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Gab es Abgastests mit Menschen am Aachener Klinikum?

Foto: Shutterstock

Nicht nur für VW könnte es noch einmal richtig ungemütlich werden im Abgasskandal. Es klingt unglaublich – aber nicht nur Affen sollen bei Versuchen gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden sein.

Im Abgasskandal soll es Diesel-Schadstofftests nicht nur mit Affen, sondern auch mit Menschen gegeben haben. Das geht aus einem Report der Vereinigung EUGT hervor, über den „Stuttgarter Zeitung“ und „Süddeutsche Zeitung“ berichten. Rund zweieinhalb Jahre nach Beginn des Abgasskandals kommen damit immer neue Details ans Licht.

Ein Auspuffrohr von einem VW Golf 7 mit TDI Dieselmotor glänzt am 09.03.2017 im Licht an einer Fertigungsstrecke vom VW Golf 7 im Volkswagen Werk in Wolfsburg (Niedersachsen). Das neueste Kapitel des ´Dieselgateª-Skandals von Volkswagen enth‰lt Szenen, die kaum zu glauben sind. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Den Berichten zufolge soll die von den Konzernen VW, Daimler und BMW gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) eine „Kurzzeit-Inhalationsstudie mit Stickstoffdioxid bei gesunden Menschen gefördert“ haben. Dies stehe in einem als Tätigkeitsbericht für die Jahre 2012 bis 2015 herausgegebenen Report.

Dabei seien an einem Institut des Klinikums Aachen 25 Personen untersucht worden, nachdem sie jeweils über mehrere Stunden Stickoxid (NO2) in unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet hätten. Laut der 2017 aufgelösten EUGT wurde keine Wirkung festgestellt.

Der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus sagte der „Stuttgarter Zeitung“ jedoch, die 2016 veröffentlichte Studie sei nur eingeschränkt aussagekräftig. Zum einen ließen sich die Befunde nicht auf die gesamte Bevölkerung übertragen, zum anderen sei Stickstoffdioxid nur ein Teil der gesamten Luftbelastung.

Stickstoffdioxid (NO2) ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten.

Schlagzeile von bild.de am Montag, 29.01.2018.

Zuvor hatten Tierversuche beim Test von Dieselabgasen breite Empörung ausgelöst. Sie wurden durch US-Ermittlungen zur VW-Abgasaffäre bekannt. Affen waren dabei gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden.

Die Tests mit den Affen waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass die Diesel-Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich abgenommen hat. Deshalb hatte die EUGT – die von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobby-Initiative – sie beim US-amerikanischen Lovelace Respiratory Research Institute in Auftrag gegeben. Federführend war laut dem Studienleiter dabei VW.

VW entschuldigte sich am Wochenende für die in den USA durchgeführten Versuche. „Wir sind der Überzeugung, dass die damals gewählte wissenschaftliche Methodik falsch war. Es wäre besser gewesen, auf eine solche Untersuchung von vornherein zu verzichten“, teilte der Konzern am Samstag mit. Volkswagen distanziere sich klar von allen Formen der Tierquälerei. „Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten und die Fehleinschätzung Einzelner.“

Widerlich und absurd

Auch der Autobauer Daimler distanzierte sich ausdrücklich von den Studien und der EUGT. „Wir sind über das Ausmaß der Studien und deren Durchführung erschüttert“, hieß es in einer Stellungnahme. Daimler verurteile die Versuche auf das Schärfste. „Auch wenn Daimler keinen Einfluss auf den Versuchsaufbau hatte, haben wir eine umfassende Untersuchung eingeleitet, wie es dazu kommen konnte.“

In der Politik wird unterdessen der Ruf nach einer Aufklärung der Vorwürfe lauter. „Zehn Affen stundenlang mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die Schadstoffbelastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD). Das Land Niedersachsen ist VW-Großaktionär. (dpa)

Zum Thema siehe auch folgenden Artikel auf „Ostbelgien Direkt“:

40 Antworten auf “Gab es Abgastests mit Menschen am Aachener Klinikum?”

  1. RaymondW

    Wenn es denn stimmt, dann wüsste ich mal gerne ob die betreffenden Personen das freiwillig gemacht haben (evtl.gegen Entgeld??) oder nicht. Bei den armen Tieren erübrigt sich diese Frage.

  2. Pumpernickel

    VW, Daimler und BMW, der Deutschen liebste Kinder. Abgasskandal und Schummel-Software haben die Deutschen nicht davon abgehalten, weiterhin diese Autos zu kaufen. Im Gegenteil. Sie lassen sich weiterhin verarschen. Audi soll nach wie vor Schummel-Software einbauen. Tut das der Liebe zu Audi einen Abbruch? Nein. Käufer von VW-Autos in den USA werden entschädigt. Europäische Kunden schauen in die Röhre. Hört man einen Aufschrei der Empörung? Nein. VW, Daimler, BWM & Co erzeugen den Abgasskandal, bringen die Menschen zu der Frage, ob sie wohl künftig noch in deutsche Innenstädte hineinfahren dürfen und werben jetzt damit, man solle doch die alten Diesel gegen einen neuen eintauschen. Verkaufen diese Firmen jetzt weniger Autos? Nein. Für wie blöd hält man uns eigentlich? Die Verantwortlichen in den Chefetagen gehören allesamt eingesperrt. Stattdessen erwarten sie kräftige Boni-Zahlungen. Gibt es deshalb einen Aufschrei des wütenden Volkes? Nein. Gibt es einen Aufschrei wegen Panama-Papers oder Paradise-Papers. Nein. Der verblödete Mensch unserer Zeit fühlt sich nur noch wohl als Konsument. Und als Jammerer, dass es ihm schlecht geht.

