Gesellschaft

17 Streikende der FGTB wegen Autobahnblockade vor Strafgericht

19. Oktober 2015: Auf der Autobahn E40 im Großraum Lüttich ging gar nichts mehr. Die Autobahnblockade von damals hatte ein gerichtliches Nachspiel. Foto: Belga

Wie weit dürfen Streikende bei einer Protestaktion gehen? Haben sie zum Beispiel das Recht, den Verkehr auf einer Autobahn so stark zu behindern, dass er komplett zum Erliegen kommt, so wie am 19. Oktober 2015 auf der E40 bei Lüttich der Fall?

Ein Prozess gegen 17 militante Mitglieder der sozialistischen Gewerkschaft FGTB könnte in dieser Frage Antworten liefern.

Am Mittwoch hat die Ratskammer in Lüttich entschieden, dass 17 Streikende der FGTB, die am 19. Oktober 2015 auf der E40 in Cheratte den Autobahnverkehr komplett zum Erliegen brachten, sich vor dem Strafgericht für ihre damaligen Aktionen verantworten müssten.

Streik im Dezember 2014 in Brüssel: Gewerkschafter hindern einen (genervten) Autofahrer an der Durchfahrt. Ist dies zulässig? Foto: epa

Die Ratskammer fand genügend Hinweise für eine „böswillige Beeinträchtigung des Straßenverkehrs“. Der Vorwurf der mutwilligen Zerstörung von Staatseigentum, in diesem Fall des Straßenbelags, wurde mangels ausreichender Elemente fallengelassen.

Es gehe hier nicht um eine Einschränkung des Streikrechts, so die Ratskammer, vielmehr werde geprüft, auf welche Art und Weise dieses Streikrecht wahrgenommen werden dürfe oder nicht.

Das Urteil des Lütticher Strafgerichts könnte durchaus als Jurisprudenz in Sachen Ausübung des Streikrechts im Fall von ähnlichen Aktionen in der Zukunft herangezogen werden.

Chirurg im Stau – Patientin tot

Der Streikaufruf der FGTB am 19. Oktober 2015 hatte sogar tragische Folgen. Medienberichten zufolge wurde gegen 6 Uhr in der Früh eine dänische Touristin in die Klinik Notre-Dame in Hermalle eingeliefert. Die Frau musste notoperiert werden. Jedoch wurde der Chirurg, der verständigt worden war und die OP vornehmen sollte, durch den Stau auf der E40 bei Cheratte aufgehalten, den rund 200 Gewerkschafter der FGTB verursacht hatten.

Während etwa 45 Minuten saß der Chirurg im Stau fest – zu lange, wie sich herausstellte. Nur mithilfe einer Polizeieskorte konnte der Mediziner aus dem Stau geleitet werden, jedoch erreichte er das Krankenhaus zu spät. Die Patientin war bereits tot.

Aufgrund dieses tragischen Vorfalls klagte das Lütticher CHC (Centre Hospitalier Chrétien), zu dem die Klinik von Hermalle gehört, gegen Unbekannt wegen Totschlags.

Die sozialistische Gewerkschaft wies indes jegliche Schuld von sich. Ihrer Ansicht nach war das Krankenhaus verantwortlich, denn dieses hätte angesichts der prekären Situation unverzüglich einen Ersatz für den verhinderten Chirurg organisieren müssen. (cre)

21 Antworten auf “17 Streikende der FGTB wegen Autobahnblockade vor Strafgericht”

  1. marcel scholzen

    Bezahlt der FGTB die Prozesskosten ? Oder wurden die Mitglieder wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen?

    Streiken ist ein Grundrecht. Nur dürfen dabei keine Menschenleben in Gefahr geraten. Das wäre unverantwortlich. Und es sollte nur dann gestreikt werden, wenn bei einer Abstimmung mindestens 50 Prozent plus eine Stimme für den Streik sind. Dann kann man von einem demokratisch legitimierten Streik sprechen und nicht von einer Willküraktion. Eine streikende Minderheit darf nicht eine arbeitswillige Mehrheit zur Geisel nehmen.

