich bezahlt werden? Verglichen damit ist die Sache ‚Grindel‘ beim DFB ein kleines Malörchen. Die ganze Misere beginnt schon bei unserm Provinzialkomittee. Anstatt die Sache einfach zu Handhaben, machen die es komplizierter, siehe u a die tolle Erfindung: Play Offs! Unverständlich. Mit der Führung haben die Ehrenamtlichen der Vereine auch viel Kopfzerbrechen. Man ist jetzt schon sehr gespannt wie der Klüngelhafte Kuddelmuddel beim Verband enden wird?

  3. Radikaler Hausputz

    Bevor das Desaster komplett wird, es ist höchste Zeit das die Führungspersonen des URBSFA abgelöst werden! Das ist ja eine Schluddertruppe ohnegleichen! Überhaupt, gleichzeitig sollten die unkapablen Politiker welche sich hier herumtreiben gleich mit von der Bildfläche verschwinden. Unser Land braucht bessere Leute!

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