Gesellschaft

Schule Espeler: 1 Monat Haft auf Bewährung und Geldstrafe für Schulleiter und Schöffen

Der Vorsitzende Richter Charles Heindrichs (Bildmittel) kurz vor der Urteilsverkündung. Foto: OD

In der „Akte Schule Espeler“ ist am Montag vor dem Eupener Strafgericht das Urteil verkündet worden: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass 2008 die Schule von Espeler nur mithilfe eines fiktiven Wohnsitzwechsels erhalten werden konnte und Subsidien der DG erschlichen wurden. Deswegen wurden der Schulleiter und der Schöffe der Gemeinde Burg-Reuland zu einer Gefängnisstrafe von 1 Monat mit Strafaufschub für 3 Jahre sowie zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

Für die Geldstrafe von 1100 Euro wurde kein Strafaufschub gewährt. Angeklagt war auch der Vater einer Schülerin, der sich damit einverstanden erklärt hatte, vorübergehend mit seiner Tochter von Deiffelt in der Gemeinde Gouvy nach Espeler umzuziehen, damit in jenem Herbst 2008 die Mindestnorm von 12 Schülern, die von der DG zum Erhalt der Dorfschule festgesetzt wurde, erreicht werden konnte.

Für den Vater, der nie einen Hehl daraus gemacht hatte, dass der Wohnsitzwechsel nur zum Erhalt der Schule in Espeler dienen sollte, wurde die Urteilsverkündung ausgesetzt.

Wohnsitzwechsel wieder rückgängig gemacht

Eine Vorderansicht der Schule von Espeler, deren Fortbestand 2008 laut Gericht nur aufgrund von Tricksereien gesichert wurde.

Eine Vorderansicht der Schule von Espeler, deren Fortbestand 2008 laut Gericht nur aufgrund von Tricksereien gesichert wurde.

Für den Vorsitzenden Richter Charles Heindrichs besteht nicht der geringste Zweifel, dass man es hier mit einem Fall von Subsidienbetrug zu tun hat, der mithilfe eines „Täuschungsmanövers“ eingefädelt wurde.

Alle drei Angeklagten (Schulleiter, Schöffe und Vater) hätten den Wohnsitzwechsel nur deshalb inszeniert, um den Erhalt der Schule zu ermöglichen. Jedoch hätte nur der Vater des Kindes in seinen Aussagen stets und unmissverständlich eingeräumt, dass von vornherein klar war, dass der Wohnsitzwechsel von Deiffelt nach Espeler nach dem Ende der gesetzlichen Frist zur Festlegung der genauen Schülerzahl wieder rückgängig gemacht würde.

Laut Richter Heindrichs belegen dies mehrere Zeugenaussagen über Versammlungen, die stattgefunden haben. Zudem habe Unterrichtsminister Oliver Paasch laut Zeugenaussage bei einer dieser Versammlung eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er keinen Kompromiss, der nicht gesetzmäßig wäre, akzeptieren werde.

Ein Zeuge habe sogar zu Protokoll gegeben, so der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung, „dass der Wohnsitzwechsel nur die Rettung der Schule bezweckte und man sich diesbezüglich diskret verhalten müsse, damit die Presse nicht informiert werde“.

„Unbescholtenheit, aber auch „Skrupellosigkeit“

Eine Rückansicht der Dorfschule in Espeler, direkt neben der Kirche.

Eine Rückansicht der Dorfschule in Espeler, direkt neben der Kirche.

Bei der Festsetzung des Strafmaßes hielt das Gericht dem Schulleiter und dem Schöffen ihre „Unbescholtenheit“ zugute. Ihre Vorgehensweise jedoch wurde als ein Akt von „Skrupellosigkeit“ gewertet.

Beim angeklagten Vater stellte das Gericht zwar ebenfalls ein eindeutiges Fehlverhalten fest, weil er das Täuschungsmanöver mitgetragen habe. Gleichwohl wird seine „Ehrlichkeit“ in der Urteilsverkündung honoriert.

Das Gericht erklärte, das Strafmaß sei für den Schulleiter und den Schöffen deshalb mit einem lang anhaltenden Strafaufschub versehen worden, um die beiden Angeklagten ihr unrechtmäßiges Handeln auch spüren zu lassen. Deshalb sei die Geldstrafe (von 1100 Euro) nicht auf Bewährung ausgesetzt worden. Soll heißen: Das Urteil muss wehtun, um einen Wiederholungsfall zu vermeiden…

Die Verteidiger der Angeklagten hatten für ihre Mandanten einen „glatten Freispruch“ (oder allenfalls eine Aussetzung der Urteilsverkündung) gefordert.

Urteil hat zivilrechtlich noch ein Nachspiel

Die

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Abgesehen davon, ob die Angeklagten gegen das am Montag verkündete Urteil Revision einlegen werden oder nicht, ist die Akte Schule Espeler auf keinen Fall abgeschlossen. Die DG, die als Zivilpartei (Nebenklägerin) bei diesem Verfahren auftrat, hatte auf Entschädigung plädiert. Den Schaden hatte sie auf die Zahlung einer Summe in Höhe von 41.250 Euro (Jahresgehalt einer Lehrperson im Primarschulwesen mit 0 Dienstjahren) beziffert.

