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Grünes Licht für von der Leyens EU-Kommission – Arimont: „Europa vor großen Herausforderungen“

27.11.2024, Frankreich, Straßburg: Ursula von der Leyen (CDU, vorn 4.v.l), Präsidentin der Europäischen Kommission, steht im EU-Parlament mit den Kommissionsmitgliedern Raffaele Fitto (Italien, erste Reihe l-r), Henna Virkkunen (Finnland), Teresa Ribera Rodriguez (Spanien), Kaja Kallas (Estland), Stéphane Séjourné (Frankreich), Roxana Mînzatu (Rumänien). Dahinter Dubravka Suica (Kroatien, zweite Reihe l-r), Valdis Dombrovskis (Lettland), Hadja Lahbib (Belgien), Apostolos Tzitzikostas (Griechenland. Dahinter Jessika Roswall (Schweden, dritte Reihe l-r), Olivér Várhelyi (Ungarn), Marta Kos (Slowenien), Michael McGrath (Irland), Ekaterina Zaharieva (Bulgarien). Dahinter Wopke Hoekstra (Niederlande, vierte Reihe l-r), Andrius Kubilius (Litauen), Maria Luís Albuquerque (Portugal), Magnus Brunner (Österreich), Costas Kadis (Zypern). Dahinter Piotr Serafin (Polen, fünfte Reihe l-r), Maros Sefcovic (Slowakei), Jozef Sikela (Tschechien), Christophe Hansen (Luxemburg), Glenn Micallef (Malta) und Dan Jorgensen (Dänemark) für ein Gruppenbild zusammen. Foto: Dati Bendo/European Commission/dpa

Die neue EU-Kommission kann mit der Arbeit anfangen. Leicht dürfte es für Ursula von der Leyens umstrittenes Team nicht werden. Das zeigt auch das Abstimmungsergebnis.

Knapp sechs Monate nach der Europawahl kann die neue EU-Kommission unter der Führung von Ursula von der Leyen die Arbeit aufnehmen. Das Europäische Parlament votierte mit 370 von 688 abgegebenen Stimmen in Straßburg für das Team, das neben der Deutschen aus 10 Frauen und 16 Männern besteht.

282 Abgeordnete stimmten dagegen, 36 enthielten sich. Damit holte von der Leyens Kommission zwar deutlich mehr Stimmen als nötig, allerdings war das Ergebnis schlechter als bei allen anderen Kommissionen in den vergangenen knapp 30 Jahren.

06.11.2024, Belgien, Brüssel: Die belgische Kandidatin für das Amt des EU-Kommissars für Katastrophenschutz und Krisenmanagement, Hadja Lahbib, spricht bei ihrer Anhörung im Europäischen Parlament in Brüssel. Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

Dies war unter anderem dem Rechtsruck im Parlament seit der vergangenen Wahl geschuldet. Die extreme Rechte etwa votierte geschlossen gegen von der Leyens Kommission.

Außerdem hatte von der Leyen Teile des Parlaments mit der Nominierung bestimmter Kommissare verprellt, sodass am Ende nur die liberale Fraktion im Parlament geschlossen für sie stimmte. Auch innerhalb des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP, zu dem von der Leyens CDU gehört, votierten einige Abgeordnete gegen das Kommissionsteam. Die deutsche SPD zum Beispiel enthielt sich der Abstimmung größtenteils, auch einige Grüne wählten die Kommission nicht. Sie begründeten das damit, dass von der Leyen den rechten Italiener Raffaele Fitto zu einem der Vizepräsidenten ernannt hatte.

Gleichwohl kann die Kommission nun wie geplant im Dezember starten. Für die künftige EU-Politik war dieser Schritt entscheidend: Als einzige Institution der Europäischen Union kann die Kommission Gesetze für die Staatengemeinschaft vorschlagen. Außerdem überwacht sie die Einhaltung des EU-Rechts.

