Gesellschaft

Gut 22 Jahre Haft für ehemaligen Polizisten wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020

25.06.2021, USA, Minneapolis: Der ehemalige Polizist Derek Chauvin sitzt im Gerichtssaal bei der Verkündung des Strafmaßes im Prozess. (Screenshot - Bestmögliche Qualität) Foto: Uncredited/Pool Court TV/AP/dpa

Der Name George Floyd ist untrennbar verbunden mit systemischen Missständen in den USA. Sein Tod löste Massenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt im Land aus. Nun muss der Ex-Polizist, der Floyds Leben beendete, lange ins Gefängnis. Doch es geht um mehr.

Im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd vor gut einem Jahr hat das zuständige US-Gericht eine Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten gegen den verurteilten weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin verhängt.

Das Gericht verkündete das Strafmaß am Freitag (Ortszeit) in Minneapolis. Floyds Schicksal steht für viele Amerikaner stellvertretend für strukturellen Rassismus in den USA. Sein Tod löste 2020 in den USA die größten Bürgerrechtsproteste der vergangenen Jahrzehnte aus.

25.06.2021, USA, Minneapois: Bürgerrechtler Al Sharpton (2.v.l.) und Rechtsanwalt Ben Crump (3.v.r.) halten ein Gebet mit Mitgliedern der Familie von George Floyd vor dem Betreten des Hennepin County Government Center. Foto: Christian Monterrosa/ AP/dpa

Kurz vor der Strafmaßverkündung gegen Chauvin meldeten sich mehrere Angehörige Floyds vor Gericht zu Wort und forderten die Höchststrafe für den Ex-Polizisten. Er dürfe nicht mit einem blauen Auge davonkommen, mahnte sie.

Floyds Neffe, Brandon Williams, sagte: „Unsere Familie ist für immer zerbrochen.“ Floyds Bruder Philonise sagte unter Tränen, er habe seit dessen Tod keine Nacht ruhig schlafen können, weil er von Alpträumen geplagt sei und den gewaltsamen Tod seines Bruders immer und immer wieder vor sich sehe.

Floyds kleine Tochter Gianna sagte per Videobotschaft an ihren Vater gerichtet: „Ich vermisse dich und liebe dich.“ Floyds Bruder Terrence wiederum richtete sich direkt an Chauvin und fragte: „Was hast du gedacht, was ging dir durch den Kopf, als du auf den Nacken meines Bruders gekniet hast?“ Mehrfach musste er mit den Tränen kämpfen.

Auch Chauvins Mutter, Carolyn Pawlenty, äußerte sich emotional und sagte mit brüchiger Stimme, die Öffentlichkeit kenne nur ein Zerrbild ihres Sohnes. Dieser sei ein guter Mensch: liebevoll, fürsorglich, ehrenhaft und selbstlos. „Er hat ein großes Herz.“ An ihren Sohn gerichtet sagte Pawlenty: „Ich habe immer an deine Unschuld geglaubt und werde davon niemals abrücken.“

25.06.2021, USA, Minneapolis: Jennifer Starr Dodd (M) und andere Unterstützer reagieren bei Verkündung des Strafmaßes im Prozess gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin. Foto: Julio Cortez/AP/dpa

Chauvin, in hellgrauem Anzug und mit Gesichtsmaske, ließ während der Wortmeldungen nach außen hin keine Regung erkennen. Er äußerte sich nur knapp: „Ich möchte der Familie Floyd mein Beileid aussprechen“, sagte er. Wegen eines gerichtlichen Bundesverfahrens und einer möglichen Berufung könne er zur Zeit keine vollständige Stellungnahme abgeben. Er hatte in dem Prozess die Aussage verweigert.

Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe für den 45-jährigen Chauvin gefordert, die Staatsanwaltschaft dagegen 30 Jahre Haft. Bei guter Führung könnte Chauvin Experten zufolge nach Zweidrittel der nun verhängten Haft auf Bewährung freikommen, also nach 15 Jahren.

Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einem brutalen Polizeieinsatz ums Leben gekommen. Beamte nahmen den 46-Jährigen fest, weil er eine Schachtel Zigaretten mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt haben soll. Videos von Passanten dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor das Bewusstsein und starb wenig später.

