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Auch belgische Wissenschaftler für Abschaltung von Tihange 2

Blick über die Maas auf die drei Kühltürme des Kernkraftwerks Tihange bei Lüttich. Foto: Rainer Jensen/dpa

Die Diskussion über die Sicherheit des Atomkraftwerks Tihange bei Lüttich hält an: Wissenschaftler der Universität Löwen haben jetzt massive Zweifel an der Sicherheit des als „Bröckelreaktor“ bekannt gewordenen Atommeilers Tihange 2 geäußert.

Die Erklärung des Betreibers von Tihange (ENGIE-Electrabel) und der belgischen Atomaufsicht (FANK), von den tausenden Haarrissen gehe keine Gefahr aus, ist der neuen unabhängigen Studie zufolge stark zu bezweifeln.

Anlässlich der Protestaktion „Menschenkette“ in Tihange am 25. Juni 2017 nimmt ein Pressefotograf die Kühltürme des umstrittenen Atomkraftwerks ins Visier. Foto: OD

Die Vielzahl der Mikrorisse in den Reaktorbehältern gefährde die Stabilität der Meiler, schlussfolgern demnach Forscher der Uni Löwen. Als Grund für die Risse hatte der Betreiber winzige Einschlüsse von Wasserstoff im Stahl genannt, was ein Fehler in der Fabrikation sei. Dies sei aber ungefährlich.

Die Forscher schließen nun aus der gestiegenen Zahl an gemessenen Rissen im Stahl des Reaktordruckbehälters, dass sich dort weiterer Wasserstoff bildet. Die Hülle der Reaktorbehälter werde dadurch zu schwach für einen Weiterbetrieb.

Die belgische nationale Atombehörde (FANK) wies die Sicherheitsbedenken laut dem Rundfunksender zurück. Es lägen Analysen anderer Experten vor, die zu einer gegenteiligen Einschätzung kämen, hieß es. Es gebe keinen Anhaltspunkt für eine erforderliche Schließung der Kraftwerksblöcke.

Etschenberg: Gefahr für Leib und Leben

Der Ruf nach einer Schließung von Tihange 2 ist vor allem in Nordrhein-Westfalen und dem Dreiländereck bei Aachen laut. Von der Kaiserstadt ist der Meiler nur rund 70 Kilometer entfernt.

Der Aachener Städteregionsrat Helmut Etschenberg hat am Mittwoch seine Forderung erneuert, Tihange 2 unverzüglich abzuschalten. „Mittlerweile ist auch in Belgien klar, dass von dem Reaktor Tihange 2 eine Gefahr ausgeht. Das kann auch die FANK nicht immer weiter ignorieren. Es darf nicht sein, dass hier mutwillig und offensichtlich aus finanziellen Interessen eine Gefahr für Leib und Leben für die Menschen in Belgien und auch in unserer Region in Kauf genommen wird.“

Städteregionsrat Helmut Etschenberg (links) bei der Vorstellung der Info-Broschüre über Tihange auf der Euregio-Wirtschaftsschau in Aachen. Foto: Twitter – Stadt Aachen

Etschenberg weiter: „Auch unsere jetzige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sollte jetzt endlich aus ihrer Lethargie erwachen und sich aktiv und mit Nachdruck für die Interessen der Menschen in der Aachener Region einsetzen. Wir brauchen jetzt keine Sonntagsreden von theoretischen Nicht-Zuständigkeiten mehr, sondern einen aktiven und eindringlichen Einsatz in Belgien. Sich einmal jährlich zum Gedankenaustausch in einer Kommission zu treffen, mag aus Expertenebene wichtig und richtig sein, ändert nichts an den Unsicherheiten, mit denen wir alle hier Tag für Tag leben müssen.“

Wie tief die Sorgen in der Bevölkerung der DreiländerRegion verankert sind, könne man laut Etschenberg unter anderem an der Beteiligung von 50.000 Menschen an der Menschenkette gegen Tihange im Juni ablesen. Zudem liegen wenige Tage nach dem Start der Vorverteilung von Jodtabletten alleine in den zehn Kommunen der Städteregion Aachen jetzt schon rund 14.000 Anträge für weit mehr Personen vor (7.500 im Jodportal der Stadt Aachen und 6.400 im Jodportal für die neun weiteren Kommunen bei der StädteRegion Aachen).

„Ich würde lieber heute als morgen die Vorverteilung der Jodtabletten stoppen“, so Etschenberg: „Dazu müsste man in Belgien nur endlich den unseligen Reaktor 2 in Tihange abschalten. Das ist überfällig!“

Tihange 1 bis Donnerstag vom Netz

Unterdessen ist der Reaktor Tihange 1 für eine außerplanmäßige Wartung voraussichtlich noch bis zum Donnerstag vom Netz. Der Kraftwerksblock war am Dienstagabend abgeschaltet worden, teilte der Betreiber Electrabel mit. Ursprünglich sollte er bereits am Mittwoch wieder hochgefahren werden. (dpa/cre)

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