Kultur

TV-TIPP – Von Schirachs neues Projekt „Feinde“: Kann man Folter verteidigen? [ARD, So. 03.01., 20.15 + 22.30 Uhr]

Kommissar Peter Nadler (Bjarne Mädel) und seine Kollegin Lansky (Katharina Schlothauer) suchen nach der entführten Lisa. Foto: ARD Degeto/Moovie GmbH/Stephan Rabold

Ein Kriminalfall – zwei Filme. Welche Perspektive wählt man – die des Ermittlers („Gegen die Zeit“, ARD, Sonntag, 3. Januar, um 20.15 Uhr) oder die des Strafverteidigers („Das Geständnis“, ARD, Sonntag, 3. Januar, um um 22.30 Uhr)? In den dritten Programmen kann man beide Filme in umgekehrter Reihenfolge schauen.

Im Zentrum steht eine Kindesentführung und die Festnahme eines Tatverdächtigen.

„Ferdinand von Schirach: Feinde“ gibt es einmal mit dem Titel-Zusatz „Gegen die Zeit“. Der wird aus der Perspektive des Chefermittlers Peter Nadler erzählt, den Bjarne Mädel spielt. Der zweite Film hat den Zusatz „Das Geständnis“. Er zeichnet die Perspektive von Verteidiger Konrad Biegler nach, den Klaus Maria Brandauer verkörpert.

In ihrem Verlauf muss sich der Zuschauer mit der Frage auseinandersetzen, ob Selbstjustiz und Gewalt im Ausnahmefall probate Mittel sein könnten, um Gutes zu bewirken.

07.08.2020, Brandenburg, Neuhardenberg: Klaus Maria Brandauer, österreichischer Schauspieler und Regisseur, fotografiert vor einer Lesung auf der Bühne der Stiftung Schloss Neuhardenberg. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Und damit nicht genug: Erstmals in ihrer Geschichte strahlt die ARD die Filme gleichzeitig im Ersten sowie in allen Dritten Programmen aus. Dabei läuft im Ersten um 20.15 Uhr zunächst „Gegen die Zeit“, dann eine 30-minütige Reportage dazu und nach den „Tagesthemen“ um 22.30 Uhr „Das Geständnis“. In den Dritten werden die zwei Filme in der anderen Reihenfolge gezeigt. Auch in der ARD-Mediathek gibt es beide Teile sowie eine extra komprimierte Fassung.

Die Sendergruppe erklärt den Aufwand damit, dass Zuschauer die Wahl haben sollen, in welcher Abfolge sie die Fassungen gucken. Dabei kann jeder sich quasi an sein Stammprogramm halten.

„Es ist so naheliegend, zwei Filme mit unterschiedlichen Perspektiven zeitgleich zu senden, dass man sich wundert, warum dies nicht schon früher geschehen ist“, sagt ARD-Programmdirektor Volker Herres laut Presseheft. Er argumentiert zudem mit der enormen „Reichweite“, die Das Erste mit den Dritten Programmen erzielen könne. „Wir versprechen uns davon größtmögliche Aufmerksamkeit für das zentrale, gesellschaftlich relevante Thema von Recht und Gerechtigkeit.“

Es ist nicht das erste TV-Experiment, das die ARD mit Strafverteidiger und Schriftsteller von Schirach wagt. Erst Ende November konnte das Fernsehpublikum anstelle des Ethikrats per Telefon- und Online-Abstimmung nach dem Spielfilm „Gott“ entscheiden, ob Mediziner dem Patientenwunsch eines Lebensmüden gerecht werden müssen und ihm ein todbringendes Präparat geben. Das Ganze wurde garniert mit einer Diskussionsrunde „Hart aber fair“ bei Frank Plasberg.

Eine Kombi, wie 2016 bei „Terror“ – ebenfalls auf Basis eines Schirach-Theaterstücks. Damals ging es um die Frage, ob man ein Passagierflugzeug abschießen darf, um andere Menschen zu retten. (dpa)

Die Sendetermine im Überblick

Das Erste

20:15 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Gegen die Zeit
21:45 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Recht oder Gerechtigkeit? Doku
22:30 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Das Geständnis

3. Programme WDR/SWR-Fernsehen

20:15 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Das Geständnis
22:30 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Gegen die Zeit

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20:15 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Das Geständnis
21:45 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Gegen die Zeit
23:15 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Der Prozess

ARD-Mediathek

20:15 Uhr | Ferdinand von Schirach: Feinde – Der Prozess

19 Antworten auf “TV-TIPP – Von Schirachs neues Projekt „Feinde“: Kann man Folter verteidigen? [ARD, So. 03.01., 20.15 + 22.30 Uhr]”

  1. Es ging nur darum, dem Polizisten Folterung nachzuweisen, was einfach war. Dass ein so erzwungenes Geständnis wertlos ist, weiß jeder Hobby-Kommissar. Deshalb war das Ganze enttäuschend, wenn auch emotional gut gespielt.