    • Alfons Van Compernolle

      Sie vermissen den „Aufschrei des Volkes??“ , nun dann , sehen sie sich mal das VW-Gesetz in Niedersachsen an. Sehen Sie sich mal an wie die Aufsichtsrats & Vorstandsposten bei VW und BMW besetzt sind an. Schlimmer noch ist, dass wir dieses mit dem Kauf von deren Produkte finanzieren.
      Ich vermisse nicht nur den „Aufschrei“, sondern die „Ablehnung“ durch nicht Kaufen.

    • Alfons Van Compernolle

      Sie nehmen Menschen, aber mit der Abgas(vergasungs)technik hat Deutschland ja reichlich Erfahrung, weshalb sie nur in die vorhandenen Geschichtsbuecher haetten sehen muessen um die soganannten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erhalten!

  3. Wo ich arbeite gibt es Menschenversuche seit über 40 Jahren. Die Menschen arbeiten in Chemikalienräumen, mit vielen chemischen Stoffen, in hoher Staubkonzentration und man nimmt jeden Monat eine Blutprobe um zu sehen ob sich Veränderungen im Blutbild zeigen. Nennt sich Industriearbeitsplatz und Gesundheitskontrolle. Das ist für viele tausend Beschäftigte beruflicher Alltag in Belgien, Deutschland…. Wenn jetzt ein paar Affen oder Studenten ein wenig NOX schnuppern, Skandal, die Presse tobt und die Politiker und Vorstände geben sich empört. Verlogener Haufen, allesamt, die sollten einmal 40 Jahre Schichtarbeit an einem Kunststoffextruder hinlegen statt für solche Lappalien groß den Mund aufzureißen…

    • @ Dax

      Im Gegensatz zu den armen Affen unterziehen sie sich dem freiwillig. Die Affen hat keiner gefragt ob sie ihren angestammten Lebensraum verlassen wollen um sich dieser „Prozedur“ zu unterziehen.

      • Freiwillig ist dann wohl eher relativ. Welcher normale Mensch würde sowas wohl aus freien Stücken machen? Die Armut oder schlicht der Überlebenswille sind da schon eher Motiv. Eine Prostituierte arbeitet auch nicht nur aus Geilheit, oder ein Clown im Zirkus macht auch nicht dauernd den Affen weil er immer so gut drauf ist. Herr EdiG, lassen Sie sich das mal durch den Kopf gehen bevor Sie sich schützend vor Affen stellen.

        • @ Daniela

          Der Dax hat sich das selbst ausgesucht. wenn ihm sein Job „stinkt“ hätte er halt einen Anderen ergreifen müssen. Es gibt jede menge Tätigkeiten die nicht die Gesundheit ruinieren. Ich habe kein Problem mit Tierversuchen lehne sie aber wenn sie unnötig sind ab. und dieser ist unnötig.

          • Natürlich, die Industriearbeiter suchen sich ihren Beruf aus. Und alle könnten ja Lehrer werden wenn sie im Sommer 2 Monate frei haben wollen, und im Winter Maurer, dann gibt es noch mal Schlechtwettertage. Und wer gar keine Lust zum Arbeiten hat, gründet eben eine Partei z.B. die MLPD….

        • Alfons Van Compernolle

          Es gibt leider Menschen deren Charaktereigenschaften so gestrickt sind, dass sie fuer Geld ausnahmslos alles tun wuerden. Umso hoeher der zu erwartende Gewinn umso gewissenloser werden diese Menschen.
          Als Beispiel kann man nur die Deutsche Bank nennen: 1 Milliarde Boni Ausschuettung fuer Mitarbeiter und das trotz jeder Menge Prozesse und Schadensersatz an der Backe und jede Menge Verluste !

          • @ AvC

            Das ist das Dilemma der Deutschen Bank. Wenn sie die Boni nicht zahlen wandern die Banker in die nächste Zockerbude ab. Einen Betrieb in die Pleite treiben kann jeder aber um so richtig Mist zu bauen braucht es schon qualifizertes Personal uund das ist teuer.