    • eilender

      Streiken ist zwar kein Grundrecht, aber ein anerkanntes Recht des Arbeitnehmers, unter bestimmten Bedingungen seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag (seine Arbeit zu leisten) nicht nachzukommen. Der Arbeitnehmer verweigert, seinen Teil des Vertrages zu erfüllen. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt Niemandem das Recht, schädigende Handlungen zu vollziehen. Allerdings muss der „Täter“ individuell identifiziert werden können – was meisten versäumt (oder vermieden?) wird…

  2. schlechtmensch

    Es ist mir immer wieder ein Anlaß zum Fremdschämen wenn ich sehe wie sich manch Streikposten der im realen Leben eine kleine Nummer ist die Gelegenheit nutzt sich wie ein stolzierender Hahn aufzuführen und einen auf dicke Hose zu machen. Was für arme Würstchen das sind. Als ob ich, der zur Arbeit fahren will etwas an deren Lage ändern könnte oder würde nur weil mir irgend so jemand den Weg versperrt. Wie blöd sind diese Typen? Sollen sie doch nach Brüssel oder vor die Konzernzentralen fahren und diejenigen blockieren die die Entscheidungen treffen. Aber dazu haben sie dann nicht die Eier in der Hose!

  3. Es reicht!

    Den Gewerkschaften ist ja jedes Mittel recht um den Staat Lahm zu legen und die einfachen Bürger in Geiselhaft zu nehmen. Selbstverständlich tragen die Streikenden einen Mitschuld am Tod der Patientin. Die Klinik hätte jedoch anstatt Anzeige gegen ubekannt eine Anzeige an die Gewerkschaften richten müssen. Den wirtschaftlichen Schaden den diese Hohlköpfe anrichten geht denen ja ebenfalls am Allerwertesten vorbei.
    Die 17 Streiker gehören verurteilt. Aber da Sie ja von der Gewerkschaft höchstwarscheinlich eine Armade an Anwälten gestellt bekommen werden die ihre Leute schon wieder raushauen.
    Was ich nicht versthen kann ist wieso die Reifen anzünden dürfen und die Straße beschädigen können ohne das dies bestraft wird. Jeder normale Bürger der zu Hause Papier verbrennt oder der sich trauen würde einen alten Autoreifen abzufackeln würde gnadenlos von unseren Polizeigerichten zu hohen Geldstrafen verdonnert. FRIEDVOLLE Gewerkschaftsarbeit tolleriert ja jeder aber was die Wallonen abziehen geht entschieden zu weit. Ihr Hardcoregewerkschaftler schämt euch!

    • marcel scholzen

      Gewerkschaften wie auch politische Parteien sind keine juristischen Personen wie etwa eine GoE, AG oder GmbH. Man kann nur einzelne Mitglieder anklagen wie hier geschehen. Man kann die Gewerkschaften höchstens als informellen Zusammenschluss bezeichnen. Es mal politische Bestrebungen gegeben, denen ein juristisches Status zu geben, nur dagegen sind die Gewerkschaften Sturm gelaufen. Die Gewerkschaften sind wie ein Gespenst, das man zwar sieht aber nicht anfassen kann.

  4. Streiken bedeutet : „Arbeitsniederlegung“. Alle anderen Aktivitäten sind nicht durch das Wort „Streik“ gedeckt. Betriebe, Strassen und Schienen blockieren hat nichts mit „Arbeitsniederlegung“ zu tun.
    Es wird allerhöchste Zeit dass dies allen klar wird.