  2. Friedrich Meier

    Recht unglaubwürdig war, wie ein intelligenter Polizist sich von einem Rechtsanwalt vom Zeugen zum Angeklagten machen lässt.
    Ich denke, dass ich nicht die Erfahrung und die Intelligenz dieses Kommissars und würde sicher nicht alle Fragen eines Rechtsanwalts beantworten, die nicht direkt Bezug zum Fall haben.
    Wie gesagt, weder spannend noch glaubwürdig.
    Dazu noch die Zeit, die sich wie Kaugummi von 20h15 bis 0h00 zieht. 👎
    PS
    Die schauspielerische Leistung von Bjarne Mädel hat hier sogar die von Klaus Maria Brandauer übertroffen.

    • Die Story war teilweise nicht nachvollziehbar. So wird zum Beispiel kein Polizist, selbst der dümmste Dorfpolizist nicht , bei Vorgesetzten einen schriftlichen Antrag stellen, jemanden foltern zu dürfen. Aber es war insgesamt eine sehr gute Darstellung eines schwierigen Konflikts.

  3. Langatmig

    Gute Grundidee schlecht umgesetzt…
    Die Frage von Gerechtigkeit und Recht und was je nach Perspektive im Rechtsstaat noch gerechtfertigt ist, ist hochinteressant. Doch anstatt Gerichtsverfahren und Situationen, die dazu führten, in spannenden Szenen abwechselnd darzustellen (ein Hauch « Prison Break » wär in Sachen Stilmittel und Spannungsaufbau vielleicht nicht schlecht gewesen…) zunächst die ganze Story im Zeitraffer und dann die ganze endlos lange Verhandlung mit monotonen Monologen … Fernsehen und Film lebt vom Wechsel, der Spannung und den Bildern… hier Fehlanzeige! Auch die geistigen „Sprünge“ (eben noch nur etwas verdächtig, jetzt der sichere Täter… eben noch Zeugenstand, jetzt Anklagebank…) weder in Bild noch Story für den Zuschauer nachvollziehbar dargestellt. Die Schauspieler eigentlich gut, hier nicht die richtige Besetzung. Die Idee des Autors gut, die Umsetzung langweilig … schade!

      • Komischer Geschmack?

        Der Prahl und der Liefer, eher Kommödianten als Kripoleute! Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, Herr Meier!? Der Tatort ist erheblich in der Gunst gesunken! Solche Schmarren werden immer weniger geschaut! Überhaupt die ARD u ZDF wissen nicht mehr was senden? Wiederholungen und nochmals Wiederholungen. Krimis über Krimis, die wissen bald keine Titeln mehr dafür, eben noch: Istambul- und Lisabon n Krimi, oder Nord Nord Mord…. usw. Langweilig bis dorthinaus sind diese aus Nord Europa, wie Schweden usw usw, die Importe aus GB ebenfalls zum einschlafen. Und da wundern die sich noch das die GEZ Gebühren Erhöhungen auf taube Ohren stossen bei der Politik und den Bürgern?! Der Buhrow Tom sich aber sein Gehalt immer noch höher schraubt? Ist Gand so ein Dilemma wie bei der DG und ihren Günstlingen, G E und BRF. Die brauchen auch immer mehr Knete, bringen dafür aber immer weniger an Qualität. Ob da die Führungsleute auch sehr viel verdienen mögen?

        • Karli Dall

          #Komischer Geschmack?
          Sie vergessen das „Umweltsau-Lied“ der ARD.
          Die Unterhaltungsexperten lassen sich immer etwas einfallen, sind sehr innovativ.
          Wenn es um das Klima geht, würden die Dirigenten die Oma am liebsten noch aufhängen – natürlich nur für einen guten Zweck.

        • Walter Keutgen

          Komischer Geschmack?, die Abendunterhaltung im deutschen öffentlichen Fernsehen besteht fast nur aus Krimis. Auf ZDF gibt es noch das Familienkino. Da bleiben nur die privaten. Was die bringen ist nicht sehr schlau, aber, wenn man dabei einschläft, hat man nichts verpasst.

          Die Krimis werden immer brutaler. Letztens habe ich einen Vierteiler auf ZDF gesehen, wo wirklich Folterungen gezeigt wurden. Nur die erste Folge war in der Hauptsendezeit (Kinder!). Ich hatte mir diesen Vierteiler hereingezogen, weil die erste Folge historisch interessant und spannend war und dachte an einen Thriller wie Berlin-Babylon. Reingefallen!

          Vor Jahren schaute ich France 2. War das Gleiche. Die Landschaftsbilder sind gut. Gerade, wenn man nicht reisen darf.

  4. Sehr interessanter Blick aus den beiden Winkeln… Meiner Meinung nach hat der Anwalt Recht…
    Aber wenn das Kind überlebt hätte, wäre der Polizist der Held gewesen. Was ist aus dem armen Kern geworden… Justizia wird ihn wohl mit voller Wucht

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