    • deuxtrois

      „Verlogener Haufen, allesamt, die sollten einmal 40 Jahre Schichtarbeit an einem Kunststoffextruder hinlegen statt für solche Lappalien groß den Mund aufzureißen…“

      Ihr Beitrag ließe sich um 90% des Textes reduzieren wenn Sie einfach sagen: „Mir sind die Affen (und die damit verbundene, gegen den Willen der Affen verursachte Tierquälerei) s*cheissegal!“

      Die anderen haben Recht. Sie suchen sich Ihre Arbeit doch selbst aus. Wenn Sie dafür 5 Jahre früher sterben und das für Sie in Ordnung ist, nur zu. Aber was die Gesundheit der anderen Menschen geht, halten Sie sich bitte raus. Ihnen ist es (auch hier) nicht erlaubt, pauschal für alle sprechen zu dürfen, auch wenn Sie angeblich Akademiker sind.

  4. Irgendwie erinnern diese „wissenschaftlichen“ Versuche mit Menschen mich an etwas…War da nicht mal was, vor gut 70 Jahren, in Lagern oder so? Wobei es durchaus eine Beziehung gab zwischen Volkswagen und dem damaligen Regime? Muss mal scharf nachdenken…

    • Ja, denken Sie einmal scharf nach, vielleicht bemerken Sie dann welchen MÜLL Sie da zusammen schreiben! Sie verhöhnen die Opfer des NS- Terrors mit solchen Vergleichen! Also, erst mal „scharf nachdenken“ dann schreiben….

      • Ist doch klar, dass das nicht meine Absicht war! Aber wenn deutsche Konzerne Menschen stundenlang Stickstoffdioxin einatmen lassen, um anschließend ihre Blutwerte zu messen („Sind sie nun vergiftet oder nicht?“), dann wird mir einfach nur schlecht. Übrigens auch, wenn die Probanden Affen sind. Aber man braucht gar nicht an eine menschenverachtende Vergangenheit zu denken – es reicht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der letztendliche Zweck solcher Versuche die Gewinnmaximierung der Konzerne ist… Man kann nur froh sein, dass der Schuss gründlich nach hinten losgegangen ist.

    • Ja, versachlichen wir die Diskussion:
      Was die in Deutschland durchgeführten Versuche mit NO2 an Menschen angeht, so gehören derartige kontrollierte klinische Studien zum unverzichtbaren Instrumentarium der toxikologischen Forschung und wurden auch schon früher durchgeführt. Bei der Bundesärztekammer gibt es hierfür beispielsweise eine zentrale Ethikkommission aus Medizinern und Naturwissenschaftlern sowie Mitgliedern anderer Fakultäten, die ein schriftliches Votum für oder gegen das beantragte Forschungsvorhaben abgibt. Besonders empörend ist, dass man in der Presse den Eindruck erweckt, die Versuche an Menschen seien „mit Abgasen“ durchgeführt worden, was überhaupt nicht stimmt. Getestet wurde mit reinem NO2, einem Gas, das erst in höheren Dosierungen reizend wirkt. Getestet wurde mit Dosierungen weit unterhalb des MAK-Wertes, das ist die Dosierung, der Mitarbeiter in entsprechenden Betrieben acht Stunden am Tag und für ein ganzes Arbeitsleben ausgesetzt sein dürfen, OHNE gefährdet zu sein.
      In der Schweiz gilt beispielsweise ein MAK-Wert von 6.000 µg/m3, in Deutschland von 950 µg/m3. Dem ZDF gegenüber verlautbarte der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus, die Studie habe „keinerlei Verbindung mit dem Abgasskandal. Die Studie von 2013 – lange vor dem VW-Dieselskandal – habe sich mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert am Arbeitsplatz befasst. Weil der Grenzwert herabgesetzt worden sei und es keine Studien zu Menschen gegeben habe, seien 25 gesunde Menschen Belastungen ausgesetzt worden, die unterhalb der Belastungen am Arbeitsplatz lägen. Die Ethikkommission habe die 2016 veröffentlichte Studie als vertretbar bewertet“.
      ….

  5. Quo vadis Germania ?

    Ich stelle mir in dem Zusammenhang die bange Frage: „Gibt es noch genügend Jodtabletten in AC und Umgebung? Wurden die etwa alle schon wegen „Tihange“ unters Volk gebracht? Dabei ist „Tihange“ noch immer nicht explodiert! Oder werden jetzt Gasmasken verteilt ?

  6. John Doe

    BMW, Daimler, VW… Seltsamerweise werden die US-amerikanischen oder die mit ihnen verbandelten Firmen nie derartig mit Dreck beworfen. Weder mit aktuellem, noch mit historischem, was ja gerade im Falle von VW immer wieder geschieht. Dass Henry Ford und Hitler sich vor allem im Umgang mit Menschen jüdischen Glaubens ziemlich einig waren, das spielt komischerweise nie eine Rolle. Dass so gut wie alle großen US-Firmen und -Banken bis mindestens 1943 geschäftliche Beziehungen mit dem Nazi-Regime führten auch nicht. Aber die systematische Vernichtung der Juden ging ja auch erst da los. Also ist ja alles gut, gelle…
    Ach, bevor ich’s vergesse… Wo wurde diese vollkommen absurde Abgas-Kampagne losgetreten? Genau einen Tag vor der Vorstellung des damals neuen Passat?

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