20.04.2021, USA, Minneapolis: Ein Mann hält ein Schild mit der Aufschrift „Justice for George Floyd“ vor dem Hennepin County Government Center und reagiert damit auf das Urteil des Prozesses, in dem der ehemalige Polizeibeamte von Minneapolis, Derek Chauvin, für schuldig befunden wurde. Foto: Ben Brewer//XinHua/dpa

Die Videoclips der Szene verbreiteten sich damals rasant. Floyds Tod wühlte die USA auf, löste mitten in der Corona-Pandemie eine Welle an Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus, die sich zur größten Protestbewegung seit Jahrzehnten auswuchsen. Der gesamte Prozess gegen Chauvin wurde live auf vielen Fernsehkanälen übertragen. Die Erwartungen an das Verfahren waren immens.

Im April befanden die Geschworenen Chauvin in allen Anklagepunkten für schuldig. Der schwerwiegendste Anklagepunkt lautete auf Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Nach deutschem Recht entspräche dies eher Totschlag. Zudem wurde Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen – und Totschlag zweiten Grades. Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert.

Trotz des dreiteiligen Schuldspruchs wurde das Strafmaß für Chauvin nach geltendem Recht im Bundesstaat Minnesota nur für den schwerwiegendsten Anklagepunkt verhängt. Auf Mord zweiten Grades ohne Vorsatz stehen in Minnesota generell bis zu 40 Jahre Haft.

Zu Gunsten des Verurteilten wurde berücksichtigt, dass dieser nicht vorbestraft war. Richter Peter Cahill hatte allerdings die besondere Schwere der Tat anerkannt: Chauvin habe als Polizeibeamter seine Machtstellung missbraucht, keine Erste Hilfe geleistet und Floyd in Anwesenheit von Kindern mit „besonderer Grausamkeit“ behandelt.

Beendet ist der Fall mit der Entscheidung zum Strafmaß aber nicht. Chauvin kann Berufung einlegen. Unabhängig von dem Verfahren in Minnesota ist gegen ihn außerdem vor einem Bundesgericht Anklage erhoben worden.

29.08.2020, USA, Minneapolis: Passanten gehen an einer Gedenkstätte für George Floyd in Form einer großen schwarzen Faust vorbei. Foto: Mark Hertzberg/ZUMA Wire/dpa

Das US-Justizministerium teilte zur Begründung mit, dem Beschuldigten werde vorgeworfen, Floyd vorsätzlich seiner verfassungsmäßigen Rechte beraubt zu haben. Und: Neben Chauvin wurden drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt. Sie werden in einem Verfahren in Minneapolis ab März nächsten Jahres vor Gericht stehen. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen könnten mehrjährige Haftstrafen drohen.

Der Schuldspruch gegen Chauvin im April war von vielen als Meilenstein im Kampf gegen die Benachteiligung von Afroamerikanern in den USA gewertet worden, gar als eine Art Wendepunkt in der Geschichte, als Triumph über das, was Viele als jahrzehntelange Straffreiheit der Polizei für Vergehen gegen Schwarze beklagten. Floyds verzweifelte Worte „Ich kann nicht atmen“, die er in seinen letzten Minuten immer und immer wieder hervorpresste, sind inzwischen zu einer Metapher für Rassismus und Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern und anderen Minderheiten in den USA geworden.

Floyd gab der Ungerechtigkeit einen Namen und ein Gesicht, doch sein Schicksal ist keineswegs ein Einzelfall. Und selbst jene, die den Schuldspruch bejubelten, räumten ein, dies sei nur ein Schritt von vielen, die folgen müssten, im Kampf gegen strukturellen Rassismus. (dpa)

35 Antworten auf “Gut 22 Jahre Haft für ehemaligen Polizisten wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020”

    • Ihr seid lustig… Ihr behauptet es gäbe keine Rassen, wir wären alle „eins“. Aber dann „mehr Respekt für Schwarze, weniger für Weiße!“. Was nun?
      Gleiches gilt für Frauen: Es gibt keine Frauen, es gibt keine Männer, es gibt nur 125+ Gender-Konstrukte. Aber, auch hier, „mehr Respekt vor Frauen, weniger vor Männer!“. Was nun?
      Wir sollen uns gefälligst an die gesellschaftlichen menschengemachten Umwälzungen anpassen, denn alles ist ja in Bewegung. Aber der Planet, dessen Klima sollen gefälligst so bleiben, wie ihr euch einbildet, daß es sein soll.
      Ihr dreht komplett ab, mit euren komplett kranken Vorstellungen, die nur dazu führen, daß das künstlich erzeugt Chaos alles in den Abgrund führt. Aber ihr stillt damit euer gutes Gewissen und folgt den Vorgaben einer durchgeknallten „Elite“, die den Planeten als deren Spielzeug benutzen. Die Verantwortung liegt also nicht bei euch, neee, ihr gehorcht ja nur. 400.000 Homo erectus und dann sowas. Gratuliere!

