Leserbrief

Jürgen Margraff – Aufwachen ihr da oben

Gedanken von Olivier Delmelle (frei übersetzt aus einem Facebookinsert): „An alle, die wegen der Freilassung von Michelle Martin auf die Magistratur spucken, haltet euch vor Augen, dass die Richter sich strikt an die Gesetzestexte gehalten haben. Wenn sie sich nicht an diese hielten, wo wären dann unsere Rechte?“

Der wahre Schuldige in dieser traurigen Affäre ist der Gesetzgeber, also unsere Politiker, die diese Gesetze seit Jahren hätten ändern können oder müssen, um eine derartige Situation zu verhindern. Bedenkt man, dass Michelle Martin mehrer Male ihre vorzeitige Haftentlassung beantragt hat, so war das Alarmsignal nicht zu übersehen. Man hätte also die dementsprechende Gesetze rechtzeitig anpassen können! Hingegen wurden alle Gesetze, die sich mit der Regulierung ihrer (der Politiker) Diäten (Bezüge) befassen, sehr schnell und sehr genau angepasst.

All das lässt mich heute lachen, man sieht unsere (teuren) Politiker sich aufregen wie aufgescheuchte Hühner und sagen, Derartiges sei inakzeptabel, nicht normal, usw, usw… Das Sprichwort sagt „Regieren ist Vorausschauen“, also hier ist klar und deutlich ihre Regierungsunfähigkeit erwiesen. Jetzt schieben die sich alle den schwarzen Peter zu, dabei sind sie ALLE mitverantwortlich: Blaue, Grüne, Orangene und Rote (in alphbetischer Reihenfolge, um niemanden zu verletzen – bzw. alle miteinander zu verletzen).

Es ist höchste Zeit, dieses Signal richtig zu deuten.

Jürgen Margraff, Malmedy

 

 

7 Antworten auf “Jürgen Margraff – Aufwachen ihr da oben”

  1. Sehr geehrter Herr Margraff,

    Wenn ein Rechtsstaat dahingehend funktioniert, dass Gesetzestexte so geändert werden, dass einzelne Verurteilte auf Wunsch des wütenden Mobs benachteiligt werden wie es gerade passt, müssen wir wohl bald um unser aller Leben fürchten.

    Oder sollen demnächst je nach Fall und Grad der Emotionalität auch mal zwischenzeitlich Folter und Todesstrafe an- und wieder ausgesetzt werden?

    • Es geht hier gar nicht um das willkürliche Anpassen der Gesetze für einzelne Verurteilte, nur ist es eben so, dass der Dutroux-Fall der wahrscheinlich bekanntest in Belgien ist, daher nimmt man die vorzeitige Haftentlassung bei Frau Martin eben wahr und beginnt, sich Gedanken darüber zu machen.

      Und viele Menschen sind eben der Meinung, dass die vorzeitige Haftentlassung nicht richtig ist, egal, ob es um Martin, Dutroux oder andere Schwerverbrecher geht. Wer zu x Jahren verurteilt wurde sollte auch x Jahre absitzen, und nicht nach der Hälfte der Zeit freikommen. Denn ist das Verbrechen plötzlich nur noch halb so schlimm? Sind Mordopfer plötzlich nur noch halbtot? Nein, also wieso solche Menschen früher freilassen? Es gab doch schließlich einen Grund dafür, dass sie so und so viele Jahre bekommen haben, wie sie eben bekommen haben. Der Fall Martin öffnet einfach nur der breiten Öffentlichkeit die Augen für diese Problematik.

      Es kommt häufig das Argument: Es werden ja nur die Gesetze angewendet, gleiches Recht für alle. Aber nur, weil ein Gesetz besteht, heißt das noch lange nicht, dass es gut ist.

  2. Karl-Heinz Braun

    ich möchte daran erinnern, dass im Zuge des Dutroux-Prozesses eine Justizreform dafür gesorgt hat, dass die vorzeitige Haftentlassung nicht mehr in den Händen des Justizministers liegt sondern in den Händen des neu geschaffenen Strafvollstreckungsgerichtes. Damit sollte der Willkür bei solchen Entscheidungen ein Riegel vorgeschoben werden. Dieses Lex-Lejeune wurde von allen Parteien unterstützt. Und nun will der Mob doch lieber die Willkür? Und so mancher Politiker möchte es in Vorwahlzeiten jedem Recht machen? Es gibt kein Gesetz, dass alle Einzelfälle abdeckt – und das ist auch gut so. Aber jedes Gesetz kann natürlich verbessert werden. Das wird auch, glaube ich, in diesem Fall geschehen.

    • Gerd Thess

      Ihrem Kommentar sowie der vorherigen Aussage von „Matze“ kann ich nur beipflichten.
      Bezüglich der Kritik von Frau B. Keil an die Bezeichnung „Mob“ kann ich nur sagen, dass diese Wortwahl u.a. spätestens im Zusammenhang mit diversen, im Grenz-Echo veröffentlichten Leserbriefen, durchaus den Nagel auf den Kopf trifft.

  3. Jürgen Margraff

    Irgendwo ist das Thema emotional aufgeladen, sicher aber es steht fest das M.M. mehrmals die vorzeitige Haftentlassung beantragt hat, ein Gesetz dass dies verhindert hätte, wäre also ohne grössere Anstrengungen machbar gewesen. Während und nach dem Dutroux Prozess ist über unkompressierbare Gefängnisstrafen gestritten worden, über Re-Integration in die Gesellschaft usw… Mit welchem Resultat?? Keins…
    Aber im Endeffekt, finde ich die Strafe dieser „Täter“ mehr als human.
    Ich erinnere mich an Aufdrucke auf den alten Frankenscheinen die lauteten :“Le contrefaceur est punissable de travaux forcées“ da wurden die in Steinbrüche verfrachtet mit bewaffneten Wärtern hintendran, Wiederholungstäter, die also folglich nicht re-integriert werden können, sollten etwas in der Art verbüssen müssen, und zwar bis zum Exitus. Dutroux IST Wiederholungstäter.

  4. bernadette keil

    @Herr Karl-Heinz Braun: mal nebenbei bemerkt, es ist doch gewiss nicht nur der „Mob“ dem das aktuelle Geschehen nicht behagt. Die Bezeichnung „Mob“ gefällt mir eh nicht in diesem Zusammenhang denn es geht um Menschen die sich empören weil manche eben erst durch solche spektakulären Ereignisse auf krasse Missstände aufmerksam werden.

  5. Jürgen Margraff

    Falls 1994 die Todesstrafe noch bestanden hätte, bräuchten wir uns heute nicht mehr zu echauffieren, das Problem wäre vom Tisch…
    In dem Falle bräuchte man sich auch nicht über einen eventuellen Justizirrtum zu sorgen, die Beweislage war eindeutig.

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