Nach Meinung des Gerichts soll in einem zivilrechtlichen Verfahren genau ermittelt werden, wie hoch der tatsächlich von der DG erlittene Schaden war. (cre)

Siehe auch Artikel „Karl-Heinz Cornely“

 

25 Antworten auf “Schule Espeler: 1 Monat Haft auf Bewährung und Geldstrafe für Schulleiter und Schöffen”

  1. Eastwind

    Ein logisches Urteil, das dem Klüngel in der Eifel endlich mal einen Riegel vorschiebt. Wurde auch Zeit. Die Frage ist, ob Minister Paasch auch interveniert wäre, wenn die Gemeinde von einem ProDG-Mitglied geführt würde und nicht von der CSP…

  2. Nachdem das Urteil nun gefällt wurde, frage ich mich allerdings, wieso ein Schöffe eine solche Straftat begehen konnte.
    Einen persönlichen Vorteil ergab sich für ihn ja nicht. Wenn durch die vorgegebenen Normen, der Schulbetrieb nicht aufrecht erhalten werden konnte, nun, dann musste das so akzeptiert werden. Wobei diese Mindest-Schüler-Zahl-Norm für „Sein oder nicht Sein“ in Bezug auf die Existenz einer Schule, in meinen Augen etwas seltsam anmutet .Worauf basiert die eigentlich? Könnte es keine andere Regelung geben? Das aber ist ein anderes Thema. Wie gesagt, in dem Fall hier hatte der Schöffe doch weder einen persönlichen Vor- noch einen Nachteil.Sein Amt wäre durch eine erfolgte Schließung auch weiter gelaufen.
    Es hätte ihm also im Prinzip egal sein können…
    Dass scheinbar bei der Gerichtsver-
    handlung das Gemeindekollegium als solches, nicht zur Verantwortung gezogen wurde, verwundert mich schon ein wenig.
    Laut Gemeindegesetz müssen nämlich Beschlüsse durch dieses Gremium getätigt werden. Mit anderen Worten, ein Schöffe „in persona“ kann gar nichts beschließen!
    Ob nun Schul-Finanz-Sport-Schöffe, oder Gleich- was- Schöffe; das spielt im Grunde keine Rolle. Diese Ämter werden nach einer gewissen „Rangordnung“zuerteilt.
    Nur der Bürgermeister kann in den dafür vorgesehenen Fällen allein Beschlüsse fassen. Was nun diesen Fall angeht, müsste das ganze Kollegium, inklusive Bürgermeister, Bescheid gewusst, und den entsprechenden Beschluss betreffend der Wohnsitzbescheinigung getätigt haben.
    Wieso ist aber nur eine Person (Schöffe) des Gemeindekollegiums angeklagt worden, wenn demzufolge dieses Kollegium in seiner Gesamtheit für diese Tat verantwortlich war? Ist der Schulschöffe demnach ein Bauernopfer?

    Der Schulleiter hingegen ist Beamter
    und ist als Person direkt verantwortlich, wenn ihm wissentliches, strafbares Fehlverhalten in vorliegendem Fall seitens des Gerichtes nachgewiesen werden konnte.

    • karlh1berens

      Zitat : „Wieso ist aber nur eine Person (Schöffe) des Gemeindekollegiums angeklagt worden, wenn demzufolge dieses Kollegium in seiner Gesamtheit für diese Tat verantwortlich war? Ist der Schulschöffe demnach ein Bauernopfer?“
      Vielleicht wollte man das Urteil angreifbar machen.

    • Aristoteles

      Der Schöffe hätte bei den letzten Wahlen zumindest im Stillen damit hausieren gehen können, dass er für den Fortbestand der Schule gesorgt hätte.

      Wie gesagt, um am Ruder zu bleiben ist CSP-Leuten unter Umständen jedes Mittel recht. Das war schon immer so und wird immer so bleiben.

  3. klartext

    Das Urteil ist doch eine logische Konsequenz der seit Jahren praktizierten Vertuschung in der Gemeinde Burg-Reuland. Espeler war ja nicht der Anfang… Was mich wohl etwas an dem Urteil irritiert ist die Tatsache, dass der Bürgermeister als Chef seiner Schöffencrew nicht zur Rechenschaft gezogen wurde, obwohl er die ganze Manipulation um Wohnsitzwechsel und Unterschriften mit gefingert und inszeniert hat. Sowohl der Schöffe, als auch der Bürgermeister müssten doch nach diesem Urtell ihre Ämter niederlegen und noch froh sein, den Imageschaden für die gesamte Gemeinde Burg-Reuland nicht zu tragen! Burg-Reuland ist doch die Lachnummer der DG und hat nun auch noch zusätzlich das Attribut der „Kriminalität“.