        • Nein, im Gegenteil, wunderbar geschlafen! Und jetzt, ernst: Was haben Sie zu sagen? Rassismus ohne Rassen ist genau der Schwachsinn, den ihr propagiert. Wenn es doch keine Rassen gibt, kann es keinen Rassismus geben. Also kann Chauvin auch nicht rassistisch gehandelt haben. Ihr seid wie Spaghettis… und schafft es nicht euch aus euren Widersprüchen zu lösen.

          • Dow Jones

            Ja, es gibt Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft (nennen Sie es von mir aus Rassen). das hat ja wohl auch niemand ernsthaft bestritten. Nein, es sollte keinen Rassismus geben. Gibt es aber doch.

            Ja, es gibt Frauen und Männer (und von mir aus auch alles dazwischen), das hat ja wohl auch niemand ernsthaft bestritten. Nein, es sollte keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes geben. Gibt es aber doch.

            Was ist daran widersprüchlich?

            Chauvin hat einen Menschen getötet, ist deswegen von einem Gericht verurteilt worden und muss ins Gefängnis. Er ist übrigens wegen Totschlag verurteilt worden und nicht wegen Rassismus. Der rassistische Aspekt der Geschichte ist eher Teil der öffentlichen Debatte.

      • Ich habe Bilder von der Verhaftung des Attentäters aus Würzburg auf Video gesehen. Ich finde der Täter wurde sehr Brutal mißhandelt. Ich hoffe das diese Polizisten, die bei der Verhaftung involviert waren, hart bestraft werden. Er hatte schließlich doch nur 3 Deutsche getötet. Also meiner Meinung nach haben diese Polizisten mindestens 15 Jahre Gefängnis verdient, wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie haben den Tod des Somaliers bei der Verhaftung im Kauf genommen. Glücklicher Weise, wie durch ein Wunder überlebte das Opfer. Jeden Tag diese Gewalt, gegen Menschen mit anderer Hautfarbe ist nicht mehr akzetabel.

  1. Latzendresser

    Aussage des obduzierenden Arztes oder wie das heißt: George Floyd hat die dreifache tödliche dosis Fentanyl im Blut.

    Aussage eines Polizeiausbilders: Er hat gehandelt wie er ausgebildet wurde.

    Fakt nebenbei: Es gab schwere Ausschreitungen außerhalb des Gerichtes und Drohungen gegen die Jury.

    Also stellt euch die Frage: Wie hättest du geurteilt, ganz egal was die Fakten sagen?

  2. Heike De Bruecker

    @ latzendresser
    Wenn GF solch eine Menge an Fentanyl im Körper hatte, wäre es erst Recht nicht nötig gewesen, eine solche Gewalt anzuwenden, da Fentanyl stark sedierend wirkt.
    Ich hätte genauso geurteilt. Wenn man nur ein ein wenig Empathie besitzt, sich dieses Video anguckt, dann frage ich mich, warum die umstehenden Polizisten nicht eingegriffen haben
    Die 22 Jahre sind berechtigt.

    • Latzendresser

      @heike Das ganze sollte soviel heißen wie: Wie auch immer die Faktenlage aussieht, wenn die Jury massiv bedroht wird ist objektiv urteilen nicht möglich. Ganz egal, ob der Kerl jetzt scheiße gebaut hat oder nicht.

  3. Hier in Ostbelgien sollte man eh drüber nachdenken ob man den Cops eine richtige Schusswaffe zur Verfügung stellt! Nur daran zu erinnern wie ein Cop auf einen Wagen schiesst weil ein ähnliches Fahrzeug eine Woche oder 2 vorher mal gestohlen wurde!