– Wettbewerb, Autos, Start-ups: War bei von der Leyens erstem Amtsantritt 2019 die Klimakrise eines der treibenden Themen, rücken nun andere Probleme in den Fokus. Als eine ihrer Prioritäten für die nächsten fünf Jahre nannte von der Leyen den Kampf um das Überleben der Autoindustrie in Europa.

Dazu soll es zunächst unter ihrer Leitung einen strategischen Dialog geben. „Die europäische Automobilindustrie ist ein Stolz Europas. Millionen von Arbeitsplätzen hängen von ihr ab.“ Gemeinsam müsse man sicherstellen, dass die Zukunft des Autos weiterhin in Europa gestaltet werde.

02.06.2023, Italien, Rom: Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien, und der umstrittene EU-Kommissar Raffaele Fitto. Foto: Luigi Mistrulli/IPA via ZUMA Press/dpa

Dies dürfte besonders relevant sein für den schwelenden Handelskonflikt mit China, den der neue Handelskommissar Maros Sefcovic lösen muss: Die EU wirft Peking Wettbewerbsverzerrung durch Subventionen vor und beschloss im vergangenen Monat Extrazölle auf chinesishina prüft derzeit Gegenmaßnahmen. Ein weiteres Riesenthema könnten neue US-Zölle werden, die der designierte Präsident Donald Trump einführen will.

Zudem kündigte von der Leyen eine Strategie für mehr Wettbewerbsfähigkeit an. „Ein Start-up aus Kalifornien kann expandieren und in den gesamten Vereinigten Staaten Kapital aufnehmen. Aber ein Start-up in Europa muss mit 27 verschiedenen nationalen Hürden umgehen“, kritisierte von der Leyen. Es müsse einfacher gemacht werden, in Europa zu wachsen. Dazu sollen auch weitere Initiativen für niedrigere Energiepreise dienen.

– Erstmals Verteidigungskommissar: Ein Zeichen für ihre veränderten Schwerpunkte setzte von der Leyen bereits vor der Abstimmung mit der Schaffung des neuen Postens des Verteidigungskommissars. Litauens Ex-Ministerpräsident Andrius Kubilius soll künftig dafür sorgen, dass Europa militärisch unabhängiger wird und leichter in europäische Rüstungsprojekte investiert werden kann.

Von der Leyen warb angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine um höhere Verteidigungsausgaben der EU-Staaten. „Russland gibt bis zu neun Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aus. Europa gibt im Durchschnitt 1,9 Prozent aus. Da stimmt etwas nicht in dieser Gleichung“, sagte die CDU-Politikerin. Dass die Unterstützung der kriegsgebeutelten Ukraine nicht nachlässt, liegt nun auch in den Händen von Kaja Kallas. Die Estin wird neue Chefdiplomatin der Europäischen Union.

– Von der Leyens Nominierungen sorgten für großen Streit : Die Abstimmung erfolgte knapp sechs Monate nach der Europawahl, bei der von der Leyens Mitte-Rechts-Bündnis EVP die meisten Stimmen bekam. Sie wurde daraufhin im Juli für ihre zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin bestätigt und hatte ihr Wunschteam im September vorgestellt.

17.09.2024, Frankreich, Straßburg: Andrius Kubilius (Tevynes Sajunga, Fraktion EVP) steht im Gebäude des Europäischen Parlaments und spricht mit Medienvertretern. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Für besonderes Aufsehen sorgte die Nominierung des Italieners Fitto, der künftig unter anderem für Reformen und den Fördertopf für regionale Entwicklung zuständig sein soll.

Zwar gilt der Rechtspolitiker vielen in Brüssel als politisch gemäßigt und proeuropäisch. Die Sozialdemokraten im Parlament wehrten sich aber heftig dagegen, dass ein rechter Politiker aus der Regierung von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine herausgehobene Position wie die des Vizepräsidenten bekommt.

Im Gegenzug blockierte die EVP zunächst die Berufung der Sozialistin Teresa Ribera als Kommissarin für Wettbewerbspolitik und grünen Wandel.

