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Journalist Gabor Steingart beklagt: Die Glaubwürdigkeit der etablierten Medien schwindet weiter

Bild links - Journalist Gabor Steingart in der ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ vom 15. Januar 2020. Bild rechts - Zeitungen an einem Kiosk. Fotos: Screenshot ARD - Pixabay

Der Journalist Gabor Steingart hat sich mit seinem „Morning Briefing“, das man als Newsletter oder Podcast kostenlos abonnieren kann, im deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht. Für seine klugen Analysen des aktuellen Geschehens in Deutschland und in der Welt interessieren sich auch kritisch denkende Menschen in Ostbelgien.

Zwanzig Jahre arbeitete Gabor Steingart für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ – zunächst als Korrespondent in Bonn, später als Ressortleiter Wirtschaft, Leiter des Hauptstadtbüros Berlin und Washington D.C. Von April 2010 bis Dezember 2012 war Steingart Chefredakteur des „Handelsblatts“. Für die erfolgreiche Erneuerung der Traditionszeitung wurde er von der Zeitschrift „Horizont“ zum „Medienmann des Jahres 2012“ gewählt.

Journalist Gabor Steingart (Bildmitte) als Gast in der Talksendung „Menschen bei Maischberger“ am 15. Januar 2020. Foto: Screenshot ARD

Seit Juni 2018 gibt Steingart – mit Standort Berlin – das werktags erscheinende „Morning Briefing“ heraus. Seit August 2018 ist er mit einem Podcast auf Sendung, in dem er über das politische und wirtschaftliche Geschehen in der Welt spricht und dazu bekannte Persönlichkeiten interviewt.

Der 57-jährige Journalist ist auch Buchautor. Steingart hat neun Bücher veröffentlicht, sieben davon schafften es in die „Spiegel”-Bestsellerliste.

Die Glaubwürdigkeit der etablierten Medien ist eines von Steingarts Schwerpunktthemen, auf das er in seinem „Morning Briefing“ regelmäßig eingeht – so auch am Montag wieder.

„Der Journalismus ist weltweit unter Feuer, auch und insbesondere in Deutschland. Alle Studien zum Vertrauen in die Medien sprechen eine deutliche Sprache“, so Steingart, der darauf verweist, dass die Glaubwürdigkeit der deutschen Medien weiter abnimmt.

Jeder Dritte hält die Medien für unglaubwürdig

Dem „Edelman Vertrauensindex“ zufolge liegen die deutschen Medien auf einer Ebene mit den kolumbianischen Zeitungen und hinter den US-Medien mit CNN und Fox News.

Laut infratest dimap halte jeder Dritte die über Medien verbreiteten Informationen für unglaubwürdig. „Der Spiegel“, das einstige Flaggschiff des Journalismus, verliere Reputation, Relevanz und Leser, so Steingart.

Auch die „FAZ“, einst eine Institution unter den Tageszeitungen, verliere an Bedeutung und an Leserschaft.

Die „heute-journal“-Moderatoren Marietta Slomka und Claus Kleber im ZDF-„heute“-Studio in Mainz. Foto: Thomas Frey/dpa

Steingart moniert ferner, dass ARD und ZDF, die früher „Fixsterne“ im demokratischen Leben der Bundesrepublik Deutschland gewesen seien, zwar noch die Senioren, aber kaum noch die Jugend interessieren.

Bei der Suche nach den Ursachen der Flaute bei den etablierten Medien bezieht sich Steingart auf den Berliner Medien-Professor Norbert Bolz, der sagt: Schuld sei ein Meinungsjournalismus, der vor allem Haltung transportiere und weniger die Fakten. Das werde vom Publikum nicht goutiert.

Der „Gesinnungsjournalismus“, den die etablierten Medien seiner Meinung nach betreiben, ist Steingart schon länger ein Dorn im Auge: „In Deutschland gibt es ein grundsätzliches Selbstmissverständnis vieler Journalisten – nämlich, dass sie die klassische angelsächsische Trennung zwischen Information und Meinung nicht mehr mitmachen wollen und stattdessen Gesinnungsjournalismus produzieren.“

Soll heißen: Die etablierten Medien berichten nicht mehr unbedingt über das, was war oder ist, sondern über das, was ihrer Meinung nach gut und was nicht gut ist.

Für sein „Morning Briefing“ führte Steingart zum Thema Medien ein Gespräch mit Tom Buhrow, einst Korrespondent in Washington und Paris und derzeit neben seiner Position als WDR-Intendant auch Vorsitzender der ARD. (cre)

Mehr Infos über und von Gabor Steingart unter https://www.gaborsteingart.com

23 Antworten auf “Journalist Gabor Steingart beklagt: Die Glaubwürdigkeit der etablierten Medien schwindet weiter”

    • Richtig, Törö! Es gibt zwar einige Journalisten, die es mit dem Mainstream übertreiben. Aber soviel Verstand muss man heutzutage schon haben, um sich seine eigene Meinung zu machen. Den Schlund der Extremen, die mit ihrer eigenen Wahrheit daher kommen, will ich aber schon gar nicht lesen.