  4. Wer Drogen genommen kann unberechenbar werden genauso wenn jemand über den Durst getrunken hat, hier gibt es kein wenn und aber, auch wusste der Polizist nicht ob er noch ein Messer hat und ob die Pistole echt war und er erschossen geworden wäre, Und dann ist noch zu erwähnen beim Urteil das Strafregister des Polizisten und Floyd ,bei Floyd war fast alles dabei, (Auf You Tube war ein Clip eine Schwarze Frau berichtet,) selbst sie sagte was der Polizist machte war nicht in Ordnung, aber Floyd war ein Hoch Krimineller einer Schwangeren hielt er das Messer an den Bauch nicht nur das und wird jetzt zum Heiligen gemacht. Heute ist es genauso wenn ein Europäer und eine Fachkraft die gleiche Straftat machten braucht man nur die Gerichtsurteile vergleichen ohne gesehen haben wer schwarz oder weiß war man weiß es sofort,

  5. Pumpernickel

    Chauvin kann einem ein bissschen Leid tun. Er selbst ist ein Opfer dieser US-Gesellschaft. Er hatte geglaubt, alles richtig zu machen , wenn auch übertrieben. Und nun muss er für 22 Jahre in den Knast. Wird er niemals verstehen, wie ihm nun geschieht. Man kann nur hoffen, dass er nicht mit Schwerkriminellen eingesperrt wird. Sonst ist sein Leben keinen Pfifferling mehr wert.

  6. Dow Jones

    Wenn jemand glaubt, alles richtig zu machen indem er einen Menschen tötet, dann sind gewisse Wertvorstellungen gewaltig verrutscht. Ob nur bei ihm oder bei der US-Gesellschaft sei mal dahingestellt.

  7. In meinem Leben habe ich unzählige Stunden im Gerichtssaal verbracht und unzählige Gerichtsakten gelesen und gelernt: Als jemand, der eine Tat, einen Prozess mit Vernehmungen, Sichtung von Beweismitteln, von außerhalb des Gerichts „beobachtet“, überschätzt man sich enorm, wenn man glaubt, aus Medienberichten, unsozialen Medien und dergleichen auch nur ansatzweise durchzublicken und sich gar ein Urteil bilden zu können. Selbst der Lokalreporter, meist juristischer Laie, der sogar im Gerichtssaal war, berichtet allzu oft Dinge, die er in den falschen Hals bekommen hat. Es ist besonders lustig, wenn Leute in tausenden Kilometer Entfernung vom Geschehen so tun, als seien sie die großen Experten.

    • @Oh nein: Alles richtig, was Sie schreiben. Den Polizistenmord hat allerdings die ganze Welt mitverfolgen können, egal, wo er wohnt. Ich kann zwei Dinge nicht verstehen: Wieso macht ein Polizist so etwas, obwohl er weiß, dass er gefilmt wird und warum schreitet keiner der Kollegen und Schaulustigen ein, um den Polizisten von seinem grausamen Vorgehen abzubringen? Dieser Mord hätte ganz leicht verhindert werden können. Alle, die anwesend waren, haben sich mitschuldig gemacht.

      • der heilige josef

        Weil die Leute Angst hatten einzugreifen, er hätte dann seine Dienstwaffe gezogen und andere noch erschossen. Vielleicht hatten auch seine Kollegen Angst vor dieser sadistischen Persönlichkeit.

  8. Ossenknecht

    Kaltblütiger Hilfssheriff mit ebensolchen Kollegen. Man muss sich das Video in voller Länge ansehen. Das kam mir endlos vor. Während Herr Floyd erdrosselt wurde, hätte ich bestimmt zwei kleinere Einkäufe erledigt, hunderte Mal eingeatmet und genauso oft wieder ausgeatmet.

  9. Ermitler

    Finde Urteil absolut nicht in Ordnung ,wer will denn noch zur Polizei bei dieser Gesellschaft hier,denn Krimmele haben an Ende mehr rechte als sie verdienen,seht euch nur an was wieder in Würzgurg passiert ist .Das wird in Zukunft noch des öftern passieren und dann haben sie den auch noch angeschossen,dieser Polizist soll auch mindestens 10 Jahre kriegen.

Antworten

Impressum Datenschutzerklärung
Desktop Version anfordern