Konservative und rechte Abgeordnete werfen der bisherigen spanischen Umweltministerin Versagen bei den schweren Überschwemmungen in der Region Valencia vor.

Umstritten war auch der Ungar Oliver Varhelyi, der wegen seiner Loyalität gegenüber dem autoritär regierenden ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in der Kritik stand. Letztlich einigten sich die großen Fraktionen im Parlament nach langen Verhandlungen jedoch, sodass Fitto, Ribera und Varhelyi nun ihr Amt antreten können.

Politiker der extremen Rechten votierten gegen die Kommission von Ursula von der Leyen. Die deutsche AfD-Abgeordnete und parlamentarische Geschäftsführerin der ESN-Fraktion, Christine Anderson, etwa beschimpfte das Team ohne Angabe konkreter Gründe als „reinste Trümmertruppe“.

Der österreichische FPÖ-Politiker Harald Vilimsky warf ihr – ebenfalls ohne konkrete Belege – vor, für Massenmigration, Freiheitsentzug, Kriegstreiberei und Deindustrialisierung zu stehen. Zudem kritisierte er die Größe der Kommission als aufgeblasen. „Sie hätten Geld sparen können, Sie hätten deregulieren können, Sie hätten Ihre Kommissare mit irgendwelchen Orchideenreferaten hier weglassen können und dieses Geld für europäische Bürger verwenden können“, sagte er in Richtung von Ursula von der Leyen.

Pascal Arimont: „Wettbewerbsfähigkeit, Migration und Versorgungssicherheit im Fokus“

Die neue EU-Kommission kann ihre Arbeit zum 1. Dezember offiziell aufnehmen. Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) erklärt hierzu:

Der ostbelgische Europaabgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP). Foto: Europäisches Parlament

„Es ist angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Europa steht, und angesichts der weltpolitisch brisanten Lage höchste Zeit, dass die neue EU-Kommission endlich mit ihrer Arbeit beginnen kann. Wie bereits im Juli habe ich mich dafür entschieden, die proeuropäische Mehrheit aus Christdemokraten, Liberalen und Sozialdemokraten zu stützen, die sich im Vorfeld auf ein gemeinsames Programm geeinigt hatte. Eine Abstimmung mit der extremen Rechten und Linken, die beide gegen die neue Kommission gestimmt haben, ist und war keine Option.“

Weiter betonte Arimont: „Europa darf sich jetzt nicht in monatelangen Personaldebatten verlieren. Wir brauchen eine handlungsfähige Kommission, die von den Mitgliedstaaten unterstützt wird. Im Zentrum des gemeinsamen Programms muss nun insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Wirtschaft stehen. Europa muss dafür sorgen, dass unsere Unternehmen entlastet werden und wir auf diesem Wege Arbeitsplätze und soziale Sicherungssysteme schützen.“

Zentral werden laut Arimont auch die Themen Sicherheit und eine deutliche Reduzierung illegaler Migration sein. Zudem begrüßt der Ostbelgier, dass mit Christophe Hansen, der aus dem Norden Luxemburgs kommt, „ein Kenner unserer lokalen Landwirtschaft“ für eben diesen Politikbereich zuständig sein werde. „Die Versorgung unserer Bevölkerung mit guten landwirtschaftlichen Produkten ist nur möglich, wenn wir unsere hiesigen Landwirte unterstützen und die Landwirtschaft nicht weiter in andere Teile der Welt auslagern.“ (dpa/cre)

2 Antworten auf “Grünes Licht für von der Leyens EU-Kommission – Arimont: „Europa vor großen Herausforderungen“”

  1. Schade, wieder UVL, also geht es mit Europe weiter zurück …

    Europa ist der Verlierer in Kampf der Ideologien und unsere Kinder werden jetzt erst recht dafür bezahlen müssen !
    Es muss ein Ruck durch alle europäischen Länder gehen und zwar schnell !
    so wie die letzten Jahre kann und wird es nicht weiter gehen, die Welt hat „starke“ Führer also braucht Europa dies auch !
    Sonst….

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