  5. Anonymous

    « Die sozialistische Gewerkschaft wies indes jegliche Schuld von sich. Ihrer Ansicht nach war das Krankenhaus verantwortlich, denn dieses hätte angesichts der prekären Situation unverzüglich einen Ersatz für den verhinderten Chirurg organisieren müssen. »

    Klar, spezialisierte Chirurgen laufen ja massenweise durch die Gegend. Und Stahl und Kohle haben eine Zukunft in der Wallonie. Liebe FGTB, ihr müsst nicht von der Dummheit eurer Mitglieder auf andere schließen. Hoffentlich kriegen diese Verbrecher lange Haftstrafen und diese kriminellen Organisationen namens Gewerkschaften endlich eine juristische Persönlichkeit. Schluss mit der Straflosigkeit.

  6. Jetzt gucken diese Nichtsnutze schön dumm .. . Hoffe das sie richtig, aber so richtig bestraft werden anstatt zu tun als ob sie streiken und dann an der nächsten Kneipe Bier in sich reinschütten.

  7. @Marcel Scholzen, man kann schon die Gewerkschaft mit anklagen denn ungeschoren sollen sie auch nicht davon kommen. Wir wissen doch alle dass die wirklichen Arbeitskräfte alle Tage arbeiten und die Furzbeamten die Streikenden sind.

  8. Da sieht man ja auch wie borniert diese Streiker sind.. „man hätte eine Vertretung des Arztes kontaktieren sollen“… und vllt auch noch verlangen, das er von der Bruxeller Seite kommt nur damit die Idioten weiter streiken können ? Asis.

  9. Der Immigrant

    Nur zur Info, ohne den Einsatz der Gewerkschaften in den letzten 150 Jahren, würdet ihr alle hier 6 Tage die Woche und 12 Stunden am Tag ohne Pause, für einen Sklavenlohn und mit 6 Tage Urlaub im Jahr, arbeiten. Das, was die Streikenden rausholen, davon profitiert ihr doch alle mit. Hier motzen aber danach nicht auf das Ausgehandelte verzichten wollen, ist mal wieder typisch für die Damen und Herrn hier. Rosa von Luxemburg hat ihr Leben gegeben, damit ein menschenwürdiges Arbeiten möglich wird.

    • Marcel Scholzen eimerscheid

      Ich bin für Gewerkschaften und für ein demokratisches Streikrecht. Diese Blockade war einfach nur kontraproduktiv und ist durch nichts zu entschuldigen. Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Und Gewerkschaften sind in ihrer Rolle als Arbeitgeber nicht besser als andere. Das beweist der Fall der entlassenen Gewerkschafssekretaerin bei der CSC in Verviers. Die Gewerkschaften leiden in Belgien unter einem Demokratiedefizit. Zum Beispiel gibt es keine Generalversammlung, wo sich Gewerkschaftsverantwortliche rechtfertigen müssen.

    • @ Der Immigrant

      Nur zur Info, seit die Gewerkschaften statt die Arbeiterinteressen zu vertreten als sozialistische Kampftruppe auftreten und eigene Interessen verfolgen sind sie auf dem besten Weg sich obsolet zu machen.

  10. Der Immigrant

    Ich verteidige nicht die angesprochenen Aktionen der Gewerkschaften. Nur sollte bei jeder Kritik nicht vergessen werden, welches Opfer damals von den Gewerkschaftlern gebracht wurde und weil es auch ein paar Idioten unter diesen gibt, macht es die Idee des Arbeitskampfes nicht zunischte.

  11. http://www.dhnet.be/regions/mons-centre/la-direction-de-vandemoortele-se-dit-tres-choquee-par-les-actions-de-la-fgtb-5a86fb3ccd70b558ed6294fc
    ….
    « La direction de Vandemoortele estime totalement inacceptable que des représentants de la FGTB wallonne aient bloqué ce matin le site de Izegem, en Flandre. Ces actions n’ont rien à voir avec le droit de grève.

    Man kann den Flamen nicht verdenken dass sie die „Wallons“ zu Teufel wünschen!

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