      • klartext

        @R.A. Punzel: Eine solche Aussage verschlägt mir aber die Sprache. Es mag sein, dass Politiker diese „kriminelle Energie“ oftmals an den Tag legen, doch darf diese doch nicht einfach von uns Bürgern toleriert werden. Man kann doch auch nicht einen Steuersünder „reinwaschen“ indem man sagt, dass viele andere das auch machen?!? Straftat ist Straftat und muss bestraft werden! Das ist heute geschehen und die Sünder müssen nun die Konsequenzen ziehen!! Aus, basta!

    • „Was mich wohl etwas an dem Urteil irritiert ist die Tatsache, dass der Bürgermeister als Chef seiner Schöffencrew nicht zur Rechenschaft gezogen wurde, obwohl er die ganze Manipulation um Wohnsitzwechsel und Unterschriften mit gefingert und inszeniert hat“.
      Genau, „klartext“. Das habe ich in meinem vorherigem Post auch schon angesprochen.
      Ein beantragter Wohnsitzwechsel wird in der Regel auf seinen „Wahrheitsgehalt“ von der Polizei überprüft, bzw.bestätigt.
      Das (gesamte) Gemeindekollegium, also Bürgermeister und Schöffen bekommen Kenntnis darüber, bevor der /die Antragsteller dann im Bevölkerungsregister eingetragen werden.
      Deshalb verwundert es, wie gesagt, schon, dass hier nur Seiten der Gemeinde nur
      eine Person, nämlich der (Schul)-schöffe zur Verantwortung gezogen wurde….

  4. Réalité

    Nun,mal langsam,werte Kommentatoren hier vor mir.“Richtige Kriminalität“ gehört ja wohl in eine andere Schublade und ganz sicher sind gewisse andere Parteien und besonders eine in der Wallonie ja bekanntlich „Prädestiniert in versteckten Ungereimtheiten“.Und auch aufgefallen dabei,jedoch so „richtig hart bestraft“…ist bis heute noch keiner…!?Frage mich also was und warum noch da „gerudert werden musste“…!?Und „in de Täsch“ wird durch diese im nachhinein dumme Entscheidung wohl sicher gar nix geflossen sein?!Was mir nur komisch ist,warum braucht ein Gericht 5 Jahre Zeit um da so ein Urteil zu fällen…!?Sehr komisch….

    • R.A. Punzel

      @Réalité: ”Richtige Kriminalität” gehört ja wohl in eine andere Schublade….

      Genau: Die Schubladen der Justiz. Verglichen mit dieser Energie, ist eine Atombombe gerade mal ein Luftballon.

      L‘ État, c’est moi!

  5. Man sollte nicht zu schnell verurteilen. Wer von uns sitzt nicht in einem Glashaus und sollte nicht vorsichtig mit dem Steinewerfen umgehen?
    Da gibt es nun einen Schulschöffen, einen Schulleiter und einen Vater, die ohne kriminelle Absichten
    – eine bewährte Dorfschule erhalten,
    – Arbeitsplätze sichern,
    – mehr Lebensqualität im Dorf für Kinder und Eltern
    erhalten möchten…

    …und schon wirft man Ihnen kriminelle Machenschaften vor.

    Wo kämen wir hin, wenn alle Vergehen und Klüngel nicht nur unserer Politiker, sondern auch deren Beamten, Angestellten und Vorgesetzen allesamt vor Gericht kämen? Ich bin überzeugt, wir hätten nicht genug Richter und Gefängnisse, um diese Missetäter zu bestrafen und aufzunehmen. Selbst Minister, Könige und Prinzen würden bestraft. Aber nicht nur sie, sondern auch der kleine Angestellte, der fleißige Arbeiter oder erfolgreiche Unternehmer, der mit Unterstützung seiner Steuerberater so manchen Euro an der Staatskasse vorbei “geleugnet” hat. Sind die (wir) dann alle Kriminelle?

    Wer ohne Makel ist, werfe den ersten Stein!
    Diejenigen, die ihn hier schon in den Kommentaren geworfen haben, sollten ihr Gewissen in aller Ruhe noch mal erforschen.

  6. Anonymous

    Ein begrüßenswertes Urteil. Endlich weht der Wind der Eupener Justiz auch einmal übers Venn und zeigt den Eifelern, dass sie keineswegs auf einer Insel leben, sondern in einem Rechtsstaat, in dem kein Platz für Klüngeleien ist. Das wird so manch einem die Augen öffnen.

  7. Nicht Nurso

    Da werden 2 Personen von der Polizei und der Staatsanwaltschaft (nicht vom Ministerium) wegen Betrug und Gesetzesbruch vor dem Strafgericht angeklagt. Das unabhängige Strafgericht (nicht ein Minister) verurteilt die Beiden wegen “skrupelosem” Bertu g und Urkundenfälschung. Das Gericht verhängt die Höchststrafe (Gefängnis!), weil die Schuld zweifelsfrei erwiesen ist. Und hier stellen einige Kommentatoren (die Betroffenen selbst?) die Verurteilten als Held oder Märtyrer dar? Das ist nicht in Ordnung. Wir leben doch nicht in einer Bananenrepublik.

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