  1. Rob-Otter

    „Die etablierten Medien berichten nicht mehr unbedingt über das, was war oder ist, sondern über das, was ihrer Meinung nach gut und was nicht gut ist.“
    …oder wenn von anderer Stelle schon tagelang berichtet wurde und man jetzt auch berichten „muss“.

    Genau, dies ist Gesinnungsjournalismus. Der ist aber unnötig.

  2. Lange gedauert!

    Das hat aber verdammt lange gedauert, bis ein Journalist das durchschaut hat! Gerade die beiden auf dem Bild weiter oben (Slomka & Kleber) sind doch ein Paradebeispiel für Meinungs- oder Gesinnungsjournalismus.

  3. Beispiel WDR Fernsehen aus letzter Woche. Ein Bericht über zunehmende Gewalt gegen Mandatsträger. Opfer waren Mitglieder der etablierten Parteien von SPD bis CDU, Täter aus dem rechten Milieu.
    Dass AfD Mandatare oft ebenfalls Opfer körperlicher Gewalt sind, in Bremen so zusammengeschlagen dass er im Krankenhaus landete, kein Wort darüber im Bericht. Was ist schlimmer als eine ganze Lüge? Nur die halbe Wahrheit berichten. Und darin sind die GEZ Leitmedien grosse Klasse, aber das beginnt sich gegen sie zu wenden….

  4. schlechtmensch

    Die ÖR sind ganz groß im Weglassen von Informationen. Damit kann man quasi ohne zu Lügen manipulieren. Als Trump Präsident wurde hatte ich ihn eine Zeit lang auf Twitter aboniert. Was da von den Medien aus dem Zusammenhang gerissen wurde war zum Haare raufen. Es entstand ein völlig falsches Bild von dem was er gesagt hatte. Seit dem sehe ich mir diese manipulierten Sender nicht mehr an.

  5. Marcel scholzen eimerscheid

    Wenn die Medien, „die vierte Gewalt“, an Glaubwürdigkeit und Vertrauen einbüßen, dann haben Rechte und Linke Extremisten leichtes Spiel, sozusagen Narrenfreiheit. Dann nutzt auch die beste Berichterstattung nichts. Dann ist nicht mal mehr eine Zensur notwendig, wenn irgendwelche Extremisten die Macht übernehmen, weil keiner den Medien mehr glaubt. Die hält man dann bestenfalls für Märchenerzähler und Fantasten.

    Gabor Steingart hat ja Recht mit der Behauptung, die Medien in Deutschland würden Gesinnungsjournalismus betreiben. Bei denen ist „Greta“ gut, „Trump“ und „Klimaleugner“ schlecht. Das ist politische Propaganda und kein objektiver Journalismus.

  6. Blickwinkel

    Ich mag diesen Journalisten Steingart; endlich mal jemand aus der“ Branche“ , der das Thema Seriosität im Journalismus angeht. Der Begriff : “ Lügenpresse“ hat schon seine Daseinsberechtigung!

  7. Horst Emonts-pool

    Es wird nur veröffentlicht was von der Politik genehmigt wurde. Die Wahrheit wird immer vertauscht. Wir werden nur dumm gehalten. Das beste Beispiel sind die Arbeitslosen Zahlen in Deutschland.

    • Marcel scholzen eimerscheid

      Sie haben recht. Im Prinzip ist es nicht möglich, „objektiv“ zu berichten. Man kann noch so sorgfältig sein, man sieht eine Angelegenheit immer aus einem bestimmten Blickwinkel. Und darum ist eine große Vielfalt an Medien mit den unterschiedlichsten Meinungen von großer Wichtigkeit.

  8. Zaungast

    @ M. Scholzen: „Jede Meinung hat Ihre Berechtigung.“
    Nun ja.
    „Die Erde ist eine Kugel. = „Die Erde ist eine Scheibe.“
    „Gott hat die Welt und den Menschen in sechs Tagen erschaffen “ (Kreationismus) = „Die Welt und die Menschen haben sich im Lauf der Zeit zu dem entwickelt, was sie heute sind (Evolution)
    Soll dann so in den Schulen gelehrt werden, und die Schüler können sich dann entscheiden?

    „Alle Menschen sind gleich.“ (Erklärung der Menschenrechte) = „Demokratie, Gleichheit/Gleiches Recht für alle – da ist alles sehr unnatürlich. So ist es einfach nicht in der Natur!“ (dort herrscht Gesetz der „Grausamkeit“ – Der Kulturanthropologe Dr. Damien François im GE-Interview vom 24.03.2007)
    Auch da lassen wir die freie Wahl?

    @Emonts-pool: „Es wird nur veröffentlicht was von der Politik genehmigt wurde“
    Wer hat Ihnen diese Behauptung denn genehmigt?

    @M. Scholzen: „Sie haben recht. Im Prinzip ist es nicht möglich, „objektiv“ zu berichten. Man kann noch so sorgfältig sein, man sieht eine Angelegenheit immer aus einem bestimmten Blickwinkel. Und darum ist eine große Vielfalt an Medien mit den unterschiedlichsten Meinungen von großer Wichtigkeit.“
    Sehr richtig, Herr Scholzen. Sie sehen, ich kann durchaus differenzieren, wenn auch nicht „objektiv“.

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